ährend zumindest der Be- rufsverband der Allgemein- ärzte Deutschlands (BDA) mit der Richtung der kürzlich von den Koalitionsfraktionen beschlosse- nen Eckpunkte für die „Gesundheitsre- form 2000“ zufrieden ist, hat der Berufs- verband Deutscher Internisten (BDI) weniger Anlaß, optimistisch in die Zu- kunft zu blicken. SPD und Grüne wol- len die Rolle des Hausarztes stärken und meinen damit den Allgemeinarzt.
Auch die Krankenhäuser sollen stärker an der ambulanten (fachärztlichen) Versorgung teilnehmen.
„Die Internistenpraxen sterben – oder sie gehen ans Krankenhaus“
Daß damit auf mittlere Sicht die internistischen Praxen „sterben“ oder an die Krankenhäuser abwandern werden, befürchtet Prof. Dr. med.
Wolfgang Wildmeister, der Präsident des BDI. Gleichzeitig wäre dann die medizinische Versorgung der Bevöl- kerung auf dem bisherigen Niveau akut gefährdet, sagte Wildmeister auf einer Podiumsdiskussion anläßlich des 40jährigen Bestehens des BDI beim 10. Deutschen Ärztekongreß
„Euromed“ in Leipzig.
Derzeit ist das internistische Lei- stungsspektrum in vielen Bereichen identisch mit den üblichen Tätigkei- ten eines Hausarztes. Zu etwa 80 Pro- zent bestehen die hausärztlich behan- delten Erkrankungen aus internisti- schen Krankheitsbildern. Für den BDI ist deshalb klar: Der niederge- lassene Internist muß sowohl hoch- spezialisiert internistisch als auch
hausärztlich tätig sein können. Ge- rade der weitergebildete „Allround- Internist“ erfülle ideal die Qualifika- tionsvoraussetzungen für die haus- ärztliche Versorgung, argumentierte Wildmeister. Die von der Regierungs- koalition den Allgemeinärzten zuge- dachte Lotsenfunktion im Gesund- heitswesen werde durch die Ärzte für Innere Medizin schon längst fach- kompetent und kostengünstig erle- digt.
Das Eckpunktepapier der Koali- tion sieht einen eigenen Honoraran- teil für die Hausärzte vor. Unklar ist jedoch, ob hausärztliche Leistungen von Internisten ebenfalls aus diesem Honorartopf vergütet werden sollen.
Zudem sollen in Zukunft die Kran- kenkassen das Recht haben, direkt Verträge mit Hausärzten zu schließen und Honorare auszuhandeln. Um die hausärztliche Versorgung jedoch si- cherzustellen, müßten auch die Inter- nisten einbezogen werden, meinte Michael Weller, Referent für Gesund- heitspolitik im AOK-Bundesverband und ehemaliger Referent der Arbeits- gruppe Gesundheit der SPD-Bundes- tagsfraktion.
Der Vorsitzende der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung (KBV), Dr.
med. Winfried Schorre, hält dagegen die Frage „Hausarzt versus Internist“
für bereits entschieden. Die hausärzt- lich tätigen Internisten substituierten höchstens vorübergehend die Allge- meinärzte. „Wenn die Eckpunkte rea- lisiert werden, sind die Praxen der In- ternisten ohne Gebietsbezeichnung in acht Jahren verschwunden“, prophe- zeite Schorre. Das Drei-Stufen-Mo- dell Allgemeinarzt, Internist ohne Gebietsbezeichnung und spezialisier- ter Internist sei in der ambulanten
Versorgung nicht bezahlbar. Es müsse also entweder der Allgemeinarzt oder der Internist ohne Schwerpunkt abge- schafft werden.
„Der Verteilungskampf inner- halb der Ärzteschaft wird sich noch weiter verschärfen“, glaubt der KBV- Vorsitzende. Tatsächlich eröffnet das Eckpunktepapier (so es denn Gesetz werden sollte) den Krankenhaus- ärzten die Möglichkeit, vom Allge- meinarzt „unnötig“ eingewiesene Pa- tienten ambulant weiter zu behan- deln. Auch auf diese Weise kann der niedergelassene Internist umgangen werden.
Für Schorre wäre dies Wettbe- werbsverzerrung, da die freiberuflich tätigen Ärzte im Gegensatz zu den Klinikärzten die hohen Investitions- kosten für ihre Praxis selbst zu tragen hätten.
Das Problem Hausarzt/Facharzt hält der Vorsitzende der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung jedoch für jetzt nicht lösbar. Die Internisten hät- ten diese Chance vergeben, als sie beim 100. Deutschen Ärztetag in Eisenach die Entscheidung für ei- ne erweiterte allgemeinmedizinische Weiterbildung mitgetragen haben. Ei- ne Alternative wäre damals eine ge- meinsame Grundweiterbildung für Allgemeinmediziner und Internisten gewesen, die sich dann später in die verschiedenen Richtungen auf- zweigt. „Diesbezügliche Neuordnun- gen müßten erst wieder langfristig be- schlossen werden“, gab auch der Vize- präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, zu bedenken.
Der BDI ist gegen eine
„künstliche Beschneidung des Leistungsspektrums“
Der Berufsverband Deutscher Internisten wehrt sich freilich wei- terhin dagegen, daß die Inter- nisten durch „eine künstliche Be- schneidung des Leistungsspektrums“
aus „ihrer Lotsenfunktion hinausge- drängt“ werden. Dies könne nicht im Sinne der Patienten sein, die beim Arzt ihres Vertrauens eine kompe- tente und möglichst breite Betreuung
erwarten. Eva Hofmann
A-822 (18) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 13, 2. April 1999
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