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Archiv "Medizinische Rehabilitation: Mit Vernetzung zum Erfolg" (29.04.2011)

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A 936 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 17

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29. April 2011

MEDIZINISCHE REHABILITATION

Mit Vernetzung zum Erfolg

Wenn Haus- und Betriebsärzte mit Rehaeinrichtungen an einem Strang ziehen, trägt das zum Behandlungserfolg bei. „Nachhaltigkeit durch Vernetzung“ war auch das Schwerpunktthema des Rehawissenschaftlichen Kolloquiums in Bochum.

N

achhaltigkeit durch Vernet- zung“ war das Motto des 20. Rehawissenschaftlichen Kollo- quiums im März. Etwa 1 500 Ärz- te, Psychologen und weitere Reha- fachkräfte hatte der dreitägige Fachkongress der Deutschen Ren- tenversicherung (DRV) in die Uni- versität Bochum gezogen. Anhand aktueller Forschungsergebnisse und Projekterfahrungen wurde disku- tiert, wie die medizinische Rehabili- tation enger in die Versorgungskette und in die Lebens- und Arbeitswelt der Patienten eingebunden werden kann. Ein wichtiger Ansatz dabei:

die Vernetzung mit Betrieben.

Als Paradebeispiel gelungener Vernetzung gilt der Übergang vom Akutkrankenhaus in die Anschluss- rehabilitation. Anders liegen die Verhältnisse, zum Leidwesen enga- gierter Rehamediziner, im ambu- lanten Zugang und bei der Nachsor- ge. „Die Sphäre der häuslichen und die Sphäre der rehabilitativen Ver- sorgung klaffen immer noch weit

auseinander“, sagte Professor Dr.

med. Hendrik van den Bussche, bis Ende März Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am Universi- tätsklinikum Hamburg-Eppendorf, in einer Plenarveranstaltung. Die Allgemeinmediziner gingen eher reaktiv als proaktiv mit möglichem Rehabedarf ihrer Patienten um, al- lerdings „bei 50 bis 100 Patienten am Tag nachvollziehbar“. Reha und Hausärzte zusammenzubringen, sei daher ein „steiniger Weg“.

Betriebsärzte einbinden Nähergekommen in den letzten Jah- ren sind sich jedoch die Rehaein - richtungen, die Leistungsträger und die Arbeitsmediziner in Unterneh- men. Dr. med. Wolfgang Panther, Präsident des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte, lobte die regionalen Verbundprojekte, bei de- nen Arbeitsmediziner Rehaverfahren einleiten können und eine strukturier- te Verständigung über das Rehaver- fahren vereinbart wurde. „Wir wollen

Beschäftigungsfähigkeit si- chern, wir erkennen Gesund- heitsrisiken und können als Betriebsärzte auf die Be- schäftigten zugehen“, erläu- terte er die aktive Rolle der Mediziner. Seit etwa fünf Jahren vernetzen sich in un- terschiedlicher Ausprägung Rentenversicherungsträger, Rehaeinrichtungen, Ärzte- kammern, Ärzteverbände und Betriebsärzte – so bis- lang in Baden-Württemberg, Mitteldeutschland, Nieder- sachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.

Ein Beispiel ist das Projekt

„WeB-Reha“ in Nordrhein- Westfalen. „Vom Anbahnen einer medizinischen Rehabi- litation über arbeitsbezogene Rehabilitationsleistungen bis zur Wiedereingliederung in die Arbeits- welt haben die beteiligten Akteure Vereinbarungen für eine enge Ko- operation getroffen“, erläuterte Ul- rich Theißen, Projektleiter und Leiter des Fachbereichs Reha-Management bei der DRV Rheinland. Drei Inter- ventionen bilden das betriebliche WeB-Reha-Gerüst, welche das vor- herige Einverständnis des Versicher- ten voraussetzen (siehe Kasten). Das Verfahren beginnt mit dem Anbah- nen der Rehabilitation durch den Be- triebs- oder Werksarzt. Dieser un - terstützt den Versicherten beim Re- haantrag und fügt einen ärztlichen Befundbericht und eine Arbeitsplatz- beschreibung bei. Nach Abschluss der Rehabilitation folgt ein betriebs- ärztliches Eingliederungsgespräch.

