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Makrophagen der Zelllinie RAW 264.7 eignen sich als Modellzelle für die Efferozytose von APO-nPMN24

Da die Efferozytose apoptotischer Granulozyten durch Makrophagen über den weiteren Verlauf des Inflammationsprozesses mitentscheidet, sollte der Einfluss von M. bovis auf das Efferozytoseverhalten boviner Makrophagen untersucht werden. Dafür wurde zunächst die murine Makrophagen-Zelllinie RAW 264.7 als Modellzelle für die Efferozytose von APO-nPMN24 überprüft. Dafür wurden APO-APO-nPMN24 und vitale nPMN (VIT-nPMN) mit CH138A als Marker für bovine nPMN und mit dem Phosphatidylserin-markierenden Annexin V fluorochrommarkiert und mit RAW-Zellen koinkubiert. So zeigte sich unter Ko-Kultivierung der RAW-Zellen mit APO-nPMN24 eine signifikant höhere Zahl CH138A-positiver RAW-Zellen (Abbildung 20, A) wie auch bei Betrachtung beider Fluoreszenzen eine höhere Zahl doppelpositiver RAW-Zellen verglichen mit der Ko-Kultivierung mit VIT-nPMN (Abbildung 20, B). Nach Ko-Kultivierung von RAW-Zellen mit VIT-nPMN waren keine doppelpositiven RAW-Zellen detektierbar. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass RAW-Zellen keine VIT-nPMN aufnahmen, hingegen die Efferozytose apoptotischer, doppelpositiver VIT-nPMN erfolgte.

Dies bestätigte sich auch nach fluoreszenzmikroskopischer Analyse. Während VIT-nPMN als morphologisch intakte Zellen außerhalb der RAW-Zellen lokalisiert waren, zeigten sich unter Ko-Kultivierung mit APO-nPMN24 wenige bis keine morphologisch intakten nPMN (Abbildung 20, C). Allerdings fanden sich im intrazellulären Bereich der RAW-Zellen zusammenhangslose, runde, fluoreszierende Fragmente beider Fluorochromfarben. Die runde Struktur lässt dabei auf eine Fragmentaufnahme mittels Efferozytose in Vakuolen schließen, während die intrazelluläre Lage eine Aufnahme im Gegensatz zu einer Anlagerung der

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fluoreszierenden Fragmente bestätigt. Diese Erkenntnis stützt die durchflusszytometrischen Daten, die diesbezüglich keine Aussage erlauben. Da beide Fluorochrome identifiziert wurden, konnte eine Efferozytose der APO-nPMN24 bestätigt werden und die Fluoreszenz der ungefärbten RAW-Zellen ist folglich direkt auf die Aufnahme fluoreszenz-markierter APO-nPMN24 zurückführen. Dieses Prinzip wurde bereits für efferozytierende RAW-Zellen in der humanmedizinischen Forschung verwendet (SATO et al. 2018). Dennoch gilt es zu bedenken, dass die Efferozytose anderer apoptotischer RAW-Zellen nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, auch wenn aufgrund der Fluoreszenzbetrachtung die Aufnahme ungefärbter RAW-Zellen das Ergebnis nicht beeinflussen sollte. Zusätzlich zeigen die Ergebnisse, dass RAW-Zellen in der Lage sind, speziesübergreifend zu efferozytieren. So stammt die RAW 264.7 Zelllinie aus dem Tumor einer männlichen Maus, welcher durch das Abelson-Maus-Leukämie-Virus induziert wurde. Dies deckt sich mit Studien, in denen humane apoptotische Kardiomyozyten durch diese Zelllinie efferozytiert wurden (SURESH BABU et al. 2016).

