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3. Die EU-Osterweiterung – eine historische Herausforderung

3.6. Attraktivität eines erweiterten Binnenmarktes

3.7.1. Positionen zum Arbeitsmarkt

3.7.1.3. Arbeitsmarktposition der Europäischen Kommission - Berichte über die Auswirkungen der Freizügigkeit der MOE-Arbeitnehmer im Kontext Auswirkungen der Freizügigkeit der MOE-Arbeitnehmer im Kontext

3.7.1.3.4. Arbeitsmarktentwicklungen in den EU-15

2006 berichtet die Kommission, dass die drei Länder (UK, Irland und Schweden), die im Mai 2004 ihre Arbeitsmärkte völlig liberalisiert hatten, ein hohes Wirtschaftswachstum, den Rückgang der Arbeitslosigkeit und einen Anstieg der Beschäftigung erleben. Andererseits gibt es in den Ländern, die Übergangsregelungen anwenden, Hinweise darauf, dass einige von ihnen mit unerwünschten Nebeneffekten (siehe Abschnitt 13.8) konfrontiert sein könnten. Soweit die Arbeitskräfte legalen Zugang erlangten, konnten sie sich reibungslos in den Arbeitsmarkt eingliedern.

Vor allem bestehe Interesse an kurzfristigen oder saisonalen Arbeitsverhältnissen.254 Im Bericht IP/06/130 wird prozentual errechnet, dass Staatsangehörige der neuen Mitgliedstaaten (EU-10) weniger als 1% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in den dreizehn EU-Ländern ausmachen. Die Statistik zeige etwas höhere Zahlen nur für Österreich (1,4 % im Jahre 2005) und Irland (3,8 % im Jahre 2005).

Es gebe keine Anzeichen für einen Anstieg der Arbeitslosigkeit oder auch der Höhe der Sozialausgaben nach der Erweiterung im Vergleich zu den zwei Jahren davor.255 Es gebe keine Anzeichen dafür, dass einheimische Arbeitskräfte durch Arbeitskräfte aus den EU-10-Mitgliedstaaten verdrängt wurden.256 Die Letzteren spielen eher eine

„ergänzende Rolle“ (z.B. um Qualifikationslücken zu schließen).257 Die Beschäftigungsquote der EU-10-Arbeitskräfte in den EU-15-Mitgliedstaaten sei mit der der Inländer bzw. der Staatsangehörigen der anderen EU-15-Staaten vergleichbar und in Irland, Spanien und dem UK sogar höher. Sie sei sehr viel höher als bei Nicht-EU-Staatsangehörigen. Das zeigt, dass „EU-10-Bürger in jedem Mitgliedstaat positiv zur

253 Siehe Fn. 273.

254 Punkt 21 Bericht IP/06/130 (Fn. 208).

255 Punkt 4.3 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

256 Punkt 26 Bericht IP/06/130 (Fn. 208) und Punkt 4.3 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

257 Punkt 31 Bericht IP/06/130 (Fn. 208)

allgemeinen Arbeitsmarktleistung, zum nachhaltigen Wirtschaftswachstum und zur Verbesserung der Situation der öffentlichen Finanzen beitragen.“258

Ihre durchaus positive Position für Arbeitsmarktliberalisierung zugunsten der EU-10/2-Länder belegt die Kommission auch durch Angaben über den Anteil der Nicht-EU-Staatsangehörigen in den EU-15-Mitgliedstaaten. Die Beschäftigungsquote der EU-10-Arbeitskräfte in den EU-15-Mitgliedstaaten sei sehr viel höher als bei Nicht-EU-Staatsangehörigen.259 Die Kommission unterscheidet deshalb die EU-interne Mobilität aus den EU-10 von der Mobilität der EU-Ausländer. Der Bericht erinnert, dass der Anteil der Nicht-EU-Staatsangehörigen in allen EU-15-Mitgliedstaaten aus historischen Gründen deutlich höher liegt als der von EU-Staatsangehörigen. Im Vergleich sei die Zuwanderung aus den EU-10 ein relativ neues Phänomen.260 Die Statistiken zeigen, dass in allen EU-15-Mitgliedstaaten der Anteil der Nicht-EU-Staatsangehörigen deutlich höher liegt als der von EU-Staatsangehörigen. „Das bedeutet, dass die Zuwanderung aus Nicht-Ländern ein viel bedeutsameres Phänomen als die interne Mobilität ist, und zwar sowohl innerhalb der 15 als auch innerhalb der EU-25.261 Zu gleichen Ergebnissen kommt vier Jahre nach der Erweiterung auch der zweite Kommissionsbericht 2008.262

Im Bericht IP/06/130 werden statistische Daten vorgestellt263, die belegen, dass die Arbeitsmarktentwicklung auch in den EU-8-Ländern seit der Erweiterung positiv war.