Sechs Monate später prüft der Be- triebsarzt die Nachhaltigkeit der Re- habilitationsleistungen und sendet an die Rehaeinrichtung eine Stellung- nahme zurück, die auch der Versi- cherungsträger erhält.

Die Anforderungen am Arbeitsplatz müssen bei der Re- habilitation berück- sichtigt werden.

Foto: Photothek

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29. April 2011 DRV und Kliniken verpflichten

sich zu zeitnahen Bescheiden und Arztberichten, die zudem einen möglichst realistischen sozialmedi- zinischen Befund enthalten und so eine Orientierung der betrieblichen Akteure über den weiteren Einsatz des Beschäftigten erleichtern sollen.

Auf dem Kolloquium berichtete Dr.

med. Erich Knülle, Betriebsarzt und Leiter Rehabilitation und Wiederein- gliederung bei der Kölner Fordwer- ke GmbH, über Erfahrungen des Un- ternehmens. Gemeinsam mit der or- thopädischen Lahntalklinik in Bad Ems hatte er schon 2002 eine enge Zusammenarbeit begonnen. Sowohl die Pflicht zum Eingliederungsma- nagement (§ 84, Absatz 2 SGB IX) als auch die demografische Entwick- lung sind ein Motor der Vernetzung.

„Die alternde Belegschaft ist längst Realität. In gewachsenen deutschen Unternehmen ist ein Durchschnitts- alter von über 45 Jahren keineswegs mehr selten“, sagte Knülle.

Die Fordwerke in Köln haben demnach in den letzten drei Jahren 350 WeB-Reha-Anträge angestoßen, die zu mehr als 90 Prozent bewilligt wurden. Die Indikationen entspre- chen den allgemeinen Trends: Or - thopädie und Psychosomatik liegen an der Spitze. Der Arbeitsmediziner zeigte auf, dass die Eingliederungs- quote bei den WeB-Reha-Maßnah- men 95 Prozent erreichte, während extern beantragte Verfahren auf 77 Prozent kamen. Zudem sei die Zeit- spanne zwischen Rehaende und vollschichtiger Arbeitsaufnahme von 52 (extern) auf 17 Kalendertage beim WeB-Reha-Verfahren gesun- ken. „Wir sparen bei jedem WeB-Re- hafall fast 10 000 Euro“, rechnete der Mediziner mit einem Ansatz von 286 Euro pro Beschäftigten und Tag vor. Natürlich müsse man, um genau zu sein, die Verteilung nach Indika- tionen und weiteren Merkmalen in beiden Kollektiven berücksichti- gen. So seien extern die Anschluss- rehabilitationen, vermutlich mehr Langzeitkranke sowie Sucht- und Krebsfälle, zu finden. „Doch die Tendenz bleibt eindeutig.“ Weiterer Nutzen: der Erhalt der Arbeitsfähig- keit, das Vermeiden von Chronifizie- rung und eine höhere Reputation der betriebsärztlichen Fürsorge.

Für Rehamediziner ist die Ar- beitsplatzbeschreibung ein wesentli- cher Informationsgewinn. Sie ent- hält zumindest Stichworte, bei ei- nem Paketzusteller zum Beispiel das Maximalgewicht der Pakete, die tägliche Anzahl an Sendungen und an Treppenstufen. Die Angaben rei- chen von Text, ergänzbar mit Bil- dern und Kurzfilmen, bis zu standar- disierten Assessments wie dem Work Ability Index (WAI) oder dem Profilsystem für die „Integration von Menschen mit Behinderungen in die Arbeitswelt“ (IMBA).