Dieser Versuch wurde zusätzlich unter Zusatz von M. bovis durchgeführt, um erste Eindrücke einer möglichen Modulation der Efferozytose durch das Pathogen zu gewinnen. Zwar modulierte der Erreger nicht signifikant die Fluoreszenz der RAW-Zellen, zeigte jedoch stets eine höhere absolute Zahl fluoreszenz-markierter RAW-Zellen in allen M.-bovis-Ansätzen (Abbildung 20, A, B und D). So lässt sich zunächst feststellen, dass M. bovis die RAW-mediierte Efferozytose der APO-nPMN24 nicht verhindert. Zur weiteren Überprüfung wurden ebenfalls der zeitliche Verlauf der Efferozytose sowie die Hemmbarkeit dieses Prozesses betrachtet. So konnte ein nahezu linearer Anstieg der Fluoreszenz und damit der Menge efferozytierter apoptotischer Fragmente ebenso wie eine basale Fluoreszenz unter Einsatz von Natriumazid im Zeitverlauf für die ko-kultivierten RAW-Zellen festgestellt werden (Abbildung 21, A).

Fluoreszenzmikroskopisch zeigten die RAW-Zellen unter Einsatz von Natriumazid lediglich aufgelagerte Fragmente, jedoch kein intrazelluläres Fragmentvorkommen (Abbildung 21, B).

Dies lässt vermuten, dass eine Rezeptor-mediierte Erkennung der APO-nPMN24 durch Makrophagen stattfindet, die eigentliche Aufnahme aber gehemmt wird. Die Erkennung erfolgt dabei mutmaßlich anhand des translozierten Phospahtidylserins auf den APO-nPMN24 als Eat-me signal (ELLIOTT et al. 2017).

Zusammenfassend betrachtet, bestätigen die vorliegenden Daten, dass murine RAW-Zellen in der Lage sind, speziesübergeifend zu efferozytieren. Zusätzlich konnte eine zeitlich stetig

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steigende Aufnahme der apoptotischen Zellen nachgewiesen werden, die sich durch Natriumazid hemmen ließ. Die Ergebnisse liefern darüber hinaus erste Hinweise, dass M. bovis die Efferozytose nicht verhindert. Folglich eignet sich die RAW-Zelllinie zur Untersuchung der Efferozytose der APO-nPMN24 unter Einfluss von M. bovis.

M. bovis moduliert die Morphologie und Funktion efferozytierender boviner Makrophagen Nachdem das experimentelle Vorgehen einer In-vitro-Efferozytose mit RAW-Zellen als Modellmakrophagen etabliert wurde, sollte der detaillierte Einfluss von M. bovis auf die Efferozytose unter zusätzlicher Verwendung von bovinen Monocyte-derived-Macrophages (MdM) untersucht werden. Dazu wurden neben morphologischen Parametern (FSC, SSC) auch die Makrophagenfunktion (Efferozytose) betrachtet. Als bovine MdM wurden D1-, M1- sowie M2-MdM verwendet, um die natürliche Heterogenität von Makrophagen teilweise abzudecken (MARTINEZ u. GORDON 2014). Zur Verifizierung des M1- bzw. M2-Zustandes wurden gemeinsam mit Werner verschiedene Funktionsanalysen mit den über 72 Stdn. generierten Makrophagen durchgeführt (M. FERNANDES-WERNER 2019). Alle Makrophagen nahmen, gemessen am durchflussytometrisch erfassten Forward Scatter im Zeitverlauf der Efferozytose an Größe zu (Abbildung 22). Da dieses Phänomen unabhängig von der Stimulation mit M.

bovis war, scheint der Efferozytoseprozess selbst aufgrund der Aufnahme apoptotischer Fragmente in Vakuolen einen Größeneinfluss zu verursachen. Bei Betrachtung der Daten sollte zusätzlich bedacht werden, dass auch die Kultivierungszeit der MdM, unabhängig von der Efferozytose, die Zellgröße durch die Polarisierung der Monozyten zu Makrophagen beeinflusst (HALANEY et al. 2015; FEIERABEND 2019). Da jedoch ebenfalls die Komplexität (Side Scatter) aller Modellmakrophagen über die Zeit gesteigert war (Abbildung 23), kann die fortlaufende Zellpolarisierung, welche nicht mit einer Komplexitätsbeeinflussung einhergeht, als Ursache der Größenveränderung weitestgehend ausgeschlossen werden. Die Komplexität einer Zelle hängt zusätzlich von ihrer Oberflächenbeschaffenheit ab, sodass ein Anheften apoptotischer Zellen durchflusszytometrisch einen gesteigerten Side Scatter verursachen kann. Da die vorliegenden Makrophagen jedoch auch fluoreszenzmikroskopisch betrachtet wurden (Abbildung 24 und Abbildung 25), kann dies als Ursache für die gesteigerte Komplexität ausgeschlossen werden. Unabhängig davon verursachte M. bovis in D1- und M2-MdM eine signifikante Steigerung der Forward-Scatter-Werte (Abbildung 22, B und D).

