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Direkte und indirekte Modulation boviner neutrophiler Granulozyten und deren Interaktion mit Monozyten durch Mycoplasma bovis

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Academic year: 2022

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Direkte und indirekte Modulation boviner neutrophiler Granulozyten und deren Interaktion

mit Monozyten durch Mycoplasma bovis

INAUGURAL - DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin

der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - (Dr. med. vet.)

vorgelegt von Ronja Hartmann Buchholz in der Nordheide

Hannover 2020

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Wissenschaftliche Betreuung: Apl. Prof. Dr. med. vet. H.-J. Schuberth Arbeitsgruppe Immunologie

1. Gutachter: Apl. Prof. Dr. med. vet. H.-J. Schuberth

2. Gutachter: Prof. Dr. Marion Hewicker-Trautwein

Tag der mündlichen Prüfung: 22.05.2020

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„Das wahre Vergnügen ist nicht, etwas zu wissen, sondern es herauszufinden“

-Isaac Asimov (1920 - 1992)

F ür m e ine F am i lie und M ic he l

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Zielsetzung ... 9

2 Literaturübersicht ... 11

2.1 Mycoplasma bovis ... 11

2.1.1 Die M.-bovis-assoziierten Erkrankungen ... 11

2.1.2 Virulenzfaktoren von Mycoplasma bovis ... 16

2.1.3 Modulation von Immunzellen durch M. bovis ... 20

2.2 Phänotyp und Funktion neutrophiler Granulozyten ... 25

2.2.1 Oberflächenmoleküle von neutrophilen Granulozyten ... 25

2.2.2 Transmigration ... 30

2.2.3 Die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies... 32

2.3 Die Regulation entzündlicher Prozesse durch myeloide Zellen ... 33

2.3.1 Apoptose ... 34

2.3.2 Efferozytose ... 36

2.3.3 Resolutom ... 38

3 Methoden ... 40

3.1 Mykoplasmen ... 40

3.2 Gewinnung von Leukozyten aus dem peripheren Blut ... 40

3.2.1 Versuchstiere der Klinik für Rinder, Tierärztliche Hochschule Hannover ... 40

3.2.2 Blutentnahme bei den Versuchstieren ... 41

3.2.3 Separation neutrophiler Granulozyten aus dem peripheren Blut ... 41

3.2.4 Separation von mononukleären Zellen aus dem peripheren Blut ... 42

3.2.5 Zellseparation mittels Magnetic acivated cell sorting (MACS) ... 42

3.3 Bestimmung der Zellzahl und Zellvitalität ... 44

3.3.1 Durchflusszytometrische Zellbestimmung ... 44

3.3.2 Bestimmung der Zellzahl mittels der Bürker Zählkammer ... 44

3.4 Durchflusszytometrie ... 45

3.4.1 Bildung reaktiver Sauerstoffspezies ... 46

3.4.2 Membranimmunfluoresenz ... 47

3.4.3 Transwell-Migration von neutrophilen Granulozyten in vitro ... 48

3.5 Kultivierung von Embryonic Bovine Lung Cells (EBL-Zellen) ... 49

3.5.1 In-vitro-Stimulation von EBL-Zellen ... 50

3.5.2 Einfrieren und Auftauen von EBL-Zellen ... 51

3.6 Kultivierung der Mausmakrophagen-ähnlichen Zelllinie RAW 264.7 ... 52

3.6.1 In-vitro-Stimulation von RAW-Zellen ... 52

(6)

3.6.2 Auftauen von RAW-Zellen ... 53

3.7 In-vitro-Generierung von Makrophagen aus Blutmonozyten ... 53

3.8 In-vitro-Stimulation von neutrophilen Granulozyten ... 54

3.8.1 Stimulation mit M. bovis ... 54

3.8.2 Stimulation neutrophiler Granulozyten mit Epithelzellüberständen ... 54

3.8.3 Stimulation Neutrophiler im Verlauf und im Anschluss einer Transmigration ... 55

3.9 In-vitro-Generierung spontan-apoptotischer neutrophiler Granulozyten ... 56

3.9.1 Einfluss der Serumkonzentration und der Zelldichte auf die spontane Apoptose von neutrophilen Granulozyten ... 56

3.9.2 Einfluss der Inkubationszeit auf die Apoptose von neutrophilen Granulozyten ... 57

3.9.3 Mikroskopische Darstellung der APO-nPMN24 ... 58

3.9.4 In-vitro-Apoptose von Neutrophilen unter Einfluss von M. bovis ... 58

3.10 Efferozytose apoptotischer nPMN durch unterschiedliche Makrophagen ... 59

3.10.1 Entwicklung eines Efferozytose-Protokolls ... 59

3.10.2 Einfluss von M. bovis auf die Efferozytose ... 60

3.11 Fluoreszenzmikroskopie ... 61

3.12 Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) ... 62

3.13 Statistische Auswertung ... 65

4 Ergebnisse ... 67

4.1 Direkte modulatorische Eigenschaften von Mycoplasma bovis ... 67

4.1.1 Modulation der morphologischen Eigenschaften neutrophiler Granulozyten ... 67

4.1.2 Modulation der phänotypischen Eigenschaften neutrophiler Granulozyten ... 68

4.1.3 Modulation der funktionellen Eigenschaften neutrophiler Granulozyten ... 69

4.2 Modulatorische Eigenschaften von Epithelzellüberständen ... 70

4.2.1 Modulation der morphologischen Eigenschaften neutrophiler Granulozyten ... 70

4.2.2 Modulation der phänotypischen Eigenschaften neutrophiler Granulozyten ... 72

4.2.3 Modulation der funktionellen Eigenschaften neutrophiler Granulozyten ... 75

4.3 Modulatorische Eigenschaften von Mycoplasma bovis während der Transmigration neutrophiler Granulozyten ... 81

4.3.1 Beeinflussung des Phänotyps von nPMN ... 81

4.3.2 Beeinflussung der Funktion von nPMN ... 84

4.4 Modulation des Zelltodes von neutrophilen Granulozyten durch M. bovis ... 88

4.4.1 Modulation der Vitalität von neutrophilen Granulozyten durch M. bovis ... 88

4.4.2 Generierung spontan-apoptotischer neutrophiler Granulozyten und deren Beeinflussung durch M. bovis ... 89

4.5 Efferozytose ... 96

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4.5.1 In-vitro-Efferozytose der APO-nPMN24 ... 96

4.5.2 Modulation der Efferozytose durch M. bovis ... 100

5 Diskussion ... 112

5.1 M. bovis hat einen stärkeren direkten als indirekten Einfluss auf nPMN ... 113

5.2 M. bovis moduliert nicht wesentlich den Extravasationsprozess der nPMN ... 118

5.3 Die Eignung des APO-nPMN24-Protokolls zur Untersuchung der Apoptoseinduktion durch M. bovis ist fraglich... 123

5.4 M. bovis moduliert die Efferozytose der neutrophilen Granulozyten ... 127

5.5 Ausblick ... 135

6 Zusammenfassung ... 137

7 Summary ... 139

8 Literaturverzeichnis ... 141

9 Anhang ... 183

9.1 Laborgeräte ... 183

9.2 Verwendete Software ... 184

9.3 Labormaterial ... 185

9.3.1 Klinikbedarf ... 185

9.3.2 Laborbedarf ... 185

9.3.3 Reagenzien und Kits ... 187

9.3.4 Biologische Materialien ... 189

9.3.5 Lösungen, Puffer und Kulturmedien ... 190

9.4 Tabellenverzeichnis ... 193

9.5 Abbildungsverzeichnis ... 194

9.6 Abkürzungsverzeichnis ... 196

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Einleitung und Zielsetzung

Mycoplasma bovis (M. bovis) ist ein Rinder-pathogener Erreger und induziert die bovine Mykoplasmose. Dies umfasst die Mastitis adulter Kühe, sowie Pneumonien, Polyarthritiden, Otitiden und Genitalerkrankungen bei Kälbern (PFUTZNER u. SACHSE 1996; F.

MAUNSELL et al. 2012). Die durch M. bovis verursachten Erkrankungen haben durch die erhöhten Verlustraten in der Rinderhaltung einen großen ökonomischen Einfluss, da die derzeitige Prophylaxe oder Therapie durch Impfungen und Antibiotika nicht zufriedenstellend wirken (NICHOLAS u. AYLING 2003). Dies erklärt sich zum Teil durch Lücken im Verständnis der genauen pathophysiologischen Zusammenhänge nach einer Infektion mit M. bovis. Bisherige Studien zeigten, dass im Rahmen einer Infektion mit M. bovis eine massive Ansammlung von neutrophilen Granulozyten am Infektionsort stattfindet. Dies ist jedoch oft nicht von einer effektiven Erregerbeseitigung begleitet und führt häufig zu inflammatorischen Lungenläsionen (ADEGBOYE et al. 1995; RODRÍGUEZ et al. 1996). Neutrophile Granulozyten (neutrophilic polymorphonuclear granulocytes, nPMN) sind als Haupteffektorzellen der angeborenen Immunabwehr wesentlich für die frühe Abwehr eindringender Pathogene verantwortlich (PAAPE et al. 2003). Daher war ein wesentlicher Aspekt dieser Arbeit die Betrachtung der Interaktion von M. bovis mit neutrophilen Granulozyten gemessen an der Modulation von morphologischen, phänotypischen und funktionellen Parameter dieser Immunzellen. Die Rekrutierung der nPMN zum Infektionsort mit konsekutiver Extravasation, hängt maßgeblich von dem Sekretom alveolärer Epithelzellen ab (WEITNAUER et al. 2016). Daher wurde in dieser Arbeit untersucht, ob die durch die Interaktion mit M. bovis gebildeten löslichen Mediatoren von Epithelzellen den Phänotyp und Funktion der nPMN modulieren und zu einer Rekrutierung der nPMN führen. Zusätzlich wurde der direkte und indirekte Einfluss des Erregers auf den Transmigrationsprozess untersucht. Für die Terminierung eines entzündlichen Prozesses stellt die Beseitigungen apoptotischer neutrophiler Granulozyten durch Makrophagen im Rahmen der Efferozytose einen entscheidenden Punkt dar (SERHAN 2017). Für das Verständnis der Pathogenese der durch M.

bovis verursachten Erkrankungen und ihrer Chronizität wurde der Frage nachgegangen, inwieweit die Apoptose der nPMN und ihre Efferozytose sowie das darüber induzierte Resolutom durch M. bovis beeinflusst wird. Ein wichtiges Pathogen-assoziiertes molekulares

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Muster (PAMP) von M. bovis stellen die in hoher Zahl auf der Zelloberfläche exprimierten, Lipid-assoziierten Membranproteine (LAMPs) dar (MUHLRADT et al. 1997). Da diese Lipoproteine an der Modulation der angeborenen Immunantwort des Wirtes beteiligt zu sein scheinen (Y. WANG et al. 2016), sollte im Rahmen dieser Arbeit geprüft werden, ob LAMPs gegenüber dem kompletten Erreger vergleichbare Effekte auf neutrophile Granulozyten haben.

