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Archiv "Hausärztliche Versorgung: Für den Erhalt des Internisten" (18.08.2006)

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Hausärztliche Versorgung

Zu dem Beitrag „Plädoyer für den Allgemeininternisten“ von Dr. med.

Hans Hege in Heft 24/2006:

Allgemeininternist auf dem Land unabdingbar

Was ist jedoch die Ursache für die Malaise? Viele Kliniken boten keine Weiterbildungs- stellen für Allgemeinärzte an, da diese rotieren mussten und für die jeweilige Abteilung nur für kurze Zeit zur Verfügung standen. Aus diesem Grunde wurden zu viele Allgemeinin- ternisten weitergebildet, zu wenige Allgemeinärzte. Diese Internisten schalteten sich nicht nur wegen mangelnder Verdienstaussichten im Fach- gebiet in den hausärztlichen Bereich ein – der für einen In- ternisten auch nicht fachfremd ist –, sie wurden ausdrücklich gebeten, Aufgaben der Allge- meinärzte mit zu übernehmen, da hier schon vor Jahren ein Mangel herrschte. Dies ging lange Zeit gut, bis die Allge- meinmedizin in der Weiterbil- dung aufgewertet wurde und zumindest zeitweise der Man- gel an Allgemeinärzten ausge- glichen war. Und nun setzte ein Verdrängungswettbewerb ein . . . In ländlich-kleinstäd- tisch strukturierten Regionen kann ein Teilgebietsinternist kaum existieren. Häuser der Grundversorgung in diesem Bereich sind ebenfalls auf ei- nen umfassend weitergebilde- ten Fachinternisten angewie- sen, gleich, ob hauptamtlich oder belegärztlich strukturiert.

In meiner Heimatstadt, wo ich 36 Jahre kooperativ belegärzt- lich tätig war, musste und muss

auch heute jeder teilnehmen- de Kollege in der Lage sein, kardiale, gastrointestinale oder endokrine Notfälle wie ein diabetisches Koma zu er- kennen und zu therapieren.

Reine Teilgebietsinternisten sind dazu nicht weitergebildet und vielfach nicht in der Lage.

Wer also auch in ländlich strukturierten Regionen unse- res Landes eine fachgerechte internistische Versorgung ge- währleisten will, muss für den Erhalt des Allgemeininterni- sten eintreten. Noch ein Wort zu dem Imageproblem, von dem anscheinend besonders hausärztliche Funktionsträger befallen sind: Ich erkenne die hohe ärztliche Kompetenz der übergroßen Mehrzahl unserer Hausarztkollegen an, die in der Breite ein größeres Wis- sen, in der Tiefe ein geringeres Wissen als ein Internist haben.

Deshalb: Statt Konkurrenz Zusammenarbeit, wie sich das abseits von allem Funktionärs- denken seit Jahrzehnten unter den Kollegen bewährt hat.

Dr. med. Klaus Reichel, Hubertussteig 7, 91217 Hersbruck

Für den Erhalt des Internisten

Als langjährig beruflich tätiger Internist halte ich die Ab- schaffung des Internisten ohne Schwerpunkt für eine gesund- heitspolitisch nicht vertretbare Entscheidung. Sowohl im hausärztlichen als auch im kli- nischen Bereich sind Fachärz- te für Innere Medizin unver- zichtbar. Unabhängig davon, dass es eine Zumutung ist, langjährige berufstätige Inter- nisten plötzlich in eine Ar- beitsmarktsituation zu brin- gen, in der ein Internist ohne

Schwerpunkt nicht mehr ge- sucht wird, muss es schon sehr befremden, wenn hausärztli- che Kollegen, die internistisch gearbeitet haben, jedoch keine sechsjährige Ausbildung in der Inneren Medizin genossen ha- ben, nun sich Facharzt für In- nere Medizin und Hausarzt nennen dürfen. Beim Patien- ten muss der fälschliche Ein- druck entstehen, dass es sich hierbei um einen wesentlich weiter qualifizierten Arzt als den bisherigen Internisten handelt. Trotz hohem Respekt vor den spezialisierten Kolle- gen und deren Notwendigkeit im medizinischen System fal- len mir mindestens ebenso viele Arbeitsbereiche ein, in denen gerade ein breites inter- nistisches Wissen notwendig ist (von der Leitung eines klei- nen Krankenhauses bis zum geriatrischen Zentrum für Al- tersmedizin, u. a.). Wir Ärzte

laufen Gefahr, in Zeiten knap- per Ressourcen und schlechter Vergütung rein von lobbyisti- schen Abgrenzungsgedanken geleitet zu werden. Ein ver- nünftiger Internist wird kei- nerlei Probleme haben, mit einem Hausarzt kollegial und gut zusammenzuarbeiten, so- wohl in der Praxis als auch in der Klinik. Das Modell „Haus- arzt als Lotse“ ist durchaus sinnvoll, wenn der Lotse hin- reichend qualifiziert und auch in der Lage ist, die Untersu- chungen, die er qualitätsgesi- chert beherrscht, selbst durch- zuführen. Das Konstrukt der K.-o.-Leistungen, das zum Bei- spiel einem 20 Jahre gastro- skopierenden Hausarzt ver- bietet, dies weiterhin zu tun, und ihn zwingt, diese Leistun- gen von einem „Spezialisten“

(Internisten mit evtl. zweijäh- riger gastroenterologischer Weiterbildung) durchführen

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 33⏐⏐18. August 2006 AA2163

B R I E F E

Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.

