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Hypothese 4: In Bezug auf die Fähigkeit, unterstützende Netzwerke zu gründen, gibt es zahlreiche Beispiele: Es sind eine Vielzahl von Initiativkinderläden entstanden

9.3. Auswertungen der Interviews

9.3.2. Bestimmung der Analysetechnik

10.2.3.3. Freizeitgestaltung innerhalb und außerhalb Neuköllns, das Quartiermanagement als institutionelle Ressource Quartiermanagement als institutionelle Ressource

10.2.3.5.2. Beschützende Strategien der Familie 2

Ein weiterer Problembereich, der angesprochen wurde, war derjenige der

Jungenddelinquenz von so genannten Gangs oder Cliquen. Interviewerin: „(...) dann wollt ich noch mal fragen, ob Euch eigentlich das Umfeld, in dem ihr lebt beunruhigt? Ich frage

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deshalb, weil in den Jugendhilfeberichten sehr oft die Rede ist von ehm- Cliquen- und Gangstrukturen, die ja nicht unbedingt einen positiven Einfluss auf die Kinder haben, ist das bei Euch Thema?“ (Interviewerin, S. 5, Interview 2). Der Vater daraufhin: „ Also, die gibt’s hier auch, Du kennst doch diesen Gitterkäfig, wo die Kinder immer Fußballspielen.

Da sind schon Cliquen- oder Gangstrukturen. Aber ich schätze R. (seine älteste Tochter) so ein, dass sie mit denen da gar nichts zu tun haben will“ (Vater, S. 5 Interview 2). Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Vater zwar potentielle Gefahren durchaus sieht. Da sich jedoch seine Tochter nicht auf diesen Bolzplätzen aufhielt, weil es sie offensichtlich nicht interessierte, hatte der Vater auch keinen Anlass, sich darüber Sorgen zu machen.

An den folgenden Passagen des Interviews wird deutlich, was die Mutter beunruhigte.

Nachgefragt, wie sie sich verhalten würde, wenn ihre Tochter älter und mehr Freiheiten beanspruchen wird. Daraufhin die Mutter: „R. geht z. B. den Weg vom Hort nach Hause einmal die Woche mit einer Freundin zusammen und da haben wir ihnen gesagt, sie sollen immer zu zweit gehen, und wenn irgend etwas komisch ist, dann sollen sie die

Straßenseite wechseln. Und sie hat auch schon einmal komische Sachen erzählt. Ich meine, es ist traurig, dass solche Sachen passieren in der Art, aber dennoch ist es ja auch wichtig für sie, dass sie den Weg alleine geht“ (Mutter, S. 5, Interview 2). Was die Mutter mit „solche Sachen“ oder „komische Sachen in der Art“ meinte, wurde nicht weiter ausgeführt. Aus dieser Aussage, obwohl nicht explizit ausgesprochen, lässt sich jedoch schließen, was die Mutter beunruhigt: Sexuelle Übergriffe, die bei Mädchen häufiger vorkommen als bei Jungen. Gefragt nach der Gefährdungssituationen in Neukölln und danach, wieviel Freiheiten sie den Kindern geben will, meinte die Mutter, dass man sich bei Mädchen eine andere Art von Sorgen machen müsste als bei Jungen. Welche dies sind, wurde ebenfalls nicht explizit angesprochen. Festhalten kann man jedoch, dass der Weg vom Hort nach Hause von den Eltern als potentiell gefährlich empfunden wird.

Daher sahen sie sich veranlasst, dem Mädchen Verhaltensweisen mit auf den Weg zu geben, die helfen, „komische Situationen“ zu vermeiden. Insgesamt bestand ein ausreichendes Vertrauen zu der ältesten Tochter dahingehend, dass sie sich im

öffentlichen Raum gerade so verhält, dass sie gar nicht erst in eine gefährliche Situation geraten kann. Die „Family-Protection-Strategien“ beschränken sich auf Verhaltensregeln, um sich als Eltern selbst vor potentiellen Gefahren zu schützen. Der Vater wollte gern wissen, mit wem seine Tochter die Freizeit verbringt. Der Vater antwortete auf diese Frage mit strengem Blick: „Also, ich würde schon gern wissen, mit wem meine Tochter ihre Freizeit verbringt. Allerdings würde es mich schon sehr wundern, wenn sie sich

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irgendwelchen komischen Gruppen oder Cliquen anschließen würde“ (Vater, S.5, Interview 2). Dem Netzwerkfragebogen kann man entnehmen, dass es mindestens ein Elternnetzwerk gab, das aus mindestens 5 Personen besteht. Daraus lässt sich schließen, dass die Eltern die Freundschaften ihrer Kinder in einem gewissen Maße unterstützen und lenken. Jedoch ließen die Eltern keine besondere Strenge walten, um ihre Kinder,

insbesondere die älteste Tochter, zu schützen. Sie führten Gespräche, in denen sie Verhaltensregeln vorgaben. Zugleich hatten sie die Netzwerke gerade so geknüpft, dass die älteste Tochter den Weg vom Hort nach Hause nicht allein zurücklegen musste. Der Mutter war es auch wichtig, dass die Tochter selbständig wird. An diesem Beispiel wird deutlich, wie Eltern sich ihr Lebensumfeld Neukölln, das nach Bronfenbrenner aus einem oder mehreren Mikro-, Meso- und Exosystemen besteht, aktiv mitgestalten. Dies zeigte sich z. B. auch darin, dass sie an der Umgestaltung des Innenhofes maßgeblich beteiligt waren. Zudem hatten sie ihre Wohnung nach ihrem individuellen Geschmack und nach ihren Bedürfnissen eingerichtet. Auch nahmen sie Einfluss auf die Exosysteme. Die geschah z. B. mittels des Erziehungsverhaltens sowie ihres Engagements bezüglich der schulischen und vorschulischen Angelegenheiten.

Das Elternpaar nahm Neukölln als einen lebendigen, sehr vielfältigen Stadtteil wahr, jedoch auch als schmuddelig. Letzteres schien den Vater nicht zu stören. Was ihn aber störte, war das negative Image, das Neukölln zugeschrieben wird. Er kritisierte den Bezirksbürgermeister Buschkowsky, der die Meinung vertreten haben soll, dass das Konzept der multikulturellen Gesellschaft gescheitert sei und betonte: „Ich habe keine Angst vor Parallelgesellschaften. Die haben nur den Fehler gemacht, dass die den Zustrom der Migranten nicht besser gesteuert haben. Dann hätten wir jetzt nicht das Problem, dass in vielen Grundschulen 80 % Kinder sitzen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen“ (Vater, S.4, Interview 2). Damit sprach der Vater den hohen Anteil von Kindern an den Grundschulen in Neukölln-Nord an, die nicht oder noch nicht richtig deutsch sprechen konnten. Er sah darin einen Problembereich. Man merkte aber auch, dass die Familie diese Problematik nicht persönlich berührte, da sie eine Schule gefunden hatte, an der der Ausländeranteil geringer ist. Diese Schule hatte sich gemäß den

Schilderungen der Eltern auf die Besonderheiten der Schülerschaft eingestellt (siehe auch Interview 1).

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