Darüber hinaus steigerte M. bovis in RAW-Zellen, D1- und M2-MdM zusätzlich signifikant den

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Side Scatter (Abbildung 23, A, B und C), was gemeinsam mit der Größensteigerung für D1- und M2-MdM darauf hindeutet, dass M. bovis eine gesteigerte Efferozytose in diesen Zellen verursacht. D1-MdM sind juvenile Makrophagen, die keine gerichtete Polarisierung durchliefen und folglich keine gezielte Funktion ausüben (SANDBERG et al. 2017).

Dahingegen fördern M2-MdM die Wundheilung durch die Sekretion antiinflammatorischer Zytokine (GORDON u. MARTINEZ 2010) oder einer gehemmten NO-Produktion (MILLS et al. 2000). Zusätzlich ist bekannt, dass M2-MdM eine vermehrte Efferozytosefähigkeit gegenüber M1-MdM aufweisen (ELLIOTT et al. 2017). Folglich scheint das Pathogen im Zuge der Efferozytose präferentiell mit diesem antiinflammatorischen Makrophagentypen zu interagieren und den weiteren Entzündungsverlauf somit in eine antiinflammatorische Richtung zu verschieben. Die Tatsache, dass in M2-MdM sogar eine hochsignifikante Steigerung der Komplexität durch M. bovis verursacht wird, unterstützt diese Hypothese. Dass M. bovis ausschließlich diese bovinen MdM in ihrer Morphologie moduliert, steht dennoch im Kontrast zu dem Ergebnis von Feierabend, dass der Erreger präferentiell mit M1-MdM interagiert (FEIERABEND 2019).

Auch die funktionelle Analyse mit Betrachtung der Efferozytose der Makrophagen im Ko-Kultivierungsmodell zu verschiedenen Zeitpunkten unter Erregereinfluss scheint die aufgrund der morphologischen Ergebnisse gezogenen Schlüsse zu bestätigen. Da die RAW-Zellen unter Einfluss von M. bovis oder Medium stets eine signifikant gesteigerte Annexin-V-Fluoreszenz gegenüber der Natriumazidkontrolle aufwiesen (Abbildung 24, A), kann, auch aufgrund der zuvor gewonnenen Erkenntnisse, davon ausgegangen werden, dass die RAW-Zellen die ko-kultivierten APO-nPMN24 efferozytiert haben. Dabei konnte eine durch M. bovis signifikant gesteigerte Annexin V-Alexa Fluor® 647-Fluoreszenz der RAW-Zellen nach 24 Stdn. Ko-Kultivierung gegenüber der Mediumkontrolle nachgewiesen werden. Dies lässt vermuten, dass tatsächlich eine Steigerung der Efferozytose der RAW-Zellen durch M. bovis stattgefunden hat.

Die fluoreszenzmikroskopische Zellanalyse bestätigt diese Vermutung. So finden sich unter Einfluss von M. bovis wie auch in der Mediumkontrolle intrazelluläre Fragmente Annexin-positiver und damit apoptotischer nPMN (Abbildung 24, B). Dabei überwiegt die Fragmentzahl unter Einfluss von M. bovis. Bei Betrachtung der bovinen MdM wurde zur besseren Vergleichbarkeit der Modulationsindex berechnet (3.10.2). Dabei spricht der Wert 1 dafür, dass keine Modulation durch M. bovis erfolgte, während Werte > 1 für eine Modulation im Sinne

