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Gewebsschäden und Infektionen führen zu einer raschen Aktivierung der lokalen Immunantwort durch myeloide Zellen, um Pathogene zu beseitigen und Schädigungen des Gewebes zu reparieren. Eine angemessene Terminierung der inflammatorischen Kaskade ist essentiell, um eine Resolution der Immunantwort mit nachfolgender Restitution der

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Gewebshomöostase zu ermöglichen (ELLIOTT et al. 2017). Eine Störung dieser Resolution kann in einer chronischen Inflammation und dem Verlust der Selbsttoleranz resultieren und so zu kardiovaskulären Erkrankungen, kanzerogenen Entartungen oder Autoimmunität führen (HEADLAND u. NORLING 2015). Bei gesunden, immunkompetenten Individuen wird sowohl der Beginn als auch die Resolution gut orchestriert, wodurch der Inflammationsprozess selbstlimitierend ist (SERHAN u. SAVILL 2005). Der Erfolg der Immunantwort hängt dabei maßgeblich von der Interaktion verschiedener Immunzellen, insbesondere der neutrophilen Granulozyten, Monozyten und Makrophagen, ab (SOEHNLEIN u. LINDBOM 2010). In der Anfangsphase der Entzündung sezernieren diese pro-inflammatorische Mediatoren, wie Prostaglandine und Leukotriene, welche die Aktivierung von Leukozyten, Endothel- und Epithelzellen sowie den Durchmesser und die Permeabilität der Gefäße steuern (SOEHNLEIN u. LINDBOM 2010). In der Endphase der Entzündung durchlaufen neutrophile Granulozyten eine spezialisierte Form des programmierten Zelltodes, bekannt als Apoptose (PAAPE et al.

2003). Während der anschließenden Efferozytose, einem Prozess bei dem apoptotische nPMN durch Phagozyten beseitigt werden, werden anti-inflammatorische Zytokine und sogenannte specialized pro-resolving mediators (SPMs), produziert und es kommt zu einem Lipid-Mediatorwechsel. So erfolgt ein Umschwung von einem pro- zu einem antiinflammatorischen Milieu mit Resolution des Inflammationsprozesses (GREENLEE-WACKER 2016).

2.3.1 Apoptose

Neutrophile Granulozyten sind kurzlebige Zellen, die nach einer Lebenszeit von wenigen Tagen im Gewebe spontan apoptotisch werden (CARLSON u. KANEKO 1975). Werden diese Zellen über einen längeren Zeitraum im Gewebe belassen, führt dies in bovinem mammären Gewebe zur Freisetzung zytotoxischer Sauerstoffradikale und Proteasen mit nachfolgender Epithelschädigung (CAPUCO et al. 1986; LEDBETTER et al. 2001). Folglich dient der als Apoptose bezeichnete programmierte Zelltod der Entfernung überschüssiger oder potenziell schädlicher Zellen und stellt damit einen bedeutsamen Mechanismus zur Aufrechterhaltung der Gewebshomöostase dar. Die Apoptose kann über zwei Signalwege initiiert werden: Beim extrinsischen Weg wird das Auslösesignal für die Apoptose über die Bindung von Liganden an membranständige Todesrezeptoren vermittelt. Zu ihnen zählen der TNF-Rezeptor-1, CD95 (auch: Fas oder APO-1), das TNF receptor-related apoptosis-mediating protein (TRAMP), sowie der TNF-related apoptosis-inducing ligand (TRAIL) Rezeptor 1 und 2

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OSTHOFF et al. 1998). Im Gegensatz dazu können Auslöser des intrinsischen Signalwegs Schädigungen der DNS durch Hypoxie, UV-Strahlung oder Wachstumsfaktor-Entzug sein (S.

FOX et al. 2010). Sie führen zu einer Verschiebung der Balance intrazellulärer Proteine der Bcl-2 Familie der pro-apoptotischen gegenüber den anti-apoptotischen Proteinen, wodurch es zur Freisetzung weiterer Kaskadenelemente aus den Mitochondrien kommt. Beide Wege führen im weiteren Verlauf zur Aktivierung der Caspasen-Enzymgruppe (Cystein-Aspartat-spezifische Proteasen), die durch Spaltung von intrazellulären Proteinen oder durch Aktivierung anderer Enzyme die Apoptose vermitteln und damit Apoptose-typische strukturelle Veränderungen der Zelle induzieren (NICHOLSON u. THORNBERRY 1997). Eine solche Zellveränderung umfasst die Translokation des intrazellulären Phosphatidylserin auf die Außenseite der Zellmembran mittels sog. Flipasen (S. J. MARTIN et al. 1995). Die Exposition des Phosphatidylserins markiert neutrophile Granulozyten für Makrophagen und führt so zur Phagozytose der apoptotischen Zellen (MCEVOY et al. 1986). Weitere zellmorphologische Anzeichen der Apoptose sind die Kondensierung des Zellkerns, welche zu einer Abnahme des Zellvolumens führt, die nukleäre Fragmentation, sowie die Bildung von blasenförmigen Ausbuchtungen an der Zelloberfläche (membrane blebbing) (GRANVILLE et al. 1998).

