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Archiv "Medizinische Rehabilitation: Auf dem Weg zum Benchmarking" (07.05.2010)

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A 844 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 18

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7. Mai 2010

MEDIZINISCHE REHABILITATION

Auf dem Weg zum Benchmarking

Für die Deutsche Rentenversicherung spielt die Qualität der Rehabilitation eine zentrale Rolle. Folgerichtig war das Thema auch ein Schwerpunkt des Rehawissenschaftlichen Kolloquiums in Leipzig.

D

ie Qualitätsanforderungen steigen. „In der Rehabilita- tion sind nicht nur gute, sondern exzellente Leistungen anzustreben:

sicher, wirksam, patientenorientiert, angemessen, zeitgerecht und wirt- schaftlich behandeln – und das bestmöglich“, so beschrieb Prof.

Dr. med. Wilfried Jäckel beim 19. Rehawissenschaftlichen Kollo- quium in Leipzig die Zielsetzung.

Denn „Qualität wird zum Leit- und Steuerungsgedanken des deut- schen Gesundheitswesens“, zitierte der Direktor der Abteilung Quali- tätsmanagement und Sozialmedizin des Universitätsklinikums Freiburg die Gesundheitsministerkonferenz.

Und weiter: „Die Ergebnisqualität wird in vielen Bereichen über die Zuteilung von Ressourcen und die Finanzierung von Leistungen ent- scheiden.“ Jäckel belegte mit aktu- ellen Forschungsergebnissen, dass sowohl Kooperation und Führung, im Sinne von „Leadership“, als auch die Erkenntnisse über einzelne Qualitätsdimensionen – etwa zur Wirksamkeit – noch auszubauen sind. Als vorteilhaft stufte er dabei das vorhandene Instrumentarium ein, um Probleme zu identifizieren:

„In keinem anderen Bereich des

Gesundheitswesens gibt es ein ver- gleichsweise umfassendes, wissen- schaftlich fundiertes und flächende- ckend implementiertes Qualitätssi- cherungsprogramm.“

Was die Deutsche Rentenversi- cherung (DRV) dazu seit mehr als 15 Jahren beisteuert, verdeutlichte Dr. med. Here Klosterhuis, Leiter des Bereichs Rehaqualitätssiche- rung, Epidemiologie und Statistik bei der DRV Bund. Die Rentenver- sicherungsträger erheben regelmä- ßig Daten zu Merkmalen der Ver- sorgungssituation und stellen sie den hauseigenen und federführend belegten Kliniken für ihr Qualitäts- management (QM) zur Verfügung – zunehmend auch ambulanten und beruflichen Rehaeinrichtungen.

Externe Begutachtung und Befragung der Patienten Seit langem etablierte QS-Metho- den sind die Patientenbefragung und die Begutachtung durch Fach- kollegen (Peer Review). Des Weite- ren werden dokumentierte Leistun- gen ausgewertet und Daten zur Pa- tientenstruktur und zum sozialme- dizinischen Verlauf anhand der Routinedaten des Kostenträgers zu- sammengestellt. „Indem jeder Aus- wertung jeweils Vergleichswerte ähnlicher Rehakliniken hinzugefügt werden, ist ein einrichtungsüber- greifendes Informationssystem ent- standen“, erläuterte Klosterhuis.

Bei der Rehabilitandenbefragung werden die Patienten einige Wo- chen nach dem Rehaaufenthalt an- geschrieben. Mit einem Fragebo- gen werden ihre Erfahrungen mit der Behandlung sowie ihr subjekti- ver Gesundheitszustand im Vorher-

nachher-Vergleich erhoben. Die An- gaben werden in 18 Skalen zusam- mengefasst. Der Rücklauf liegt der DRV zufolge zwischen 55 Prozent (Psychosomatik/Sucht) und 69 Pro- zent (somatische Indikationen). Et- wa 15 Prozent aller Rehabilitanden werden befragt.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Zufriedenheit insgesamt hoch ist“, berichtete Klosterhuis. So erhielt der große Bereich der orthopädi- schen Reha im vergangenen Jahr auf der Skala von eins (sehr gut) bis fünf (schlecht) mit 2,1 eine gute Ge- samtnote. „Die breitgestreuten Wer- te spiegeln allerdings zugleich ein Gefälle zwischen den Einrichtungen wider“, erläuterte der Qualitätsex- perte. Er wies darauf hin, dass die Rehabilitandenstruktur jeder Ein- richtung in adjustierten Werten be- rücksichtigt wird. „Das häufige Ar- gument, dass schlechte Bewertun- gen generell auf schwierige Klien- ten zurückzuführen sind, lässt sich daher so nicht halten“, betonte er.