Die Arbeitslosenquote sei in fast allen Ländern deutlich zurückgegangen. Daraus wird abgeleitet, dass es keinen Grund gibt, „einen verstärkten Druck zur Migration aus den EU-8-Ländern zu erwarten, zumal die Aussichten auf wirtschaftliches Wachstum gut bleiben und sich deutlich gesteigerte Interventionen aus dem Strukturfonds und dem Fonds für ländliche Entwicklung mittlerweile hinsichtlich Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzschaffung positiv auswirken“.264 Diese Ergebnisse bestätigt noch einmal

258 Punkt 23 Bericht IP/06/130 (Fn. 208).

259 Ebenda.

260 Punkt 24 Bericht IP/06/130, siehe auch Tabelle A2 im Anhang des Berichts (Fn. 208).

261 Punkt 18 Bericht IP/06/130, siehe Tabelle A2 im Anhang des Berichts (Fn. 208).

262 Punkt 2.2 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

263 Siehe Tabellen A4 und A5 im Anhang des Berichts IP/06/130(Fn. 208).

264 Punkt 22 Bericht IP/06/130 (Fn. 208).

zwei Jahre später der Bericht IP/08/1729 im Hinblick auch auf die neuen Migrationsströme aus Bulgarien und Rumänien.265

Unter den positiven Effekten verzeichnet der Bericht auch den (in manchen Fällen erheblichen) Anstieg der Beschäftigungsquote für 10-Bürger in verschiedenen EU-15-Mitgliedstaaten, darunter Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Österreich und dem UK. Dem Bericht nach könnte das mit zwei Tatsachen zusammenhängen.

Zum einen wurden als Folge der Erweiterung Teile der Schattenwirtschaft ans Licht gebracht, welche zuvor erwerbstätige Bürger aus den EU-10-Staaten nicht gemeldet hatten. Das führe zu „besserer Einhaltung der gesetzlichen Arbeitsnormen, mehr sozialem Zusammenhalt durch geringeres Risiko der Ausgrenzung der Betroffenen und höheren staatliche Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen.“ Dies könne auch bedeuten, dass die Zunahme der Arbeitskräftemobilität aus den EU-10-Mitgliedstaaten nach der Erweiterung in Wirklichkeit geringer ist, als die Daten ausweisen. Zum zweiten könne es sich tatsächlich um eine Verbesserung der Beschäftigungsquote der EU-10-Bürger nach der Erweiterung handeln. Solche Folgen sind auf die veränderte Einstellung der Arbeitgeber, die besseren Möglichkeiten zur Unternehmensgründung, bessere Information und sachgemäßere Regelungen zurückzuführen.266

Die Arbeitskräfte aus den EU-10-Ländern tragen außerdem durch ihr Humankapital zum langfristigen Wachstum und zu höheren Einnahmen der öffentlichen Finanzen bei.267

Einen weiteren Anstieg der Mobilitätsströme aus den EU-12 in die EU-15 hält die Kommission 2008 für „unwahrscheinlich“.268 So scheinen sie am Beispiel UK und Irland 2006.

„…ihren Höhepunkt erreicht zu haben und sind 2007 und im ersten Quartal 2008 signifikant zurückgegangen. Außerdem gibt es Hinweise auf verstärkte Rückmigration von im Vereinigten Königreich lebenden Menschen“.269

265 Punkt 4.1 IP/08/1729 (Fn. 208).

266 Punkt 24 und Punkt 28 Bericht IP/06/130 (Fn. 208).

267 Punkt 31 Bericht IP/06/130 (Fn. 208).

268 Punkt 2.5 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

269 Ebenda. Siehe weiter: Diagramme A5/6 des Berichts IP/08/1729 (Fn. 208).

Das Gleiche sei auch im Falle der Arbeitsmigration aus Bulgarien und Rumänien zu schlussfolgern. Entscheidend seien hier einige Faktoren. Zum ersten haben schon

„diejenigen, die abwandern wollten“ dies bereits in früheren Jahren getan.270 „Das Potenzial für zusätzliche Auswanderung wird somit als „begrenzt“ geschätzt. Der rasche Anstieg der Einkommen der Bevölkerung und der Rückgang der Arbeitslosigkeit

„in den wichtigsten EU-Herkunftsländern“271 sollte weiterhin eine große Rolle spielen.

