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3. Standortbedingungen in Westchina

3.2 Humankapital

3.2.1 Bevölkerung, Bevölkerungsdichte und Bevölkerungspolitik

Im Gegensatz zu seiner riesigen Fläche hat Westchina eine vergleichsweise geringe Bevölkerung. Die Fläche beträgt 70,9 % der Fläche Chinas, aber die Bevölkerung macht nur 28,1 % davon aus.

Tabelle 18: Bevölkerungsentwicklung von 1978 bis 2004 (in Millionen)

Region 1978 1982 1990 2000 2004

Gebur-tenrate 2004 (in Promille)

R. Natürliche Wachstums-rate 2004 (in Promille) China 962,6 1.008,2 1.133,7 1.265,8 1.292.227 12,41 6,01 Guangxi 34,0 36,4 42,2 44,9 48,57 13,86 6 7,29 Chongqing n. a. 27,1 28,9 30,9 31,30 9,89 9 2,69 Sichuan 97,1 72,7 78,4 83,3 87,00 9,18 10 3,12 Guizhou 26,9 28,6 32,4 35,3 38,70 15,91 4 9,04 Yunnan 30,9 32,6 37,0 42,9 43,76 17,00 1 9,80 Shaanxi 27,8 28,9 32,9 36,1 36,90 10,67 8 4,29 Gansu 18,7 19,6 22,4 25,6 26,03 12,58 7 6,12

Qinghai 3,7 3,9 4,5 5,2 5,34 16,94 3 10,85

Ningxia 3,6 3,9 4,7 5,6 5,80 15,68 5 10,95

Xinjiang 12,3 13,1 15,2 19,3 19,34 16,01 2 10,78 Quelle: Eigenentwurf, Daten: YEUNG & SHEN 2004 und http://www.fdi.gov.cn

Wie aus der Tabelle ersichtlich wird, haben Sichuan, Guangxi und Yunnan die höchsten Bevölkerungszahlen. Die Bevölkerung erhöhte sich von 1982 bis 2000 in Westchina um 23,48 % und variierte aber in den verschiedenen Provinzen.

Von 1982 bis 2000 wuchs die Bevölkerung in Chongqing und Sichuan um weniger als 15 %, während in Yunnan, Gansu, Qinghai, Ningxia und Xinjiang das Wachstum mehr als 30 % betrug. Im Jahr 2004 hatten Yunnan und Xinjiang die höchsten Geburtenraten, Sichuan und Chongqing die niedrigsten. Die höchsten Wachstumsraten verzeichneten Ningxia und Qinghai, die niedrigsten Chongqing und Sichuan. Von 1982 bis 2004 war das Bevölkerungswachstum in Westchina geringer als in Gesamtchina, dies lässt sich durch die Netto-Migration von West- nach Ostchina erklären, was mit dem Muster der wirtschaftlichen Entwicklung in West- und Ostchina übereinstimmt.

Ein weiteres Charakteristikum Westchinas ist die ungleiche Bevölkerungsverteilung. Im Jahr 2004 hatten Qingai und Ningxia eine Bevölkerung von nur 5,34 und 5,8 Millionen Menschen.

Die Bevölkerung in diesen Regionen ist geringer als die großer Städte wie Shanghai und Shenzhen. Die Zahlen für andere Regionen reichen von 19,34 Millionen in Xinjiang bis 87,0 Millionen in Sichuan. Die Bevölkerungsdichte in China beträgt durchschnittlich 132 E./qkm, in Westchina jedoch nur 52 E./qkm. Die drei Provinzen mit der geringsten Bevölkerungsdichte befinden sich alle in Westchina, nämlich Tibet, Qinghai und Xinjiang.

Entsprechend der Landfläche variieren Bevölkerungszahl und -dichte sehr. Tibet, Qinghai und Ningxia sind die drei am geringsten bevölkerten Provinzen Chinas und ihre Bevölkerungszahl beträgt kaum einen Bruchteil der Sichuans. Fünf Provinzen haben jedoch eine höhere Bevölkerungsdichte als der Durchschnitt in China, nämlich Chongqing, Guizhou, Guangxi, Shaanxi und Sichuan.

Die geringe Bevölkerungsdichte in Westchina führt manchmal zu der Fehlvorstellung, dass Westchina viele Migranten aus Ostchina aufnehmen könnte (FULIN 2004). Die Realität ist jedoch, dass die geringe Bevölkerungsdichte als ein Zeichen der geringen Tragfähigkeit pro Gebietseinheit angesehen werden kann.

