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Der Ansatz des „Goal-Based Scenario (GBS)“

Im Dokument Berufliche Rehabilitation (Seite 163-167)

10 Anhang: Materialien und Dokumente

10.1 Statistische Begriffe zur Evaluation

10.3.3 Theoretische Grundlagen

10.3.3.3 Der Ansatz des „Goal-Based Scenario (GBS)“

Der Goal-Based-Scenario Ansatz ist ein anderer theoretischer Ansatz zu konstruktivisti-schen Lernumgebungen. Dieser Ansatz wurde an der Northwestern University am Insti-tute for Learning Sciences von Roger Schank entwickelt. Er gleicht dem Anchored In-struction Ansatz insofern, als dass er auch auf Situiertheit beruht und beide das authen-tische Üben von Fertigkeiten als elementar ansehen (vgl. SCHANK et al. 1993/94a, S.

307). Es gibt jedoch auch einen gravierenden Unterschied. Dieser liegt in dem Element

„goal-based“. Das Goal-Based Scenario macht den Teilnehmer zum aktiven Mitspieler.

Dies steht im Gegensatz zur Anchored Instruction, in dem der Lernende eine Situation auf Video präsentiert bekommt, und sich dann mit den Materialen auseinandersetzen muss. Beim AI-Ansatz ist es möglich, dass sich der Lernende mit der Aufgabe identifi-ziert. Im GBS ist die Grundlage jedoch, dass der Lernende die Aufgabe aufgrund seines Interesses erledigen möchte. Der Lernende wird motiviert ein Problem zu lösen, indem er es zu seinem eigenen Ziel macht. Die zu erledigenden Aufgaben fallen dabei natürli-cherweise als Teil des Problemlöseprozesses an (vgl. SCHANK et al. 1993/94a, S.

307).

Ein GBS ist eine Art „Learning by doing“ Aufgabe. Diese Aufgabe ist begrenzt durch be-stimmte Rahmenbedingungen bezüglich des verwendeten Materials, der Umgebung in welcher der Lernende arbeitet, der Ziele, die der Lernende verfolgen wird und der Res-sourcen, die dem Lernenden zugänglich gemacht werden (vgl. SCHANK et al.

1993/94a, S. 305). Ein GBS kann aus verschiedenen Ausgangssituationen gebildet werden. An diese Situation sind Kriterien gebunden, die im Folgenden erläutert werden.

Das GBS geht davon aus, dass Wissen nur nützlich ist, wenn es auch gebraucht bzw.

angewandt wird und vor allem angewandt werden kann. Erst dann ist es wertvoll für den

Schüler. Die Schüler sollen lernen, dass bestimmtes Wissen sie dazu befähigt, be-stimmte Aufgaben zu erfüllen, Ziele zu erreichen. Das GBS ist daher darauf ausgelegt, dass die Schüler ein System verstehen und nicht nur Fakten wiederholen können. “The systems differ from facts in that knowing a system entails understanding a functional process, whereas, in one sense knowing a fact as a fact simply means the ability to re-call it (SCHANK et al. 1993/94a, S. 312).” Dabei reicht es nicht ein System darzustellen und den Schülern zu präsentieren, da es sich nicht mit den Zielen der Schüler deckt. Es sollte vielmehr ein Ziel herausgearbeitet werden, mit dem die geforderten Fertigkeiten erlernt werden können (vgl. ebenda). Hierbei ist besonders wichtig, dass nicht jeder Schüler die gleichen Ziele hat. Nach GBS wird auch nicht gewünscht, dass jeder Schü-ler die gleichen Fertigkeiten Schü-lernt. Jeder SchüSchü-ler sollte nach seinen Begabungen und In-teressen lernen. Dies erhöht die Chancen, dass die Schüler ihre Aufgaben hingebungs-voll wahrnehmen. „It is neither plausible nor desirable to teach the same set of skills to every student, however. People’s interest and goals vary. Students are more likely to learn a skill if it is one they have chosen to study or one for which they have great apti-tude.”(ebenda) Zentrales Element des GBS ist das Aneignen von Fertigkeiten (“skills”).

Ein Goal-Based Scenario setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen, die aus der folgenden Abbildung entnommen werden können:

Die Komponenten eines GBS

Abbildung 3: Die Komponenten eines GBS

Ausgangspunkt für das GBS sind die zu erlernenden Fertigkeiten (Skills). Sie entschei-den über das GBS. Fertigkeiten zu haben, bedeutet die Fähigkeit zu haben, ein Ziel durch die Ausführung bestimmter Pläne erreichen zu können. Der Designer des GBS legt die zu erlernenden Skills fest. Diese Fertigkeiten können in Form eines GBS unter-richtet werden. Sie unterscheiden sich von einem „Bündel von Fertigkeiten“, welche un-ter einem bestimmten Begriff zusammengefasst werden und das Können einer Anzahl von Fertigkeiten wie z. B. Personalführung bezeichnen. Letztere eignen sich nicht für ein GBS (vgl. Schank 1993/94b, S. 441 f.). Durch das Erlernen der Fertigkeit wird so-wohl prozedurales als auch deklaratives Wissen bei den Schülern generiert, denn einer Fertigkeit liegt sowohl prozedurales als auch deklaratives Wissen zugrunde. Wenn die

Goal-Based Scenario

Mission Context Mission Structure

Mission Cover Story Mission Focus Scenario Operations

Control Design Discovery Explanation

Schüler wissen, wie sie etwas tun müssen (prozedurales Wissen), wissen sie automa-tisch etwas über den Lern-Gegenstand (deklaratives Wissen) (vgl. ZUMBACH 2002, S.