Die Untersuchungen folgen dabei dem übergeordneten Ziel, die Interaktionen des Erregers mit Epithelzellen und myeloiden Zellen, mit besonderem Fokus auf die neutrophilen Granulozyten, besser zu verstehen und daraus Erkenntnisse zu pathogenetischen Zusammenhängen zu gewinnen.

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Literaturübersicht

2.1 Mycoplasma bovis

Mycoplasma (M.) bovis wurde erstmalig 1961 von Hale et al. aus einer Rindherde mit klinischer Mastitis isoliert (HALE et al. 1962) und nachfolgend als der wichtigste Erreger der bovinen Mykoplasmose (2.1.1) charakterisiert. Zunächst wurde der Erreger als Subspezies der eng verwandten Mykoplasmen der kleinen Wiederkäuer, Mycoplasma agalactiae, betrachtet und erst 1976 zu einer eigenen Spezies mit seinem heutigen Namen erklärt (ASKAA u. ERNØ 1976). Aufgrund des Fehlens einer Zellwand im Vergleich zu anderen Bakterien wurde M.

bovis der Klasse der Mollikuten (Mollecutes), der Ordnung der Mycoplasmatales, der Familie der Mycoplasmataceae und zum Genus Mycoplasma zugeordnet (RAZIN et al. 1998).

Mycoplasma bovis zeichnet sich durch seine starke Wirtsspezifität sowie seine Größe aus. Das Pathogen gilt als der kleinste selbst-replizierende Organismus. Es ist weltweit verbreitet und besiedelt überwiegend die Mukosa des Respirations-, Urogenital-, und Gastrointestinal- Traktes, aber auch Augen, Milchdrüse und Gelenke (RAZIN et al. 1998). Im Jahre 2011 veröffentliche WISE et al. das vollständige Genom des von HALE et al. 1961 isolierten M.

bovis Stamm PG45 (WISE et al. 2011). Trotz der bisherigen Forschungserkenntnisse im Bereich der Virulenzfaktoren (2.1.2) und der Modulation einzelner Immunzellen (2.1.3) sind viele Aspekte der Interaktion von M. bovis mit dem Immunsystem der Rinder noch weitestgehend ungeklärt, sodass kein vollständiger Ansatz zur Verteilung des Erregers im Körper des Rindes existiert.

2.1.1 Die M.-bovis-assoziierten Erkrankungen Infektionsepidemiologie

Der Erreger Mycoplasma bovis ist meist streng wirtsspezifisch für Rinder, jedoch wurden auch vereinzelt Infektionen anderer Tierarten beschrieben (RAZIN et al. 1998). So wurde ein Ausbruch von Mykoplasmose mit hoher Mortalität in einer landwirtschaftlich genutzten Bisonherde beobachtet (DYER et al. 2008). Weitere Einzelfälle beschreiben Infektionen von Schweinen und Hühnern sowie von Schafen und Ziegen (ONGOR et al. 2008; KUMAR et al.

2012; SPERGSER et al. 2013). Dabei ist die Diagnosestellung für Schafe und Ziegen aufgrund genetischer Homologien zwischen M. bovis und Mycoplasma agalactiae besonders schwierig (KUMAR et al. 2012). Mycoplasma bovis gilt als nicht zoonotisch, dennoch existiert ein

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Fallbericht, bei dem ein immunsupprimierter Patient nach Kontakt zu infizierter Milch eine Bronchopneumonie entwickelte, bei der M. bovis aus dem Halsbereich isoliert werden konnte (MADOFF et al. 1979). Neben M. bovis verursachen auch andere Mykoplasmen wie M.

californicum, M. canadense, M. alkalenscens Mastitiden bei Milchkühen (LAWRENCE K.

FOX 2012). Die Inkubationszeit M.-bovis-assoziierter Erkrankungen beträgt zwei bis sechs Tage, wobei sich die Erkrankungsdauer über mehrere Wochen erstreckt und oft von einer Persistenz des Erregers in der Herde gekennzeichnet ist (PFUTZNER u. SACHSE 1996).

Bereits seit 1990 ist bekannt, dass die Verbreitung von M. bovis durch Tierkontakt mit symptomatischen oder asymptomatischen Carrier-Tieren, die in eine gesunde Rinderherde eingebracht werden, stattfindet (PFÜTZNER 1990). Im Anschluss an die Infektion erfolgt eine intermittierende Ausscheidung des Erregers über Nasensekret oder Milch (NICHOLAS u.

AYLING 2003). So zeigten experimentell infizierte Rinder eine intermittierende Ausscheidung von Mycoplasma bovis über Monate (BIDDLE et al. 2003) und Jahre (BAYOUMI et al. 1988).

Rinder, die wiederholten Kontakt zu Ausscheidern oder infizierter Milch haben, werden über den Respirationstrakt, den Zitzenkanal sowie den Genitaltrakt infiziert (PFÜTZNER 1990).

Dabei wird die Infektion des Genitaltrakts auf die Übertragung von infiziertem Sperma im Rahmen einer künstlichen Besamung zurückgeführt (KREUSEL et al. 1989). Neben den bekannten Übertragungswegen wird zusätzlich Stress, welcher durch Klimaveränderungen, Überbelegung und Ortsveränderungen entsteht, als Ausbruchstrigger diskutiert, da er einerseits zu einer erhöhten Suszeptibilität gesunder Tiere für die Erkrankung führt (BOOTHBY et al.

1983) und andererseits eine erhöhte Ausscheidung durch Carrier-Tiere verursacht (ALABDULLAH et al. 2015). So konnte beispielsweise mehrfach ein Zusammenhang zwischen großen Herden und einem erhöhten Risiko für eine Mykoplasmen-bedingte Mastitis gezeigt werden (NICHOLAS et al. 2016). Dennoch besteht das größte Risiko einer solchen Mastitis in der Neueinführung von Rindern in eine vorhandene Herde (PUNYAPORNWITHAYA et al. 2010). Bislang sind weitere Umweltfaktoren sowie Wildtiere (abgesehen vom Farmwild) als potentielle Vektoren kein Gegenstand der Forschung.

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13 Klinische Manifestation

Die M.-bovis-assoziierte Erkrankung stellt sich klinisch sehr vielfältig dar. Dies beinhaltet vor allem Mastitiden, Pneumonien und Arthritiden, jedoch werden auch weitere Erkrankungen, wie beispielsweise des Genitaltrakts, beobachtet.

So stellt Mycoplasma bovis die Hauptursache von Kälberpneumonien dar, obwohl auch adulte Rinder aller Altersklassen und Nutzungsrichtungen infiziert werden können (RADAELLI et al.

2008). Bei dieser Bronchopneumonie umfassen die Symptome klassischerweise einen rauen, trockenen Husten begleitet von Fieber, milder Depression und Epiphora (NICHOLAS u.

AYLING 2003). Die Pneumonie kann solitär oder in Assoziation mit anderen klinischen Zeichen, wie Polyarthritis bei Mastrindern als sogenanntes Pneumonie-Arthritis-Syndrom oder Otitis media bei jungen Kälbern, auftreten (FIONA P. MAUNSELL u. DONOVAN 2009).

Pathologisch zeigt sich eine verkäsend-nekrotisierende Entzündung mit multiplen weiß-gelben Herden, die von einem bindegewebigen Ring umgeben sind (HERMEYER et al. 2012). Die Lungenläsionen begrenzen sich meist auf den apikalen Lungenlappen, können in schweren Fällen aber auch umfangreichere Läsionen und Abszesse umfassen (RADAELLI et al. 2008).

So sind chronische Infektionen mit einer Hyperplasie des peribronchiolären lymphoiden Gewebes assoziiert, wodurch eine Stenose der Luftwege entsteht (CASWELL u.

ARCHAMBAULT 2007). Areale einer verkäsenden Nekrose von neutrophilen Granulozyten und Makrophagen mit einem äußeren Ring von Plasmazellen und Lymphozyten zeigen sich in histopathologischen Untersuchungen (GAGEA et al. 2006). Zusätzlich finden sich nekrotische bronchioläre Epithelzellen im umliegenden Gewebe (HERMEYER et al. 2012).

