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Archiv "Medizinische Hochschulen im Wandel: Hochschulmedizin vor großer Herausforderung" (21.06.1996)

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B

ei aller Notwendigkeit, den Standort, die Funktion und die zukünftigen Schwerpunk- te der Medizinischen Hoch- schulen und Fakultäten neu zu be- stimmen und überkommene Denk- schemata kritisch in Frage zu stellen, müsse die Strukturreform mit Augen- maß betrieben werden. Durch eine Neuorientierung müßten die Hoch- schulkliniken als öffentliche Einrich- tungen zu modernen Dienstleistungs- unternehmen.

Der Ärztetag und die Experten aus der Hochschulpraxis bekräftigten einige Essentials, die beachtet werden müßten. Akademische Lehre, medizi- nische Forschung und universitäre Krankenversorgung müßten gleich-

wertige Aufgaben der medizinischen Einrichtungen der Universitätsklini- ken bleiben. Um diesen Verbund wür- den wir im Ausland beneidet. Eine Trennung der Zuständigkeiten für For- schung und Lehre einerseits und die Krankenversorgung andererseits wird.

Die Medizinische Fakultät wird als die Grundeinheit für die Entschei- dung über Lehre und Forschung in- nerhalb der Gesamtuniversität defi- niert. Die Fakultäten müßten sich den sich ständig ändernden Bedingungen rasch anpassen. Die Hochschulen müßten sich wieder stärker auf ihre Aufgaben – Forschung und qualitäts- gesicherte Lehre – konzentrieren.

Ganz entscheidend für die medi- zinische Versorgung, für die Ausbil-

dung zum Arzt (als entscheidende Voraussetzung für die Strukturqua- lität) sei die Leistungs- und Innovati- onskraft der Medizinischen Hoch- schulen. Auch gebe es viele Berührungspunkte, Problemhierar- chien bei den Aktionsfeldern und Schnittpunkten zwischen Medizini- schen Fakultäten und Ärztekammern als legitimierte Vertretung der Ge- samtärzteschaft, betonte Prof. Dr.

Jörg-D. Hoppe, Düren, Vizepräsident der Bundesärztekammer und Vorsit- zender der Ausschüsse und Ständigen Konferenzen der Bundes-ärztekam- mer „Ausbildung zum Arzt und

„Hochschulmedizin und Medizini- sche Fakultäten“. Die Medizinischen Fakultäten müßten von überborden- dem, unnötigem bürokratischem Bal- last befreit werden, so daß sie sich ver- stärkt ihren zentralen Aufgaben wid- men können. Die Ärzteschaft müsse daran interessiert sein und mithelfen, daß die Medizinischen Fakultäten die an sie gestellten Forderungen unab- hängig und eigenverantwortlich lösen könnten, so der Appell von Prof. Dr.

Horst Dieter Becker, Geschäfts- führender Ärztlicher Direktor des Klinikums Schnarrenberg, Chirurgi- sche Klinik der Universität Tübingen.

Die Ärzteschaft erwartet, daß die Medizinischen Hochschulen auch

künftig ihre Aufgaben in der ärztli- chen Ausbildung ernst nehmen und diese nicht im Vergleich zur Kranken-

versorgung und Forschung vernach- lässigen. Die Medizinischen Hoch- schulen als ein Ort der Hochleistungs- medizin und Forschung und damit in der Rolle der Spezialistenmedizin müßten wieder ein wahrnehmbares Gegengewicht in einer auf wissen- schaftlichen Erkenntnissen basieren-

P O L I T I K 99. DEUTSCHER ÄRZTETAG

A-1680 (32) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 25, 21. Juni 1996

Medizinische Hochschulen im Wandel

Hochschulmedizin vor großer Herausforderung

Die Medizinischen Hochschulen und die Universitätskliniken als Stätten der Hoch- leistungsmedizin müssen sich an geänderte Rahmenbedingungen anpassen und den gewachsenen Herausforderungen offensiv stellen. Sie sind in besonderer Weise Opfer der „Fortschrittsfalle“ bei weiter begrenzten Ressourcen. Die Hochschulmedizin muß den Ansprüchen der Gesellschaft und des Staates, aber auch den im Hochschulbetrieb ein- geschalteten akademischen Lehrern, Klinikärzten und dem medizinischen Ausbildungs- betrieb ebenso gerecht werden wie den Bedingungen des medizinischen Fortschritts und einer mehr anwendungsbezogenen, praktischen Medizin. Damit die Fakultäten und Universitätskliniken ihre zentralen Aufgaben in Forschung, Lehre und universitärer Krankenversorgung für die Zukunft gerüstet sind, ist eine „Optimierung“ und „Effizi- enzsteigerung“ in allen Bereichen erforderlich. Dies ist die Quintessenz der Referate und Statements zum Tagesordnungspunkt III „Die Medizinischen Hochschulen im Wandel des Gesundheitswesens“ und der 19 Beschlüsse zu diesem heterogenen Problemkomplex.