4). Der Aufbau eines GBS besteht aus zwei Hauptsträngen, dem „Mission Context“ und der „Mission Structure“.

Der „Mission Context“ (Kontext) besteht aus der „Cover Story“ (der Rahmenhandlung) und der „Mission“ (dem Handlungsziel). Die „Mission“ ist dabei das eigentliche Ziel des GBS, welches von den Schülern erreicht werden soll. Dieses Ziel sollte einen ange-messenen Komplexitätsgrad aufweisen, um die Schüler zu motivieren. Bedeutend ist ein Realitätsbezug, da dies den Schülern die Möglichkeit gibt, ihr Wissen in anderen Si-tuationen anzuwenden und es die Wahrscheinlichkeit des Transfers erhöht. „Auf jeden Fall aber sollte die Mission einen klaren und eindeutigen Bezug zur Realität aufweisen.

Erst dadurch entsteht die Verbindung zur praktischen Anwendung der zu erwerbenden Fertigkeiten im Alltag, was wiederum die Wahrscheinlichkeit eines späteren Transfers des Wissens erhöht (ZUMBACH 2002, S. 6).“ Die Mission sollte einerseits die Lernen-den nicht unterfordern, andererseits aber auch nicht überfordern. Sie muss für Lernen-den Ler-nenden schlüssig und transparent sein. Die „Cover Story“ (die Rahmenhandlung) ist die Basis unter welcher die Mission verfolgt wird. Sie verdient besondere Beachtung, da sie für die Motivation der Schüler relevant ist. Die Rahmenhandlung bildet die Prämissen, sozusagen die Voraussetzungen, unter denen die Lernenden an die Aufgabe herange-hen. Die Rahmenhandlung legt die Situation fest und begrenzt somit auch die Mittel und Handlungsmöglichkeiten, die zur Verfügung stehen. Dabei sollte sie möglichst authen-tisch sein und einen Bezug zur Realität herstellen: „Durch die Rahmenhandlung wird festgelegt, welche Situation vorliegt und welche Mittel und Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es wird eine authentische Situation geschaffen, die es Lernenden ermöglicht einen Bezug zur Realität herzustellen und zu einem gewissen Grad auch die Integration des Lernenden in das Lernprogramm gewährleistet (ZUMBACH 2002, S. 7).“

Die Mission Structure (Struktur) wiederum ist unterteilt in „Mission Focus“ (Fokus bzw.

Schwerpunkt) und „Scenario Operations“ (Operationen bzw. Handlungsmöglichkeiten).

Die „Mission Structure“ definiert die Pläne, welche zur „Cover Story“ passen, genauer.

Sie gibt den Weg an, den ein Lernender nimmt auf seiner „Mission“. Der „Mission focus“

gibt an, auf welche Art und Weise die Schüler arbeiten sollen. Der „Mission focus“ ist eng mit dem „Mission Context“ verbunden. Durch den Focus entscheidet sich, welche Art von Fertigkeiten erlernt werden sollen. Dabei wird unterschieden zwischen „design“

(Gestalten), „explanation“ (Erklären), „discovery“ (Entdecken) und „control“ (Steuern und Kontrollieren) Aufgaben. Ein GBS muss nicht auf eines der Fertigkeiten festgelegt werden, aber es sollte klar sein, welche Fertigkeiten enthalten sind. „Scenario Operati-ons“ bezeichnet die konkreten Handlungsmöglichkeiten, die ein Schüler hat (vgl.

SCHANK u. a. 1993/94a, S. 318 ff.).

Die sieben zentralen Design-Kriterien für ein GBS sind: Thematic coherence (Themati-scher Zusammenhang), Realism/richness (Realismus), Control/Empowerment (Kontrol-le, Befähigung), Challenge consistency (stetige Herausforderung), Responsiveness (Reaktionsfähigkeit), Pedagogical goal support (Pädagogische Ziel-Unterstützung) und Pedagogical Goal Resources (Pädagogische Ziel-Hilfe).