Immunhistologisch lässt sich M.-bovis-Antigen hauptsächlich in der Peripherie von Nekrosen sowie in der Nähe von infiltrierenden Makrophagen und neutrophilen Granulozyten lokalisieren (RODRÍGUEZ et al. 1996). Auch konnte das M.-bovis-Antigen an der Oberfläche bronchialer, bronchiolärer und alveolärer Epithelzellen, sowie in deren Zytoplasma nachgewiesen werden (HERMEYER et al. 2012). Bereits 1996 zeigte sich, dass eine natürliche M.-bovis-Infektion in einer schweren exsudativen Bronchopneumonie mit einer umfassenden Nekrose resultiert, wohingegen experimentelle Infektionen eine subklinische Pneumonie mit geringen Lungenläsionen verursachten (RODRÍGUEZ et al. 1996). Daher wird die M.-bovis- assoziierte Pneumonie als ein Synergismus mit viralen oder bakteriellen Erregern im Rahmen einer Ko-Infektion diskutiert (F.P. MAUNSELL et al. 2011). Als mögliche virale Ko-

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Pathogene werden dabei das bovine respiratorische Synzytial-Virus, das bovine Herpes-Virus 1 sowie das bovine Virusdiarrhoe-Virus betrachtet (CALCUTT et al. 2018). Die am häufigsten identifizierten Mikroorganismen in Assoziation mit M. bovis sind Pasteurella multocida, Mannheimia haemolytica sowie Histophilus somni (S. W. MARTIN et al. 1989; SHAHRIAR et al. 2002; BOOKER et al. 2008). Ob M. bovis dabei als prädisponierender Wegbereiter für andere Erreger dient oder ob der umgekehrte Fall vorliegt, ist nicht abschließend geklärt.

Zusätzlich wird M. bovis mit subklinischen, klinischen und chronischen Mastitiden assoziiert und stellt damit ein Hauptproblem der Milchproduktion in den USA und Europa dar (NICHOLAS et al. 2016). Akute Fälle können dabei zu schweren Euterschädigungen führen, bei denen alle Euterviertel betroffen sind und ein seröses oder purulentes Exsudat aufweisen (F.P. MAUNSELL et al. 2011). Symptomatisch zeigen sich ein plötzlicher Abfall der Milchleistung mit einer hohen somatischen Zellzahl in der Milch sowie eine Verhärtung der betroffenen Viertel (HOULIHAN et al. 2007). Die klinische Erkrankung tritt unabhängig vom Laktationsstadium auf und kann sich innerhalb von Monaten ohne Intervention selbstlimitieren (NICHOLAS et al. 2016). Als besonders empfänglich gelten dabei Kühe unmittelbar postpartum und in der frühen Laktation (PFUTZNER u. SACHSE 1996). Pathologisch zeigt sich dabei eine fibrinös-eitrige Mastitis mit verkäsender Nekrose und im Endstadium eine vollständige Fibrose der Alveolen (BENNETT u. JASPER 1980).

Zu den drei häufigsten Krankheitsbildern von M. bovis zählt neben der Pneumonie und Mastitis die fibrinös-eitrige teils nekrotisierende Arthritis (PFUTZNER u. SACHSE 1996). Sie kann als Folge der Pneumonie- oder Mastitis-Form durch hämatogene Streuung auftreten und betrifft Tiere aller Altersklassen, vorrangig jedoch Kälber und Milchkühe (D. J. WILSON et al. 2007).

Die klinische Manifestation zeigt sich in einer Lahmheit mit Gelenksschwellung, welche oft von Fieber und Schwächung des Tieres begleitet wird (NICHOLAS et al. 2016). Häufig ist bei dieser Ausprägung der M.-bovis-Infektion das periartikuläre Gewebe mitbetroffen, sodass sich oft eine begleitende Synovitis und Tendosynovitis feststellen lässt (ADEGBOYE et al. 1995).

Weiterhin wurde die Infektion mit M. bovis in Zusammenhang mit Keratokonjunktividen (KIRBY u. NICHOLAS 1996), Otitiden (MAEDA et al. 2003) und Erkrankungen des Reproduktionstrakts (WRATHALL 2010) gebracht. Da klinische und pathologische Anzeichen nicht pathognomonisch für eine Mykoplasmeninfektion sind, stellen labordiagnostische

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Verfahren das Mittel der Wahl für eine Diagnose dar (NICHOLAS u. AYLING 2003). Die intermittierende Ausscheidung erschwert dabei einen Tier-individuellen Nachweis von M.

bovis, wodurch nur eine Herdendiagnostik eine Diagnosestellung ermöglicht (BIDDLE et al.

2003). Die PCR (polymerase chain reaction) erwies sich dabei als verlässlichste Methode zum sicheren Nachweis von M. bovis aus Milchproben und Nasentupfern (HOTZEL et al. 1996). Da jedoch auch aus Lungen klinisch gesunder Rinder M. bovis isoliert werden konnte, sollte das Ergebnis stets zusammen mit dem klinischen Bild interpretiert werden (F.P. MAUNSELL et al. 2011).

Therapieansätze

Bereits 1990 schlussfolgerte Pfützner et al., dass M.-bovis-bedingte Erkrankungen resistent gegenüber einer Chemotherapie sind und daher nur die Absonderung oder Tötung von infizierten Tieren eine weitere Ausbreitung effektiv verhindert (PFÜTZNER 1990). So ermöglicht beispielsweise die Abwesenheit einer Peptidoglykanschicht des Erregers eine Resistenz gegenüber β-Lactam- und Glycopeptid-Antibiotika (ROSENBUSCH et al. 2005) und das Fehlen der Folsäuresynthese eine Resistenz gegenüber Sulfonamiden (F.P. MAUNSELL et al. 2011). Sulyok et al. stellten 2017 für Mycoplasma bovis Resistenzen gegenüber insgesamt sieben Antibiotikafamilien fest (SULYOK et al. 2017). Dennoch belegen andere Studien, dass der Einsatz verschiedener Antibiotika in einem von sechs Tieren eine Mykoplasmenanzucht aus den Proben verhindert (GILLE et al. 2016) und die Verabreichung von Valnemulin an Kälber gegen M. bovis-assoziierte Pneumonien und Arthritiden wirkt (STIPKOVITS et al.

2001). Auch wenn in solchen einzelnen Studien immer wieder positive Effekte eines Antibiotikaeinsatzes erwiesen wurden, so zeigt sich ungeachtet dessen eine steigende Resistenz der europäischen Mykoplasmenstämme gegenüber Antibiotika, die üblicherweise als Therapeutikum verwendet werden (Oxytetrazyklin, Tilmicosin, Spectinomycin) (AYLING et al. 2000) und auch international zeigen sich vermehrt Resistenzen gegenüber zahlreichen Antibiotika (einschließlich Makroliden, Tetrazyklinen, Lincosamiden, Aminoglykosiden, Chloramphenicolen und Flurochinolonen) (LYSNYANSKY u. AYLING 2016).

Die Ineffektivität der Antibiotikatherapie, um M. bovis-assoziierte Erkrankungen zu kontrollieren, sowie die weltweit steigende Resistenzentwicklung haben die Aufmerksamkeit der Forschung zunehmend auf die Entwicklung von Vakzinen gelenkt. Während in den USA

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eine Auswahl an Impfstoffen verfügbar ist, für die allerdings nur wenige Nachweise ihrer Effektivität vorliegen und die außerhalb der USA nicht zugelassen sind, so ist in Europa derzeit keine Vakzine gegen M. bovis kommerziell erhältlich (F.P. MAUNSELL et al. 2011). Bis zur Entwicklung eines geeigneten Impfstoffes stellt eine Prophylaxe durch Reduktion von Umweltstress, eine adäquate Unterbringung mit guter Luftzirkulation und das Verfahren nach dem All-in-all-out-Prinzip sowie die Absonderung oder Tötung erkrankter Tiere die wichtigste Methode gegen eine Mykoplasmeninfektion dar (NICHOLAS u. AYLING 2003).

2.1.2 Virulenzfaktoren von Mycoplasma bovis

Neben der Empfindlichkeit des Tieres entscheiden auch andere, erregerspezifische Faktoren, ob sich eine Infektion klinisch manifestiert. Zum Eindringen in den Wirt und zur Umgehung der Immunabwehr besitzen Pathogene zahlreiche Virulenzfaktoren. So ist zwar die genaue Pathogenese einer M. bovis-assoziierten Infektion bisher unbekannt, jedoch konnten einige mögliche Virulenzfaktoren für M. bovis identifiziert werden. Studien zeigen Strukturen zur Adhärenz, Invasion, Biofilmbildung, Immunevasion durch Antigenvariation und zur Produktion toxischer Metabolite (BURKI et al. 2015). Dabei variieren die Stämme bezüglich ihrer Virulenzfaktoren, so dass virulente und nicht virulente Stämme unterschieden werden (RASHEED et al. 2017). Belege dafür beobachteten Punyapornwithaya et al. in einer Rinderherde, bei der nur einer von vier vorkommenden Mykoplasmenstämmen Mastitiden verursachte. Dieser verfügt hypothetisch über Virulenzfaktoren, die ihm im Gegensatz zu den anderen drei Stämmen ein Eindringen in den Wirt und eine Infektion ermöglichen (PUNYAPORNWITHAYA et al. 2010).

Die Adhäsion an Wirtsepithelzellen stellt den ersten Schritt zur Manifestation einer Mykoplasmen-Infektion dar (ROTTEM 2003). Dabei ist eine Membranfusion zwischen Wirt und Pathogen essentiell, da M. bovis aufgrund seines kleinen Genoms auf Wirtsbestandteile zur weiteren Vermehrung angewiesen ist (RAZIN u. JACOBS 1992). In vitro adhäriert M. bovis an eine Vielzahl respiratorischer und nicht respiratorischer Epithelzelltypen (K. SACHSE et al.

1993; BURKI et al. 2015; JOSI et al. 2018). Dabei korreliert die Fähigkeit zur Adhäsion verschiedener M.-bovis-Stämme an epitheliale Zellen mit der Virulenz, wobei weniger pathogene (PG45) oder apathogene Stämme eine geringere Adhärenz aufweisen (A. THOMAS et al. 2003). Während die Mehrheit der Studien die Adhärenz anhand einer embryonalen

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bovinen Lungen-Zelllinie (EBL-Zellen) nachwies, stellten Thomas et al. eine verminderte Adhärenz an primäre bovine bronchiale Epithelzellen (BBE-Zellen) fest (A. THOMAS et al.

