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3 TEIL III

3.12 Auswertung

Bevor im Folgenden zur eigentlichen Auswertung übergegangen wird soll an dieser Stelle zu-nächst die Kohorte der befragten StudentInnen der Physiotherapie dargestellt werden. Die Daten entstammen dem quantitativen Kurzfragebogen, den die Studierenden vor dem Inter-view ausfüllten. Die Darstellung der Daten macht bereits deutlich, dass die Studierenden der Physiotherapie sich zum Teil erheblich von den Studierenden anderer Fachbereiche unter-scheiden.

3.12.1 Soziodemographische Daten der TeilnehmerInnen

Das Alter der Studierenden variierte zwischen 21 und 46 Jahren, wobei diese beiden Alterstu-fen sowie die Altersstufe „39 Jahre“ jeweils nur einmal vertreten waren. Das Gros der Studie-renden befand sich mit 13 Teilnehmenden in der Altersgruppe 23-28, weitere sechs in der Al-tersgruppe 29-35. Die sich darstellende Variationsbreite hinsichtlich der Altersstruktur lässt sich aufgrund der mitzubringenden Voraussetzungen zur Zulassung in den einzelnen Stu-diengängen erklären, da teilweise die Zulassung direkt nach dem Abitur möglich ist, an ande-rem Ort aber eine abgeschlossene Berufsausbildung, Berufserfahrung und mindestens eine Weiterbildung nötig sind.

Die schulische Sozialisation erfolgte in 19 Fällen über das Gymnasium mit dem Abschluss des Abiturs, in drei Fällen über die Erlangung der Fachhochschulreife und in einem Fall über die Polytechnische Oberschule, ein in der ehemaligen DDR erworbener Fachschulabschluss, den die Teilnehmerin sich auf vielen verschiedenen ministeriellen Wegen als Äquivalent zur Fachhochschulreife bzw. Zulassung zum Studium hat anerkennen lassen können.

Die Geschlechtsverteilung zeigt mit 20 PhysiotherapeutInnen und zwei Physiotherapeuten eine berufsspezifisch übliche Unterrepräsentanz der männlichen Therapeuten (die Repräsen-tanz der männlichen Physiotherapeuten in der gesamten Berufsgruppe entspricht ca. 15-20%) und liegt somit in der Untersuchung unter der normalen Repräsentanz. Sicherlich kann an dieser Stelle vor dem Hintergrund der Freiwilligkeit der Teilnahme an den Interviews die Fra-ge auftreten, ob den Frauen das Erhebungsinstrument der qualitativen Interviews näher liegt als ihren männlichen Kollegen, was jedoch nicht abschließend beantwortet werden kann.

Von den Befragten sind drei PhysiotherapeutInnen verheiratet und die Frage nach Kindern wurde von nur einer KollegIn bejaht.

Bezüglich der Ost-West-Verteilung kommen vier der TherapeutInnen aus den neuen Bundes-ländern, bzw. haben dort ihre Ausbildung zur PhysiotherapeutIn gemacht. Zwei von ihnen haben die Ausbildung noch nach der alten Ausbildungs- und Prüfungsordnung (AprO)vor 1994 absolviert, die anderen beiden nach der revidierten gemeinsamen APrO nach 1994.

Bleibt man bei der Unterteilung im Hinblick auf die Jahreszahl und damit bei der Änderung der Berufsausbildung, so haben fünf der Befragten ihre Ausbildung in den westlichen Bun-desländern ebenfalls vor 1994 und somit das dritte Ausbildungsjahr als (nicht mehr schulisch

organisiertes) Anerkennungsjahr in einer klinischen Einrichtung absolviert, die Bezeichnung des Berufsabschlusses zum damaligen Zeitpunkt war noch der der KrankengymnastIn. Nach der neuen Ausbildungsordnung sind dann 13 PhysiotherapeutInnen ausgebildet worden, vier absolvieren gar keine Ausbildung, sondern sind ausschließlich Studierende.

Diese Vier studieren an einer semestergebührenpflichtigen privaten Fachhochschule, aber auch 10 der anderen InterviewteilnehmerInnen haben vor Aufnahme des Studiums an einer (schul-)gebührenpflichtigen Einrichtung ihre Ausbildung absolviert; die weiteren acht Befrag-ten hatBefrag-ten ihre Ausbildung an staatlichen Einrichtungen absolviert, die zumeist Universitäts-kliniken angegliedert sind/waren.

Fragt man die Studierenden, ob sie von einer der kooperierenden Fachschulen in die Fach-hochschulausbildung eingemündet sind, so bejahen dieses insgesamt nur sechs. Obwohl eini-ge Fachhochschulen im Jahr 2003 ihre Studierenden entweder zu 100 bzw. 80% aus koope-rierenden Fachschulen rekrutieren, lässt sich an dieser Stelle vermuten, dass die geringe An-zahl der Zugelassenen der Fachschule aufgrund der „Neuheit der Studiengänge bzw. ihrer kurzen Existenz“ resultiert, noch nicht entsprechend viele SchülerInnen die Zusatzangebote nachfragen konnten und somit für „externe“ BewerberInnen in den ersten Kohorten der Studiengänge vermehrt Plätze zur Verfügung standen.

Berufserfahrene KollegInnen, und hier ist mit beruferfahren gemeint, vor Aufnahme des Studiums hauptberuflich als PhysiotherapeutIn/KrankengymnastIn gearbeitet zu haben, sind in dieser Kohorte mit 12 versus 10 leicht die Mehrzahl gegenüber den „NovizInnen“. Das Phänomen der NovizIn erklärt sich insofern, als dass die TherapeutInnen entweder direkt nach Abschluss ihrer berufsfachschulischen Ausbildung das Studium aufgenommen haben (und somit noch nicht über Berufserfahrung verfügen) oder aber gleichzeitig Ausbildung und Studium absolvieren bzw. sich ausschließlich im Studium befinden.