“Thematic coherence” besagt, dass alle Komponenten des GBS in einem relevanten Zusammenhang zum Ziel bzw. den Vorgaben stehen müssen, damit die Schüler ein Er-folgsgefühl bei ihrer Arbeit haben. Auch wird verlangt, dass das GBS angemessen rea-listisch („Realism/richness“) ist, damit die Lernenden es auf ihre „Alltagswelt“ übertragen

können. Zudem sollten die Fertigkeiten in verschiedener Art und Weise auftauchen, damit der Schüler diese festigt. Das Kriterium „Control/Empowerment“ besagt, dass es von Bedeutung ist, dass die Schüler selbstbestimmend die Aufgaben ausführen oder beenden. Dies sorgt für intrinsische Motivation und gibt den Schülern ein Gefühl für den Wert ihrer neu erworbenen Fertigkeiten. „Challenge consistency“ bedeutet, dass die An-forderungen an die Schüler einen gleichbleibenden Schwierigkeitsgrad haben sollten, um zu vermeiden, dass Schüler über- oder unterfordert werden. Der Punkt „Responsi-veness“ hebt die Wichtigkeit von Feedback hervor. Ein GBS sollte den Schülern jeder-zeit angemessenes Feedback über ihre Handlungen geben, damit sie den Nutzen und die Auswirkungen ihrer Handlungen erkennen können. Das Hauptmerkmal eines GBS ist seine Orientierung an den zu erlernenden Fertigkeiten. Daher ist ein elementares Kriterium der „Pedagogical goal support“; die Unterstützung der Zielerreichung durch den Lehrer, damit ein GBS die Entwicklung der Fertigkeiten unterstützt und die Schüler nicht auf „Umwege geraten“. Unter „Pedagogical goal resources“ wird verstanden, dass die Schüler auf ihrem Weg die Hilfe, die sie benötigen z. B. in Form von unterstützen-dem Material oder Informationen, durch das GBS bekommen.

An das GBS-Design werden verschiedene Anforderungen gestellt. Die Story bildet den Rahmen, innerhalb derer die Mission modelliert werden kann. Außerdem ist die Mission abhängig von der zu erlernenden Ziel-Fertigkeit. Dem Schüler sollte sein Ziel klar und erreichbar sein. Er sollte motiviert sein, das Ziel zu erreichen, daher sollte das im GBS entworfene Ziel bereits beim Schüler vorhanden sein oder dieser sollte willig sein, es als sein Ziel aufzunehmen. Je weiter gefasst das Ziel ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine größere Anzahl von Schülern ins „Boot“ geholt wird. Es darf jedoch nicht zu allgemein sein, da es dann wahrscheinlich keinen mehr interessieren würde. Die Fertig-keiten sollten in einer realistischen Umgebung situiert sein, damit die Schüler diese auch in anderen Situationen anwenden können. Die Mission sollte dem Schüler die Freiheit geben, zu entscheiden, wie das Problem zu lösen ist. Nachdem die Mission festgelegt ist, sollte über den Mission Fokus entschieden werden. Die Mission ist aus-schlaggebend dafür, für welchen, oder welche Kombination, der vier Fokusse Steuern und Kontrollieren, Gestalten, Beschreiben oder Entdecken, sich entschieden wird. Der Schüler soll sich durch den Fokus verantwortlich fühlen für seine Aufgaben (und selbst-ständig arbeiten) und dadurch eine starke Motivation erhalten. Gleichzeitig soll der Schüler generelle Problemlösefähigkeiten verbessern. Das Mittel des Fokus sollte den Schülern Rückmeldungen über den Erfolg oder Misserfolg ihrer Arbeit liefern. Nach der Mission und dem Mission Fokus wird die Cover Story spezifiziert. Mit der Mission zu-sammen formt sie den Kontext des GBS. Sie legt den Rahmen für das GBS fest; d. h.

welche Rolle der Lernende spielt, wo es stattfindet und andere Details. Gut geeignet sind Storys, bei denen die Schüler eine Rolle übernehmen, die sie entweder von sich aus gerne übernehmen möchten oder die sie sich unter normalen Umständen nicht trauen würden zu übernehmen. Auf jeden Fall sollte der Schüler nach Möglichkeit eine starke Emotion mit dem GBS verbinden. Die Cover Story enthält drei Dinge: Die Rolle (the role), den Aufbau (the setup) und die Szenen (the scenes). Die Rolle definiert, wel-che Rolle der Schüler spielt. Die Rolle ist ausschlaggebend für die Herangehensweise an die Mission, denn dies kann aus verschiedenen Perspektiven sehr unterschiedlich geschehen. Die Story muss erklären, warum ein bestimmter Vorgang/Operation (Sce-nario Operation) sinnvoll ist, um das Ziel der Mission zu erreichen. Zuletzt werden die Operationen, die ein Schüler vornehmen wird, festgelegt. Die Operationen und deren Konsequenzen sollten für den Schüler transparent sein und ihm Feedback über Erfolg oder Misserfolg geben. Je größer die Auswahl an Operationen, aus denen ein Schüler

wählen kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser das Gefühl der Kon-trolle hat.

Im Dokument Berufliche Rehabilitation (Seite 163-167)