Tabelle 19: Bevölkerungswachstum und Bevölkerungsdichte von 1982 bis 2000 Region Bevölkerungswachstum (in %) Bevölkerungsdichte (in E./qkm)

1982–2000 1982 2000 2003

China insgesamt 25,55 105,0 131,9 205,01

Guangxi 23,26 154,3 190,2 202,29

Chongqing 14,19 328,4 375,0 379,85

Sichuan 14,65 149,8 171,7 409,29

Guizhou 23,47 162,2 200,3 276,24

Yunnan 31,74 82,6 108,8 130,49

Shaanxi 24,74 140,6 175,3 176,80

Gansu 30,91 43,1 56,4 53,23

Qinghai 32,82 5,4 7,2 267,41

Ningxia 44,10 75,3 108,5 103,14

Xinjiang 47,17 7,9 11,7 98,45

Quelle: Eigenentwurf, Daten: YEUNG & SHEN 2004 und CHINA CITY STATISTICAL YEARBOOK 2004

Im Jahr 2000 hatten Guangxi, Chongqing, Sichuan, Guizhou und Shaanxi eine höhere Bevölkerungsdichte als der nationale Durchschnitt (131,9 E./qkm). Die Bevölkerungsdichte wuchs in allen Provinzen zusammen mit dem Bevölkerungswachstum. Die Bevölkerungswachstumsrate sank von 1990 bis 2000 auf 1,07 %, was die Bemühungen der Familienplanungspolitik wiederspiegelt. Die jährlichen Bevölkerungswachstumsraten in Chongqing und Sichuan lagen von 1982 bis 2000 unter dem nationalen Durchschnitt. In Yunnan, Gansu, Qinghai, Ningxia und Xinjiang lagen die jährlichen Bevölkerungswachstumsraten über dem nationalen Durchschnitt, was einen zunehmenden Bevölkerungsdruck aufgrund hoher Fruchtbarkeitsraten, aber beschränkter Abwanderung hinweist.

Tabelle 20: Bevölkerungsdichte in Städten Westchinas im Jahr 2003 (in Einwohner/qkm)

Stadt E./qkm Rang

Nanning 275,72 9

Guilin 176,37 15

Beihai 439,83 5

Fangchenggang 127,57 18

Chongqing 379,85 8

Chengdu 858,60 1

Miangyang 260,05 12

Leshan 271,04 10

Nantong 575,15 3

Guiyang 429,25 6

Kunming 237,22 13

Xi’an 717,80 2

Weinan 406,53 7

Lanzhou 232,58 14

Xining 267,41 11

Yinchuan 145,05 17

Urumqi 151,28 16

Karamay 32,05 19

Quelle: Eigenentwurf, Daten: CHINA CITY STATISTICAL YEARBOOK 2004

In den meisten Regionen Westchinas wies die jeweilige Hauptstadt die höchste Einwohnerdichte auf. Ausnahmen sind Gansu, in Tianshui mit 241,42 E./qkm, und Guangxi, in Baolin mit 459,22 E./qkm und Beihai mit 439,83 E./qkm (CHINA CITY STATISTICAL YEARBOOK 2004). Chengdu und Xi’an hatten in Westchina mit Abstand die höchste Bevölkerungsdichte.

Gemäß dem letzten Bevölkerungszensus im Jahr 2000 betrug die Zahl der Minderheitenbevölkerung 106,43 Mio. und machte damit 8,41 % der Gesamtbevölkerung Chinas aus. Von diesen waren 71,63 % in Westchina konzentriert und nur 14,11 % und 14,25

% in Ost- und Zentralchina. Generell sind Minderheiten in Guangxi, Guizhou, Yunnan und Xinjiang konzentriert. Diese Provinzen haben eine Minderheitenbevölkerung von mehr als 10 Millionen, welche mehr als 10 % der gesamten Minderheitenbevölkerung in China ausmacht.

Chongqing, Gansu, Qinghai und Ningxia haben etwa zwei Millionen Minderheiten und Shaanxi hatte die geringste Zahl mit nur 0,18 Millionen im Jahr 2000.

Der Prozentsatz der Minderheiten in einer Region hängt jedoch auch von der Größe der Han-Bevölkerung ab, welche von Region zu Region variiert. Die Wachstumsrate der Minderheitenbevölkerung ist deutlich höher als die der Han-Bevölkerung, daher wächst der Prozentsatz der Minderheitenbevölkerung in den meisten Regionen. In Gesamtchina wuchs der Prozentsatz von 5,76 % im Jahr 1964 auf 8,41 % im Jahr 2000, in Westchina von 16,54 % im Jahr 1964 auf 21,54 % im Jahr 2000.

Xinjiang ist eine Ausnahme, wo die Minderheitenzahl prozentual bezüglich der Gesamtbevölkerung von 68,07 % auf 59,61 % sank. Dies lässt sich mit der Bevölkerungspolitik der Umsiedlung der Han-Bevölkerung nach Xinjiang erklären. Von 1990 bis 2000 zog eine große Anzahl an Han-Chinesen aufgrund von Geschäftszwecken nach Xinjiang. Es wird daher klar, dass Staatspolitik und wachsende Mobilität in einer sich entwickelnden Marktwirtschaft einen großen Einfluss auf die Wanderungsbewegungen der Han-Bevölkerung haben (YEUNG & SHEN 2004).