„Bremsend“ auf die „geografische Arbeitsmobilität“ wirke auch „die sinkende Zahl junger Menschen“272 in diesen Ländern. Somit schrumpfe „das Reservoir potenziell mobiler Arbeitnehmer aus der EU-2/10“.273

3.7.2. Ergebnisse

Aufgrund der durch die Mitgliedstaaten übermittelten nationalen Daten bewertet die Kommission die Mobilitätsströme zwischen EU-10 und EU-15 zum Jahr 2006 insgesamt als geringer als erwartet und „sehr begrenzt“, „um den EU-Arbeitsmarkt insgesamt zu beeinflussen“.274 Sie sind als nür „vorübergehende“ Erscheinungen anzusehen.275 Auch zwei Jahre später gelangt die Kommission aufgrund von neuesten statistischen Daten und wirtschaftlichen Untersuchungen zu den gleichen Ergebnissen.

Im Bericht IP/08/1729 unterstreicht sie weiter, dass, obwohl die Zahl der MOE-Staatsangehörigen in der EU-15 signifikant ist, sie angesichts der Gesamtbevölkerung der Aufnahmeländer gering ausfällt.276 Im Vergleich dazu sei der Prozentsatz der aus Drittstaaten zugewanderten Arbeitskräfte in der Erwerbsbevölkerung wesentlich

270 „…So gibt es beispielsweise Hinweise, dass möglicherweise bis zu 40 % der EU-8-Arbeitnehmer, die 2004 im Arbeitnehmerregistrierungssystem erfasst wurden, bereits im Land waren, als das UK seine Arbeitsmärkte öffnete. Berichte der Niederlande weisen darauf hin, dass die illegale Beschäftigung von EU-8-Bürgern

ohne Arbeitsgenehmigung zurückging, als sich die Niederlande 2007 für die Öffnung ihres Arbeitsmarktes entschieden…“ (vgl. Punkt 2.5 Bericht IP/08/1729 [Fn. 208]).

271 Siehe Diagramme A7/8 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

272 Sie gelten „am ehesten emigrationsbereit“ (Punkt 5 Bericht IP/08/1729 [Fn. 208]).

273 Punkt 2.5 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

274 Punkt 31 Bericht IP/06/130 (Fn. 208).

275„ …So legen beispielsweise Daten für das Vereinigte Königreich die Vermutung nahe, dass rund die Hälfte der EU-8-Staatsangehörigen, die seit 2004 arbeitshalber ins Vereinigte Königreich gekommen sind, das Land möglicherweise schon wieder verlassen haben, und ein ähnliches Bild ist für Irland zu erkennen…“.(Punkt 2.4 Bericht IP/08/1729 [Fn. 208]).

276 Ebenda; vgl auch: Punkt 2.1 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

höher.277 In den meisten Staaten sei außerdem der Zustrom anderer EU-15-Staatsangehöriger größer als die Zahl der Migranten aus der EU-10 und EU-2.278 .

„Über einen längeren Zeitraum und unter Berücksichtigung von Altmigranten279 „weisen eigentlich die

„Alt“-EU-Staaten Portugal und Irland immer noch den höchsten Anteil von Staatsangehörigen auf, die in anderen EU-Mitgliedstaaten leben (9 % bzw. 8,2 %).“280

Gemäß der Kommission zeigen die Daten „für die wichtigsten europäischen Aufnahmeländer“ dass „die nominalen Bruttolöhne und -gehälter zumeist weiter gestiegen sind und die Arbeitslosigkeit zumeist weiter zurückgegangen ist, selbst im unteren Qualifikationsbereich und in Wirtschaftszweigen mit relativ starkem Zustrom von Arbeitskräften aus anderen Mitgliedstaaten“.281 Es gebe keine Anzeichen für einen Anstieg der Arbeitslosigkeit oder auch der Höhe der Sozialausgaben.282 2008 unterstrich die Kommission erneut (auch am Beispiel UK und Niederlande), dass eine Aufhebung der Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt gegenüber den EU10/2-Ländern

„die Wahrscheinlichkeit von Schwarzarbeit durch Bürger aus den neuen Mitgliedstaaten verringert.“283 In den vier Jahren nach der Erweiterung 2004 ist außerdem „ein eindeutig positiver Einfluss auf das Wirtschaftswachstum in der EU“284 zu verzeichnen.