2003). Die bisher identifizierten, an der Adhäsion beteiligten Membranproteine von M. bovis umfassen die Oberflächenproteine P26 (KONRAD SACHSE et al. 1996), P27 (CHEN et al.

2018), P68 (LYSNYANSKY et al. 2008), sowie das variable Oberflächen-Lipoprotein Vpmax (ZOU et al. 2013). Einige M.-bovis-Membranproteine wurden dabei durch Genom- sequenzierung bestimmt und bleiben zunächst hypothetisch (ADAMU et al. 2013). Zusätzlich konnte für die variablen Oberflächenproteine VspA, -B, -E und -F ebenfalls ihre Beteiligung an der Adhäsion festgestellt werden (KONRAD SACHSE et al. 1996; K. SACHSE et al. 2000).

M. bovis verfügt darüber hinaus über eine Reihe von Enzymen, die neben ihren metabolischen Funktionen auch an der Adhäsion beteiligt sind (ZOU et al. 2013). So wurde gezeigt, dass die α-Enolase von M. bovis durch die Bindung von Plasminogen an EBL-Zellen adhärieren kann (SONG et al. 2012). Wird Plasminogen an das Oberflächen-assoziierte Enzym α-Enolase gebunden, wird jenes zu Plasmin aktiviert. Es erfolgt eine Rekrutierung des Wirtsproteins Plasmin an die Oberfläche des Bakteriums, so dass M. bovis die physische Barriere der Wirtszelle leicht überwinden kann (BHATTACHARYA et al. 2012). Des Weiteren entdeckten Guo et al. das Enzym TrMFo, welches an das Fibronektin der Wirtszelle bindet. Fibronektin nimmt eine brückenbildende Funktion ein und ermöglicht so die bakterielle Adhäsion an EBL- Zellen (Y. GUO et al. 2017). Ein weiteres Fibronektin-bindendes Enzym von M. bovis, das an der Adhäsion beteiligt ist, stellt die erst kürzlich entdeckte Fructose-1,6-bisphosphate-Aldolase dar (GAO et al. 2018; J. HUANG et al. 2019). Zusätzlich wurde gezeigt, dass M. bovis eine NADH-Oxidase besitzt, die neben der Generierung von Wasserstoffperoxid auch die Adhäsion von M. bovis an EBL-Zellen vermittelt (ZHAO et al. 2017).

Eine der meisterforschten Virulenzfaktoren von M. bovis stellt die große Familie der variablen Oberflächenproteine (variable surface proteins, Vsps) dar (BEHRENS et al. 1994;

NUSSBAUM et al. 2002). Die 13 Proteine der Vsps-Familie durchlaufen eine spontane, nicht- koordinierte sowie hochfrequente Größen- und Phasenvariation, wodurch zahlreiche und komplexe Möglichkeiten für eine Antigenvariation bereitgestellt werden (LYSNYANSKY et al. 1999). Die hohe Spontanrate des Vsp-Phänotypwechsels entsteht aufgrund von DNS- Transpositionierung sowie intrachromosomalen Rekombinationen innerhalb des Vsp-Lokus, welche in hoher Frequenz in den Chromosomen von M. bovis auftreten (LYSNYANSKY et al.

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1999). Dabei steht die antigene Heterogenität nicht im Zusammenhang mit einem bestimmen M.-bovis-Stamm, seiner Herkunft oder dem Krankheitsverlauf (BURKI et al. 2015). Auch außerhalb der Vsp-Familie wurden andere variable Oberflächenproteine für M. bovis identifiziert, die ebenfalls die Fähigkeit der Antigenvariation aufweisen (darunter das Membranprotein pMB67) (BEHRENS et al. 1996). Le Grand et al. zeigten bereits 1996, dass die Exposition eines Antikörpers, der direkt gegen ein spezifisches M.-bovis-Vsp gerichtet ist, in einer Veränderung desselben resultiert (LE GRAND et al. 1996). Die Vsp-Familie schafft folglich eine hochdynamische Oberflächenstruktur, wodurch eine Adaption von M. bovis gegenüber variierenden Bedingungen innerhalb der Umwelt und des Wirts sowie eine aktive Evasion der spezifischen Antikörper erreicht wird (LE GRAND et al. 1996; K. SACHSE et al.

2000).

Im Rahmen von In-vivo-Infektionsversuchen konnte M.-bovis-Antigen im Zytoplasma von Makrophagen, neutrophilen Granulozyten sowie in einigen epithelialen Zellen (Gallengangsepithel-, Nierenepithel-, bronchioläre Epithelzellen) nachgewiesen werden (ADEGBOYE et al. 1995; RODRÍGUEZ et al. 1996; MAEDA et al. 2003; KLEINSCHMIDT et al. 2013). Bürki et al. zeigte eine solche Zellinvasion in primäre bovine embryonale Nasenmuschelepithelzellen mittels Transmissions-Elektronen-Mikroskopie (TEM) und führte sie auf eine nicht-klassische Endozytose zurück (BURKI et al. 2015). Auch eine In-vitro- Infektion von embryonalen, bovinen Lungen- (EBL-Zellen) und Trachealzellen (EBTr-Zellen) wurde in Studien belegt (SULEMAN et al. 2016). Dagegen konnte M. bovis bisher nicht in alveolaren Epithelzellen des Euters nachgewiesen werden (STANARIUS et al. 1981). Mittels konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie wurde M. bovis zudem in den verschiedenen Subpopulation der mononukleären Immunzellen (T- und B-Zellen, Monozyten, natürliche Killerzellen und dendritische Zellen) dargestellt, wobei je nach Zelltyp und Infektionszeit spezifische intrazelluläre Lokalisationen auftraten (VAN DER MERWE et al. 2010). Insgesamt kann bei Phagozyten (Granulozyten, Monozyten, Makrophagen, dendritische Zellen) nicht zwingend von einer Invasion ausgegangen werden, da eine aktive Phagozytose durch die Wirtszellen in den meisten Experimenten nicht ausgeschlossen werden konnte (VAN DER MERWE et al. 2010; KLEINSCHMIDT et al. 2013). Für M. gallisepticum und M. suis konnte bereits eine deutliche Invasion der Erythrozyten dargestellt werden, die im Falle von M. suis auf Endozytose zurückgeführt werden konnte (VOGL et al. 2008; GROEBEL et al. 2009). Auch

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M. bovis dringt, durch einen bisher unbekannten Mechanismus, in Erythrozyten ein (VAN DER MERWE et al. 2010). Es wird vermutet, dass der von M. bovis genutzte Mechanismus der intrazellulären Ansiedlung in Wirtszellen durch Invasion das Bakterium gegenüber der Immunantwort des Wirtes abschirmt und folglich die Chronizität von Mykoplasmen- Infektionen sowie das Versagen einer antibiotischen Behandlung bedingt (GROEBEL et al.

2009).

Viele Bakterien nutzen die Bildung von Biofilmen, um eine Resistenz gegenüber Umweltstressoren zu erreichen und im Wirt zu persistieren, was im Weiteren einen chronischen Infektionsverlauf fördert (MAH u. O'TOOLE 2001; MCAULIFFE et al. 2006; HERMEYER et al. 2012). Biofilme sind eine Ansammlung von Mikroorganismen, die sich in einer extrazellulären polymeren Substanz (EPS) befinden und irreversibel mit einer Oberfläche assoziiert sind (DONLAN 2002). Auch viele Mykoplasmenstämme sind, unabhängig von ihrer Pathogenität, in der Lage proliferative Biofilme zu bilden, wobei der in dieser Arbeit verwendete PG45-Stamm lediglich eine geringe Fähigkeit diesbezüglich aufweist (MCAULIFFE et al. 2006). Ohne einen Einfluss auf die Suszeptibilität gegenüber verschiedenen Antibiotika zu haben, sind biofilmproduzierende Mykoplasmenstämme resistenter gegenüber Hitze und Austrocknung (MCAULIFFE et al. 2006). Bisher wurde die Biofilmbildung durch Mykoplasmen hauptsächlich in vitro nachgewiesen, jedoch belegten Simmons und Dybvig die Biofilmbildung von Mycoplasma pulmonis anhand eines murinen Trachealmodells (SIMMONS u. DYBVIG 2009). Im Vergleich verschiedener M.-bovis-Isolate zeigte sich eine Korrelation zwischen der Biofilmproduktion und Vsp-Expressionsmustern (MCAULIFFE et al. 2006). Bereits 2001 wiesen Wilson et al. bakterielle Biofilme als Ursache für einige humanmedizinische Erkrankungen nach und auch für bovine Mastitiden rücken Biofilme als Auslöser immer stärker in den Fokus der Forschung (M. WILSON 2001;

MELCHIOR et al. 2006; GOMES et al. 2016).

Die Produktion toxischer Metabolite wie beispielsweise Hydrogenperoxid (H2O2), einer von zahlreichen reaktiven Sauerstoffspezies (reactive oxygen species, ROS), stellt einen wichtigen Virulenzfaktor vieler Mykoplasmenarten dar (PILO et al. 2005; GALVAO FERRARINI et al.

2018). Eine H2O2-Produktion konnte in vitro auch für M. bovis nachgewiesen werden und wird als kausal für die oxidativen Gewebsschäden bei Mykoplasmeninfektionen betrachtet (KHAN

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et al. 2005; SCHOTT et al. 2014). Dabei zeigte sich eine Variabilität bezüglich der Menge an produzierten H2O2 zwischen den einzelnen M.-bovis-Stämmen (KHAN et al. 2005). Diese Variabilität verschiedener Stämme ließ sich in einer weiteren Studie nicht mit dem Schweregrad M. bovis-assoziierter Lungenveränderungen von Kälbern positiv korrelieren (SCHOTT et al. 2014). Zusätzlich beeinflusst eine hohe In-vitro-Passagezahl der isolierten Mykoplasmenstämme negativ dessen Fähigkeit H2O2 zu bilden (KHAN et al. 2005). Die genaue Bedeutung der Hydrogenperoxidproduktion für die Pathogenese von M. bovis-assoziierten Erkrankungen muss noch weiter erforscht werden, jedoch vermuten Pilo et al. einen zytotoxischen Einfluss auf die Wirtszellen (PILO et al. 2005).