Durchgängig um eine halbe bis ganze Note schlechter werden die

„Abstimmung über Rehaplan und -ziele“ und die „Vorbereitung auf die Zeit nach der Reha“ bewertet.

„Die Deutsche Rentenversicherung ist dem intensiv nachgegangen und hat Forschungsarbeiten beauftragt, um die Ursachen abzuklären und Lösungen zu entwickeln“, erläuterte Klosterhuis. Ein Ergebnis sind zum Beispiel neue Ansätze zu einer par- tizipativen Verständigung im Arzt- Patient-Gespräch, einer individuali- sierten Patienteninformation und zu innovativen Nachsorgekonzepten.

Ebenso wird intensiv zur Ergeb- nisqualität geforscht. Je nach Indi-

Foto: Fotolia

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7. Mai 2010 A 845 kation lässt sich für 58 bis circa 70

Prozent der Befragten ein gebesser- ter Gesundheitszustand („subjekti- ver Behandlungserfolg“) feststel- len, was jedoch wiederum mit er- heblichen Schwankungen zwischen den Kliniken einhergeht. Studien aus den gemeinsamen Forschungs- förderprogrammen mit dem Bun- desministerium für Bildung und Forschung konnten höhere Effekte bei intensiven multimodalen Thera- piekonzepten (für den chronischen Rückenschmerz), bei interaktiven Patientenschulungen, Nachsorge- angeboten und berufsorientierten Interventionen nachweisen. Dar- über hinaus wurden patientenseitige Faktoren (zum Beispiel Bildungs- stand, Dauer der Arbeitsunfähig- keit, Alter) sowie weitere Einflüsse auf den Rehaerfolg untersucht.

Aus der Behandlungsdokumen- tation würden alle zwei Jahre an onymisierte Entlassungsberichte und Therapiepläne gesichtet, teilte Klosterhuis mit. Eigens geschulte Ärzte anderer Einrichtungen klop- fen die Dokumente anhand von Checklisten auf regelhafte Behand- lung, fallgerechte Festlegung, die Vermittlung von Behandlungszielen und plausible sozialmedizinische Schlussfolgerungen ab. Beim jüngs- ten Verfahren wurden 15 700 Fälle aus 900 Rehaeinrichtungen be- trachtet. Hier erscheint bei akzepta- blem Gesamtergebnis wieder die

Patientenorientierung problema- tisch: In jedem fünften Fall haben Peers in der Orthopädie moniert, dass die Krankheitsverarbeitung nicht ausreichend angeleitet und

„die subjektive Wahrnehmung der Patienten“ über ihre Beeinträchti- gung in Beruf und Alltag nicht aus- reichend berücksichtigt werde.

Die jüngst entwickelten Thera- piestandards (vormals „Rehaleitli- nien“) sollen flächendeckend die Versorgung nach State of the art sichern. Kern der Standards sind evidenzbasierte Therapiemodule (ETM), die bei einem spezifischen Mindestanteil der Patienten ange- wandt werden sollen. Bisher wur- den Standards für chronischen Rü- ckenschmerz, koronare Herzkrank- heit, Diabetes mellitus Typ 2, Brustkrebs, Schlaganfall, Alkohol- abhängigkeit, Hüft- und Kniege- lenkersatz, depressive Störungen sowie die Rehabilitation von Kin- dern und Jugendlichen herausge- geben. Am Beispiel medizinisch- berufsorientierter Leistungen für arbeitslose Suchtpatienten veran- schaulichte Klosterhuis in seinem Plenarreferat die weite Spreizung in der Praxis: Es gibt einerseits Häuser, in denen ETM offenbar jedem Patienten verordnet wurde, und andererseits einen prozentual kleineren Anteil von Kliniken, die für keinen Patienten eine entspre- chende Leistung dokumentiert hat- ten. „Für eine ernstzunehmende Versorgung sind derartige Ange- botsdifferenzen unzumutbar“, gab er zu bedenken.