Das alles bestärkte die Kommission, ihre Position zur Arbeitsmarktliberalisierung auch im Jahr 2008 beizubehalten. Die von den Mitgliedstaaten gesammelten statistischen Daten und Erfahrungen seit 2004 gaben ihr Anlass ihren Appell auf eine volle Arbeitsmarktliberalisierung noch vor dem Auslaufen der Übergangsfristen auch im Bericht IP/08/1729 mit Nachdruck zu wiederholen.

277 Vgl. Punkt 2.1 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208). Mit Ausnahme von Irland und Luxemburg in fast allen Mitgliedstaaten „übertrifft die Zahl der Neuankömmlinge aus Drittstaaten die Zahl der neu aus anderen EU-Mitgliedstaaten Zugezogenen.“ (Punkt 2.2 Bericht IP/08/1729 [Fn. 208]).

278 Punkt 2.2 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

278 Ebenda.

279 Die Migranten, die ihr Herkunftsland vor mehr als vier Jahren verlassen haben bezeichnet die Kommission als „Altmigranten“ (vgl. Punkt 2.3 Bericht IP/08/1729 [Fn. 208]).

280 Punkt 2.3 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

281 Punkt 4.3 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

282 Ebenda.

283 Punkt 2.5 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

284 Punkt 4.1 und Punkt 5 Bericht IP/08/1729 (Fn. 208).

4. Deutschland

Unter den EU-Mitgliedstaaten war Deutschland eines der Länder, das sich stark mit der EU-Osterweiterung engagierte, und wurde deshalb oft als „Motor der „Europäischen Einigung“ bezeichnet.285 Diesen Prozess haben alle deutschen Bundesregierungen seit 1990 von Anfang an aktiv unterstützt.286 Mit seiner stark exportorientierten Wirtschaft ist Deutschland einer der Mitgliedstaaten, die am meisten von der Aufnahme der Neumitglieder287 profitieren können.288Außerdem konnte das Land (aufgrund

285 Siehe: http://www.tatsachen-ueber-deutschland.de/de/aussenpolitik/inhaltsseiten/hintergrund/eu-integration-und-erweiterung.html?type=1, Stand 2007; Vgl. Rede v. Verheugen (Fn. 53): „Insgesamt wird der Zugang zu den östlichen Wachstumsmärkten durch die Erweiterung besser und vor allem

berechenbarer. Vom verstärkten Handel und von den wirtschaftlichen Reformen in den Beitrittsländern werden vor allem diejenigen EU-Mitgliedstaaten profitieren, die wie Deutschland mit den Beitrittsländern heute schon intensive Wirtschaftskontakte pflegen. Die volkswirtschaftliche Wachstumseffekte werden für Deutschland und Österreich je nach Prognose auf 0,5 bis 1 % des Bruttoinlandsprodukts geschätzt (2002)…“; Rede v. Verheugen (Fn. 53) „…Auch wenn man die notwendigen zusätzlichen Mittel für den EU-Haushalt in Rechnung stellt, entstehen für Deutschland und Österreich bedeutsame

Wohlfahrtsgewinne…“; siehe weiter Fn. 42 und Fn. 43.

286 „…Natürlich auch, weil wir als Deutsche aus eigener Erfahrung wussten, was Teilung bedeutet. Alle Regierungen haben deshalb zu ihrer Verantwortung gestanden, zur Überwindung der Teilung auch in Europa beizutragen.“ Bundesaußenminister Steinmeier in seiner Rede v. 31.10.2006 vor dem Deutschen Bundestag (Fn. 115).

Die deutsche Wirtschaft steigerte zwischen 1993 und 2001 ihre Exporte in die MOE-Länder um fast 200% (vgl. Schmid [Fn. 107]).

