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er Termin hätte perfekt sein kön- nen. Vier Tage nach der Bundes- tagswahl kam in Köln der Deut- sche Apothekertag zu seiner Hauptver- sammlung zusammen. Die Gesund- heitspolitiker von SPD, CDU/CSU und FDP hatten sich ebenfalls eingefunden.Das Pech für die Apotheker – auch vier Tage nach der Wahl zeichnete sich noch immer kein tragfähiges Regierungs- bündnis ab. Mithin wusste auch nie- mand konkret zu sagen, wohin die Reise in der Gesundheitspolitik gehen wird.
Die Apotheker haben bei der jüng- sten Gesundheitsreform einige Kröten schlucken müssen. So wurde der Ver- sandhandel mit Arzneimitteln erlaubt und das Mehrbesitzverbot von Apothe- ken gelockert. Die Preise für Präparate der Selbstmedikation wurden freigege- ben, die Arzneimittelpreisverordnung für verschreibungspflichtige Medika- mente geändert. „Die Apotheker haben einen erheblichen Solidarbeitrag für das Gesundheitswesen geleistet“, hatte der Präsident der ABDA – Bundesver- einigung Deutscher Apothekerverbän- de, Heinz-Günter Wolf, noch im Vorfeld des Apothekertages betont. Er wieder- holte deshalb bei der Eröffnungsveran- staltung seine Forderung an die Politik, den Akteuren im Gesundheitswesen die notwendige Zeit zur Umsetzung der bestehenden Reformen einzuräumen.
Getreu dem Motto des diesjährigen Apothekertages „Apotheker – Partner der Patienten“ will sich die ABDA insbesondere in der Integrierten Ver- sorgung engagieren. Das aus Apothe- kersicht bislang erfolgversprechendste Beispiel ist das Barmer-Hausapothe- ken-Hausarzt-Modell. In dessen Rah- men prüft der Apotheker alle Arznei- mittel, auch die nicht vom Arzt verord- neten, auf mögliche Wechselwirkungen oder Doppelverordnungen. Das Modell
komme an, sagte Wolf. Knapp 34 000 Hausärzte, 18 000 Apotheken und mehr als eine Million Patienten beteiligten sich daran. Mit einer solchen Strategie, die den Apotheker als Heilberufler und Arzneimittelmanager der Patientinnen und Patienten etabliert, hofft die ABDA offenbar, weiteren Liberalisierungsten- denzen der Politik entgegentreten zu können. Nicht von ungefähr sprach sich ABDA-Präsident Wolf erneut dafür aus, die Apothekenpflicht für Arznei- mittel ebenso beizubehalten wie das Fremdbesitzverbot.
Positive Signale kamen von den Ver- tretern der politischen Parteien – ange-
sichts der unklaren Machtverhältnisse aber wohl ohne Gewähr. „Die Gesund- heitspolitik wird auch in der nächsten Legislaturperiode eine herausragende Stellung einnehmen“, sagte Gudrun Schaich-Walch, bislang stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfrakti- on und dort zuständig für Gesundheit.
Sie hat allerdings am 18. September nicht mehr für den Bundestag kandi- diert. „Wir haben mit der Reform 2004
einen tragfähigen Kompromiss erzielt.“
Es müsse nun darum gehen, das GKV- Modernisierungsgesetz weiterzuentwik- keln. „Ich sehe keine Notwendigkeit für ein Vorschaltgesetz“, betonte Schaich- Walch. Sie reagierte damit auf Forderun- gen des AOK-Bundesverbandes, die Ausgabensteigerungen bei Arzneimit- teln per Gesetz einzudämmen. „Wir ha- ben mit der Gesundheitsreform einen vernünftigen Weg beschritten. Sinnvoll ist jetzt eine Politik kleiner Schritte“, nahm die SPD-Politikerin die ABDA- Forderung auf. Beifall erntete sie für ihre Aussage, dass auch innerhalb der SPD keine weitere Lockerung des Mehrbe- sitzverbots geplant sei.
Nicht nur in diesem Punkt stimmten auch Wolfgang Zöller, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundes- tagsfraktion und dort zuständig für Ge- sundheit, sowie Heinrich Leonard Kolb, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, mit Schaich- Walch überein. „Ich habe großes Ver- ständnis dafür, wenn die Akteure im Gesundheitswesen nach den vielen Reformen der letzten 15 Jahre nun Planungssicherheit erwar- ten“, schloss sich Zöller dem Argument seiner Vor- redner an. Erst einmal müsse die beschlossene Reform sauber umgesetzt werden.
Einig waren sich alle Beteiligten außerdem über das vordringlichste Pro- blem in der Gesetzlichen Krankenversicherung: die Reform der Einnahmesei- te. Gudrun Schaich-Walch räumte dabei weder der Bürgerversicherung noch der Kopfpauschale Chan- cen auf eine Umsetzung ein: „Diese Modelle kön- nen in den Schubladen der Wahlkämp- fer liegen bleiben.“ Auch Zöller be- mühte den Begriff der Kopfpauschale nicht mehr. Es werde nur dann gelin- gen, dauerhaft mehr Ruhe und Konti- nuität in das System zu bringen, „wenn wir die Anbindung der Finanzierung an die Löhne und damit die Belastung der Lohnnebenkosten angehen“, er- klärte der CSU-Politiker reichlich diplo- matisch. Heike Korzilius P O L I T I K
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A2604 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 39⏐⏐30. September 2005
Deutscher Apothekertag
Hoffen auf ruhige Zeiten
Die Apotheker haben vor Reformhektik gewarnt und
sich dafür ausgesprochen, die begonnenen Reformaßnahmen im Gesundheitswesen zunächst wirken zu lassen.
ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf setzt auf die Beteiligung der Apotheker an Modellen der Integrierten Versorgung.
Foto:Elke Hinkelbein