Prof. Dr. Christoph Fuchs, Bundesärztekammer, Köln

Prof. Dr. Reinhard Papst, Rektor der Medizinischen Hochschule Hannover

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den praxisorientierten Ausbildung er- halten. Das Ausbildungsziel habe sich am Arztbild der Zukunft zu orientie- ren. Um nicht in die „Bodenlosigkeit des Spezialistischen“ zu geraten, müß- ten der akademische Unterricht und die Lehre sich mehr als bisher an den Erfordernissen der ärztlichen Praxis sowohl im niedergelassenen Sektor als auch im Klinikbereich orientieren.

Das hohe Niveau dieser Trias dürfe nicht durch dirigistische Eingriffe und Sparmaßnahmen gesenkt werden, so ein Postulat von Prof. Dr. Christoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bun- desärztekammer.

Ziel der Ausbildung zum Arzt müsse auch in Zukunft der zur Aus- übung des Berufs befähigte Arzt sein, der in der Lage ist, sich nach absol- viertem Studium über eine frei zu ent- scheidende Weiterbildung zu speziali- sieren und sich lebenslang fortzubil- den, denn die Halbwertzeit des medi- zinischen Wissens betrage zwischen drei und fünf Jahre, so ein weiteres Argument für den umfassenden Bil- dungsauftrag der Fakultäten, der in der wissenschaftlich-systematischen Vermittlung theoretischer und medi- zin-praktischer Grundlagen bestehen müsse. In diesem Punkt baut der Ärz- tetag auch auf die Kooperation und die Lernfähigkeit der für den Hoch- schulbereich maßgebenden Vertre- tungen und Einrichtungen, insbeson- dere der Kultusministerkonferenz der Länder, des Medizinischen Fakultä- tentages und der Arbeitsgemein- schaft Wissenschaftlicher Medizini- scher Fachgesellschaften (AWMF).

Auf Zustimmung des Plenums stieß die Feststellung von Prof. Fuchs:

Besitzstände und Bestandsschutz für die eigene Organisaton, das heißt auch für die Medizinischen Fakultä- ten bis hin zur „Ordinarien-Herrlich- keit“ kann es nicht mehr geben. Die Bereitschaft zum Wandel muß Be- standteil von neu formulierten Führungsprinzipien sein. Die für die Universitätskliniken typischen und heute noch dominierenden dreifach versäulten berufsgruppenbezogene Führungshierarchien müssen abge- flacht und durch ein mehr auf dem Team- und Kollegialprinzip basieren- den Department-System (mit Wahl in die Führungspositionen) abgelöst werden, so das Plädoyer von Prof. Dr.

Gunter Lob, Leiter der Unfallchirur- gie des Klinikums Großhadern der Universität München.

Um Mißverständnissen vorzu- beugen, betonte Ärztetagspräsident Dr. Karsten Vilmar: An die Stelle ob- solet gewordener institutioneller

Hierarchien müssen funktional bezo- gene Hierarchien treten – ausgerich- tet auf die verschiedenen Führungs- und Entscheidungsfunktionen. Der Universitätslehrer sei nicht mehr der Alleskönner und Alleinbestimmer.

Eine weitere These: Die Medizini- schen Fakultäten dürfen sich nicht

nur als „Durchlauferhitzer“ verste- hen, indem sie den Nachwuchs nur bedingt und zeitlich befristet in die Krankenversorgung, Forschung und Lehre einbeziehen. Vielmehr müßten in den Universitätskliniken ebenso wie in den anderen Krankenhäusern Lebensstellungen für qualifizierte Ärzte geschaffen werden.