2.1.3 Modulation von Immunzellen durch M. bovis

Das Erreger-Wirts-Verhältnis wird von beiden Seiten gestaltet und unterliegt einem evolutionären Wettrüsten. Während Erreger beispielsweise durch ihre Virulenzfaktoren eine erfolgreiche Infektion mit Evasion der Immunantwort anstreben, versucht der Wirt durch Abwehrmaßnahmen des Immunsystems sich vor den Erregern zu schützen bzw. deren Auswirkungen oder Ausbreitung zu begrenzen. So besitzt auch M. bovis Modulationsstrategien, um der Immunantwort des Wirtes auszuweichen und sich so im Wirt anzusiedeln, zu replizieren und dadurch langfristig sein Überleben zu sichern. Eine wirtsseitige Komponente der Infektionsabwehr, die durch den Erreger moduliert wird, stellen die Epithelzellen, die neutrophilen Granulozyten sowie die Monozyten und Makrophagen dar.

Modulation von Epithelzellen

Epithelzellen bilden die physikalische Barriere der Schleimhäute und die erste Antwort des angeborenen Immunsystems auf Pathogene. Dabei verhindert eine aufgelagerte Mukusschicht zusätzlich das Eindringen schädlicher Komponenten in den Körper (WHITSETT u.

ALENGHAT 2015). Die Integrität des Epithelzellverbands wird im Bereich der oberen Atemwege durch enge Verbindungen, den sog. tight junctions, vermittelt (KOJIMA et al.

2013). Neben der Barrierefunktion findet eine Erregererkennung durch Mustererkennungsrezeptoren statt. Während Toll-like-Rezeptoren (TLR), welche sich auf der basolateralen Oberflächen oder in Vesikel befinden, mehrere Pathogen-assoziierte-molekulare Muster (PAMPs) von Bakterien erkennen, erfassen NOD-like-Rezeptoren, die im Zytoplasma vorkommen, vor allem Zellwandpeptide der Bakterien. Beide Rezeptortypen lösen eine

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Immunantwort über Aktivierung des NF-Signalweges aus, sodass es zu einer inflammatorischen Reaktion durch die Epithelzellen kommt (SATOH u. AKIRA 2016). Dazu zählt einerseits die Produktion der Chemokine CXCL-8 und -1 sowie CCL-1 und -2, welche neutrophile Granulozyten und Makrophagen anlocken und andererseits die Produktion der Zytokine Interleukin (IL)-1 und IL-6, wodurch die immigrierten Makrophagen aktiviert werden. Zahlreiche Erreger beeinflussen aktiv die Epithelzellen, um über verschiedene Wege eine Evasion der durch diese Zellen ausgelösten Abwehrreaktion zu erreichen. So dringt beispielsweise Pasteurella multocida in Lungenepithelzellen ein und entzieht sich räumlich der Immunantwort (SUDARYATMA et al. 2019). Der Erreger Coxiella burnetii verwendet Rinderepithelzellen nach Invasion sogar als Replikationsort und umgeht durch eine gehemmte Zytokinproduktion eine Reaktion des Immunsystems (SOBOTTA et al. 2017). Auch Mycoplasma bovis interagiert mit Epithelzellen im Rahmen des Infektionsprozesses. Mehrfach konnte M.-bovis-Antigen innerhalb des respiratorischen Lungen- und Atemwegsepithels im Rahmen einer experimentellen oder natürlichen M.-bovis-Infektion nachgewiesen werden (RODRIGUEZ et al. 2015a; RODRIGUEZ et al. 2015b). Adegboye et al. lokalisierte M. bovis an der Lungenepithelzelloberfläche und belegte damit eine Adhärenz des Organismus an Epithelzellen (ADEGBOYE et al. 1995). Weitere Studien zeigten, dass M. bovis in vitro an eine Vielzahl respiratorischer und nicht-respiratorischer Epithelzelltypen adhäriert, darunter embryonale bovine Lungen- (EBL), embryonale bovine Tracheal- (EBTr), bovine Euter- (bMEC) und bovine Nierenepithelzelllinien (MDBK) (K. SACHSE et al. 1993; BURKI et al.

2015; JOSI et al. 2018). Dabei führt eine hohe Passagezahl des Organismus zu einer verringerten Adhärenz an die verschiedenen Epithelzellen und die Adhäsionsfähigkeit verschiedener M.-bovis-Stämme weist eine Korrelation mit der Virulenz des Erregers auf, wobei weniger pathogene (PG45) oder apathogene Stämme eine geringere Adhärenz zeigen (A.

THOMAS et al. 2003; A. THOMAS et al. 2005). Neben der Adhärenz wurde zudem eine Invasion der obig genannten Epithelzelltypen in vitro sowie eine Invasion von Epithelzellen der Lunge und Trachea in vivo beobachtet (BURKI et al. 2015; SULEMAN et al. 2016). Dabei ließ sich eine stärkere Invasion der EBL-Zellen verglichen mit EBTr-Zellen durch M. bovis nachweisen (SULEMAN et al. 2016). Zusätzlich induziert M. bovis die Apoptose von MDBK- Zellen und wirkt zytotoxisch auf bovine embryonale Nasenmuschelepithelzellen (JOSI et al.

2018). So wurden nekrotische bronchiale und bronchioläre Epithelzellen im Bereich der

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Nekroseherde von caseonekrotischen Pneumonien im Rahmen einer induzierten M. bovis- Infektion gefunden (HERMEYER et al. 2012). Untersuchungen zur Zytokinproduktion unter Einfluss des Erregers wurden ausschließlich für bMEC-Zellen durchgeführt und beruhen auf einer Veränderung des mRNA-Expressionslevels. So steigert M. bovis die mRNA-Expression von IL-6, IL-1, IL-8 und Tumornekrosefaktor (TNF)- . Während Gondaira et al. diese Beobachtung mit hitzeinaktivierten Mykoplasmen machte, konnte Zbinden et al. diesen Effekt nur als Antwort auf lebende, nicht aber auf inaktivierte Mykoplasmen feststellen (ZBINDEN et al. 2015; GONDAIRA et al. 2018). Inwieweit das durch Erregerkontakt mit M. bovis induzierte Zytokinspektrum einen Einfluss auf neutrophile Granulozyten hat, ist bisher nicht Bestandteil der Forschung gewesen.

Modulation von Monozyten und Makrophagen

Die in den Geweben lokalisierten Makrophagen entwickeln sich zum Teil aus den im Blut zirkulierenden peripheren Monozyten. Zu den Aufgaben der Makrophagen gehört die Bakterienerkennung und -beseitigung sowie Zytokinproduktion und Antigenpräsentation, wodurch sie eine entscheidende Rolle in der frühen Kontrolle bakterieller Infektionen spielen (AUFFRAY et al. 2009). Die Differenzierung der Monozyten zu funktionell unterschiedlichen Makrophagensubtypen erfolgt in vitro mittels Zytokinen oder mikrobiellen Bestandteilen. Je nach Stimuli bilden sich M1= klassisch-aktivierte oder M2= alternativ-aktivierte Makrophagen (KITTAN et al. 2013). Der Zusatz von GM-CSF (granulocyte macrophage colony-stimulating factor) zu Monozyten sorgt für eine Differenzierung zu M1-Makrophagen, wobei je nach Quelle zusätzlich Stimuli wie Interferon (IFN)- TNF- oder Lipopolysaccharide (LPS) verwendet werden (GOERDT u. ORFANOS 1999). Diesem Phänotyp werden proinflammatorische Eigenschaften wie eine gesteigerte Produktion reaktiver Sauerstoffspezies und eine erhöhte Fähigkeit zur Antigenpräsentation durch Expression von MHC-Klasse-II- Molekülen zugesprochen, wodurch sie entscheidend für die Abwehr bakterieller, viraler und mykotischer Pathogene sind (ZARIF et al. 2016). Dahingegen werden M2-Makrophagen vor allem als wundheilungsfördernd und immunregulatorisch angesehen (ZARIF et al. 2016). Sie entstehen in vitro durch den Einfluss von M-CSF (macrophage colony-stimulating factor) sowie je nach Quelle IL-4, IL-10 oder IL-13 (GORDON u. MARTINEZ 2010). Nach heutiger Sicht reicht die Einteilung in zwei feste Subtypen jedoch nicht aus, da die Subtypen in vivo ko- existieren und der Reifungsprozess sehr komplex, dynamisch sowie von zahlreichen Faktoren

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abhängig ist (MARTINEZ u. GORDON 2014). Im Weiteren wird, unter Berücksichtigung der Einschränkungen dieser Begriffe, aus Gründen des besseren Verständnisses, von M1- und M2- Makrophagen gesprochen. M. bovis interagiert dabei bevorzugt mit bovinen M1-MdM (Monocyte derived Macrophages) verglichen mit M2-MdM (FEIERABEND 2019). Zusätzlich beeinflusst das Pathogen die Polarisierung von bovinen MdM, indem es die CD163-Expression von M2-MdM und die MHC-Klasse-II-Expression von M1-MdM hemmt (FEIERABEND 2019). Eine weitere Klassifizierung dieser Zellen umfasst die Betrachtung monozytärer Subpopulationen. Erst kürzlich wurden solche Subpopulationen mit jeweils spezifischen phänotypischen und funktionellen Eigenschaften für das Rind identifiziert (HUSSEN u.