„…Deutschland hat die Erweiterungsverhandlungen seit ihrem Beginn nachdrücklich vorangetrieben. Als Nachbarstaat von Polen und Tschechien und als bedeutendster Handelspartner der neuen EU-Länder hat Deutschland ein besonderes Interesse an dieser EU-Erweiterung. Der deutsche Außenhandel mit den neuen [am 1. Mai 2004 beigetretenen] EU-Ländern hat einen Anteil von 9 % am Gesamtumfang des deutschen Außenhandels…“

(http://www.tatsachen-ueber-deutschland.de/de/aussenpolitik/inhaltsseiten/hintergrund/eu-integration-und-erweiterung.html?type=1), Stand 2007.

Im Zeitraum: 2004-2006 betrug der deutsche Anteil am EU-Ausgabevolumen für die EU-10 rund 2,3 Milliarden Euroan Zahlungsermächtigungen (vgl. Online-Information des Auswärtigen Amtes über Bulgarien und Rumänien, abrufbar unter Finanzen in:

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Europa/Erweiterung/Uebergangsfristen.html, Stand: 23.06.2006.

„…So hatte Deutschland im Jahr 2006 einen Kapitalexport im Wert von 108 Milliarden Euro, von dem lediglich 25 Milliarden auf Direktinvestitionen entfielen. Ein Teil dieses Kapitalexports floss in die neuen osteuropäischen EU-Mitgliedsländer, die, relativ zu ihrer Größe, riesige Kapitalimporte realisierten…“

(Sinn: Die Osterweiterung als Herausforderung für Westeuropa [Fn. 55]).

287 Im 3. Quartal 2006 lagen die Ausfuhren nach Rumänien 33 % über dem Vorjahresniveau und die nach Bulgarien immerhin über 18 %. (Kreimeier, Nils: Die EU-Erweiterung ist besser als ihr Ruf. Vom Sorgenkind zum Boomland, in Financial Times Deutschland (Dossier) unter:

http://www.ftd.de/politik/europa/145548.html, Stand: 3.1. 2007).

strategischer geopolitischer Interessen in der neuesten Geschichte) mit guten alten Wirtschaftskontakten in diesem Teil des Kontinents rechnen und darauf aufbauen.

Außenhandelsbilanz, Originalwerte, Milliarden Euro

Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland Mai 2009

288 „Aus den einzelnen Beiträgen und ihren Befunden lassen sich einige zentrale und relevante

Rückschlüsse und Ergebnisse ableiten…Die deutsche EU-Mitgliedschaft ist von Nutzen für Deutschland und zahlt sich politisch wie ökonomisch aus… [Sie] liegt im vitalen Interesse des Landes…Die

Erweiterung um Ost- und Mitteleuropa bietet insgesamt weitaus mehr Chancen und Möglichkeiten als Gefahren und Risiken; Deutschland muss noch offensiver als bisher diese Möglichkeiten nutzen…“(Die neue Europäische Union: im vitalen Interesse Deutschlands? Studie zu Kosten und Nutzen der

Europäischen Union für die Bundesrepublik Deutschland, Stand 2006 (Fn. 42), S. 18; Nach Schätzungen des Bundeswirtschaftsministeriums sicherte die deutsche Warenausfuhr in die MOE-Länder zum Jahr 2002 etwa 100 000 Arbeitsplätze (vgl. Schmid [Fn. 107]); Vgl. weiter: Ostmitteleuropa auf dem Weg in die EU Transformation, Verflechtung, Reformbedarf (Fn. 42); Kreile (Fn. 43), S. 8; Marschall, B.: EU-Erweiterung bringt hohes Wachstum (Fn. 43); DIW-Studie: Europäische Union: Osterweiterung und Arbeitskräftemigration: (Fn. 104); über die Effekte der MOE-Arbeitsmigration (Forschungsergebnisse zum Jahr 2009) - auch: IAB-Kurzbericht 9/2009 (Fn. 54); Wachstumsmarkt Osteuropa – die europäischen Marktakteure setzen auf Osteuropa vor Fernost - eine IBM-Finanzmarktstudie (Fn. 60); Sinn: Die Osterweiterung als Herausforderung für Westeuropa (Fn. 55); Holtbrügge (Fn. 43), S. 39.

Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen, Originalwerte, Milliarden Euro

Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland Mai 2009

Bereits einige Jahre nach den politischen Veränderungen im östlichen Teil des Kontinents fand etwa die Hälfte des EU-Handels zwischen Mittel- und Osteuropa und Deutschland statt.289 Die deutsche Wirtschaft hat davon besonders profitiert. Die anderen EU-Mitgliedstaaten, die vor 1989 ein Defizit der Handelsbilanz mit diesen Ländern verzeichneten, konnten in den folgenden Jahren einen deutlichen Überschuss erwirtschaften.290

Ein Gutachten führender Wirtschaftsforschungsinstitute291 zu den Auswirkungen der EU-Erweiterung in der Bundesrepublik292 kommt zu dem Ergebnis, dass die

289 Über die Handelsbeziehungen BRD - vgl. u.a. Ostmitteleuropa auf dem Weg in die EU.