Lehre vernachlässigt

Eine weitere „Selbstgänger-The- se“ vor dem Ärztetag: Die Lehre wird oftmals vernachlässigt, sie hat an den Medizinischen Fakultäten einen großen Nachholbedarf, sie rangiert in Deutschland häufig nach der For- schung. Der Sprecher der Fachtagung Medizin, Thomas Isenberg, Univer- sität Düsseldorf, der als Gast vor dem Ärztetag sprach, behauptete sogar, die Lehre sei zu einer „Feierabend- Beschäftigung“ verkommen. Die Ver- quickung von Professur und die Rolle des akademischen Lehrers mit dem des Chefarztes führe dazu, daß die Lehrenden sich mehr um die lukrative Patientenversorgung und um die For- schung, kaum aber um die fest bezahl- te Lehre kümmerten. „Die ostdeut- schen hatten einen wesentlichen Vor- teil gegenüber den westdeutschen Hochschullehrern, denn sie durften nicht reisen und hatten keine Privat- patienten und daher sehr viel mehr Freizeit für die Lehre“, konstatierte Prof. Dr. Heinz Diettrich, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Dresden. Prof. Dr. Dr. Dieter Adam, München, ergänzte: „Wenn die These von den Lehrdefiziten und den schlechten Lehrern stimmt, müßten wir in Deutschland die am schlechte- sten ausgebildeten Ärzte haben. Dies trifft aber nicht zu. Es gibt auch noch gute Lehrer.“

Prof. Becker referierte eine an- dere These, wonach auch die For- schung zu kurz komme. Zudem sei die Verwendung der Staatszuschüsse für die Lehre und Forschung intranspa- rent, und es gebe sich widersprechen- de Aussagen, wonach die Forschung und Lehre die universitäre Kranken- versorgung subventionierten, wohin- gegen die Krankenkassen eine umge- kehrte Quersubventionierung kriti-

sieren. !

A-1681

P O L I T I K 99. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 25, 21. Juni 1996 (35) Prof. Dr. Horst Dieter Becker, Klinikum Schnarren-

berg, Chirurgische Klinik, Universität Tübingen

Prof. Dr. Gunter Lob, Unfallchirurgie des Klinikums Großhadern, Universität München

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Tatsache ist: Das Ressourcen- Management an den 36 Universitäts- kliniken und Fakultäten muß verbes- sert werden. Die Gesamtaufwendun- gen belaufen sich auf rund 20 Milliar- den DM für die Forschung, Kranken- versorgung und Lehre. Ungefähr sechs Milliarden DM geben die Län- der als Zuschuß für die Forschung und Lehre aus. Der Rest muß aus (vom Ärztetag als unverzichtbar bezeichne- ten) Drittmitteln und vor allem aus den Vergütungen aus der Krankenver- sorgung bestritten werden.

Was soll nun anders werden?

Zunächst sollen die Fakultäten als

Orte der Lehre wesentlich erweitert werden. Die Medizinische Hochschu- le müsse die Aufgaben der Lehre, Forschung und umfassender Kran- kenversorgung integriert wahrneh- men. Die Ausbildung der Studenten soll nicht mehr nur an Universitätskli- niken, sondern auch in Lehrkranken- häusern, Polikliniken und Ambulan- zen, Lehrpraxen niedergelassener Ärzte und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens erfolgen. Grund:

Weniger als 10 Prozent aller Patienten werden überhaupt in Krankenhäu- sern behandelt, nur 0,5 Prozent in Hochschulkliniken. Nur acht Prozent aller Krankenhausbetten stehen in Universitätskliniken, 92 Prozent außerhalb. Auf diese Reservoir sollte zurückgegriffen werden, so Prof.

Hoppe, um die Medizinerausbildung

mehr praxis- und anwendungsbezo- gen auszurichten. Prof. Hoppe be- klagte, daß einige Fakultäten nur noch losen Kontakt zu außeruniver- sitären Einrichtungen hätten. Dies müsse geändert werden.

Kapazitäten anpassen

Strukturanpassungen sind vor al- lem auch bei den Ausbildungskapa- zitäten erforderlich, betonte Prof.

Lob. Während die beiden Sprecher der Studentenschaft davor warnten, die 8. Novelle zur Änderung der Ap- probationsordnung für Ärzte dazu zu mißbrauchen, die Zahl der Medizin- studenten und Hochschulabsolventen drastisch zu reduzieren, war es mehr- heitliche Auffassung des Ärztetages, die Hochschulkapazitäten nicht an den Klappsitzen in den Hörsälen zu orientieren, sondern auch an der Zahl der für die Forschung und Lehre ge- eigneten und bereiten Patienten aus- zurichten. Das Kapazitätsrecht müsse den Erfordernissen einer stärkeren Praxisorientierung des Studiums an- gepaßt werden, so Prof. Horst Dieter Becker. Die Änderung der Kapa- zitätsverordnung durch die Länder und die Novelle zur Approbations- ordnung müßten als Junktim verstan- den werden. Denn die Ausbildungs- qualität wird maßgeblich von den Hochschulkapazitäten bestimmt.