SCHUBERTH 2017). Bovine Monozyten werden parallel zu den humanen anhand ihrer Membran-Expression des Lipopolysaccharid-Rezeptors CD14 und des FcIII-Rezeptors CD16 in drei Subpopulationen aufgeteilt: klassische (CD14++CD16-), intermediäre (CD14++CD16+) und nicht klassische (CD14+CD16++) Monozyten (HUSSEN u. SCHUBERTH 2017). Dabei interagiert M. bovis präferentiell mit klassischen und nicht-klassischen M1-MdM, wobei sich diese Subpopulationen in ihrer Reaktion auf M. bovis unterscheiden. So hemmt M. bovis die IFN--induzierte MHC-Klasse-II-Expression in klassischen M1-MdM und steigert unabhängig von IFN- die MHC-Klasse-II-Expression von nicht-klassischen M1-MdM. Intermediäre M1- MdM werden nicht durch M. bovis beeinflusst (FEIERABEND 2019). Die Expression von MHC-Molekülen stellt die Grundlage für eine Antigenpräsentation durch Makrophagen und damit einer adäquaten adaptiven Immunantwort dar. Während einer experimentellen M.-bovis- Infektion zeigt sich eine Steigerung der MHC-Klasse-II-Expression von Makrophagen in lymphoiden Geweben, während Makrophagen am Rand infizierter Lungen eine Herabregulation aufweisen (RADAELLI et al. 2009; HERMEYER et al. 2012). Die Mechanismen und Zusammenhänge der MHC-Klasse-II-Modulation durch M. bovis sind noch nicht vollständig erforscht, könnten aber zu einer ineffektiven Immunantwort führen oder dazu beitragen. Des Weiteren nimmt M. bovis kompartimentspezifisch Einfluss auf das lokale Makrophagen-generierte Zytokinspektrum. So induziert das Pathogen im Rahmen von natürlichen und experimentellen Infektionen, jedoch nicht in vitro, die Sekretion von TNF-

und IFN- sowie im Falle der natürlichen Infektion auch IL-10 durch Alveolarmakrophagen (JUNGI et al. 1996; RODRÍGUEZ et al. 2015; RODRIGUEZ et al. 2015b). Dahingegen unterscheidet sich die Zytokinproduktion der peripheren Blutmonozyten, die mit M. bovis

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stimuliert wurden, gegenüber der der Alveolarmakrophagen. Diese produzieren unter Einfluss des Erregers weder TNF-, noch IFN- oder IL-10 und eine Hemmung des IFN-- Signaltransduktionsweges auf Ebene der Transkription konnte für periphere Blutmonozyten nachgewiesen werden (MULONGO et al. 2014; FEIERABEND 2019). Während M. bovis die IFN- und PMA-induzierte Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (reactive oxygen species, ROS, siehe auch 2.2.3) hemmt, zeigt der Erreger selbst keinen direkten Einfluss auf die ROS- Produktion in bovinen MdM (FEIERABEND 2019). Eine der zahlreichen ROS stellt Stickstoffmonoxid (Nitric oxide, NO) dar, welches unter anderem durch Makrophagen synthetisiert wird. Im Rahmen einer experimentellen M.-bovis-Infektion wurden große Mengen zur NO-Produktion befähigte Makrophagen innerhalb sowie in der Nähe der nekrotischen Lungenläsionen identifiziert (HERMEYER et al. 2011). Während Jungi et al. in vivo eine moderate NO-Produktion in alveolaren Makrophagen unter Einfluss von M. bovis nachweisen konnte, zeigt der Erreger in vitro dagegen keinen Einfluss auf die NO-Produktion durch bovine MdM (JUNGI et al. 1996; FEIERABEND 2019). Inwieweit die in vivo beobachtete NO- Produktion zur Entstehung der M. bovis-typischen verkäsend-nekrotischen Läsionen als oxidative Verletzung beiträgt, wurde bisher nicht untersucht. Weiterhin verzögert M. bovis die Apoptose von Monozyten (MULONGO et al. 2014) und Alveolarmakrophagen (SULEMAN et al. 2016).

Modulation von neutrophilen Granulozyten

Neutrophile Granulozyten verwenden zahlreiche Strategien, um Pathogene zu beseitigen, darunter die Phagozytose sowie die Freisetzung reaktiver Sauerstoffspezies, neutrophiler extrazellulärer Fallen (neutrophil extracellular traps, NETs) und zellulärer Granula (Degranulation). Sie stellen die vorherrschende Immunzelle in der Lunge, im Mittelohr und in Gelenken von Rindern mit einer M. bovis-assoziierten Erkrankung dar (ADEGBOYE et al.

1995; RODRIGUEZ et al. 1996; MAEDA et al. 2003). Dabei korreliert der Umfang der rekrutierten neutrophilen Granulozyten zum Infektionsort mit der Schwere der Erkrankung (GAGEA et al. 2006). Es konnte bereits gezeigt werden, dass M. bovis gleichermaßen eine Veränderung bestimmter phänotypischer und funktioneller Eigenschaften der neutrophilen Granulozyten bewirkt (JIMBO et al. 2017). Alabdullah et al. stellten heraus, dass sich die verschiedenen M.-bovis-Stämme dabei in ihren modulativen Fähigkeiten unterscheiden (ALABDULLAH et al. 2015). So umfassen die phänotypischen Veränderungen unter anderem

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eine Steigerung der CD40-, CD46- und CD86-Expression der neutrophilen Granulozyten (JIMBO et al. 2017). Auf funktioneller Ebene führt eine Exposition der Zelle mit M. bovis beispielsweise zu einer verminderten Abtötung von Escherichia coli (E. coli) durch nPMN (HOWARD u. TAYLOR 1983). Des Weiteren hemmt M. bovis die Stickoxid-Produktion neutrophiler Granulozyten und bedingt eine vermehrte Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF-) und IL-12 (JIMBO et al. 2017). Auf Teilaspekte des Phänotyps und der Funktion neutrophiler Granulozyten und deren Modulation durch M. bovis wird in den folgenden Abschnitten gesondert eingegangen.

2.2 Phänotyp und Funktion neutrophiler Granulozyten

2.2.1 Oberflächenmoleküle von neutrophilen Granulozyten

Die Markierung von Oberflächenmolekülen dient der Identifizierung und Charakterisierung von Immunzellen. Die Expression und Modulation einzelner Moleküle lässt dabei auf bestimmte Funktionszustände, wie beispielsweise die Aktivierung, Migration oder Apoptose der Zelle schließen (VIKENTIOU et al. 2009; DENISET u. KUBES 2016; SILVESTRE-ROIG et al. 2016).

CD62L

Selektine (CD62, Cluster of differentiation) bilden neben Integrinen, Cadherinen und Proteinen der Super-Immunglobuline eine Familie der Zelladhäsionsmoleküle (cell adhesion molecules, CAM). Diese finden sich auf zirkulierenden Leukozyten (L-Selektin), endothelialen Zellen (E- Selektin) und Thrombozyten (platelets, P-Selektin)(LEY 2003). L-Selektin (CD62L) ist ein Typ-1-Transmembran-Lektin-Monomer und wird sowohl auf B-Zellen, dendritischen Zellen, Monozyten, Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und T-Zellen als auch auf neutrophilen Granulozyten exprimiert (THIEL et al. 1997; FOSTER et al. 2013; IVETIC 2018). Dabei wird L-Selektin auf allen Reifungsstadien von bovinen neutrophilen Granulozyten vom Knochenmark bis zur Zirkulation exprimiert (MONFARDINI et al. 2004). L-Selektin vermittelt die initiale Adhäsion (Tethering) zwischen CD62L und seinen endothelialen Determinanten.

Diese stellt den ersten Schritt der Extravasation von neutrophilen Granulozyten dar und dient der Entschleunigung der nPMN im Blutstrom, sodass sich vermehrt Zellen an der Gefäßwand sammeln (BUTCHER 1991; WALZOG u. GAEHTGENS 2000). Bovines CD62L ist strukturell und funktionell homolog zu humanem oder murinem L-Selektin (DIEZ-FRAILE et al. 2003b).

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Dessen Aufbau besteht aus drei Domänen, wobei der N-terminalen, Kalzium-abhängigen Domäne besondere Bedeutung zukommt. Diese interagiert mit zahlreichen Glykanen, unter anderem dem Tetrasaccharid-Ligand sialyl Lewis x (sLex) auf Epithelzellen (WEDEPOHL et al. 2012). Durch Knüpfen und Auflösen der Bindung mit sLex wird ein Rollen (Rolling) von neutrophilen Granulozyten entlang der luminalen Wände von postkapillären Venolen als Beginn der mehrstufigen reversiblen Adhäsionskaskade initiiert (LEY 2003). Diese Bindung ist transient, da neutrophile Granulozyten mittels Proteolyse ihre Ektodomäne abspalten (sog.

ectodomain shedding), sodass dieser Teil des CD62L als lösliche Form im Blut vorliegt (SCHLEIFFENBAUM et al. 1992; SCHLONDORFF u. BLOBEL 1999). Während des Rollens führen zahlreiche proinflammatorische Entzündungsmediatoren zu einer Aktivierung von L- Selektin, welches als Signalübertragungsrezeptor eine Aktivierung des neutrophilen Granulozyten auslöst. Dieser Prozess wird als outside-in signaling beschrieben (DIEZ-FRAILE et al. 2002). Die Forschung zur Expression von CD62L auf bovinen neutrophilen Granulozyten konzentrierte sich bislang auf die Geburt und frühe Laktation. So wurde gezeigt, dass bovine neutrophile Granulozyten +/- einen Tag post partum weniger L-Selektin exprimieren, was zu einer reduzierten Migration von zirkulierenden nPMN ins Gewebe und somit zu einer erhöhten Suszeptibilität gegenüber Infektionen beitragen könnte (MEGLIA et al. 2001; MONFARDINI et al. 2002). In diesem Kontext wurden einige rindertypische Erreger auf die Modulation der CD62L-Expression hin untersucht. Während eine natürliche Milchdrüseninfektion mit Staphylococcus aureus (S. aureus) und Escherichia coli (E. coli) jeweils zu einer gesteigerten L-Selektin-Expression führte (DIEZ-FRAILLE et al. 2004; NAGAHATA et al. 2011)., zeigten das -Toxin von S. aureus, wie auch der Bestandteil gramnegativer Bakterien LPS ein inverses Verhalten zu dem vollständigen Pathogen, indem sie eine Herabregulation von L-Selektin bewirkten (RIOLLET et al. 2000; DIEZ-FRAILE et al. 2003a). Während Jimbo et al. eine reduzierte L-Selektin-Expression durch die direkte Stimulation mit dem M. bovis-Stamm

"Mb1" nachweisen konnte (JIMBO et al. 2017), bleibt offen, inwieweit der M. bovis-Stamm

"PG45" die Expression von L-Selektin auf bovinen neutrophilen Granulozyten moduliert.