In Gesamtchina wuchs die Minderheitenbevölkerung schneller als die Han-Bevölkerung. Von 1990 bis 2000 betrugen die jährlichen Wachstumsraten der Han- und der Minderheitenbevölkerung 1,03 % und 1,51 % national und 0,83 % und 1,44 % in Westchina.

Das schnellere Wachstum der Minderheiten-Nationalitäten ist sowohl auf eine höhere Fruchtbarkeitsrate als auch auf die Reklassifizierung und Vererbung des Nationalitätenstatus zurückzuführen. Viele Menschen bevorzugen es, den Status einer Minderheitennationalität zu bekommen, um für besondere Priviliegien der Staatspolitik in Frage zu kommen.

Minderheiten-Nationalitäten bekommen Vorzug bei der Arbeitsplatzvergabe in Staatsfirmen und bei der Beförderung in der Regierung. Auch die Familienplanungspolitik ist deutlich entspannter. Daher bevorzugen es sogar die Kinder von Paaren, in denen ein Elternteil einer Minderheit und der andere Elternteil der Han-Nationalität angehört, den Minderheitenstatus zu übernehmen. Diese Reklassifizierungen trugen 56 % zu dem gesamten Bevölkerungswachstum der Minderheiten-Nationalitäten von 1982 bis 1990 bei (YEUNG &

SHEN 2004).

Ein weiterer Aspekt der Bevölkerungszusammensetzung ist das Verhältnis zwischen Stadt- und Landbevölkerung. Im Allgemeinen ist der Westen Chinas deutlich geringer urbanisiert als der nationale Durchschnitt. Die demographische Entwicklung der chinesischen Bevölkerung hat zu weit reichenden Problemen geführt. So hatte die Zentralregierung in Beijing aufgrund des dramatischen Bevölkerungswachstums in den 1950er und 1960er Jahren im Jahr 1978 mit geburtenbeschränkenden Maßnahmen begonnen. Die einschneidendste Veränderung in der chinesischen Bevölkerungspolitik hat seit Beginn der Wirtschaftsreformen (1979) durch die Einführung der Ein-Kind-Politik eingesetzt. So wurden regional und lokal u. a.

Zwangssterilisation und Zwangsabtreibung sowie Ausnahmeregelungen verschieden rigoros durchgeführt. Seit Anfang der 1990er Jahre haben sich nunmehr Verwaltungsbestimmungen zur Durchsetzung der Ein-Kind-Familie vermehrt und es wird vor allem durch hohe Strafsummen und restriktive Verantwortungssysteme mit kollektiven Haftungen von Kadern, Belegschaften und Dorfgemeinschaften auf die Betroffenen Druck ausgeübt (STAIGER 2000). Durch die im Zuge der Wirtschaftsreformen hinzugewonnene Mobilität sind jedoch die Kontrollmöglichkeiten über die Einhaltung dieser staatlichen Vorgaben gesunken, so dass die amtlich erfasste Geburtenrate von der tatsächlichen wahrscheinlich erheblich abweicht.

Doch nicht nur die nachlassende Einhaltung dieser Reglementierung mit einer wieder stärker wachsenden Bevölkerung hat erhebliche Auswirkungen auf die chinesische Demographie. Ein anderes Problem tritt vielmehr genau dann auf, wenn diese staatlichen Vorgaben eingehalten werden. Da in China traditionell, besonders auf dem Land, der Wunsch nach einem Sohn groß ist, werden heutzutage immer mehr Ultraschalluntersuchungen zur illegalen Geschlechtsbestimmung vor der Geburt durchgeführt. Durch die Abtreibung von weiblichen Föten entsteht ein deutliches Missverhältnis zwischen den Geschlechtern. So beträgt das Mädchen-Jungen-Verhältnis in manchen Regionen, insbesondere in Westchina, schon 100 zu 130 statt normalerweise 100 zu 106. China wird in den nächsten Jahren einen Frauenmangel in der Größenordnung von 40 bis 60 Millionen aufweisen (YEUNG & SHEN 2004). Eine einheitliche und strikte Geburtenplanung ist aber auch aus anderen Gründen nicht möglich, weil z. B. in den Verwaltungen organisatorische Probleme und unklare Kompetenzenverteilung der Korruption den Weg ebnen. Es bestehen insbesondere auf dem

Land Registrierungslücken von 10 bis 40 %. Arbeitskräftemangel, Probleme der Altersversorgung sowie das Streben nach Fortführung der Familienlinie sind die wesentlichen Anerkennungsgründe für die Genehmigung von Zweitkindern. Nationale Minderheiten haben grundsätzlich das Recht auf zwei oder sogar drei Kinder und die tibetische Landbevölkerung

ist völlig von der Geburtenkontrolle befreit.