Letztere schnüren sich als kleine, membranumhüllte Teilstücke (Apoptose-Körper) ab und verhindern so die Freisetzung zytotoxischer Inhaltsstoffe in den extrazellulären Raum (SLADEK u. RYSANEK 2000). Dies unterscheidet den programmierten apoptotischen Zelltod vom provozierten Zelltod, der Nekrose. Letztere entsteht durch exogene physikalische oder chemische Einflüsse, kann aber auch als sekundäre Nekrose auf die Apoptose folgen, wenn keine Phagozytose der apoptotischen Zellen erfolgt (S. FOX et al. 2010). Der nekrotische Zelltod resultiert in einem Verlust der Membranintegrität mit Freisetzung der Zellbestandteile in das umgebende Gewebe und konsekutiver inflammatorischer Gewebsschädigung (S. FOX et al. 2010). Neben der physiologischen Beeinflussung der spontanen Apoptose bei Kühen durch die Laktationsstadien (KEHRLI et al. 1989), wird die Apoptose überwiegend mittels Zytokinen und Chemokinen gesteuert. Dabei sind bisher wenige pro-apoptotische Mediatoren, darunter IL-10, ROS, L-Selektin-Kreuzvernetzungen und CD36, als Auslöser der spontanen Apoptose bekannt (COX 1996; BANNO et al. 1997; KASAHARA et al. 1997; WATSON et al. 1997).

Proinflammatorische Mediatoren, wie IFN-, G-CSF, GM-CSF und bestimmte Interleukine (IL-2, -6, -8 und -15), zeigen dagegen eine anti-apoptotische Wirkung (LILES et al. 1996;

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PAAPE et al. 2003). Die so erhöhte Lebensspanne ermöglicht zum einen ein verlängertes Ausüben ihrer antimikrobiellen Funktionen, während parallel auch die Wahrscheinlichkeit für eine Neutrophilen-mediierte Gewebsschädigung steigt. Eine solche Fehlregulation der Apoptose zeigt sich bei E. coli-infizierten Milchdrüsen (MEHRZAD et al. 2004). Hier führt eine exzessive GM-CSF-Produktion zu einer verzögerten Apoptose und einer Aufrechterhaltung der Inflammation mit starken Gewebsschäden (BOUTET et al. 2004).

Mycoplasma bovis zeigte in bisherigen Untersuchungen eine Verzögerung der Apoptose boviner Monozyten und Makrophagen (MULONGO et al. 2014; SULEMAN et al. 2016;

ZHANG et al. 2016) und eine Apoptoseinduktion boviner Lymphozyten (VANDEN BUSH u.

ROSENBUSCH 2002). Unter Verwendung des Apoptoseinduktors Staurosporin konnte auch für bovine neutrophile Granulozyten eine Induktion der Apoptose durch den Mykoplasmen-Stamm "Mb1" nachgewiesen werden (JIMBO et al. 2017). Inwieweit diese Ergebnisse auf andere Stämme übertragbar sind und ob ein Einfluss auf die spontane Apoptose neutrophiler Granulozyten besteht, ist bisher nicht untersucht worden.

2.3.2 Efferozytose

Gewebsständige und immigrierte Makrophagen, dendritische Zellen sowie nicht-professionelle Phagozyten sind in der Lage, apoptotische neutrophile Granulozyten aufzunehmen (HART et al. 2008). Da sich diese Phagozytose stark von der zellulären Ingestion von Pathogenen, wie Bakterien oder Pilzen, in der Erkennung und Aufnahme unterscheidet, wurde die Efferozytose 2003 als eigene Form der Phagozytose beschrieben (DECATHELINEAU u. HENSON 2003).

Die Efferozytose, die auch als "letztes Stadium der Apoptose" bezeichnet wird, löst im Gegensatz zur Phagozytose keine inflammatorische Antwort aus, sondern stellt viel mehr einen Teilaspekt des Homöostase-Erhalts dar (FADOK 1999). Die Mechanismen, über die apoptotische Zellen erkannt und aufgenommen werden, unterscheidet man anhand ihrer Funktion (ELLIOTT et al. 2017): Die Find-me signals stellen lösliche Faktoren dar, die im Rahmen der Apoptose durch neutrophile Granulozyten sezerniert werden und die Makrophagen zum Ort der Apoptose locken (GREEN et al. 2016; MEDINA u. RAVICHANDRAN 2016).

