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Archiv "Hochschulmedizin: Wege aus der Finanznot" (22.06.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 25⏐⏐22. Juni 2007 A1789

P O L I T I K

N

och 25 Universitätskliniken werde es 2015 in Deutschland geben – rund ein Drittel weniger als heute. Die Hälfte davon werde in pri- vater Trägerschaft sein. Das prognos- tizierte Dr. med. Andreas Tecklen- burg, Vorstand Krankenversorgung der Medizinischen Hochschule Han- nover, schon vor zwei Jahren. Seit- dem ist einiges passiert: Die Rhön- Klinikum AG hat das fusionierte Universitätsklinikum Gießen und Marburg übernommen (siehe Inter- view). Die Fallpauschalen setzen weiterhin die teure Hochschulmedi- zin unter Druck, notwendige Inves- titionen lassen angesichts der Fi- nanznöte der Bundesländer auf sich warten. „Die Hochschulmedizin be- findet sich in einer stürmischen Entwicklung“, sagte Prof. Dr. med.

Dr. h. c. Gebhard von Jagow beim Medizinischen Fakultätentag in Aa- chen. Er befürchtet, die Finanz- knappheit könne der Privatisierung von Universitätskliniken weiter Vor- schub leisten – eine Entwicklung, die er nicht befürworte.

Ganz anders sieht das Dr. Micha- el Philippi von der Sana-Kliniken GmbH. „Wer den Weg in die Staats- medizin ablehnt, muss die Privati- sierung der Universitätsmedizin zu- mindest diskutieren“, sagte er. Für Philippi sind dabei mehrere Varian- ten denkbar: zum einen die Teilpri- vatisierung, also die Ausgliederung einzelner Abteilungen, zum anderen die Privatisierung der universitären

Krankenversorgung – wie in Gießen und Marburg. Der dritte und von Philippi favorisierte Weg ist jedoch die Vollprivatisierung. Krankenver- sorgung, Forschung und Lehre könnten dabei als Einheit aus einer Universität herausgelöst werden.

Eine solche Vollprivatisierung se- hen viele mit großer Skepsis. Stich- wort: Freiheit von Forschung und Lehre. Was geschieht mit For- schungsprojekten, mit denen sich kein Profit erzielen lässt? Kann und muss die Aus- und Weiterbildung immer dem Gesichtspunkt der Wirt- schaftlichkeit standhalten?

Fest steht aber, dass sich die Uni- versitätskliniken den neuen Anfor- derungen stellen müssen. Verstaub- te Strukturen und eine ineffiziente Organisation gehören auf den Prüf- stand, Arbeitsabläufe müssen opti- miert werden. Wenn die Ökonomi- sierung des Gesundheitswesens auch vor den Universitätskliniken nicht haltmacht, müssen die Einrichtun- gen unternehmerisch handeln. Das ist allerdings für Hochschulkliniken gar nicht so einfach. Denn im Vier- eck zwischen Universität, Fakultät, Klinik und Ministerium ist es schwierig, kurzfristig Entscheidun- gen zu treffen.

Die schwarz-gelbe Landesregie- rung in Nordrhein-Westfalen (NRW) will das mit dem „Hochschulfrei- heitsgesetz“ ändern. Seit Januar sind die Hochschulen in NRW keine staatlichen Einrichtungen mehr,

sondern Körperschaften des öffent- lichen Rechts, die eigenständig han- deln können. Das Land hat nur noch die Rechtsaufsicht, nicht mehr die Fachaufsicht. Auch in Rheinland- Pfalz steht eine Gesetzesänderung an. In Mainz sollen die universitäre Krankenversorgung, Forschung und Lehre als organisatorische Einheit zusammengeführt werden. Die Uni- versitätsmedizin als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts soll selbstständig handeln. Darüber hinaus wird die Möglichkeit beste- hen, sie in eine Gesellschaft mit be- schränkter Haftung umzuwandeln.

Ein anderes Modell ist am Uni- versitätsklinikum Jena bereits um- gesetzt. Medizinische Fakultät und Klinikum sind hier verschmolzen und nun eine Teilkörperschaft der Universität. „Damit haben wir weitaus größere unternehmerische Möglichkeiten als bisher“, erläuter- te Dekan Prof. Dr. med. Heinrich Sauer. Mit diesem Integrationsmo- dell sei die Universitätsmedizin als Ganzes erhalten. Eine Alternative dazu ist ein Kooperationsmodell:

Dann betrifft die Verselbstständi- gung nur die Klinik, die mit der Fakultät kooperiert. Neben sol- chen Rechtsformänderungen gibt es noch weitere Optionen, um die Hochschulmedizin flexibler zu ge- stalten, etwa Public Private Part- nerships. Auch ein Stiftungsmodell ist denkbar.

Die Hochschulmedizin befindet sich im Umbruch: Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit wird immer wichtiger, während der gesellschaft- liche Auftrag in den Hintergrund tritt. Das kann man sicherlich be- dauern. Wer sich jetzt allerdings nicht neu aufstellt, dem wird das vielleicht in absehbarer Zeit von an- deren abgenommen. Oder er wird

entbehrlich. I

Dr. med. Birgit Hibbeler

HOCHSCHULMEDIZIN

Wege aus der Finanznot

Die Hochschulmedizin steht unter Kostendruck und kann sich auf staatliche Unterstützung nicht mehr verlassen. Die Universitätskliniken müssen sich deshalb neu organisieren. Sonst tun es andere.

Rettung in der Not oder Irrweg:

Ist die Privatisierung das einzige Rezept gegen die roten Zahlen?

Foto:dpa

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