Weiterhin ist unklar, ob ein Unterschied in der Expression nach einer direkten oder indirekten Stimulation der Zellen besteht. Inwieweit die Membranproteine LAMPs einen Einfluss auf die L-Selektin Expression haben, ist bisher nicht erforscht.

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27 CD11b

Integrine sind transmembrane Heterodimere mit jeweils einer - und -Untereinheit, die zur Familie der Zelladhäsionsmoleküle zählen. Bisher sind in der Humanmedizin 8 - Untereinheiten und 18 -Untereinheiten bekannt, die zusammen 24 mögliche Integrin- Ausprägungen formen. Dabei beschränkt sich die Expression der 2-Integrin-Subfamilien auf Leukozyten, weshalb sie auch als leukocyte cell adhesion molecules (Leu-CAM) bezeichnet werden (HYNES 2002). Bovine neutrophile Granulozyten exprimieren drei Mitglieder der 2- Integrin-Oberflächenrezeptoren: CD11a, b und c/CD18 (DIEZ-FRAILE et al. 2002), deren Synthese bereits während der Reifung der neutrophilen Granulozyten im Knochenmark stattfindet (LUND-JOHANSEN u. TERSTAPPEN 1993). Bei dem in dieser Arbeit untersuchten Oberflächenmolekül CD11b handelt sich um die -Untereinheit des Integrins CD11b/CD18, auch bezeichnet als Mac-1 (macrophage-1) oder CR3 (complement receptor type 3). Dieses wird in einem inaktiven Zustand exprimiert und durch CD62L aktiviert, wobei diese schnelle Aktivierung des Integrins durch inside-out signaling zu einer raschen Immunreaktion führt (LEY 2003). Neben dem inside-out signaling können IL-8, Komplementfaktor 5a, platelet activating factor (PAF) oder Leukotrien B4 eine Integrin- Aktivierung auf neutrophilen Granulozyten vermitteln (DIEZ-FRAILE et al. 2002). Durch die Aktivierung von Mac-1 und anderer Integrine kommt es zu einem Wechsel von einem Zustand geringer Affinität zu einem transienten Zustand hoher Affinität. Dadurch entsteht eine feste Adhäsion von Integrinen an unterschiedliche Liganden der Endothelzellen, wie beispielsweise dem intercellular adhesion molecule-1 (ICAM-1), welche zu einem Stillstand der neutrophilen Granulozyten trotz des bestehenden Blutstroms führt (DIEZ-FRAILE et al. 2002). Auch wenn Mac-1-unabhängige Signalwege für die Extravasation von neutrophilen Granulozyten beschrieben sind (VAN GARDEREN et al. 1994; ACKERMANN et al. 1996), wurde nachgewiesen, dass die In-vitro-Migration durch bovine mammäre endotheliale und epitheliale Zellen auf der Funktion von 2-Integrin beruht (SMITS et al. 2000). Neben der Bindung an Endothelzellen fungiert Mac-1 auch als Rezeptor für Teile des Komplementsystems (CR3) und vermittelt so die Phagozytose opsonisierter Bakterien (LUKACSI et al. 2017). Die Relevanz des CD11b-Oberflächenmoleküls für die Leukozyten-Rekrutierung bei Rindern zeigt sich klinisch an der bovinen Leukozyten-Adhäsions-Defizienz (BLAD). Bei dieser kongenitalen Erkrankung führen zahlreiche Mutationen im CD11/CD18-Komplex zu einem Versagen der

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normalen 2-Integrin-Oberflächenexpression mit konsekutiver Beeinträchtigung der Extravasation neutrophiler Granulozyten, wodurch sich chronische und wiederkehrende Infektionen zeigen (GERARDI 1996; NAGAHATA 2004). Durch die Verwendung inflammatorischer Stimuli wie dem bovinem IL-8 konnte in vitro eine gesteigerte Mac-1- Expression auf bovinen neutrophilen Granulozyten nachgewiesen werden (D.

MCCLENAHAN 2000). Dabei zeigten mehrere Studien im bovinen Feld, dass eine Steigerung der Mac-1-Expression durch neutrophile Granulozyten auf ein zytoplasmatisches Reservoir zurückzuführen ist (GILBERT et al. 1992; ROETS et al. 1999; DIEZ-FRAILE et al. 2003b).

Die Erhöhung der CD11b-Expression auf der nPMN-Oberfläche, die durch inflammatorische Mediatoren wie LPS oder TNF- induziert wird (DIEZ-FRAILE et al. 2004), korreliert mit einer gesteigerten CD11b-basierten Adhärenz und transendothelialen Migration (ANDERSON et al. 1986; DIAMOND u. SPRINGER 1993).Weitere Induktoren einer erhöhten CD11b- Expression sind sowohl die Transmigration entlang eines IL-8-Gradienten (EICKHOFF 2018) als auch In-vivo-Infektionen mit Erregern wie E. coli, Streptococcus uberis und Pasteurella haemolytica (DOSOGNE et al. 1997; SMITS et al. 1998; D. J. MCCLENAHAN et al. 1999).

Während sich therapeutische Ansätze bisher auf eine Expressionsbeeinflussung durch Cortisol und Dexamethason beschränken (BURTON et al. 1995; DIEZ-FRAILE et al. 2000), sind in der Humanmedizin bereits Integrin-Antagonisten als Therapeutika zur Behandlung von autoimmunen, entzündlichen Erkrankungen, wie der Colitis ulcerosa, des Morbus Crohn und der schubförmig verlaufenden multiplen Sklerose, zugelassen (EUROPEAN MEDICINES AGENCY (EMA) 12.08.2019). Für M. bovis wurde bisher ausschließlich der Einfluss durch den Stamm Mb1 untersucht, der keine Modulation von CD11b zeigte (JIMBO et al. 2017).

Inwieweit weitere M.-bovis-Stämme einen direkten oder indirekten, modulatorischen Effekt auf die Expression von CD11b und damit einen Einfluss auf die feste Adhäsion von neutrophilen Granulozyten an das Endothel im Entzündungsgeschehen hat, ist bisher nicht untersucht.

CH138A-Zielstruktur

Davis et al. beschrieb 1987 erstmalig den Antikörper CH138A, welcher spezifisch an eine bisher unbekannte Zielstruktur auf der Oberfläche von bovinen Granulozyten bindet. Dadurch ist eine Zelldiskriminierung gegenüber anderen myeloiden Zellen, wie Monozyten und Makrophagen, sowie Lymphozyten möglich (DAVIS et al. 1987). Entsprechend wird CH138A vermehrt zur Identifikation von Granulozyten im peripheren Blut von Rindern (MEHRZAD et

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al. 2001; LAMOTE et al. 2004; DEPREESTER et al. 2017), sowie zur speziesübergreifenden Identifikation von bovinen PMN verwendet. CH138A zeigt zudem eine hohe Sensitivität und Spezifität für Granulozyten in der Milch und ermöglicht so eine Abgrenzung gegenüber anderen somatischen Zellen (PIEPERS et al. 2009). Die Zielstruktur wird Individuen-spezifisch auf eosinophilen und neutrophilen Granulozyten oder selektiv ausschließlich auf neutrophilen Granulozyten exprimiert (EICKHOFF 2018). 2018 wurde CH138A erfolgreich immunhistologisch zur Färbung von Granulozyten in Euterparenchymschnitten verwendet, wobei sich eine verminderte Anfärbbarkeit von apoptotischen und nekrotischen Zellen zeigte.

Gemeinsam mit der Feststellung, dass abgetötete Leukozyten eine Herabregulation der CH138A-Zielsstruktur zeigen, schlussfolgerte Eickhoff, dass der Vorgang der Apoptose und Nekrose selbst oder der Einfluss nekrotischer Zellen auf vitale PMN zu einer Modulation der Oberflächenstruktur führt (EICKHOFF 2018). Ausschließlich das proinflammatorische Zytokin TNF- hat einen Einfluss auf die Expression der CH138A-Zielstruktur, hingegen führen die Zytokine IL-10, IL-1 und IFN- zu keiner Veränderung. Auch zirkulierende lösliche Faktoren im Plasma oder Serum haben keinen differenziellen Einfluss auf die CH138A-Zielstruktur (EICKHOFF 2018). Bovines CXCL-8 (boCXCL-8) selbst, sowie die in- vitro-Migration entlang eines boCXCL8-Gradienten, bewirken eine Hochregulation des Epitops für CH138A auf separierten neutrophilen Granulozyten, wohingegen keine Veränderung der Oberflächenstruktur durch boCXCL-8 im Vollblut stattfindet. Eickhoff bewies erstmalig, dass auch Erreger einen Einfluss auf die Expression der Oberflächenstruktur bewirken. So regulierte der Mastitis-Erreger Staphylococcus aureus (S. aureus) die CH138A- Zielstruktur in vivo bei adulten Kühen herab, wohingegen Escherichia coli (E. coli) keine Modulation verursachte (EICKHOFF 2018). Im Gegensatz dazu führte die In-vitro- Phagozytose von S. aureus und E. coli durch neutrophile Granulozyten von Kälbern zu keiner Modulation der Zielstruktur (BATISTA et al. 2015). Ob weitere Erreger einen modulierenden Einfluss auf die Oberflächenstruktur haben, bleibt zu untersuchen. Jimbo et al. konnten zwar für den Mykoplasmen-Stamm Mb1 keinen Einfluss auf die CH138A-Expression nachweisen (JIMBO et al. 2017), offen bleibt aber, ob dies für alle Mykoplasmenstämme im Allgemeinen gilt.