Der mit großer Mehrheit ange- nommene Leitantrag zu TOP III plä- diert für Strukturreformen und eine neue, erweiterte Medizinische Fakul- tät. Dies setzt eine neue Sinnbestim- mung und Aufgabendefinition der Hochschullehrer voraus. Die medizini- schen Einrichtungen sollten Schwer- punkte benennen, die sie im Wettbe- werb zu anderen Universitäten fort- entwickeln. Zugleich müsse die Lei- tungs- und Entscheidungsstruktur neu organisierter Fakultäten angepaßt werden. Bei einer erweiterten Fakultät müßten die Aufgaben-, Verantwor- tungs- und Einflußbereiche des De- kans im Bereich der Lehre ausgeweitet werden. Die Management-Funktion des Dekans erfordert dessen haupt- amtliche Tätigkeit – bei entsprechen- der zeitlicher Befristung (sechs Jah- re?). Das in Baden-Württemberg er- probte Konzept:

!Die Zuständigkeiten zwischen Dekan und Fakultätsrat sollen inso- fern neu definiert werden, daß die Fa- kultät durch einen Fakultätsvorstand geleitet wird, dem die Leitung der Fa- kultät und die selbständige Führung der Geschäfte obliegen soll. Ihm sol- len der Dekan, Prodekan, Studiende- kan und Forschungskommissions- Vorsitzende sowie der Leitende Ärzt- liche Direktor des Klinikums und der Verwaltungsdirektor angehören. Um

zu vermeiden, daß Dekanats- und Kli- nikumsverwaltung getrennt werden, wird in Baden-Württemberg die Ver- waltung des Dekanats als Dezernat der Verwaltung der medizinischen Einrichtungen geführt.

!Der Studienbereich wird von zwei Studiendekanen geleitet, denen mehrere wissenschaftliche Mitarbei- ter zuarbeiten. Dies erfordert eine personelle Aufrüstung, denn die De- kanate dürfen nicht wie bisher in Routine-Aufgaben wie etwa der Sich- tung und Prüfung von Dissertationen- oder Habilitationsarbeiten ersticken.

!Der universitäre Forschungs- bereich soll vom Vorsitzenden der Forschungskommission geleitet wer- den. Ihm arbeiten mehrere Wissen- schaftler zu. Die Kommission koordi- niert die Forschungsförderungspro- gramme der Fakultät.

!Der Gremienbereich wird von einem Fachbeamten koordiniert.

Hier werden die Arbeiten des Fakul- A-1683

P O L I T I K 99. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 25, 21. Juni 1996 (37)

Prof. Dr. Harald Mau, Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (Charité)

Prof. Dr. Jörg-D. Hoppe, Vizepräsident der Bundes- ärztekammer, Düren

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tätsrates, der Habilitation, Promotion und Strukturkommission erledigt.

Verkrustete

Führungsstrukturen Prof. Lob kritisierte, daß die ver- tikale Führungsstruktur dazu geführt habe, daß Macht und Einfluß einzel- ner mit ihrer tatsächlichen Kompe- tenz nicht mehr übereinstimmen.

Vielfach würden Klinikdirektoren, die zugleich ihre Lehrfunktion wahrneh- men müssen, ausschließlich nach ihrer wissenschaftlichen Qualifikation aus- gewählt (etwa auf Grund ihrer Publi- kationen oder verfaßten Gutachten).

Führungs- und Management-Qualitä- ten müßten aber heute ebenso gefor- dert werden wie der Nachweis, daß der akademische Lehrer und Klinikdi- rektor auch zur Lehre befähigt ist (pädagogische und didaktische Fähig- keiten). Auch müsse überprüft wer- den, ob seine Vorlesungen bei den

Studenten angenommen werden und der Wissensstoff in der vorgegebenen Zeit auch vermittelt wird. Allerdings fehlen noch objektivierbare Kriterien, um die Qualität des akademischen Lehrers, die der Fakultät und des Aus- bildungsbetriebes zu beurteilen, so Prof. Dr. Reinhard Papst, Rektor der Medizinischen Hochschule Hannover, Mitglied des Präsidiums des Medizini- schen Fakultätentages (MFT) und der

MFT-Kommission für Ausbildungs- und Qualifikationsfragen.

