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Archiv "Deutscher Apothekertag: „Von Muff kann keine Rede sein“" (08.10.2004)

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erhalten war die Stimmung unter den rund 260 Delegierten des Deutschen Apothekertages. Seit gut neun Monaten leben sie jetzt mit der Gesundheitsreform, deren endgül- tige Folgen für den Berufsstand noch nicht absehbar sind. Mit einem „tief- blauen Auge“ sei man davon gekom- men, sagte der Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothe- kerverbände, Hans Günter Friese, bei der Eröffnung am 30. September in München. In der Tat haben die 21 300 Apotheken in Deutschland neben fi- nanziellen Einbußen auch strukturelle Veränderungen hinnehmen müssen.

Dazu kommt, dass die Apotheker ihre Rolle im Gesundheitswesen nicht genü- gend gewürdigt sehen. Sowohl die phar- mazeutische als auch die soziale Bedeu- tung des Apothekers werde zwar von der Bevölkerung, aber nicht ausrei- chend von der Politik bedacht, beklagte Friese.

Bittere Pillen für den Berufsstand waren vor allem die Aufhebung des Ver- sandhandelsverbots bei Arzneimitteln und die Erlaubnis des eingeschränkten Mehrbesitzes von Apotheken. Noch sind die Folgen „unübersichtlich“. Nach Angaben von ABDA-Haupgeschäfts- führer Prof. Dr. Rainer Braun haben sich inzwischen etwa ein Dutzend „pro- fessionelle“ Versandhändler im Markt etabliert, neben etwa 600 bis 800 Apo- theken, die eine Versandhandelserlaub- nis erworben hätten, „wohl aber eher, um einem gelegentlichen Bedarf recht- mäßig nachkommen zu können, oder unter dem Aspekt, für alle Fälle dabei zu sein“, vermutet Braun. Außerdem wur- den im ersten Halbjahr 2004 circa 360 Filialen gegründet, davon 70 Prozent

durch Übernahme und 30 Prozent durch Neugründung.

Die größte Gefahr – diese Ansicht teilen Braun und Friese – geht jedoch von dem neuen Trend aus, dass einzelne Unternehmen versuchen, „unter reinen Gewinnaspekten den Markt zu er- obern“. Mit den Rezeptannahme- und Arzneimittelabgabestellen, mit der die Drogeriemarktkette dm – bislang er- folglos – einen Fuß in den Arzneimittel- markt zu setzen hoffte, mit den Koope- rationen von Versandapotheken mit dem Handelskonzern Karstadt oder dem Internetauktionshaus ebay droht nach Ansicht von Friese und Braun der Beginn einer Entwicklung, „die das Arzneimittel nicht mehr als besondere und beratungsbedürftige Ware betrach- tet, sondern als ein Konsumgut“. Eine weitere Liberalisierung – wie sie nach wie vor von der Politik gefordert wird – geht der ABDA deshalb zu weit.

Bewährtes erhalten

Aber: „Es wird für uns Apotheker durch diese Stimmungsmache immer schwieriger, sinnlosen Reformbestre- bungen zu widersprechen oder Bewähr- tes zu erhalten, ohne als rückständig zu gelten“, beklagte Friese. Dabei hätten die Apotheker einen enormen Reform- willen gezeigt. „Von Muff kann keine Rede sein“, so der ABDA-Präsident.

Die Zukunft des Berufsstandes liegt nach Ansicht des Apothekerchefs in der pharmazeutischen Dienstleistung. Chan- cen bietet vor allem die Teilnahme an Verträgen zur Integrierten Versorgung.

Friese zufolge muss es nun darum ge- hen, sich mit pharmazeutisch qualifizier-

ten Angeboten in die besonderen Ver- sorgungsformen einzubringen. In die- sem Zusammenhang sei es besonders wichtig, das Hausapothekenmodell um- zusetzen und weiterzuentwickeln. Der Deutsche Apothekerverband und seine Landesverbände haben bereits erste Verträge mit Krankenkassen abge- schlossen.Auf Bundesebene gibt es eine Vereinbarung mit der Barmer Ersatz- kasse, auf Landesebene mit regionalen Krankenkassen. Über weitere Verträge werde verhandelt, berichtete ABDA- Hauptgeschäftsführer Braun. Mehr als 10 000 Apotheken hätten bereits an ent- sprechenden Fortbildungsveranstaltun- gen teilgenommen und die erforderliche Zertifizierung zum Hausapotheker er- worben.Außerdem verhandelt der Deut- sche Apothekerverband seit kurzem mit Krankenkassen und ärztlichen Berufs- verbänden, darunter dem Deutschen Hausärzteverband, über dreiseitige Ver- träge zur Integrierten Versorgung. Mit einem ersten Abschluss rechnet Braun noch in diesem Jahr.

Die Glaubwürdigkeit der Beratung und damit die heilberufliche Kompo- nente des Apothekerberufs fördert nach Ansicht von Friese auch die von der ABDA befürwortete Änderung der Arz- neimittelpreisverordnung. Das so ge- nannte Kombi-Modell koppelt das Ho- norar der Apotheker vom Einkaufspreis ab. Bislang verdienten die Apotheker umso mehr, je teurer ein Medikament war. Stattdessen erhält der Apotheker künftig einen dreiprozentigen Aufschlag auf den Einkaufspreis sowie einen Fest- zuschlag von 8,10 Euro je Packung.

Das Profil der Apotheker als Heilbe- rufler betonte auch Klaus Theo Schrö- der. Der Staatssekretär im Bundesge- sundheitsministerium hatte als einziger Vertreter der Politik die Einladung der Apotheker wahrnehmen können. Im Bundestag wurde zur gleichen Zeit namentlich über eine Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundes- wehr abgestimmt. Doch trotz allen Lo- bes für das konstruktive Mitwirken der Apotheker bei der Gesundheitsre- form dürfte das letzte Wort in Sachen Liberalisierung noch nicht gesprochen sein. „Die Einführung des Versand- handels hat immerhin bewirkt, dass sich der Apothekenmarkt bewegt“, so Schröder. Heike Korzilius P O L I T I K

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A2722 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 418. Oktober 2004

Deutscher Apothekertag

„Von Muff kann keine Rede sein“

Die Apotheker wollen neue Chancen aus der Gesundheitsreform

nutzen und sich an Verträgen zur Integrierten Versorgung

beteiligen. Weitere Liberalisierungsbestrebungen lehnen sie ab.

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