• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Hausärztliche Versorgung: Am Lotsen führt kein Weg vorbei" (23.10.2009)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Hausärztliche Versorgung: Am Lotsen führt kein Weg vorbei" (23.10.2009)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 2132 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 106

|

Heft 43

|

23. Oktober 2009

HAUSÄRZTLICHE VERSORGUNG

Am Lotsen führt kein Weg vorbei

Dem Hausarzt als Koordinator der Gesundheitsleistungen gehört die Zukunft. Das sieht neben dem Deutschen Hausärzteverband auch der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen so.

D

er Hausarzt als Lotse durch das Gesundheitssystem – seit Jahren werben Vertreter der Haus- ärzte, Politiker und Gesundheitsex- perten für ein Versorgungsmodell, in dem qualifizierte Allgemeinärzte die Behandlung ihrer Patienten ko- ordinieren. Denn, so die Argumen- tation, eine sinnvolle Steuerung der Patienten durch das Gesundheits- system verspreche nicht nur besse- re Behandlungsergebnisse, sondern auch eine wirtschaftlichere Versor- gung. Doch trotz zahlreicher Geset- zesinitiativen zur Förderung so- wohl des hausärztlichen Nach- wuchses als auch der hausarztzen- trierten Versorgung hat sich an den Strukturen bislang wenig verändert.

„Mit den Selektivverträgen ist endlich mal was passiert“

Auf die Frage „warum“ hat Rolf Hoberg eine klare Antwort. Alle bisherigen Hausarztverträge seien auf die Kollektivverträge aufgesat- telt worden, ohne dass sich struktu- rell etwas verändert hätte. „Add-on- Verträge bringen nichts“, sagte der Vorstandsvorsitzende der AOK Ba- den-Württemberg. „Solche Verträ- ge kosten nur Geld“, meinte der Vorsitzende des Deutschen Haus- ärzteverbandes Ulrich Weigeldt.

Beide sprachen beim Symposium

„Hausärztliche Versorgung – Be- standsaufnahme und Perspektiven“, zu dem die AOK, der Hausärztever- band und die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin am 7. Okto- ber in Berlin geladen hatten. Ihnen ging es vor allem darum, ihr eige- nes Alternativmodell zu propagie- ren: den ersten Vertrag zur haus- arztzentrierten Versorgung, den die AOK Baden-Württemberg im ver- gangenen Jahr an der dortigen Kas- senärztlichen Vereinigung vorbei mit dem Hausärzteverband und dem Medi-Verbund geschlossen

hatte. Damit wurde erstmals ein Teil der Versorgung aus dem Kol- lektivvertrag ausgegliedert. „Mit den Selektivverträgen ist endlich mal was passiert“, betonte Hoberg.

„Wir haben in dem einen Jahr gute Erfahrungen gemacht.“ Inzwischen seien circa 3 100 Hausärzte und 650 000 Versicherte in das Haus- arztprogramm eingeschrieben.

Nach Ansicht von Hausärzte- Chef Weigeldt besticht der AOK- Vertrag auch wegen seines einfa- chen Honorarsystems: Die Haus- ärzte erhalten Pauschalen mit weni- gen qualitätsgebundenen Zuschlä- gen – ohne Abstaffelungen und Quotierungen. Damit könnten sie sich wieder auf die Versorgung ih- rer Patienten konzentrieren, und zwar ungestört durch Abrechnungs- regularien und andere bürokratische Hindernisse. „Arzt und Patient müssen endlich raus aus dem Hamsterrad der Fünfminutenmedi- zin“, sagte Weigeldt.

Der so gelobte Selektivvertrag hat allerdings viele Gegner – allen voran die Kassenärztlichen Vereinigungen, die um die einheitliche flächende- ckende Versorgung der Bevölkerung fürchten. Doch mit Prof. Dr. med.

