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Die Eignung des APO-nPMN24-Protokolls zur Untersuchung der Apoptoseinduktion durch

Die Serumkonzentration, Zelldichte und Inkubationszeit beeinflussen die spontane Apoptose der nPMN

Franz et al. zeigten 2015, dass die aktive Apoptoseinduktion mittels Staurosporin in nPMN zu einer unkonventionellen Form des Zelltods führt und die so generierten apoptotischen Zellen in geringerem Maße efferozytiert werden (FRANZ et al. 2015). Um die Veränderungen der nPMN durch einen Apoptoseinduktor zu vermeiden, wurde daher im Rahmen dieser Arbeit ein Protokoll zur spontanen Apoptose der nPMN erarbeitet. In der Literatur werden dafür In-vitro-Kultivierungen der Zellen zwischen 18 und 24 Stdn. beschrieben, die jedoch unter verschiedensten Bedingungen hinsichtlich des Mediums und der Zelldichte durchgeführt wurden (VILLUNGER et al. 2000; KOBAYASHI et al. 2005; FRANZ et al. 2015; TENG et al. 2017). Daher wurde zunächst der Einfluss der Zelldichte und der Serumkonzentration im Medium auf die Apoptose der nPMN über 24 Stdn. und 48 Stdn. untersucht. In dieser Arbeit zeigten sich ausschließlich unter Einfluss von 0,1 Vol.-% FCS im Medium apoptotische Zellen als dominierende Gruppe gegenüber vitalen bovinen nPMN, während eine höhere Serumkonzentration oder kein Serumzusatz zu einer geringeren Zahl apoptotischer Zellen führte (Abbildung 17, A). Dies stimmt zum Teil mit humanmedizinischen Studien überein, bei denen der gesteigerte Zusatz von autologem Serum die Apoptoserate von humanen nPMN senkte (HANNAH et al. 1998). Daraus lässt sich zunächst schließen, dass der Zusatz von Serum das Überleben von bovinen und humanen nPMN in vitro fördert, was der Grund für die routinemäßige Verwendung von FCS für die In-vitro-Kultur von Zellen jeglichen Ursprungs ist. Eine von zahlreichen zugrundeliegenden Prozessen stellt die ROSProduktion und -Freisetzung in Abwesenheit von Proteinzusatz dar. ROS aktivieren in Abwesenheit von Serum den intrinsischen Apoptose-Signalweg der nPMN und steigern so die Apoptose, sodass ein Zusatz von Serum diesen Prozess und weitere unterbindet (NATHAN et al. 1993). Jedoch zeigten Hannah et al. auch für 0,1 Vol.-% Serum eine gesenkte Apoptoserate gegenüber dem fehlendem Serumzusatz für humane nPMN (HANNAH et al. 1998), während in dieser Arbeit die höchste Zahl apoptotischer boviner Zellen unter Zusatz von 0,1 Vol.-% Serum festgestellt wurde. Worin sich dieser Unterschied zwischen der Apoptose humaner und boviner nPMN begründet, bleibt an dieser Stelle offen. Interessanterweise konnten Hannah et al. nachweisen,

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dass humane nPMN zwar Proteine, nicht aber zwingend Serum als Überlebensfaktor benötigen (HANNAH et al. 1998). Bei einer Serumkonzentration von 0,1 Vol.-% resultierte die Zahl von 0,5 x 106 nPMN in der höchsten Zahl apopotischer nPMN. Zusätzlich führte der Einsatz von 1,0 x 106 nPMN insgesamt kaum zu apoptotischen nPMN, während 0,25 x 106 nPMN zu einer volatilen Zahl apoptotischer Zellen führte. Übereinstimmend mit humanmedizinischen Studien scheint damit die Zelldichte ebenfalls ein wichtiger Einflussfaktor auf die spontane In-vitro-Apoptose boviner nPMN zu sein (HANNAH et al. 1998). Da separierte apoptotische nPMN in vitro nicht durch Makrophagen efferozytiert werden können, kommt es zu sekundärer Nekrose.

