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4 TEIL IV

4.1.4 Berufseinstieg als Hürde?

Der Berufseinstieg konfrontiert die examinierten PhysiotherapeutInnen mit einer neuen, un-gewohnten Situation. In Abhängigkeit von der Art des Arbeitsplatzes und der Persönlichkeit der TherapeutIn wird dieser Berufseinstieg sehr unterschiedlich empfunden und führt bei der Hälfte der Befragten nachfolgend zu weitreichenden Konsequenzen in ihrer Weiterentwick-lung. Wie bereits in der Beurteilung der Ausbildung ersichtlich gewesen ist, äußern knapp 80% der befragten TherapeutInnen, dass sie zum Ende der Ausbildung hin ein defizitäres Gefühl im Hinblick sowohl auf ihre beruflichen als auch sozialen Kompetenzen entwickelt haben. Äußerungen wie, „also, was die fachlichen Kompetenzen anbelangt, hab ich mich in den ersten zwei Jahren sehr unwohl gefühlt“, „ich hatte den Eindruck, ich kann nichts und ich werd es vielleicht auch nie lernen“, „wenn du von der Schule kommst, kannst du ja quasi nichts“, „also, ich fühlte mich direkt nach der Ausbildung überhaupt nicht in der Lage, zu behandeln“ stellen dar, dass die PhysiotherapeutInnen den Einstieg in ihr Berufsleben als ei-ne Hürde, als eiei-nen möglicherweise auch angstbesetzten Schritt gesehen haben - in einschlä-giger Literatur auch als „Praxisschock“ bezeichnet. Sie fühlten sich zum Teil überfordert, das in der Ausbildung erworbene Wissen auf die therapeutische Intervention zu übertragen und stießen immer wieder an ihre eigenen Grenzen, da sie auf die Diskrepanz zwischen Ausbil-dung und Arbeitsanforderung nicht vorbereitet waren. Die Aussagen der berufserfahrenen Studierenden lassen sich anhand von drei Zitaten typisieren. Sie orientieren sich an der Art des ersten Einsatzes in der Berufspraxis.

Der erste Typ, Typ Praxis genannt, begann seine physiotherapeutische Karriere in einer physiotherapeutischen Praxis, die keine spezielle fachliche Ausrichtung aufwies. Der Einstieg ins Berufsleben zeichnete sich durch eine generelle Überforderung der Therapeutin aus, die zunächst vordergründig aufgrund der „Fließbandarbeit“, d. h. aufgrund der Masse der anfal-lenden Behandlungen im 30 Minuten Takt, zur Desillusionierung und letztendlich zu einem Wechsel des Arbeitsplatzes führte.

Die TherapeutInnen, die dem zweiten Typ, Typ Orthopädie zugeordnet werden können, waren ebenfalls mit anderen Vorstellungen in das Berufsleben eingetreten als dann in der Re-alität vorgefunden. Auch sie wurden ins „kalte Wasser“ geworfen, sind aber in einem Rehabi-litationszentrum oder einer anderen Einrichtung mit orthopädisch-traumatischer Ausrichtung tätig. Die TherapeutInnen fühlten sich fachlich durch die Schule “relativ“ gut vorbereitet für diese Tätigkeit. Insbesondere berichten dies die Studierenden, die vor der Einführung der neuen APrO ihre Ausbildung absolvierten, da sie sich an Richtlinien orientieren konnten, die sie jedoch sehr schnell im Verlauf ihrer beruflichen Praxis modifizierten. Sie meisterten die hohe Arbeitsbelastung, obwohl ihr Arbeitsrhythmus mit 25 Minuten pro KlientIn noch

ge-drängter ausfiel, fanden jedoch Unterstützung bei den KollegInnen. Eine der berufserfahre-nen TherapeutInberufserfahre-nen zeigt die Schwierigkeiten des Berufseinstiegs anhand des Umgangs mit dem in der Ausbildung als „absolut“ vermittelten Wissens, der damit verbundenen Abgren-zung gegenüber den Medizinern und der Reflexion der eigenen Sozialkompetenzen.