Transformation, Verflechtung, Reformbedarf (Fn. 42); Marschall (Fn. 43); Holtbrügge, S. 39; siehe auch:

Kreile (Fn. 43), S. 8.

290 Siehe Kreile (Fn. 43), S. 8.

291 Das Bundeswirtschaftsministerium hatte das britische Institut Cambridge Econometrics, das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die Münsteraner Gesellschaft für Finanz- und Regionalanalysen (Gefra) sowie das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) beauftragt. Stand: 14.12.2006.

292Auswirkung der EU-Erweiterung auf Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und ausgewählten EU-Mitgliedsstaaten Bisherige Erfahrungen und künftige Entwicklungen unter besonderer

Berücksichtigung der EU-Beitritte Bulgariens und Rumäniens. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen.

wirtschaftlichen Vorteile der Osterweiterung für Deutschland sich als viel größer als bisher angenommen erweisen.293 Das Gutachten war die erste umfassende Untersuchung der Wachstums- und Beschäftigungseffekte auf Deutschland nach der Erweiterung im Mai 2004 und umfasste erstmals auch mögliche Auswirkungen des EU-Beitritts Bulgariens und Rumäniens 2007. Bisherige Studien gingen von einem nur halb so großen Wachstumseffekt aus, schreiben die Institute294 in ihrer Expertise für das Bundeswirtschaftsministerium.295

Diese Prognosen kann man an den offiziellen Statistiken zwei Jahre nach dem Beitritt (2004) messen:

„Leistungsbilanz

Der Außenhandel zwischen Deutschland und den NMS-8 [EU-8] hat sich nach der Erweiterung dynamisch entwickelt: Die Exporte Deutschlands in die NMS-8 sind von 56,2 Mrd. Euro im Jahr 2003 auf 64 Mrd. Euro im Jahr 2005 gestiegen, die Importe im gleichen Zeitraum von 55,3 auf 59 Mrd. Euro. Diese Entwicklung setzt einen langfristigen Trend fort: Seit 1993 ist der Außenhandel Deutschlands mit den NMS-8 um rund 500 Prozent gewachsen und hat inzwischen das Niveau des Handels mit den USA erreicht (Deutsche Bundesbank, 2006296). Eine Abschwächung des dynamischen Wachstumstrends ist gegenwärtig nicht zu erkennen.

Seit der Erweiterung verzeichnet Deutschland im Handel mit den NMS-8 hohe Handels- und Leistungsbilanzüberschüsse: Der Saldo der Handelsbilanz belief sich 2005 auf rund 5 Mrd. Euro, der Saldo der Leistungsbilanz, der auch den Handel von Dienstleistungen einschließt, auf 2 ,7 Mrd. Euro. Im Jahr 2006 dürften– nach den vorliegenden Angaben aus den ersten drei Quartalen – die Überschüsse der Handels- und Leistungsbilanz deutlich gestiegen sein.

Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft unter:

http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/studie-auswirkung-der-eu-erweiterung,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf.

293 Vgl. Marschall, B. (Fn. 43).

294 Vgl. Fn. 291.

295 zitiert von Marschall, B. (Fn. 43).

296 Deutsche Bank (2006): Zahlungsbilanzstatistik, abrufbar unter: www.dbk.statistik, Stand 13.11.2006

Keine Billiglohnkonkurrenz auf den Gütermärkten

Der Wert der Güter und Dienstleistungen, die Deutschland in die neuen Mitgliedsstaaten ausführt, übersteigt damit deutlich die Werte der eingeführten Güter und Dienstleistungen. Per Saldo kann also von einer Verlagerung der Wertschöpfung in die neuen Mitgliedsstaaten keine Rede sein…“297

Als Industrieland mit hohem Lebensstandard wurde Deutschland nach dem Zusammenbruch der Ostblockregime ein beliebtes Ziel der Arbeitsmigration. In Zusammenhang mit den Befürchtungen von großen Anpassungslasten infolge der damals bevorstehenden Osterweiterung wurden noch Ende der 90er Jahre die bereits eingetretenen Effekte und die möglichen künftigen Entwicklungen wirtschaftlich untersucht.298

