Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 25|
20. Juni 2014 A 1113E
s ist fünf vor zwölf“ – mit Vehemenz warnen die deutschen Universitätsklinika und die Medizini- schen Fakultäten schon seit Jahren vor einem finanziel- len „Ausbluten“ der Universitätsmedizin, unterstützt jüngst vom 117. Deutschen Ärztetag in Düsseldorf.Nun endlich haben auch die Ministerpräsidenten der Länder mit ihrem Beschluss vom 12. Juni die Sondersi- tuation und damit den finanziellen Mehrbedarf der Hochschulmedizin anerkannt. Sie betrachteten mit Sor- ge, dass die deutschen Universitätsklinika für das Jahr 2013 ein Rekorddefizit verzeichnen, heißt es darin.
Gleichzeitig fordern die Länder-Regierungschefs die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag in Aus- sicht gestellten finanziellen Verbesserungen bei den Extremkostenfällen, den Hochschulambulanzen und der Notfallversorgung „zeitnah zu realisieren“. Zudem müssten die Sonderaufgaben der Hochschulmedizin im System der Krankenhausfinanzierung künftig berück- sichtigt werden.
Diese Rückendeckung mag für die Hochschulmedi- zin ein Hoffnungsschimmer sein. Doch jubeln mögen deren Organisationen vorerst nicht. Daran ändert auch die jüngste Ankündigung von Bundesforschungsminis- terin Johanna Wanka (CDU) nichts. Sie erklärte Ende Mai, der Weg sei jetzt frei, den Artikel 91 b des Grund- gesetzes zu ändern. Mit dem Fall des Kooperationsver- botes soll – wie vor der Föderalismusreform – wieder ein dauerhaftes Engagement des Bundes in Forschung und Lehre an den Hochschulen möglich werden. Zu- dem will der Bund künftig die Verantwortung bei den Bafög-Zahlungen übernehmen. Die Länder wollen im Gegenzug die dadurch jährlich freiwerdenden rund 1,17 Milliarden Euro den Hochschulen und Schulen zur Verfügung zu stellen.
Der Präsident des Medizinischen Fakultätentages (MFT), Prof. Dr. rer. nat. Heyo K. Kroemer, sieht in
dieser Bund-Länder-Vereinbarung jedoch noch keinen Erfolg: „Die Koalitionsparteien haben bisher ja nur ein Eckpunktepapier vorgelegt, das die im Koalitionsver- trag zugesicherten Gelder für Bildungs- und For- schungsausgaben neu regeln soll. Wie dieses Geld dann verteilt wird, und ob auch die Universitätsklinika und Fakultäten einen Teil davon erhalten, ist weiterhin noch völlig unklar“, sagte er dem Deutschen Ärzteblatt. Fest steht für ihn auch, dass der Formulierungsvorschlag keinen flächendeckenden Wiedereinstieg des Bundes in die Hochschulfinanzierung vorsieht. Auch die 1,17 Milliarden Euro, die die Länder in Hochschulen und Schulen investieren wollen, müssten von der Hoch- schulmedizin sicherlich offensiv eingefordert werden, meint er.
Trotz aller Skepsis: Insgesamt biete der Kompromiss Chancen, räumt Kroemer ein. Entscheidend sei die konkrete Umsetzung. Hier stehen wichtige Entschei- dungen noch aus. Ein nächster Meilenstein könnte die Eröffnungsrede der Bundesforschungsministerin zum 75. Ordentlichen Medizinischen Fakultätentag am 19.
Juni in Frankfurt/Main sein. Kroemer: „Wir sind sehr gespannt darauf.“
HOCHSCHULMEDIZIN
Die Skepsis bleibt
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Eva Richter-Kuhlmann Politische Redakteurin in Berlin