Der dritte Typ, Typ Neurologie, wechselte nach der Ausbildung in eine neurologische Kli-nik, und nach anfänglichen Schwierigkeiten, dem Gefühl, allein gelassen zu sein, fand sie sehr gute Unterstützung, um sich in einem geschützten Rahmen zu entwickeln. Sie beschreibt die Schwierigkeiten ihres Berufseinstiegs primär mit dem Fokus der nicht ausreichenden Sozial-kompetenz.

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Interviewauswertung anhand der vorgestellten Ty-pen dargestellt und hinsichtlich der Thematik „Berufseinstieg als Hürde“ analysiert.

4.1.4.1 Typ 1: Praxis

Die Studierende beschreibt ihren Arbeitseinstieg in eine Physiotherapiepraxis. Die Konfron-tation mit dem strengen Arbeitsrhythmus, zum damaligen Zeitpunkt noch ein 30-minütiger Wechsel der KlientInnen (heute steht der einzelnen Therapeutin in der Praxis z. T. nur eine Behandlungszeit von 20 Minuten oder weniger pro KlientIn zur Verfügung- Anmerkung der Verfasserin), die geringe Vor- und Nachbereitungszeit, die nicht vorhandene Unterstützung durch ArbeitskollegInnen sowie die Verantwortung gegenüber der einzelnen KlientIn haben dazu geführt, dass die Therapeutin bereits nach kurzer Zeit so demotiviert ist, dass sie sich entschließt, den Arbeitsplatz zu wechseln. Sie spricht davon, dass die BerufsanfängerInnen in der Praxis niemandem wirklich gerecht werden können aufgrund der geringen Behandlungs-zeit - weder der KlientIn geschweige denn ihrem eigenen qualitativen Anspruch - und mögli-cherweise auch nicht dem Arzt oder der Vorgesetzten. Um ihre ehemalige Vorstellung des Berufes aufrechterhalten zu können bzw. wiederzubeleben, wechselte sie die Arbeitsstelle. In der Klinik fand sie deutlich bessere Arbeitsbedingungen vor, die sie sowohl hinsichtlich ihrer praktischen Arbeit als auch der weiteren Qualifizierung in ihrem Beruf motivierten.

Text: C\N, Position: 17 – 17, Code: Berufserfahrung/-tätigkeit

„Im ersten Berufsjahr ging's mir halt schon recht schlecht, weil ich mir halt da der Verantwortung bewusst geworden bin, die ich halt an Patienten gegenüber habe, man hat halt schon in einem 30-Minuten-Takt gearbeitet, in einer Praxis mit wenig Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit, und das stellte sich für mich dann doch recht unbefriedigend dar, ....da wurde halt weder, weniger die Qualität (der Behandlung) halt in den Vordergrund gestellt , sondern wirklich die Masse musst es halt bringen, dass die Praxis halt läuft, und ja, das war für mich einfach nicht zufrieden stellend.

...irgendwie hatt’ ich das Gefühl, eigentlich keinem so richtig gerecht werden zu können.

Position: 45 – 46, Code: Berufserfahrung/-tätigkeit: Nach einem Jahr hab ich dann halt meine Stelle gewechselt, bin von 'ner Praxis dann ins Akutkrankenhaus gewechselt mit Ambulanz, und das war für mich eigentlich ganz angenehm, hab dann halt dort im Krankenhaus angefangen, weiter wieder Fortbildungen zu machen.“

4.1.4.2 Typ 2: Orthopädie

Dieser zweite Typ zeichnet sich durch die Aussage aus, „man sollte darauf vorbereitet wer-den, dass man weiß, was man weiß“, also durch die realistische Einschätzung der eigenen Kompetenzen. Die TherapeutInnen dieses Typs berichten, dass sie sich fachlich durchaus auf den Einstieg in eine orthopädisch-traumatologisch ausgerichtete Arbeitsstelle (wie z. B. ein Rehazentrum) vorbereitet fühlten. Die Arbeit umfasste eine 40 Stunden Woche, teilweise auch mehr, teilweise bis abends um zehn Uhr und wies eine ähnliche „Fließbandarbeit“ auf wie die des Typs „Praxis“. Im Gegensatz zu jenem ist es jedoch nicht die Masse bzw. die Fliessbandarbeit, die sie als problematisch hervorhebt, sondern sie greift die beim ersten Typ zum Teil unterschwellig anklingenden Themen von Selbstbewusstsein, Selbstüberschätzung, Wissen und Abgrenzung auf.