Ferdinand Gerlach, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutach- tung der Entwicklung im Gesund- heitswesen, hat er auch einen ge- wichtigen Fürsprecher. Insbesonde- re angesichts einer alternden Gesell- schaft müssten die Koordination und die Integration von Leistungen in den Mittelpunkt gerückt werden“, erklärte Gerlach, der zugleich Direk- tor des Instituts für Allgemeinmedi- zin an der Johann-Wolfgang-Goethe- Universität in Frankfurt am Main ist.

„Der Hausarztvertrag der AOK Ba- den-Württemberg weist hier bei- spielhaft in die richtige Richtung.“

In einem Gutachten aus diesem Jahr kommt der Sachverständigen-

rat zu dem Schluss, dass sich die hausärztliche Versorgung grundle- gend ändern muss, um angemessen auf den demografischen Wandel und zunehmende chronische Erkrankun- gen reagieren zu können. Gerlach zufolge hat in Deutschland jeder Bürger durchschnittlich 17,9 Arzt- kontakte pro Jahr. „Das ist weltweit einzigartig“, sagte der Allgemeinme- diziner. In Schweden seien es gera- de einmal 2,8 und im europäischen Durchschnitt sieben Kontakte.

Sachverständige wollen kein Primärarztsystem

Einer der Eckpunkte des Zukunfts- konzepts des Sachverständigenrats ist deshalb eine qualitativ hochwer- tige, vor allem aber koordinierte Primärversorgung (www.svr-gesund heit.de). Sie bringe gesundheitliche und ökonomische Vorteile für Patien- ten und das Gesundheitssystem ins- gesamt. „Je komplexer die Probleme, je differenzierter die Leistungsange- bote, umso notwendiger ist ein Koor- dinator, der den Überblick behält“, bekräftigte Gerlach. Er betonte je- doch zugleich, dass sich der Sach- verständigenrat nicht für ein Primär- arztsystem ausspricht: „Wir wollen gatekeeping, aber nur als Teil eines umfassenden Versorgungskonzepts.“

Was nun den Erfolg des AOK- Hausarztvertrags in Baden-Würt- temberg betrifft, hielten sich die Aussagen eher im Allgemeinen.

„Die Ausgaben liegen unterhalb de- rer der Regelstrukturen“, erklärte AOK-Chef Hoberg auf Nachfrage.

Das Projekt werde aber evaluiert.

Unter anderem soll das Meinungs- forschungsinstitut Prognos diejeni- gen Versicherten zu ihrer Zufrie- denheit befragen, die am längsten, nämlich inzwischen seit einem Jahr, in den Hausarztvertrag eingeschrie-

ben sind. ■

Heike Korzilius

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Rudat warb für ein sogenanntes Y-Modell, welches die Weiterbil- dungsgänge für Allgemeinmedizin und Innere Medizin in den ersten drei Jahren der Weiterbildung mit identi- schen

„Unser Konzept steht in voller Übereinstimmung mit der Deutschen Gesell- schaft für Innere Medi- zin.“ Und: „Von der rei- nen ratio her kann sich diesem Modell

Er räumte aber auch ein, dass der zusätzliche Ersatzbedarf (Tabelle) für die ausscheidenden hausärztlichen Interni- sten ab dem Jahr 2006 nicht mehr allein von der nachrückenden

Um die hausärztliche Versorgung jedoch si- cherzustellen, müßten auch die Inter- nisten einbezogen werden, meinte Michael Weller, Referent für Gesund- heitspolitik im

bereits eingetretenen Katastrophe, nämlich der viel zu frühen Geburt des Kindes, einzudämmen. • Zur Senkung der Gefahren für das ungeborene Kind und zur weiteren Senkung

Die Einbeziehung des Allgemeinarz- tes in das Gebiet Innere Medizin macht Sinn.Aber den Facharzt für Innere Medi- zin ohne Schwerpunkt muss man erhal- ten: als zweite Säule

Kötzle: Mag sein, aber mit dem, was jetzt gezahlt wird, kann man eine hausärztliche Versorgung nicht mehr machen.. Was wir wollen, bedeutet eine Steigerung, aber

Sie bejahten somit die Aus- sage, „Ich kann mir gut vorstellen, Fach- arzt/Fachärztin für Allge- meinmedizin zu werden“..