LESERZUSCHRIFTEN

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zu lassen, ist ein Schildbürger- streich und kostentreibend.

Die Qualität der niedergelas- senen Hausärzte hat in den letzten Jahren deutlich zuge- nommen und Facharztniveau;

und wie immer im Leben kommt es darauf an, dass Leu- te Dinge, die sie durchführen, auch vernünftig beherrschen.

In einem Zeitalter der Medi- zinrationierung sollte zumin- dest die Vorstufe der Medizin- rationalisierung beherrscht werden . . .

Dr. med. Jan Peter Theurich,Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin und Psy- chosomatik, Westfälische Klinik Güters- loh, Hermann-Simon-Straße 7, 33334 Gütersloh

Nicht zu Ende gedacht

Der Artikel von Herrn Hege ist ein Plädoyer für den neuen Facharzt für Innere und All- gemeinmedizin – anders als es der Autor selbst explizit sagt.

In dem Artikel wird sehr an- schaulich die Trennung einzel- ner Spezialbereiche der Inne- ren Medizin untereinander als auch die Trennung der Allge- meinmedizin von der Inneren beschrieben. Analytisch wird allerdings vergessen, die Gründe dafür zu benennen:

immer höhergradige Speziali- sierung in der Medizin, und dies auch in ihrem größten primär noch zusammenhän- genden Bereich. Analytisch wird ebenfalls vergessen dar- zustellen, welche Funktion der Allgemeinmedizin über die Zeit zugewachsen ist: Sie hat auf dem Hintergrund der Auf- splitterung zu integrieren – was Hege für den Allgemein- internisten reklamiert, aber nicht zu Ende denkt. Denn wenn Integration notwendig wurde, dann kann sie nur auf die gesamte Person bezogen sein, nicht auf die „internisti- sche“ beschränkt werden. Der Allgemeinarzt sollte dies kön- nen, vom Allgemeininterni- sten ist es nicht zu erwarten, weil alle anderen medizini- schen und psycho-sozialen Be- reiche hier rausfallen. Die weitere zentrale Funktion der Allgemeinmedizin ist eben- falls nur auf dem Hintergrund

der Medizin-Entwicklung zu verstehen: In einer Zeit, in der unendlich viel aus der Medizin möglich ist, und der Spruch, ein gesunder Mensch ist der, der nicht ausreichend unter- sucht ist, leider Wirklichkeit geworden ist, in einer solchen Zeit braucht es diese Kompe- tenz, Wesentliches, im Vorder- grund Stehendes, Gewünsch- tes und für diesen Patienten in dieser Situation mit wenig Ne- benwirkungen Ausgestattetes von dem jeweiligen Gegenteil zu trennen. Man muss als Ge- neralist selektieren, wer das, was möglich ist, braucht – um ihn vor Überversorgung zu schützen. Heges Gedanken- gang analytisch erweiternd, kommt man also zu einem Plä- doyer für den Generalisten, dieser ist aber sehr viel mehr in der Allgemeinmedizin als in der Allgemeinen Inneren, die ja auch eine Einengung dar- stellt, zu finden. Denn wieder ist Hege zuzustimmen: für die Aufgabe ist generalistisches Denken notwendig, dies zu lernen erlaubt die neue Wei- terbildung über die Zeit in der Allgemeinpraxis, wenn auch dies durch die nur noch einge- schränkte Seminar-Weiterbil- dung nur unzureichend vorbe- reitet sein wird. Zukunfts- trächtig wäre hier die Forde- rung nach besserer Vorberei- tung. Schließlich diffamiert Hege den Allgemeinarzt als

„Makler“, „Archivar“ etc.

Aber auch in diesem Fall hätte er analytisch herangehen müs- sen: Natürlich spart es Kosten, wenn nicht jeder Patient all das, was denkbar und möglich ist, sondern nur das, was für ihn adäquat ist, an Diagnostik und Therapie erhält. Bei ei- nem gesammelten Auftritt al- ler angesprochenen Spezial- disziplinen zu einem Gesund- heitsproblem eines Patienten ist aber die Ausweitung not- wendiges Ergebnis – und aus der Sicht jeder Einzeldisziplin auch gerechtfertigt. Und wie- der: Die Entwicklung der Me- dizin bedarf des Generalisten, der hier den Patienten vor dem Zuviel bewahrt. Man darf dann nicht den positiven Ne- beneffekt, Kostenersparnis, mit der eigentlich geleisteten

Arbeit, Belastungsersparung für den Patienten durch Nicht- Notwendiges, verwechseln.