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einer Steigerung sprechen. So erreichten M1-MdM zu keinem der untersuchten Zeitpunkte einen Modulationsindex > 1 (Abbildung 25, A). M1-MdM sezernieren proinflammatorische Zytokine und weisen eine gesteigerte NO- und ROS-Produktion auf (ZARIF et al. 2016). Sie werden daher eher als proinflammatorische Makrophagen, die der Pathogenabwehr dienen, betrachtet (GORDON u. MARTINEZ 2010). M. bovis scheint folglich bovine M1-MdM im Zusammenhang mit der Efferozytose nicht zu modulieren. Im Gegensatz zu diesen Beobachtungen unterscheidet sich der Modulationsindex von D1-MdM zu den ersten drei Messzeitpunkten signifikant gegenüber dem der M1-Mdm und weist einen Index > 1 auf. Der Modulationsindex der M2-MdM liegt ebenfalls zu allen Zeitpunkten über 1 und ist ausschließlich nach 0,5 Stdn. signifikant gesteigert gegenüber den M1-MdM. Die fluoreszenzmikroskopische Analyse stützt diese Beobachtungen (Abbildung 25, B). So kann einerseits aufgrund des intrazellulären Vorkommens fluoreszierender Fragmente in allen untersuchten bovinen MdM auf eine erfolgte Efferozytose apoptotischer nPMN geschlossen werden, andererseits spiegeln sich die bereits durchflusszytometrisch gewonnen Erkenntnisse darin wider. So zeigten M1-MdM eine geringe Menge efferozytierter Fragmente, die durch M.

bovis nicht beeinflusst wurde. D1-MdM wiesen ebenfalls eine geringe Menge efferozytierter Fragmente auf, die allerdings unter Einfluss von M. bovis größer ausfiel. M2-MdM wiesen eine starke basale Efferozytosefähigkeit auf, die durch M. bovis stark gesteigert wurden. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass M. bovis die Efferozytose in bovinen M2-MdM und D1-MdM, nicht aber in bovinen M1-D1-MdM, steigert. D1-MdM sind nicht in Richtung eines bestimmten Makrophagentyps polarisiert. Die vorliegenden Daten legen die Vermutung nahe, dass M. bovis diese Makrophagen in eine bestimmte Richtung polarisiert. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse lässt sich dabei lediglich feststellen, dass dieser M. bovis-mediierte Phänotyp eine hohe Efferozytosefähigkeit aufweist. Feierabend wies bereits die Beeinflussung der Polarisierung in vitro differenzierter Makrophagen durch M. bovis nach (FEIERABEND 2019). Bei der Betrachtung der Literatur bestehen dennoch Unterschiede in den Ergebnissen.

Während Feierabend eine gehemmte MHC-Klasse-II-Expression polarisierter boviner MdM unter Einfluss von M. bovis feststellen konnte, zeigten Mulongo et al. hingegen eine vermehrte Expression in nicht polarisierten MdM (MULONGO et al. 2014; FEIERABEND 2019).

Welcher Makrophagentyp durch die Modulation der Polarisierung in vivo vorliegt, bedarf daher weiterer Untersuchungen. Eine gesteigerte Efferozytose stellt zudem eine eher untypische

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Immunmodulation durch Pathogene dar. So führen Störungen in der Efferozytose apoptotischer Zellen zu der Entstehung schwerer entzündlicher Erkrankungen mit verlängerter Gewebsschädigung und Chronifizierung der Entzündung (BAUMANN et al. 2002). Dennoch verlaufen M. bovis-assoziierte Erkrankungen überwiegend chronisch (NICHOLAS u. AYLING 2003), sodass an dieser Stelle ungeklärt bleibt, aus welcher Modulation immunologischer Zellen der chronische Entzündungsverlauf resultiert. Interessanterweise verursacht M. bovis in bovinen MdM vor allem eine frühe Modulation der Efferozytose im Zeitraum von 0,5-1,5 Stdn., während in RAW-Zellen eine Modulation erst nach 24 Stdn. Ko-Kultivierung auftrat.