Zu ihnen zählen unter anderem Triphosphatnukleotide, Phospholipide sowie das Chemokin CXCL-1 (TRUMAN et al. 2008; ELLIOTT et al. 2009). Die Eat-me signals dagegen dienen der Rezeptor-mediierten Erkennung der apoptotischen nPMN durch Makrophagen (ELLIOTT et al. 2017). Besondere Bedeutung kommt dabei der Posphatidylserintranslokation auf die

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Membranaußenseite apoptotischer Zellen zu (2.3.1) (FADOK et al. 1998a), sodass eine fehlende Exposition zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Efferozytose führt (FRANZ et al.

2015). Bisher wurden zwölf verschiedene direkt bindende Phosphatidylserin-Rezeptoren auf Makrophagen identifiziert, darunter BAI, TIM, Stabilin und CD300 (GREEN et al. 2016).

Zusätzlich kann eine indirekte Bindung mittels Erkennung von löslichen Phosphatidylserin-bindenden Opsoninen, wie MFG-E8, CCN1, GAS6 und Protein S (ProS1) erfolgen (PENBERTHY u. RAVICHANDRAN 2016). Zahlreiche weitere Eat-me signals werden durch apoptotische Zellen exponiert und direkt oder über Opsonine gebunden. Zu ihnen zählen Veränderungen von oberflächlichen Kohlenhydratstrukturen mit Exposition von Galaktose, N-Acetylglucosamin und Mannose (DINI et al. 1995) sowie strukturelle Veränderungen des Adhäsionsmoleküls ICAM-3 (MOFFATT et al. 1999). Ein gegensätzliches Konzept stellen die Leave-me signals oder Don't-eat-me signals dar. Diese auf vitalen neutrophilen Granulozyten exprimierten inhibitorischen Signale verhindern die Aufnahme durch Phagozyten, sodass der Verlust des Signals im Rahmen der Apoptoseinitiation zur Efferozytose führt (HENSON 2017).

Diese Theorie wird mit einer Exposition von Phosphatidylserin im Verlauf der Aktivierung von nPMN untermauert, da nur durch ein Vorhandensein von inhibitorischen Signalen eine verfrühte Efferozytose dieser aktivierten nPMN verhindert werden kann (FRASCH et al. 2008).

Die bisher erforschten Don't-eat-me signals umfassen die Oberflächenmoleküle CD31 (BROWN et al. 2002) und CD47 (GARDAI et al. 2005). Auch wenn die verschiedenen Signale eine chronologische Abfolge vermuten lassen, verläuft die Efferozytose doch über simultane Signalprozesse (ELLIOTT et al. 2017). Nach der Signal-mediierten Erkennung und Bindung apoptotischer Zellen führen intrazelluläre Transduktionssignale zu einer Zytoskelettumbildung des Phagozyten, die zur Internalisation der apoptotischen Zelle und zum Abbau im Phagolysosom führen (MADERNA u. GODSON 2003). Die genauen Vorgänge der Aufnahmemechanismen sind bisher noch nicht vollständig erforscht (GREEN et al. 2016).

Störungen in der Efferozytose apoptotischer Zellen werden für die Entstehung schwerer entzündlicher Erkrankungen verantwortlich gemacht. So führen infektiöse Bedingungen oft zu einer Beeinträchtigung der Apoptose und Beseitigung von nPMN. Daraus folgt eine verlängerte Gewebsschädigung und Chronifizierung der Entzündung mit einem gesteigerten Risiko, Autoimmunität zu entwickeln (BAUMANN et al. 2002; MUNOZ et al. 2010). Derzeit

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existieren keinerlei Untersuchungen zu der Beeinflussung der Efferozytose durch Erreger wie M. bovis beim Rind.