Interessante Ergebnisse zeigen z.B. die Simulationsrechnungen aus den Jahren 1997 und 2007 (siehe Abschnitt 3.7.), die in der Folge einer eventuellen Erweiterung mit einem positiven Wachstumseffekt rechneten. Er könnte sogar noch höher ausfallen (Steigerung des deutschen Wachstumsniveaus mittelfristig um etwa 1,3 %, bei der Beschäftigung sogar um 1,6 %), würde Deutschland seine Grenzen für Arbeitnehmer aus den MOE-Ländern sofort uneingeschränkt öffnen. Die Untersuchungen wiesen allerdings nach, dass die guten Wirtschaftsdaten in diesem Fall von möglichen unerwünschten Prozessen begleitet werden könnten. Das höhere Wirtschaftswachstum würde sich z.B. negativ auf den Anstieg deutscher Löhne und den Abbau der Arbeitslosigkeit auswirken.

297 Vgl. IAB-Kurzbericht 6/2007, S. 2 (Fn. 149).

298 Vgl. z.B. Europäische Union: Osterweiterung und Arbeitskräftemigration, in: WB 5/97; vgl. weiter:

Osterweiterung der EU: Finanzierung erfordert Reformen, in:WB 49/96, vgl. auch: Ausländische Direktinvestitionen in den Transformationsländern, in: WB 11/97; Europäische Union: Osterweiterung beschleunigt Konvergenz, in: WB 14/97. Die Untersuchungen sind abrufbar unter:

http://www.diw.de/deutsch/ost_kurz/31270.html, Stand Mai 2009.

Wachstum durch offene Grenzen 299

Gelb - mit sofortiger Arbeitnehmerfreizügigkeit

Rot - mit Übergangsregelungen für Arbeitnehmerfreizügigkeit

Die Meinungen über die möglichen positiven und negativen Auswirkungen der Osterweiterung auf den Arbeitsmarkt blieben gespalten. Während einige Analysatoren im Jahr 2001 z.B. einen Anstieg um eine Million gut bezahlter Arbeitsplätze in der deutschen Exportindustrie prognostizieren300, warnten andere Experten, dass oftmals Arbeitsplätze im Land durch ausländische Direktinvestitionen verloren gehen können.301

Die im Bericht IP/08/1729 geäßerte Position der Europäischen Kommission, dass „die EU-interne Mobilität nach der Erweiterung nicht zu schwerwiegenden Störungen“302 der Arbeitsmärkte der EU-15 für die Jahre nach der Erweiterung 2004-2007 geführt hat, kann im Falle Deutschlands empirisch nicht bestätigt werden, weil Deutschland von den Übergangsregelungen im Arbeitsmarktbereich Gebrauch gemacht hat. Die offiziellen Angaben des Statistischen Bundesamts der Bundesrepublik über die Entwicklung von Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit, Erwerbstätige, Arbeitslosenquote und offene Stellen zeigen in diesem Zeitraum einen konstanten positiven Trend, dessen Abstieg vom vierten Quartal des 2008 mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Auswirkungen der Weltfinanzkrise zurückzuführen ist.

299 Siehe: Marschall, B. (Fn. 43).

300 Siehe: von Marschall, Ch. (Fn. 82).

301 Sinn: Die Osterweiterung als Herausforderung für Westeuropa (Fn. 55).

302 Punkt 5 IP/08/1729 (Fn. 208).

Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland Mai 2009

Erwerbstätige, Originalwerte, Millionen

1 ILO-Arbeitsmarktstatistik. Erwerbstätige mit Wohnort in Deutschland (Inländerkonzept).

Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland Mai 2009

Arbeitslosenquote, Originalwerte, Prozent

Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland Mai 2009

Offene Stellen, Originalwerte, 1 000

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Statistisches Bundesamt Deutschland Mai 2009

Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland Mai 2009

Die Tendenz der EU-internen Mobilität zeigt, dass „sie zu einem großen Teil vorübergehend zu sein scheint“303. Nach Angaben der Kommission 2008 interessieren

Die Tendenz der EU-internen Mobilität zeigt, dass „sie zu einem großen Teil vorübergehend zu sein scheint“303. Nach Angaben der Kommission 2008 interessieren