Wenngleich Zelllinien wie RAW 264.7 vielfach aus ethischen und praktischen Aspekten für Studienzwecke verwendet werden (FISCHER et al. 2013), so zeigen diese Ergebnisse doch, dass Unterschiede in der zeitlichen Beeinflussung durch Pathogene vorliegen können und nicht zwingend eine Übertragung auf primäre Zellen, in diesem Fall des Rindes, erfolgen kann.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde erstmalig der Einfluss von M. bovis auf den Prozess der Efferozytose untersucht. Zusammenfassend lässt sich dabei aufgrund der morphologischen Daten nicht nur die Hemmung der Efferozytose mit konsekutiver verlängerter Gewebsschädigung und Chronifizierung der Entzündung ausschließen, vielmehr deuten die Ergebnisse auf eine durch M. bovis gesteigerte Efferozytose hin, die Makrophagensubtyp-spezifisch scheint. Durchflusszytometrisch wie auch fluoreszenzmikroskopisch konnten diese Annahmen bestätigt werde. Offen bleibt dabei, welche Prozesse dem chronischen Verlauf der M. bovis-assoziierten Erkrankungen zu Grunde liegen. Ungeachtet dessen stellt diese Beeinflussung der Efferozytose durch M. bovis eine Möglichkeit seitens des Erregers dar, eine Dissemination im Rind zu erreichen.

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LAMPs beeinflussen nicht das Efferozytose-induzierte Resolutom

Nachdem die Efferozytose nicht der Schlüssel zum chronischen Verlauf von M. bovis-assoziierten Erkrankungen zu sein scheint, sollte das Resolutom zur Beurteilung des Lipidmediatorwechsels unter Einfluss von M. bovis untersucht werden. In dieser Arbeit wurden stellvertretend für die Fülle der Resolutom-Mitglieder Lipoxin A4 (LXA4) und Prostaglandin E2 (PGE2) exemplarisch für den Einfluss von LAMPs auf die Lipidmediatorproduktion im Zuge der Efferozytose untersucht. LXA4 wurde nur basal und nicht signifikant gegenüber der Mediumkontrolle durch Apo-nPMN24 sezerniert (Abbildung 26, A). Dagegen unterscheidet sich die Efferozytose-induzierte LXA4-Produktion signifikant gegenüber der von MdM, die nicht efferozytierten (Abbildung 26, B). Dies lässt den Schluss zu, dass der Prozess der Efferozytose boviner Zellen, nicht aber der Prozess der Apoptose der nPMN zu einer gesteigerten Lipoxin A4-Produktion führt. Dies deckt sich mit Studien von Serhan et al. an humanen Zellen (SERHAN et al. 2000). Eine Efferozytose unter Einfluss von LAMPs führte nicht zu einer signifikanten Beeinflussung der LXA4-Produktion. Ob dieses Ergebnis unter Einfluss von M. bovis als Gesamtorganismus vergleichend ausfallen würde, lässt sich lediglich vermuten. LXA4 verhindert im Entzündungsverlauf unter anderem die Akkumulation von nPMN durch die Hemmung der chemotaktisch wirkenden CXCL-8 Sekretion (LUSCINSKAS et al. 1990; JÓZSEF et al. 2002). Eine Beeinflussung dieses Lipidmediators scheint aufgrund der massiven nPMN-Ansammlung am Infektionsort in vivo (GAGEA et al. 2006) sehr wahrscheinlich im Zuge M. bovis-assoziierter Erkrankungen und sollte daher mit dem Gesamtorganismus in vitro und in vivo weiter untersucht werden. Im Zuge der Untersuchung der PGE2-Produktion zeigte sich im AU-Medium wie auch in den Überständen der APO-NPMN24 eine PGE2-Menge oberhalb des Messbereiches (Abbildung 26, C). Dies spricht für eine Beeinflussung durch das AU-Medium. Diese These wird gestützt dadurch, dass zwei Proben der APO-nPMN24 PGE2-Werte am oberen Rand des Messbereichs aufwiesen, was sich durch einen Verbrauch des Mediums im Verlauf der Apoptose erklären lässt. Folglich kann keine Aussage über die PGE2-Produktion im Apoptoseprozess der nPMN getroffen werden, wenngleich nPMN erwartungsgemäß moderate PGE2-Mengen produzieren würden (MARTÍNEZ-COLÓN u. MOORE 2018). Der Mediumeffekt resultiert vermutlich aus der Zugabe fetalen Kälberserums, da das serumfreie Panserin (Abbildung 26, D) eine basale PGE2 -Produktion aufwies (JOCHEMS et al. 2002). Die PGE2-Produktion von MdM, die keiner

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Kultivierung mit APO-NPMN24 unterzogen wurden, lag signifikant höher als die von efferozytierenden MdM. Folglich führte die in dieser Arbeit durchgeführte Efferozytose boviner MdM nicht zu einer gesteigerten PGE2-Produktion. Die durch LAMPs beeinflusste Efferozytose resultierte nicht in einer modulierten PGE2-Produktion verglichen mit efferozytierenden MdM ohne LAMP-Einfluss. Somit konnte parallel zu LXA4 ebenfalls keine Modulation der Efferozytose-induzierten PGE2-Produktion durch LAMPs festgestellt werden.