Die Akzeptanz der Qualitätssi- cherung schwankt. „Wir haben den Anspruch, dass die Berichtsergeb- nisse noch stärker handlungsleitend werden“, sagte Klosterhuis. Die häufig beanstandete Zeitverzöge- rung zwischen Datenerhebung und Auswertung soll verkürzt werden.

Doch auch ohnedies ist der „Qua li - täts dialog“ angespannt, insofern die Anforderungen ärztliche Verant- wortungsbereiche, die verfügbaren Rahmenbedingungen, Fragen nach der Patientenzuweisung und nach monetären Anreizen berühren. Ein großer Teil der Qualitätsmanage- mentbeauftragten erlebt seine Auf- gabe offenbar als „grundsätzlich

akzeptiert“, ist jedoch unzufrieden mit den Ressourcen und der aktiven Beteiligung der Mitarbeiter. So stellten Freiburger Soziologen , die eine Online-Befragung von 456 QM-Beauftragten durchgeführt hat- ten, die Situation dar. „Die Systeme entfalten noch zu wenig ihre Ver- besserungspotenziale“, resümierte das Team. Das Beispiel eines Kli- nikverbunds in Baden-Württem- berg ließ dagegen die Vorzüge einer offensiven Strategie erkennen.

Neun verschiedene Träger mit 25 Kliniken unterstützen sich im QM unter neutraler Koordination gegen- seitig. Die Auswertung der externen Rehabilitandenbefragung und des Peer Reviews durch die DRV wer- den mit weiteren intern erhobenen Zahlen mit den Kliniknamen auch im Internet veröffentlicht.

Sektorenübergreifende Kooperation notwendig Die Perspektive einer öffentlich zu- gänglichen Qualitätsberichterstat- tung zog sich als roter Faden durch etliche Vorträge. So machte die Ge- sundheitswissenschaftlerin Gesine Grande deutlich, dass Patienten

„sehr differenzierte“ Vorstellungen von der Qualität einer Einrichtung haben, jedoch meist vergeblich nach entsprechenden Informationen suchen. Vielfach dominierten die strukturellen Daten der Kliniken.

Immer wieder deutlich wurde auf dem Kolloquium auch, dass die Rehaqualitätsentwicklung eine sek- torenübergreifende Zusammenar- beit und Abstimmung erfordert.

Prof. Dr. med. Wilfried Mau aus Halle belegte, dass eine enge Ver- netzung mit dem ambulanten Sek- tor, etwa zwischen Betriebsärzten und Klinikern, geeignet ist, den Re- haerfolg zu steigern. Für die Nach- sorge sieht Mau auch die Rehaklini- ken gefordert, den Kontakt zu Haus- und Fachärzten zu suchen, um über ihre Behandlungskonzepte zu informieren: „Moderne Reha- konzepte müssen dem ambulanten Bereich einheitlich und nachvoll- ziehbar vermittelt werden.“ ■ Leonie von Manteuffel

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Weitere Informationen im Internet:

www.aerzteblatt.de/10844

QUALITÄT IN DER REHA

Externe Qualitätssicherung (QS) der Deutschen Renten- versicherung:

Rehabilitandenbefragung

Peer Review

Klassifikation therapeutischer Leistungen

Rehatherapiestandards (vormals „Rehaleitlinien“)

sozialmedizinischer Verlauf

Visitationen

Internes Qualitätsmanagement (QM) in den Einrichtungen:

Qualitätsmanagementbeauftragte

strategische Planung (Strukturen, Prozesse)

Qualitätszirkel

Risiko-, Beschwerdemanagement

Auswertung von QM- und QS-Daten

Zertifizierungpflicht für stationäre Einrichtungen (§ 20 Abs. 2 a SGB IX)

P O L I T I K

Referenzen

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