Dabei resultiert der nekrotische Zelltod in einem Verlust der Membranintegrität mit Freisetzung der Zellbestandteile, welche einen Einfluss auf Stimulationsansätze mit apoptotischen Zellen nehmen könnten (S. FOX et al. 2010). In allen Medium- und Zelldichtekonstellationen konnte eine geringe und damit vernachlässigbare Zahl sekundärnekrotischer nPMN beobachtet werden (Abbildung 17, B). Da in der Literatur unterschiedliche Angaben über die Inkubationszeit existieren, wurde im nächsten Schritt die Apoptose einer 24-stündigen mit einer 48-stündigen Inkubationszeit verglichen. Da die Zahl apoptotischer Zellen nach 48 Stdn. geringer ausfiel, was vermutlich auf eine erfolgte Sekundärnekrose zurückzuführen ist, wurde eine 24-stündige Inkubation für das Protokoll zur Generierung spontan-apoptotischer nPMN ausgewählt und die entstehenden Zellen als APO-nPMN24 bezeichnet. Abschließend erfolgte eine fluoreszenzmikroskopische Überprüfung der APO-nPMN24. Aufgrund der verwendeten Fluoreszenzen konnten die Zellen zweifelsfrei als apoptotische bovine neutrophile Granulozyten mit transloziertem Phosphatidylserin auf der Membranaußenseite identifiziert werden. Eine solche Phosphatidylserinexposition auf apoptotischen Zellen ist für weitere Versuche entscheidend, da eine fehlende Exposition zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Efferozytose führen würde (FRANZ et al. 2015). Ihre nahezu runde Morphologie spricht für ein sehr frühes Apoptosestadium, noch vor einer Zellkernkondensation, Zellverkleinerung oder dem membrane blebbing (NICHOLSON u. THORNBERRY 1997). Des Weiteren wurde überprüft, inwieweit trotz Separation verbleibende Zellen wie MNCs oder Monozyten einen Einfluss auf die Apoptose ausüben, da Fox et al. nachwiesen, dass auch die Zellpräparation und –reinheit Einflussfaktoren darstellen. In dieser Arbeit konnte keine Korrelation der Apoptose mit dem Gehalt an MNCs oder Monozyten festgestellt werden (Abbildung 19, D). Weitere Einflussfaktoren auf die spontane In-vitro-Apoptose der nPMN wie zugesetzte Zytokine oder

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eine Veränderung der intrazellulären sekundären Botenstoffmengen (COLOTTA et al. 1992;

WHYTE et al. 1993) wurden in dieser Arbeit nicht untersucht.

Insgesamt konnte ein deutlicher Einfluss von der im Medium enthaltenen Serumkonzentration, der Zelldichte sowie der Inkubationszeit auf die spontane Apoptose von bovinen nPMN in vitro nachgewiesen werden. Dabei erwies sich der Zusatz von 0,1 Vol.-% FCS zum Medium und eine Zelldichte von 0,5 x 106 nPMN in 2 ml Medium mit einer 24-stündigen-Inkubation als die Konstellation mit der höchsten Zahl spontan-apoptotischer nPMN und wurde für Stimulationsansätze mit M. bovis verwendet.

Das APO-nPMN24-Protokoll eignet sich nur bedingt für die Untersuchung der rapiden Apoptoseinduktion der nPMN durch M. bovis

Aufgrund der Beobachtung, dass eine 30-minütige Inkubation von nPMN mit M. bovis zu einer niedrigeren Zahl Propidiumiodid (PI)-negativer nPMN und damit zu weniger vitalen Zellen führt (Abbildung 16), wurde ein Einfluss von M. bovis auf den Zelltod der nPMN vermutet. Da durch LAMPs die Vitalität der nPMN nicht beeinflusst wurde, scheint auch in diesem Zusammenhang der Gesamtorganismus entscheidend für eine Zellmodulation zu sein.

Nachdem für Monozyten, Makrophagen und Lymphozyten bereits eine Beeinflussung der Apoptose durch M. bovis bewiesen werden konnte (MULONGO et al. 2014; SULEMAN et al.

2016; ZHANG et al. 2016), sollte untersucht werden, inwieweit die spontane Apoptose neutrophiler Granulozyten durch dieses Pathogen moduliert wird. Dazu wurde das Protokoll zur Generierung von APO-nPMN24 (3.9) mit und ohne Zusatz von M. bovis verwendet. Da in dem Versuch keine deutlich abgrenzbaren Zellpopulationen vorlagen, wurde die Auswertung anhand der mittleren Fluoreszenzintensität von PI und Alexa Fluor® 647-Annexin V vorgenommen (Abbildung 19, A und B). Dabei zeigte sich eine unerwartete signifikant niedrigere Alexa Fluor® 647-Annexin V-Fluoreszenz der nPMN unter Einfluss von M. bovis, die zunächst auf eine verminderte Apoptose der nPMN unter Erregereinfluss schließen lässt.