Auch hier stellt sich die Frage nach dem Unterschied zwischen dem Organismus als Gesamtstruktur und den LAMPs, da für PGE2 bereits mehrfach eine Modulation durch bakterielle Erreger nachgewiesen werden konnte (MARTÍNEZ-COLÓN u. MOORE 2018).

Auf Basis der vorliegenden Ergebnisse beeinflussen LAMPs weder die Efferozytose-induzierte Produktion von Lipoxin A4 noch von Prostaglandin E2. Folglich konnte keine Beeinflussung des Resolutoms anhand der exemplarisch gewählten Mediatoren durch LAMPs festgestellt werden. Ob auch in diesem Fall der Gesamtorganismus zu anderen Ergebnissen führen würde, bleibt zu untersuchen. Da ein Ausbleiben des Lipidmediatorwechsels zur Chronifizierung des Entzündungsgeschehens durch Entfallen der Resolution führt (Serhan 2017), sollten zukünftig weitere Lipidmediatoren im Rahmen M. bovis-assoziierten Erkrankungen untersucht werden.

135 5.5 Ausblick

Im Vergleich einer direkten und einer indirekten Interaktion der neutrophilen Granulozyten mit M. bovis wurde festgestellt, dass präferentiell eine direkte Interaktion von M. bovis zu einer Modulation der neutrophilen Granulozyten führt. Da bisher keine Daten über den zeitlichen Ablauf der Erregerdissemination vorliegen, bleibt offen, in welchem Kompartiment M. bovis erstmalig auf neutrophile Granulozyten trifft und ob damit eine direkte oder indirekte Beeinflussung der Zellen in vivo stattfindet. Insgesamt scheint das Sekretom alveolärer Epithelzellen nicht der Schlüssel zur beeinträchtigten Funktionsweise der nPMN im Rahmen einer indirekten Beeinflussung zu sein. Um weitere bisher nicht untersuchte Einflüsse durch das Sekretom zu ermitteln, könnten die Überstände von mit M. bovis inkubierten Epithelzellen auf das Vorhandensein von Zytokinen untersucht werden, die Rückschlusse auf eine mögliche Modulation weiterer Zellgruppen geben. Der In-vitro-Transmigrationsprozesss wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht wesentlich durch M. bovis beeinflusst. Zukünftig sollte anhand von In-vivo-Studien die Beeinflussung Migration-assoziierter Liganden der nPMN und endothelialen Zellen unter Berücksichtigung der Erregerdissemination untersucht werden. In dieser Arbeit wurde erstmalig die Hochregulation des CH138A-Epitops durch die bakterielle und Migrations-assoziierte Stimulation mit M. bovis gezeigt. Die Modulation der Oberflächenstruktur hat dabei keinen Einfluss auf die In-vitro-Chemotaxis der nPMN, da die Transmigrationsrate unbeeinflusst blieb. Ob in vivo eine Migrations-assoziierte Funktion von CH138A vorliegt und inwieweit diese von Relevanz für M. bovis-assoziierte-Erkrankungen ist, bedarf weiterer Untersuchungen. M. bovis verhindert nach der Zellinvasion oder Phagozytose sein Abtöten durch Hemmung der intrazellulären ROS-Bildung (Peroxide, Peroxynitrite und Hydrogenperoxid). Dies konnte in mehreren Versuchsansätzen gezeigt werden und scheint unabhängig vom Extravasationsprozess der Zelle zu sein. Dabei bleiben die Fragen offen, ob weitere, insbesondere extrazelluläre reaktive Sauerstoffspezies durch den Stamm PG45 moduliert werden und an welchem Abschnitt des Signaltransduktionsweges die Hemmung erfolgt. In dieser Arbeit konnte ein deutlicher Einfluss von der im Medium enthaltenen Serumkonzentration, der Zelldichte sowie der Inkubationszeit auf die spontane In-vitro-Apoptose von bovinen nPMN nachgewiesen werden. Die Bedingungen für In-vitro-Kulturen immunologischer Zellen sollten daher zukünftig mit Vorsicht und unter Berücksichtigung dieser Beeinflussung gewählt werden. In dieser Arbeit finden sich Hinweise, dass M. bovis eine

