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Archiv "Deutscher Apothekertag: „Heißer Herbst“ erwartet" (06.10.2000)

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ir beobachten mit großer Sorge Fehlentwicklungen im Gesund- heitswesen“, wandte sich Hans- Günter Friese an Bundesgesundheitsmi- nisterin Andrea Fischer. Der Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deut- scher Apothekerverbände sprach anläss- lich der Eröffnung des 50. Deutschen Apothekertages am 28. September in Köln und zielte mit seiner Kritik

vor allem auf das Arzneimit- telbudget. Dieses inadäquate Steuerungsinstrument der Arz- neimittelversorgung sei am En- de der Sackgasse angelangt. Pa- tienten, Ärzte und Apotheker seien mit einer Vorgabe kon- frontiert, die dem tatsächlichen Versorgungsbedarf nicht ent- spreche. Frieses Fazit: „Es fin- det eine ,stille‘ Rationierung in der Arzneimittelversorgung statt.“ Dabei werde die kosten- günstige Therapieform Arznei- mittel gegenüber nicht budge- tierten Leistungen diskriminiert.

Mit Blick auf das Aktionsprogramm, das die Kassenärztliche Bundesvereini- gung zur Begrenzung der Arzneimittel- ausgaben in diesem Jahr erneut aufgelegt hat, erwartet der ABDA-Präsident einen

„heißen Herbst, der die Patienten wieder einmal verunsichern wird.“ Wenn die Arzneimittelausgaben patientengerecht gesteuert werden sollten, gehöre das Budget abgeschafft. Stattdessen müsse man auf die pharmazeutische Beratung von Ärzten und Patienten setzen. Friese stellt sich darunter unter anderem Fol- gendes vor: In regionalen Arzneimittel- kommissionen erarbeiten Ärzte und Apotheker gemeinsam Arzneimittel- übersichten und nutzen dazu regionale Verordnungsanalysen. Damit erhielten die Ärzte erstmals im Vorhinein alle not- wendigen Informationen zu wirschaftli- chen Verordnungen. Das sei sachgerecht

und fair im Gegensatz zum heute dro- henden Regress im Nachhinein.

Zum effizienteren Umgang mit den Ressourcen des Gesundheitswesens soll auch ein Telematik-Projekt der ABDA beitragen. Dort hat man ein elektroni- sches Rezept inklusive Patientendaten- karte entwickelt, die auch für die Arz- neimitteldokumentation genutzt werden

kann. Gleich- oder gegensinnige Verord- nungen könnten so erkannt, Selbstmedi- kation und ärztliche Verordnung syn- chronisiert, Gegenanzeigen und Inter- aktionen berücksichtigt werden. Frieses Appell an Fischer lautete deshalb, die ge- setzlichen Grundlagen für die Versicher- tenkarte 2000 plus zu schaffen.

Fällt das Versandverbot?

Neben dem Arzneimittelbudget gilt eine der Hauptsorgen der Apotheker dem Versandhandel von Arzneimitteln über das Internet. Friese sieht sich in der

„kategorischen Ablehnung“ dieser Ver- triebsform auf einer Linie mit Ärzten, Verbraucherorganisationen und den Verbänden der Pharmaindustrie. Der Handel über das Internet heble Sicher- heitsstandards, wie sie die Apotheken

garantierten, aus. Außerdem seien die Pillen aus dem Web nicht unbedingt bil- liger. Das klare Nein zum Versandhan- del bedeute aber nicht, dass die Apothe- ker das Internet verteufelten. „Wir wol- len das Internet als Informationsmedi- um ,rund um das Arzneimittel‘ nutzen“, sagte Friese und kündigte an, dass, auch als Gegengewicht zu unseriösen Akteu- ren, ein öffentliches Gesundheitsportal der Apotheken mit Informationen für Patienten und Verbraucher errichtet werden solle. Gegen die Konkurrenz aus dem Ausland, allen voran die Internet- Apotheke im niederländischen Kerkra- de wollen die Apotheker gerichtlich vor- gehen. Noch ist in Deutschland der Ver- sandhandel mit Arzneimitteln verboten.

Dass dies nicht so bleiben muss, klang in der Rede von Bundesgesundheitsmini- sterin Fischer an. Unbestritten sei zur- zeit der Vertrieb von Arzneimitteln über das Internet noch mit Risiken behaftet, räumte sie ein. Aber mit Warnungen al- lein lasse sich die Zukunft nicht gestal- ten. Nationale Verbote scheiterten an der Grenzenlosigkeit des Internet. Sie forderte die Apotheker auf, sich dem Wettbewerb zu stellen und ihn mit einem besseren Angebot, das Beratung und Si- cherheit vereine, zu gewinnen. Fischer kündigte an, sie wolle die ABDA noch in diesem Jahr zu einem Expertenge- spräch einladen, bei dem vor allem auch die ausländischen Erfahrungen mit dem Versandhandel über das Internet disku- tiert werden sollen.

In der Frage der Arzneimittelbudge- tierung blieb die Ministerin hart. „So- lange wir keine geeigneteren Steue- rungsinstrumente haben, werden Bud- gets notwendig sein.“ Auch die Kritiker seien bislang realistische Alternativen schuldig geblieben. Gut die Hälfte der Kassenärztlichen Vereinigungen, die ihr Budget 1999 eingehalten hätten, be- legten, dass die Steuerungswirkung der Arzneimittelbudgets ohne Qualitäts- einbußen für die Patientenversorgung funktioniere. Darüber hinaus habe das Ministerium den Sachverständigenrat beauftragt, ein Gutachten zu Fragen der Unter-, Über- und Fehlversorgung zu erstellen. „Ich hoffe, dass wir damit auf einer rationalen Grundlage darüber reden können, wo in unserem Gesund- heitssystem die Defizite liegen“, sagte

Fischer. Heike Korzilius

P O L I T I K

A

A2582 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 40½½6. Oktober 2000

Deutscher Apothekertag

„Heißer Herbst“ erwartet

ABDA-Präsident Friese kritisierte die Arzneimittelbudgetie- rung und den Versandhandel über das Internet.

Blieb hart in Sachen Arzneimittelbudget: Ministerin Fischer beim Deutschen Apothekertag in Köln

Foto: ddp

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