Text: D\P, Gewicht: 100, Position: 36 – 37, Code: Bewert. Ausbildung

„Ich hab von morgens bis abends gleich Patienten gehabt...und grad als Berufsanfänger, wo man sich unsicher noch fühlt, sind die kommunikativen Möglichkeiten, die man hat, und psychologischen Möglichkeiten, die man hat, ganz, ganz wichtig, grade im Umgang mit gestandenen, im Beruf ge-standenen Patienten, um sein Selbstbewusstsein nicht zu verlieren am Anfang, und damit, um auch den Erfolg zu gewährleisten, weil sonst bringt ihm das nichts oder ihr das nichts, und mir das auch nichts, ...bei uns wurde es zwar angesprochen, was es für, was es also in der Psychologie, was es da für Modelle gibt, aber die Umsetzung ist grad für Berufsanfänger, denk ich, sehr wichtig. Weil im Krankenhaus, wenn man Ausbildung macht, ist es einfach was anderes, wenn man halt die TEP durch die Gegend schiebt, oder wenn man halt mit wirklichen gestandenen Leuten in der Pra-xis zu tun hat, wo man einfach 'n ganz anderen Druck entgegengebracht bekommt. ... und kriti-scher Umgang zu dem, was man gelehrt bekommt, gut, man braucht erst mal 'ne Grundlage, um überhaupt arbeiten zu können, das ist klar... Also so Sachen, dass man, man hat 'ne taffe Aus-bildung, also, man kann sofort anfangen zu arbeiten, aber man sollte vielleicht sich mit dem Raus-lehnen ein bisschen zurückhalten. Ich mein, ich hab's ja genauso gemacht, aber man wird dann doch kleinlauter, je mehr man dann doch Einblick bekommt, also das ist so einfach so'ne Erfahrung, ja, auch diese klassische, gegen den Arzt zu sein, das spielt schon so in die Ausbildung mit rein.“

Die Therapeutin beschreibt den Berufseinstieg ähnlich wie die Kollegin vom Typ Praxis.

Auch sie hat sich anfänglich latent überfordert gefühlt, hatte ebenfalls Bedenken, ob sie ihren eigenen und den Ansprüchen der KlientIn gerecht werden kann. Weiter spricht sie drei für sie markante Problembereiche an: Wissen, Abgrenzung und Kompetenz. Sie beschreibt, ihre eigenen Grenzen nicht gekannt zu haben und bezieht dieses primär auf das Wissen, das ihr zur Verfügung stand, aber auch auf den Umgang mit der KlientIn.

Der Typ zeichnet sich dadurch aus, dass er sich fachlich recht gut durch die schulische Aus-bildung auf den Berufseinstieg vorbereitet fühlte, da das entsprechende „Grundrüstzeug“ für die Behandlungen in der orthopädisch-traumatologischen Einrichtung vorhanden war, was an der Aussage, man „hat ne taffe Ausbildung, man kann sofort anfangen zu arbeiten“ deutlich wird. Die Therapeutin hatte ihre Ausbildung noch nach der alten Ausbildung- und Prüfungs-verordnung absolviert und gibt an, für bestimmte Krankheitsbilder recht klare Vorgaben ge-habt zu haben, an denen sie sich zunächst orientieren konnte. Durch den Berufseinstieg ent-deckte sie jedoch, dass das von der Schule vermittelte Wissen als ein absolutes, nicht hinter-fragtes Wissen vermittelt wurde (siehe Kapitel 4.1.3 „Bewertung der fachschulischen Ausbil-dung durch die Studierenden“), mit dem die TherapeutInnen in den Arbeitsalltag entlassen wurden. An dieser Stelle verdeutlicht sie, dass sie sich offensichtlich mit ihrem Halbwissen

„aus dem Fenster“ lehnen (siehe auch Kapitel 4.3.2 „physiotherapeutisches Selbstbild“) und versuchen, sich damit gegen andere Berufsgruppen, insbesondere die Ärzte, abzugrenzen.