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rapide Apoptose in bovinen nPMN induziert. Zukünftig sollte die Kinetik der Apoptose als dynamischer Prozess unter Einfluss von M. bovis sowie die durch M. bovis angesprochenen membranständigen Todesrezeptoren überprüft werden. M. bovis steigert die Efferozytose in D1- und M2-MdM und scheint dabei die Polarisierung der Makrophagen zu beeinflussen.

Welcher Makrophagentyp in vivo nach der Polarisierung unter Mykoplasmeneinfluss vorliegt und inwieweit diese Beeinflussung zur Dissemination des Erregers beiträgt, sollte Bestandteil zukünftiger Forschungen sein. In dieser Arbeit führten LAMPs nicht zu einer Beeinflussung der Efferozytose-induzierten Lipoxin A4- und Prostaglandin E2-Produktion. Um die Ursache des chronischen Verlaufes M. bovis-assoziierter Erkrankungen zu verstehen, bedarf es weiterer Studien zum M. bovis-modulierten Resolutom.

Die im Rahmen dieser Arbeit gemachten Beobachtungen stellen die Grundlage für weitere intensive Studien zur Aufklärung der Pathogenese M. bovis-assoziierter Erkrankungen dar und können für die Präventation der durch M. bovis verursachten Erkrankungen und einer Entwicklung wirksamer Therapeutika von Bedeutung sein.

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Zusammenfassung

Ronja Hartmann, 2020

Direkte und indirekte Modulation boviner neutrophiler Granulozyten und deren Interaktion mit Monozyten durch Mycoplasma bovis

Mycoplasma bovis (M. bovis) ist einer der wichtigsten Erreger der bovinen Mykoplasmose, welche sich insbesondere durch Pneumonien und Polyarthritiden bei Kälbern sowie Mastitiden adulter Kühe auszeichnet. Die M. bovis-verursachten Erkrankungen führen weltweit zu erheblichen Verlustraten in der Rinderhaltung mit großem ökonomischen Einfluss. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Interaktion von neutrophilen Granulozyten (nPMN) mit dem Pathogen daher näher untersucht. Dazu wurde zunächst geprüft, ob der er in dieser Arbeit verwendete Erregerstamm „PG45“ vorwiegend direkt oder indirekt einen Einfluss auf nPMN nimmt. So führte, auf Basis morphologischer, phänotypischer und funktioneller Untersuchungen, präferentiell eine direkte Interaktion von M. bovis zu einer Modulation der neutrophilen Granulozyten. L-Selektin scheint in der Pathogenese M. bovis-assoziierter Erkrankungen eine besondere Rolle einzunehmen, da die Expression in Abhängigkeit einer direkten bzw.

indirekten Stimulation durch M. bovis ein inverses Verhalten zeigte. Während eine direkte Stimulation in einer Expressionsreduktion resultierte, konnte eine Steigerung der Expression im Rahmen der indirekten Stimulation gezeigt werden. Abgesehen von der Expressionsbeeinflussung von L-Selektin konnte durch das M. bovis-induzierte epitheliale Sekretom keine indirekte Modulation nachgewiesen werden. Folglich hat das Sekretom eher eine geringe Bedeutung für die Modulation und Rekrutierung boviner neutrophiler Granulozyten zum Infektionsort. Zudem ergaben die durchgeführten Untersuchungen, dass M.

bovis keinen signifikanten Effekt auf die Expression des Oberflächenmoleküls CD11b hat.

Daher scheint die feste Adhäsion an das Endothel im Zuge der Transmigration ebenso wie die

Daher scheint die feste Adhäsion an das Endothel im Zuge der Transmigration ebenso wie die