Bei Betrachtung der PI-Fluoreszenz der nPMN erscheint diese weder durch M. bovis noch in der Mediumkontrolle gesteigert, so dass zunächst eine Zellnekrose unwahrscheinlich erscheint.

Bezieht man jedoch zusätzlich die absoluten Zellzahlen der nPMN und Zellfragmente (Abbildung 19, C) mit ein, zeigte sich unter Einfluss von M. bovis eine niedrigere Zahl der nPMN bei gleichzeitig gesteigerte Zahl von Zellfragmenten verglichen mit der

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Mediumkontrolle. Wenngleich diese Betrachtungsweise bisher selten im Zusammenhang mit Studien der Apoptose verwendet wurde, lässt sich daraus eine mögliche Zellfragmentierung ableiten (FRANZ et al. 2015). So zeigen nPMN im Prozess der Apoptose zwar zahlreiche morphologische Veränderungen (NICHOLSON u. THORNBERRY 1997), verbleiben aber zunächst im durchflusszytometrisch subjektiv eingegrenzten nPMN-Bereich. Erst im Zuge der in vitro folgenden Sekundärnekrose verlieren die Zellen die für nPMN typische Morphologie und liegen als Zellfragmente vor, welche durchflusszytometrisch aufgrund geringerer Größe und Komplexität im linken unteren Quadranten des Dichteplots auftreten. Zwar kann anhand von Zellfragmenten nicht auf die ursprünglichen immunologischen Zellen geschlossen werden, jedoch lässt die parallele Betrachtung der morphologisch-intakten nPMN den Rückschluss zu, dass zum Zeitpunkt der Messung (24 Stdn. nach Versuchsbeginn) ein Großteil der nPMN unter Einfluss von M. bovis bereits die Apoptose mit konsekutiver Sekundärnekrose durchlaufen hat und folglich als Zellfragment vorliegt. Dies spricht für eine rapide Apoptoseinduktion in den ersten 24 Stdn. der nPMN durch M. bovis. Zwar schlussfolgerten Jimbo et al. ebenfalls eine Apoptoseinduktion in nPMN durch M. bovis (JIMBO et al. 2017), jedoch wurde dabei die Apoptose in MEM-Medium (welches 10 % FCS enthält) und unter Zuhilfenahme des Apoptoseinduktors Staurosporin mit einer Zellzahl von 0,5 x 106/ml in einer 6 Well-Platte untersucht. Zusätzlich müssen bei Betrachtung dieses Ergebnisses bakteriell-assoziierte Einflussfaktoren bedacht werden. So wirken ebenfalls der Bakterienstamm, die Expositionsdauer sowie die MOI modulierend auf die Menge humaner apoptotischer nPMN (S.

FOX et al. 2010). Eine Vergleichbarkeit der Studien ist trotz ihrer ähnlichen Ergebnisse daher kaum gegeben. Unter Betrachtung der in dieser Arbeit gewonnen Ergebnisse scheint sich das APO-nPMN24-Protkoll nur bedingt für die Untersuchung der Beeinflussung der nPMN-Apoptose durch M. bovis zu eignen. So liefert das Protokoll zwar einerseits Vorzüge gegenüber der Verwendung eines Apoptoseinduktors, da eine realitätsnähere Apoptose stattfindet, wodurch eine Nutzung der Zellen beispielsweise für Studien zur Efferozytose der nPMN möglich ist (FRANZ et al. 2015). Dennoch sollte bedacht werden, dass parallel zur Apoptoseinduktion ein großer und variabler Anteil kontaminierender vitaler nPMN in der Zellsuspension vorhanden ist, welche durch Sekretion von Mediatoren einen erheblichen Einfluss auf die Stimulationsansätze verursachen könnten. Insbesondere für Studien mit M.

bovis ist dieses Protokoll nur bedingt geeignet, da der Erreger allem Anschein nach eine rapide

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Apoptose im Zeitraum von weniger als 24 Stdn. induziert. Eine solche Apopotoseinduktion könnte in vivo bei mangelnder Beseitigung der apoptotischen Zellen, wie bereits für das bovine mammäre Gewebe beschrieben, durch Freisetzung von zytotoxischen Sauerstoffradikalen und Proteasen zu einer lokalen oxidativen und enzymatischen Gewebsschädigung führen (CAPUCO et al. 1986; LEDBETTER et al. 2001). Dies stellt möglicherweise eine Ursache der starken Lungenläsionen im Rahmen M. bovis-assoziierter Erkrankungen dar (RADAELLI et al.

2008).