Zeitnahe Entlassberichte Das branchen- und indikationsüber- greifende IMBA-System etwa er- fasst anhand von neun Kategorien mit 70 Hauptmerkmalen, was eine Arbeit an Leistungen verlangt. So werden unter anderem Körperhal- tung, Fortbewegung, Umgebungs- einflüsse, Arbeitsorganisation und er- forderliche Schlüsselqualifikationen registriert. „Wir haben damit objekti- ve Daten, die die Eigenauskunft der Patienten ergänzen und ein arbeits- platzbezogenes Fähigkeitentraining ermöglichen“, sagt Dr. med. Werner Kühn, Chefarzt in der Lahntalklinik.

Es werde dem Rehateam so er- leichtert, gemeinsam mit dem Reha- bilitanden und im ärztlichen Aus- tausch mit dem Unternehmen eine realistische Perspektive zu entwer- fen, die in konkrete Empfehlungen mündet. Immer wieder haben Ar- beitsmediziner vielerorts zu pauscha- le Aussagen in Entlassberichten be-

klagt – beliebtes Beispiel „darf nicht schwer heben“. Solche Angaben könnten eine Weiterbeschäftigung gefährden. Die Berichte seien inzwi- schen differenzierter geworden, stell- te Betriebsarzt Knülle heraus. Zum Teil wird von den Kliniken am letz- ten Rehatag ein vorgezogener Kurz- bericht übermittelt.

In „WeB-Reha“ vernetzt sind in- zwischen über 50 große Unterneh- men, die DRV Rheinland, Westfalen und Knappschaft-Bahn-See, beide Ärztekammern Nordrhein-Westfa- lens, der arbeitsmedizinische Dienst BAD, der Landesverband der Deut- schen Betriebs- und Werksärzte und die IAS-Stiftung. Mehr als 800 WeB-Reha-Anträge sind daraus in den letzten drei Jahren bei den Rentenversicherungen eingegangen.

Weitere Substanz werden die Vernet- zungsprojekte im Lande wohl künf- tig gewinnen, wenn die „Medizi- nisch-Beruflich orientierte Rehabi - litation“ in den Rehaeinrichtungen flächendeckend ausgebaut wird, wie es ein Stufenplan der DRV Bund vorsieht (siehe DÄ, Heft 4/2011). Be- sondere berufliche Probleme sollen nach einer arbeitsbezogenen Dia - gnostik systematisch mit einem brei- ten Spektrum an Therapie- und Trai- ningsmaßnahmen bearbeitet werden.

Eine besondere Herausforderung für die Rehaleistungsträger sind frei- lich kleine bis mittlere Unternehmen.

„Wir wollen darüber unsere Gesprä- che mit dem Betriebsärzteverband und dem überbetrieblichen Gesund- heitsdienst intensivieren“, stellte Pro- jektleiter Theißen in Aussicht. Dar- über hinaus sollen Klein- und Mittel- unternehmen aus der Region auch direkt angesprochen werden. Ge- meinsam mit der Industrie- und Han- delskammer Niederrhein in Duisburg und dem Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung werden circa 2 500 Firmen im Mai zu einer Infor- mationsveranstaltung eingeladen. So sollen auch Firmenleitungen von Klein- und Mittelbetrieben für die Vorteile rechtzeitiger, vernetzter Re- habilitation sensibilisiert werden. ■ Leonie von Manteuffel

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www.forschung.deutsche-rentenver sicherung.de („Rehawissenschaftli- ches Kolloquium“) und www.medizi nisch-berufliche-orientierung.de Das Projekt WeB-Reha (www.web-reha.de) ist eine Koope-

ration von Werks- und Betriebsärzten und der Deutschen Rentenversicherung in Nordrhein-Westfalen. Ziel ist es un- ter anderem, den Rehabilitationsbedarf frühzeitig zu er- kennen. Der Erhalt der Gesundheit und des Arbeitsplatzes soll so unterstützt werden.

Die betriebsärztliche Intervention im WeB-Reha-Verfah- ren umfasst:

Anbahnen des Rehaantrags mit Befundbericht und Arbeitsplatzbeschreibung

Eingliederungsgespräch nach Abschluss der medizi- nischen Rehabilitation

Stellungnahme zur Nachhaltigkeit nach sechs Mo- naten

WEB-REHA

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