Der Sprecher der Fachtagung Medizin, Thomas Isenberg, sprach sich für eine Professionalisierung der Lehre aus; diese dürfe nicht länger

„Abfallprodukt der klinischen oder wissenschaftlichen Betätigung“ sein.

Es sei eine Legende, daß gute For- scher gleichzeitig ausgezeichnete Ärztinnen und Ärzte sowie didaktisch qualifizierte Lehrer seien. Selbst Ex- perten des Wissenschaftsrates hätten festgestellt: Kein Arzt kann im Keller einer Uni-Klinik intensiv forschen, in der Krankenversorgung Höchstlei- stungen erbringen und gleichzeitig ein begnadeter Lehrer sein. Die Fachta- gung Medizin tritt für eine differen- zierte Aufgabenverteilung ein: Inner- halb der Kliniken müsse es Möglich- keiten geben, diejenigen Klinikärzte und Funktionseinheiten, die eine hochwertige Krankenversorgung ge- währleisten, von ihrem Lehr-engage- ment zu entlasten. Gleichzeitig sollten qualifizierte Ausbilder angestellt wer- den, die sich gegenüber der Fakultät verpflichten, die Ausbildung des me- dizinischen Nachwuchses intensiv durchzuführen und nach Qualitäts- standards zu garantieren.

Die Wissenschaftsministerien und die Hochschulen werden in einem Beschluß aufgefordert, Mittel und Wege zu finden, um die Lehrfähigkeit gegenüber den vielfach lukrativeren Tätigkeiten in Forschung und Kran- kenversorgung aufzuwerten.

Im Verbund von Krankenversor- gung, Forschung und Lehre muß auch die Weiterbildung an Instituten und Kliniken einen angemessenen Stellen- wert erhalten. Wegen der in bestimm- ten Weiterbildungsgängen erforderli- chen Hochspezialisierung kann es not- wendig werden, Teile der Weiterbil- dungskenntnisse außerhalb der Fakul- täten zu erwerben. In der „erweiterten Fakultät“ könnte eine Rotationswei- terbildung im Rahmen der Weiterbil- dungsbefugnis im Verbund von mehre- ren zur Weiterbildung befugten Ärztin- nen und Ärzten durchgeführt werden.

Um mehr Wettbewerb und Lei- stungstransparenz für die Hochschul- medizin zu implementieren, sollten die Budgetmittel im personellen, im Sachmittel- und im investiven Bereich getrennt für die Bereiche Lehre und

Forschung erfolgen. Die Finanzie- rung der Krankenversorgung müsse verursachergerecht durch die Versi- cherungen erfolgen und kosten- deckend sein. Trotz der getrennten Buchführung müßten die Bereiche und Zuständigkeiten personell aber auf das engste integriert bleiben.

Künftig müßten sich die Hoch- schulen und Medizinischen Fakultä- ten stärker auf ihre Dienstleistungs- funktion und am Gemeinwohlinteres-

se ausrichten. Mit Hilfe von Leistungs- indikationen, eines eigenen Profils, ei- ner ständigen Effizienzkontrolle und eines umfassenden Qualitätsmanage- ments müßten sich die Medizinischen Fakultäten den härter werdenden Wettbewerbsbedingungen stellen.

Dazu bedarf es aber neben neuer Strukturen auch eines veränderten Leitbildes, einer neuen Unterneh- menskultur für den Dienstleistungs- betrieb Hochschulmedizin. Koopera- tion, Motivation, eine adäquate Perso- nalführung und gerechte Bezahlung sind gefragt – bei klar definierten Ziel- vorgaben. Der mit starkem Beifall be- dachte Vortrag von Prof. Lob brachte ein wesentliches Reformproblem auf den Punkt: „Strukturänderungen sind notwendig, und sie werden kommen.

Strukturveränderungen werden nur dann erfolgreich sein, wenn sie die enormen innovativen Personalkräfte der Medizinischen Fakultäten er- schließen können.“ Dr. Harald Clade A-1684

P O L I T I K 99. DEUTSCHER ÄRZTETAG

(38) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 25, 21. Juni 1996

cand. med. Thomas Isenberg, Fachtagung Medizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Dominikus Boensch, Vertreter der Studenten im Marburger Bund, Lichtenfels-Isling

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