2.3.3 Resolutom

Die Resolution hängt neben der effizienten Beseitigung apoptotischer Zellen auch von der Freisetzung anti-inflammatorischer und pro-resolutiver Faktoren durch apoptotische neutrophile Granulozyten sowie efferozytierende Makrophagen ab (GREENLEE-WACKER 2016). Bonnefoy et al. verwendeten den Begriff des "Resolutoms", um diese zahlreichen Faktoren aus Proteinen und Lipiden zu beschreiben (BONNEFOY et al. 2018). Das Resolutom umfasst die sogenannten specialized pro-resolving mediators (SPMs) sowie ein spezielles Zytokinspektrum. Bei den SPMs handelt es sich um entzündungsauflösende Lipidmediatoren, welche aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren (poly-unsaturated fatty acids, PUFAs) über mehrere Zwischenstufen metabolisiert werden. Diese lassen sich in die Gruppen der Resolvine, Protektine, Maresine und Lipoxine unterteilen (SERHAN 2017). Da bereits mit Beginn der inflammatorischen Antwort die PUFAs als Vorstufe der SPMs gebildet werden, initiiert bereits der Entzündungsauftakt die Resolution (SERHAN u. SAVILL 2005). Zu Beginn der Entzündung dominieren die Lipidzwischenstufen Prostaglandin E2 und Leukotrien B4, die gemeinsam mit den pro-inflammatorischen Zytokinen TNF- und IL-1 eine Erweiterung der Blutgefäße, die Aktivierung des Endothels und die Einwanderung neutrophiler Granulozyten ermöglichen. Nach der Immigration vermitteln die nPMN einen Lipidmediatorwechsel, bei dem aus Prostaglandinen und Leukotrienen die SPMs gebildet werden (SERHAN u. SAVILL 2005). Die SPMs mediieren maßgeblich die Beseitigung apoptotischer neutrophiler Granulozyten aus dem Gewebe, sowie die Termination der Neutrophilen-Einwanderung, sodass die Entzündungsreaktion im Weiteren aufgelöst werden kann (ARITA et al. 2005; SUN et al.

2007). Zusätzlich fördern die entstehenden Lipidmediatoren die Rekrutierung von Monozyten zum Entzündungsort und unterstützen die Efferozytose, was wesentlich zum Heilungsprozess beiträgt und die Gewebsregeneration beschleunigt (MADDOX u. SERHAN 1996). Während zu Beginn der Entzündung vermehrt proinflammatorische M1-Makrophagen mit einer geringen Efferozytose-Fähigkeit im Gewebe vorhanden sind, sorgt der Lipidmediatorwechsel, insbesondere Lipoxin A4 (LXA4), für eine überwiegende Generierung reparativer M2-Makrophagen (SERHAN 2017). Diese fördern die Zellproliferation und Gewebereparatur sowie die Sekretion anti-inflammatorischer Zytokine (HENSON 2017). Im Rahmen der

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Efferozytose verringern Makrophagen einerseits die Freisetzung bestimmter proinflammatorischer Zytokine und steigern andererseits die Sekretion antiinflammatorischer Substanzen wie TGF-, IL-10 und Prostaglandin E2 (VOLL et al. 1997; FADOK et al. 1998b).

Ein Ausbleiben des Lipidmediatorwechsels führt zur Chronifizierung des Entzündungsgeschehens durch Entfallen der Resolution (SERHAN 2017). Die in dieser Arbeit gemessenen SPMs umfassen Lipoxin A4 (LXA4) und Prostaglandin E2 (PGE2). LXA4 wird durch zahlreiche Immunzellen wie neutrophile Granulozyten und Makrophagen gebildet (FIERRO u. SERHAN 2001). Seinen antiinflammatorischen Effekt vermittelt es durch Bindung und Internalisierung des Lipoxin-A4-Rezeptors (ALX) (SERHAN et al. 2000). Lipoxin A4

unterstützt zunächst die Immigration von nPMN an den Entzündungsort sowie die anschließende Aufhebung bzw. Verhinderung anti-apoptotischer Signale, wodurch eine Apoptose der nPMN erst ermöglicht wird (EL KEBIR et al. 2009). Im weiteren Entzündungsverlauf verhindert LXA4 eine Akkumulation der nPMN durch Hemmung der chemotaktisch wirkenden IL-8-Sekretion und induziert später deren Efferozytose durch eine Neuanordnung von Aktinfilamenten (LUSCINSKAS et al. 1990; JÓZSEF et al. 2002). PGE2

wird von nahezu allen Zellen des Körpers mittels Cyclooxygenasen (COX) produziert (SMITH 1989). Zu Beginn der inflammatorischen Antwort zeigt PGE2 eine proinflammatorische Wirkung, indem es vasodilatativ, permeabilitätssteigernd sowie pyrogen wirkt (KALEY et al.

1985). Im Entzündungsverlauf aktiviert PGE2 die Produktion der pro-resolutiven Mediatoren, hemmt die Freisetzung von TNF- durch Makrophagen und trägt damit aktiv zur Entzündungsresolution bei (LEVY et al. 2001). Die resolutiven Eigenschaften der SPMs verdeutlichen sich in der pharmakologischen Anwendung. So vermittelte die Gabe von SPMs eine Verbesserung der Inflammation im Mausmodell und stellt damit eine Therapiemöglichkeit inflammatorischer Erkrankungen dar, wobei die entsprechende Forschung noch am Anfang steht (BONNEFOY et al. 2018). Während sich beim Menschen bereits zahlreiche Studien den SPMs widmen, ist die Freisetzung und mögliche Modulation beim Rind bisher weitestgehend unerforscht (MAVANGIRA u. SORDILLO 2018).

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Methoden