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30 2.2.2 Transmigration

Für eine effektive Pathogenabwehr durch neutrophile Granulozyten ist eine räumliche Nähe zum Erreger unabdingbar. Die Emigration von neutrophilen Granulozyten aus Blutgefäßen in das umliegende Gewebe unter Einfluss eines chemotaktischen Signals wird als Transmigration oder Diapedese beschrieben und stellt den finalen Schritt des Extravasationsprozesses dar (MULLER 2003). Die Transmigration basiert auf einer Rezeptor-vermittelten Aktivierung neutrophiler Granulozyten durch ein chemotaktisches Signal, wodurch es zu einer erhöhten Expression von Integrinen und anderen an der Transmigration beteiligten Molekülen auf der Zelloberfläche kommt (BAGGIOLINI 1998). Chemotaktisch wirksame Zytokine (Chemokine) werden in der ersten Phase einer Infektion durch Sensorzellen im Gewebe (Mastzellen, Makrophagen, dendritische Zellen) freigesetzt und führen über ein Konzentrationsgefälle, dem sogenannten Chemokingradienten, zu der selektiven Rekrutierung von Leukozyten zum Infektionsgeschehen (BAGGIOLINI et al. 1989; STOJKOVIC et al. 2016). Wichtige chemotaktische Signale für neutrophile Granulozyten sind der Komplementfaktor C5a, der Lipidbotenstoff Leukotrien B4 (LTB4) sowie Interleukin-8 (IL-8) (REN-FENG GUO u. WARD 2004; LÄMMERMANN et al. 2013). Interleukin-8 gehört zu der Gruppe der CXC-Motiv- Chemokine und wird u.a. von Monozyten, Endo- und Epithelzellen sowie Fibroblasten gebildet.

(BAGGIOLINI u. CLARK-LEWIS 1992). Aufgrund seiner potenten chemotaktischen Wirkung wird IL-8 im Rahmen von Studien zur Migrationsinduktion sowie in höheren Konzentrationen als Positivkontrolle verwendet. Seine Wirkung auf neutrophile Granulozyten wurde in zahlreichen Studien untersucht (ZEILHOFER u. SCHORR 2000; EICKHOFF 2018).

Die Transmigration von neutrophilen Granulozyten durch die Wände postkapillärer Venolen beinhaltet eine Penetration der Endothelzell-Barriere und dessen Basalmembran und kann je nach Chemokinspektrum über eine para- oder transzelluläre Route verlaufen (LEY et al. 2007).

Für die Migration entlang des parazellulären Weges werden lösliche kationische Proteine durch neutrophile Granulozyten freigesetzt, sodass die intrazelluläre Kalziumkonzentration ansteigt (A. J. HUANG et al. 1993; GAUTAM et al. 2000). Es kommt zu einer Aktivierung der myosin light chain kinase (MLCK), wodurch es zu einer Retraktion der Endothelzellen und der Öffnung interzellulärer Kontakte kommt (HIXENBAUGH et al. 1997; GARCIA et al. 1998). Adhärente Leukozyten transmigrieren mittels zahlreicher Einzelbindungen entlang verschiedener endothelialer Zelladhäsions-Moleküle durch die interzelluläre Öffnung. Moleküle wie

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platelet / endothelial cell adhesion molecule 1 (PECAM1) und junctional adhesion molecule A (JAM-A) üben dabei einen haptotaktischen Reiz auf die neutrophilen Granulozyten aus (MULLER 2003), während andere Moleküle, wie ICAM1 & 2 (intercellular adhesion molecule), JAM-A, -B, -C und CD99 aktiv die parazelluläre Migration vermitteln (VESTWEBER 2002). Neben dieser Form der Diapedese können neutrophile Granulozyten auch durch den endothelialen Zellkörper migrieren. Für diese transzelluläre Route erfolgt eine ICAM1-vermittelte Bildung von vesikulo-vakuolären Organellen (VVOs), die einen intrazellulären, Membran-assoziierten Durchgang bilden. Durch diesen können die nPMN migrieren, wobei diese Beobachtung bisher nur in vivo gemacht werden konnte (DVORAK u.

FENG 2001). Diese Transmigrationsform kommt nur im Bereich dünner Endothelschichten vor, da hier die kürzeste Migrationsdistanz vorliegt (CARMAN u. SPRINGER 2004). Bisher wird vermutet, dass die gleichen Moleküle wie bei der parazellulären Migration involviert sind (ENGELHARDT u. WOLBURG 2004). Nach Durchdringen der Endothelzell-Barriere erfolgt die Migration durch die Basalmembran und die umgebenden Perizyten. Während die zugrunde liegenden Prozesse noch nicht vollständig geklärt sind, konnte festgestellt werden, dass neutrophile Granulozyten dabei dem Weg des geringsten Widerstandes wählen und so durch Zwischenräume der Perizyten und Regionen geringer Proteindichte wandern (SHIJUN WANG et al. 2006). Diese Bereiche weisen eine erhöhten Durchlässigkeit für chemotaktische Signale auf, wodurch der chemotaktische Gradient den neutrophilen Granulozyten richtungsweisend wirkt (KURZ et al. 2016). Zahlreiche Bakterien manipulieren den Transmigrationsprozess, um die Immunantwort durch neutrophile Granulozyten zu beeinflussen. Während Pasteurella multocida eine gesteigerte Transmigration verursacht (GALDIERO et al. 2000), führen Streptococcus uberis und E. coli zu einer Verzögerung der Extravasation (SMITS et al. 1998;

BURVENICH et al. 2007). Auch wenn bereits große Teile des bovinen Transmigrationsprozesses und der modulierenden Erregereinflüsse erforscht sind, existiert für Mycoplasma bovis bisher nur eine Studie, welche sich mit der Transmigration von Monozyten befasst (LU u. ROSENBUSCH 2004).Welchen Einfluss M. bovis auf die Transmigration von neutrophilen Granulozyten hat, ist bisher nicht Bestandteil der Forschung gewesen.

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32 2.2.3 Die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies

Nach der Einwanderung von neutrophilen Granulozyten in das Gewebe gehören zu deren Effektorfunktionen die Pathogenaufnahme durch Phagozytose und das Abtöten von Erregern.

Dafür produzieren sie eine Vielfalt bakterizider Moleküle, darunter Defensine, Lysozyme und reaktive Sauerstoffspezies (reactive oxygen species, ROS) (GUDMUNDSSON u.

AGERBERTH 1999). Der Bildung von ROS kommt eine bedeutende Rolle in der Abwehr zu, weshalb eine beeinträchtige ROS-Bildung mit einer gesteigerten Suszeptibilität für Erkrankungen assoziiert wird (BAEHNER 1990; DINAUER 1993). Die Entstehung von ROS wird durch einen Membran-assoziierten Protein-Enzym-Komplex, die NADPH-Oxidase, mediiert (HAMPTON et al. 1998). Der Enzym-Komplex liegt inaktiv vor und kann durch eine Reihe von Faktoren, darunter opsonisierte Bakterien, Zymosan oder Phorbol-12-myristat-13- acetat (PMA) aktiviert werden (CZUPRYNSKI u. HAMILTON 1985; LEINO u. PAAPE 1993;

RAMBEAUD et al. 2006). Bei PMA handelt es sich um ein nicht-physiologisches Analogon von Diacylglycerol, welches die NADPH-Oxidase mittels des Proteinkinase-C-Signalweges aktiviert (WINTERBOURN et al. 2016). Reaktive Sauerstoffspezies umfassen verschiedene reaktive Moleküle und freie Radikale, die aus molekularem Sauerstoff entstehen. So reduziert die NADPH-Oxidase nach ihrer Aktivierung den extrazellulären oder im Phagosom vorhandenen Sauerstoff zu Superoxidanionen (O2-), welche als potenteste Sauerstoffspezies angesehen werden (WEISS 1989; EL-BENNA et al. 2005). Superoxidanionen können Membranen passieren und mithilfe einer Superoxid-Dismutase oder durch spontane Dismutation in Hydrogenperoxid (H2O2) umgewandelt werden (HAMPTON et al. 1998).

Hydrogenperoxid wiederum kann einerseits mit Superoxidanionen zu Hydroxylradikalen (OH) reagieren und andererseits mittels des Enzyms Myeloperoxidase, in Gegenwart von Halogenen, zu Hypochlorit (OCl) und Hypoiodit (OI) umgewandelt werden. Die unterschiedlichen ROS sind intra- und extrazellulär nachweisbar (HAMPTON et al. 1998). Die extrazelluläre Produktion resultiert aus der membranständigen Lokalisation der NADPH-Oxidase. Im Zuge der Phagozytose wird die Membran internalisiert und zu einem Phagosom abgeschnürt, welches den Membran-Komplex enthält, so dass eine intrazelluläre ROS-Produktion innerhalb des phagosomalen Kompartiments stattfindet (DAHLGREN u. KARLSSON 1999). Viele Pathogene haben Mechanismen entwickelt, um die bakteriziden ROS der neutrophilen Granulozyten zu bekämpfen oder zu umgehen. So sezernieren Salmonellen ein Protein, das die

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