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Archiv "Deutscher Apothekertag: Zwischen Kater- und Aufbruchstimmung" (26.09.2003)

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it dem Motto „Herausforderung annehmen – Zukunft gestalten“

mochte sich mancher Delegierte des Deutschen Apothekertages nicht so recht anfreunden. „Der Allparteienkon- sens hat bei uns Fassungslosigkeit und Bestürzung hervorgerufen“, fasste der Präsident der ABDA – Bundesvereini- gung deutscher Apothekerverbände, Hans-Günter Friese, die Reaktionen auf den Gesetzentwurf zur Gesundheitsre- form zusammen. Bis zuletzt hatte der Verband vergeblich für den Fortbestand des Versandhandelsverbots für Arznei- mittel und des Mehrbesitzverbots für Apotheken gekämpft. Der Reformkom- promiss von Regierungskoalition und Union – die noch vor kurzem ganz im Sinne der Apotheker argumentiert hatte – sieht nun vor, das generelle Mehrbe- sitzverbot aufzuheben. Künftig kann je- der Apothekeninhaber bis zu drei Filia- len im selben oder benachbarten Kreis betreiben. Der Fremdbesitz bleibt dage- gen weiterhin verboten. Unter Auflagen erlaubt wird der Versandhandel mit Arz- neimitteln. Voraussetzung ist, dass er aus einer öffentlichen Apotheke mit behördlicher Erlaubnis betrieben wird.

Auch für Versandapotheken gilt die Arz- neimittelpreisverordnung, auch sie müs- sen die Patientenzuzahlung erheben.

„Wir müssen diese Herausforde- rungen offensiv und geschlossen an- nehmen“, appellierte ABDA-Präsident Friese in seiner Eröffnungsrede am 18.

September an die großenteils wenig be- geisterten Delegierten. Bleibe es beim begrenzten Mehrbesitz und würden die Gesetze eingehalten, sei dies „eine überschaubare Angelegenheit“, so Frie- se. Zum Thema Arzneiversand erklärte er: „Wir haben diese Entscheidung nicht gewollt, aber wir sind vorberei- tet.“ Die Antwort des Verbandes: Über die Homepage www.aponet.de könnten

seit dem 18. September Apothekenkun- den jedes in Deutschland zugelassene Arzneimittel online aus der von ihnen gewählten Apotheke bestellen. Gelie- fert werde das Präparat durch die Mitarbeiter einer wohnortnahen Apo- theke noch am selben Tag. „Mit diesem home service binnen weniger Stunden sind wir allemal schneller, für den Kun- den bequemer und garantiert sicherer als der unpersönliche Versand“, betonte Friese mit Blick auf die unliebsame Konkurrenz à la DocMorris, eine nie- derländische Versandapotheke, die of- fensiv auf den deutschen Markt drängt.

Ende der „Rosinenpickerei“

Um die Konkurrenzfähigkeit der klassi- schen Einzelapotheke zu verbessern, setzt die ABDA auf eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung, die eben- falls Teil der anstehenden Gesundheits- reform ist. Das so genannte Kombi-Mo- dell koppelt das Honorar der Apotheker vom Einkaufspreis ab. Bislang verdien- ten die Apotheker umso mehr, je teurer ein Medikament war – was das hochprei- sige Segment für „Rosinenpicker“ inter- essant machte. Stattdessen erhält der Apotheker künftig einen dreiprozenti- gen Aufschlag auf den Einkaufspreis so- wie einen Festzuschlag von 8,10 Euro je Packung. Der vorgeschriebene Rabatt für die gesetzlichen Krankenkassen be- trägt einen Euro. Diese „fundamentale Neuregelung“ (Friese) beurteilte ein großer Teil der Basis in der gesundheits- politischen Debatte weit weniger opti- mistisch als der ABDA-Vorstand.

Sorge bereitet den Apothekern auch die vorgesehene Preisfreigabe bei nicht- verschreibungspflichtigen Medikamen- ten.Allerdings sei es in den Ländern, die dies bereits umgesetzt hätten, nicht zu

dramatischen Preiseinbrüchen gekom- men, erklärte ABDA-Hauptgeschäfts- führer Prof. Dr. Rainer Braun. Bei ratio- naler Kalkulation schließt er einen sol- chen Effekt auch in Deutschland aus.

„Der Berufsstand sollte sich hüten, durch unvernünftige Preiskalkulation die Ware Arzneimittel zu kommerziali- sieren“, mahnte Braun – soll heißen:

Man sollte sich nicht gegenseitig durch Preisdumping ruinieren.

Als Angebot betrachtet ABDA-Prä- sident Friese die Neuregelungen zur in- tegrierten Versorgung, die die Apothe- ker ausdrücklich miteinbeziehen. Da- nach können künftig beispielsweise Ver- einbarungen zur pharmazeutischen Be- treuung durch Vertrags- oder Hausapo- theken getroffen werden – ausgeschlos- sen bleiben aber, ganz im Sinne der Apo- theker, Einzelverträge über den Preis.

Sowenig sich auch die Vorstellungen der Apotheker in der Gesundheitsre- form wiederfinden, versuchte doch ABDA-Präsident Friese seinen Kolle- ginnen und Kollegen die Krise als Chan- ce zu zeichnen. „Stecken wir den Kopf nicht in den Sand, sondern gehen wir die Herausforderungen offensiv an und ge- stalten unsere Zukunft mit unseren wettbewerbsfähigen und wettbewerbs- überlegenen Angeboten“, forderte er die Delegierten auf. Angesichts hefti- ger Kritik an der Interessenvertretung mahnte er gleichzeitig zur Geschlossen- heit, denn nur so ließen sich die künfti- gen Herausforderungen meistern. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Mari- on Caspers-Merk, ließ keinen Zweifel daran, dass den Apothekern gar nichts anderes übrig bleibt, als diese bittere Pil- le zu schlucken: „Wir haben entschie- den. Das Reformgesetz war ein schwie- riger Kompromiss, und wir stehen zu all seinen Facetten.“ Heike Korzilius P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 3926. September 2003 AA2477

Deutscher Apothekertag

Zwischen Kater- und Aufbruchstimmung

Die Apotheker fühlen sich von der Gesundheitsreform hart getroffen.

Mehrbesitz und Arzneiversand sind beschlossene Sache. Mit Konzepten wie dem des

home service und der Hausapotheke will man nun die eigene Position festigen.

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