Die Bandbreite der Berufserfahrung korreliert hier mit der Altersverteilung und liegt im Mit-tel bei fünf Jahren (abgesehen von drei Personen mit jeweils 12, 13 und 23 Jahren Berufser-fahrung). Diese fünfjährige Berufserfahrung vor Aufnahme des Studiums ist insofern interes-sant, als dass sich hier ein Zusammenhang zwischen dem Fortbildungsverhalten (vgl. Schä-mann 2001) von PhysiotherapeutInnen und der Aufnahme des Studiums vermuten lässt. Die-ser wird jedoch an anderer Stelle in die Interpretation aufgenommen (siehe Fortbildungsver-halten und Professionalisierung).

Wie finanzieren die Studierenden ihr Studium? Die finanzielle Absicherung des Lebensunter-haltes geschieht bei neun der Studierenden über die Eltern, den Mann und/oder über den Bezug von Bafög, wobei im Detail nicht weiter differenziert wurde. Diese Studierenden müs-sen neben ihrem Studium nicht zusätzliche hohe Energie in die Sicherung des Lebensunter-haltes investieren, sondern können sich vermehrt auf ihren StudentInnenstatus konzentrie-ren.

Die verbleibenden Befragten unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Tätigkeiten während des Studiums insofern, als dass knapp die Hälfe weiterhin als PhysiotherapeutIn arbeitet, z. T. in eigener Praxis, freiberuflich oder in einem Rehabilitationszentrum und somit einen engen Be-zug zu ihrem ursprünglichen Beruf beibehält. Die andere Hälfte geht zwar nicht gänzlich an-deren Erwerbsquellen nach, wie z. B. der Tätigkeit in einem Fitnessstudio oder in der Pflege, handwerklicher Tätigkeit oder der Nachhilfe, um nur einige zu nennen. Diese jedoch nicht physiotherapiespezifischen Tätigkeiten üben sowohl berufserfahrene TherapeutInnen als auch die NovizInnen aus. Für acht der NovizInnen ist diese Tatsache logischer Natur, da sie das Examen und damit die Berufsbezeichnung PhysiotherapeutIn noch nicht führen dürfen.

Im Hinblick auf die berufserfahrenen TherapeutInnen stellt sich jedoch die Frage, ob mögli-cherweise diese Tätigkeiten lukrativerer Art sind als die Arbeit mit der KlientIn im physiothe-rapeutischen Kontext.

Zudem wurde der Aspekt Entfernung zum Wohnort bzw. der Umzug an den Studienort be-leuchtet. Fünf Studierende geben an, wegen des Studienganges einen Umzug an den Hoch-schulstandort vorgenommen zu haben, weitere vier pendeln zwischen ihrer Berufstätigkeit und den Blockstudienwochen z. T. 120 bis 900 km. Interessant ist, dass alle weiteren Studie-renden ihren Wohnort in mehr oder weniger unmittelbarer (Fahr-)Nähe zur Fachhochschule bereits vor Aufnahme des Studienganges hatten. Die Entfernung zwischen Studienort und Wohnort spiegelt unter anderem den Aufwand wider, den Studierende zur Aufnahme ihres Studiums betreiben sowie motivationale Einflussfaktoren, die aus hochschulsozialisatori-schem Blickwinkel von Interesse sind.

Aus diesen kurz umrissenen Daten wird deutlich, wie heterogen sich die Gruppe der Studie-renden präsentiert. Im weiteren Verlauf der Darstellung und der Typenbildungen werden sich einige der soziodemographischen Daten als mögliche Kontextfaktoren wiederfinden lassen.

Bei der Typenbildung handelt es sich um Typisierungen, die von mir vorgenommen wurden.

Sie orientieren sich zunächst an der von Kelle und Kluge aufgezeigten Vorgehensweise, wie vom Einzellfall zum Typus gelangt werden kann (vgl. hierzu Kelle und Kluge 1999), sowie im weiteren Procedere in Anlehnung an Liebold/Trinzcek. Die Typenbildungen sind für die je-weilig herausgearbeiteten und/oder vorstrukturierten Themenfel-der/Kategorien/Dimensionen vorgenommen worden, jedoch sind in einigen thematischen Bereichen entweder aufgrund zu extremer Heterogenität oder Homogenität in den Ausfüh-rungen der Studierenden keine Typenbildungen möglich. In diesen Fällen - und hier handelt es sich größtenteils um Teilbereiche im dritten Strang, der sich mit Professionalität und Pro-fessionalisierung auseinandersetzt. Für den Fall zu großer Heterogenität werden die Ergeb-nisse in einer zusammenfassenden Darstellung präsentiert, für den Fall der Homogenität in einem oder maximal zwei Typisierungen. Typenbezeichnungen sind in keinem Fall als wer-tend zu verstehen, sie drücken ausschließlich die prägnantesten Dimensionen oder Merkmale aus. Die Auswertung erfolgt in drei Teilsträngen, so wie sie bereits auf Seite 11 präsentiert wurden. Jeder einzelne Teilaspekt eines Stranges wird aufgegriffen und ausgewertet, abschlie-ßend für jeden Strang eine Zusammenfassung erarbeitet, die dann wiederum in die Diskussi-on der Ergebnisse vDiskussi-on ProfessiDiskussi-onalität, Identität, beruflicher Kultur und Habitus zusammen-geführt wird.