Be-reits durch die Ausbildung verinnerlichte sie die Haltung, gegen den Arzt zu sein. In oben stehendem Zitat deutet sich somit die latente Konfliktsituation im Verhältnis ÄrztIn-TherapeutIn an, die ebenfalls an anderer Stelle der Arbeit aufgegriffen wird. Ihr Selbstbe-wusstsein litt unter der Erkenntnis, dass ihr Wissen als nur relativ einzuschätzen ist.

Sie beschreibt einen weiteren Faktor, der die TherapeutInnen in ihrem Berufseinstieg das Selbstbewusstsein verlieren lässt. Es ist der Kontakt mit „im Berufsleben gestandenen Perso-nen“ als KlientInnen. Diese Personen scheinen offensichtlich einen anderen Druck auf die TherapeutInnen auszuüben, als wenn man „eine TEP (Totalendoprothese) über den Flur schiebt.“ An dieser Stelle zeigt sich insbesondere der Wert kommunikativer Fähigkeiten und psychologischen Wissens, welches den Umgang mit KlientInnen erleichtert sowie die Bedeu-tung der praktischen Umsetzung dieses Wissens insbesondere für BerufsanfängerInnen. Ge-rade dieses psychologische Wissen als ein minimaler Bestandteil der Ausbildung erfährt keine Umsetzung. Da man in den fachschulischen Praktika „nur die TEP durch die Gegend schiebt“ ist man als Berufsanfängerin nicht auf eine professionelle Art im Umgang mit der KlientIn vorbereitet.

Als Berufseinsteigerin erhielt sie fachliche Unterstützung durch ihre KollegInnen am Ar-beitsplatz sowie die Zeit für wöchentliche Fortbildungen, sie unterscheidet sich somit deut-lich vom Typ 1. Durch einen aus privaten Gründen bedingten Umzug wechselt sie in eine Klinik und hat hinsichtlich des physiotherapeutischen Alltages ebenso wie der Typ 1 ein

„Aha-Erlebnis“, welches ich ebenso auf die Erkenntnis bezieht, dass BerufsanfängerInnen in einem Klinikalltag sehr viel entspanntere Arbeitsbedingungen vorfinden als beispielsweise in Praxis bzw. einer Rehabilitationseinrichtung.

4.1.4.3 Typ 3: Neurologie

Der Typ Neurologie begann seine berufliche Entwicklung in einer neurologischen Klinik. Ei-ne der TherapeutInEi-nen dieses Typs berichtet, dass sie einbezogen wurde in den Aufbau eiEi-ner neuen Station, womit sie sich zunächst auch überfordert und ausgebrannt fühlte (da ihr das nötige feedback fehlte), obwohl sie die Arbeit als „sehr spannend“ empfunden hat. Ihre an-fängliche Überforderung wurde dann jedoch zunächst durch eine kompetente Chefin, „die das gemerkt hat“ und dann durch ein funktionierendes Team und Mentoren aufgefangen. Sie unterstreicht die für sie wesentlichen Schwierigkeiten beim Berufseinstieg deutlich anhand der Punkte der Kritikfähigkeit, des Reflexionsvermögens sowie der Interdisziplinparität. Sie fo-kussiert ihre primären Schwierigkeiten in der fehlenden realistischen Einschätzung im Um-gang mit neurologischen KlientInnen. Diese führt sie zurück auf ihre eingeschränkten Sozial-kompetenzen wie bspw. die Fähigkeit zur Reflexion ihrer TherapeutInnenrolle, und ihre mangelnde Kritik- und Teamfähigkeit, die ihr erhebliche Schwierigkeiten bereitet haben. Im Gegensatz zum Typ zwei unternimmt sie keine Abgrenzung zu anderen Berufsgruppen, son-dern entwickelt einen integrativen Ansatz, der auch besonders deutlich zum Tragen kommt, als dass sie das Wohl der KlientIn in der Abhängigkeit von der Zusammenarbeit der unter-schiedlichen therapeutischen Berufe in den Mittelpunkt stellt und generell Transparenz hin-sichtlich der therapeutischen Tätigkeit fordert.