Prof. Dr. Heinz-Harald Abholz, Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf

Szenen einer Zwangsehe

Wenn zwei Riesen in eine Ehe gezwungen werden, kann es nicht gut gehen: Zwei grundle- gend wichtige Fächer wie die Allgemeinmedizin und die In- nere Medizin miteinander zu verheiraten sollte – wohl gut gemeint – gesundheitspolitisch ein großer Schachzug werden.

Kompromisse lassen Mängel erwarten. Herr Dr. Hege be- schreibt in seinem Artikel die Defizite, die sich für das Ge- biet Innere Medizin ergeben.

Wie er jedoch das Bild des All- gemeinarztes kennzeichnet, bedarf des Widerspruchs. Er zeichnet den Allgemeinmedizi- ner als „Archivar, medizini- schen Makler, Hausbesucher und in der Sprechstunde zur Schnellmedizin Verdammten, der ausgiebig von Überweisun- gen an Spezialisten Gebrauch“

mache. Weiß Herr Dr. Hege nicht, dass der hausärztliche Internist deutlich mehr Über- weisungen an Spezialisten ver- anlasst als der Facharzt für All- gemeinmedizin (Untersuchun- gen des Zentralinstituts Köln)? Die Tätigkeit des Fach- arztes für Allgemeinmedizin beinhaltet vielmehr umfang- reiche Aufgaben der Prophyla- xe, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation. Er besitzt Ein- fluss auf die Ausschaltung pa- thogener Faktoren im Vorfeld der Entstehung von Erkran- kungen, forciert die Früher- kennung und -behandlung häufig vorkommender Erkran- kungen und ist für die wirksa- me medizinische und soziale Betreuung der Bürger seines Sprengels verantwortlich . . . Mit diesem Tätigkeitsprofil wird einem Grundbedürfnis der Bevölkerung entsprochen.

Hierzu bedarf es einer struktu- rierten, breit angelegten, hoch- wertigen und zu evaluierenden Weiterbildung über fünf Jahre.

Der Rostocker Beschluss, die

obligaten chirurgischen und pädiatrischen Weiterbildungs- zeiten zugunsten einer drei- jährigen Weiterbildungszeit in der Inneren Medizin zu op- fern, führt zwangsläufig zu ei- ner Verschlechterung der Qua- lität künftiger Hausärzte. Die- se Weiterbildungsordnung sieht es nicht einmal vor, die 36 internistischen Monate zu strukturieren: Somit könnte der Assistent beispielsweise drei Jahre gastroenterologi- sche Weiterbildung absolvie- ren und hätte seine internisti- sche Zeit realisiert . . . Eine Wochenanalyse in 25 bundes- deutschen Allgemeinpraxen aus dem Jahre 2003 ergab le- diglich einen Anteil von 38,5 Prozent internistischer Bera- tungsanlässe und eine Vielzahl anderer breit gefächerter Pati- entenanliegen. An diesen Pati- entenbedürfnissen müssen sich Weiterbildungsinhalte orien- tieren, um die Versorgung der Bevölkerung auf hohem Ni- veau zu garantieren . . . Die Tatsache, dass in fast allen Landesärztekammern das Pro- blem des „Facharztes für Inne- re und Allgemeinmedizin“ un- terschiedlich gehandhabt wird, ist beredtes Zeugnis für das entstandene Chaos . . . Ich möchte meine Ausführungen nicht so verstanden wissen, als ob die internistische Weiterbil- dung nicht für die allgemein- medizinische Qualifikation wichtig sei. Sie ist es unbenom- men – aber im Kanon der wei- teren Fachgebiete. Die Verbin- dung der Inneren Medizin und der Allgemeinmedizin macht allein vom Arbeitsauftrag, den die Bürger traditionell verin- nerlicht haben, keinen Sinn:

Zum Allgemeinarzt kommen gleiche Patienten mit verschie- denen Krankheiten und zum Internisten verschiedene Pati- enten mit den gleichen Krank- heiten. Es ist nicht so, wie Herr Dr. Hege sagt, dass die „Be- freiung der Allgemeinärzte in der hausärztlichen Versorgung von dem Wettbewerb mit dem Allgemeininternisten dazu führen würde, dass die Kompe- tenzbreite der in der Primär- versorgung Tätigen sinken würde“. Die hohe Qualifikati- on des Facharztes für Allge- A

A2164 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 33⏐⏐18. August 2006

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Referenzen

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