Text: E\W, Position: 85 – 85, 91-91, Code: Berufserfahrung/-tätigkeit

„Also am Anfang hab ich mich völlig ausgebrannt gefühlt, weil ich nicht so richtig wusste, ob das, was ich tue, so richtig ist...und dann hatt ich eigentlich immer so Kollegen, die mich dann so, ich sag jetzt mal, so 'ne Mentorenposition für mich hatten, das war eigentlich ganz gut, wo dann eben nicht mehr nur die Behandlung betrachtet wurde, also die fachliche Behandlung als solches, sondern wo

e-ben auch auf diese Interaktionen geachtet wurde, wo ich ee-ben am Anfang doch Bedarf hatte, wo ich nicht wusste, was ich jetzt, was jetzt falsch daran gelaufen is, wirklich viel gebracht hat mir auch diese interdisziplinäre Teamarbeit, hat mich auch immer sehr gefordert und hat mich auch mensch-lich noch mal, sozial, in Sozialkompetenzen, ich könnt's mir jetzt nicht mehr vorstellen, in 'ner Praxis zusammen zu arbeiten, wo ich nicht weiß, was meine Kollegen machen, also, ja, so dieses im 20-Minuten-Rhyhtmus oder 30-Minuten Rhythmus, also so überhaupt keine Transparenz mehr haben, nicht mehr besprechen können, was man eigentlich tut, ja, das könnt ich mir nicht mehr vor-stellen, also ich würd's schon immer wieder mit mehreren Professionen zusammen arbeiten wollen, weil ich denk, dass es, also grad in der Neurologie, für den Patienten viel mehr bringt....ich war am Anfang nicht sehr kritikfähig.“

In der Zusammenfassung lassen sich für die Typen 1-3 Gemeinsamkeiten feststellen. Die TherapeutInnen stiegen mit einem sehr hohen Anspruch an sich selber und an ihre „Erfolge“

in den therapeutischen Alltag ein, dem sie schlussendlich nicht gerecht werden konnten. Die-ses vermittelte ihnen das Gefühl, ein „Mangelwesen“ zu sein und führte zu einer ersten Frustration bzw. Desillusionierung verbunden mit einem Gefühl des Selbstwertverlustes. Sie betonen die Diskrepanz zwischen der Ausbildungssituation und dem beruflichen All-tag, auf den sie sich nicht adäquat vorbereitet fühlten, sei es bezogen auf die fachliche als auch die persönliche Kompetenz. Diese Diskrepanz lässt sich auch als Praxisschock bezeich-nen. Dieser Praxisschock ist bereits für andere Berufe beschrieben worden und lässt sich für die Physiotherapie bestätigen. Die in der Ausbildung nicht vermittelte soziale Kompetenz, das fehlende Reflexionsvermögen, die fehlende realistische Selbsteinschätzung sowie das zu hinterfragende therapeutische Rollenverständnis scheinen insgesamt als größeres Problem empfunden zu werden als die fehlende fachliche Kompetenz. Retrospektiv wird den Befrag-ten bewusst, dass die Ausbildung ihnen zwar ein gewisses Maß an Techniken und Möglich-keiten der Therapie vermittelt, aber auch gleichzeitig „nur“ die Basis für ihre therapeutische Weiterentwicklung bedeutet. Erst durch den unmittelbaren Kontakt zur KlientIn und die Rückmeldungen von KollegInnen des medizinischen Teams stellt sich nicht nur das Erfah-rungswissen, sondern auch die Entwicklung der soft skills ein. Problematisch stellt sich für sie dar, dass sie sich am Anfang ihrer Tätigkeit vermehrt auf ihre Intuition verlassen müssen.

Ebenfalls unabhängig vom Typus geben die Befragten an, dass der schnelle KlientInnen-wechsel (die „Fließbandarbeit“), sei es in der physiotherapeutischen Praxis oder einer sonsti-gen Einrichtung, den Bedürfnissen einer BerufseinsteigerIn in keinster Weise entspricht. Zu-dem machen sie deutlich, dass gerade in ihrem ersten Jahr eine festgelegte Betreuung bzw.

Supervision mit einem festen Ansprechpartner und regelmäßige Fortbildungen in einer Gruppe überaus notwendig und wichtig sind, um den Einstieg in das Berufsleben so effektiv wie möglich zu gestalten und nicht zur Hürde werden zu lassen.

4.2 Ergebnisse des 2. Stranges: Akademisierung und ihre Auswirkungen