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Archiv "Arzt sein und dennoch rauchen?: Schlechtes Vorbild 2" (20.11.1975)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

FORUM

Schlechtes Vorbild

Ein Arzt, der vor seinen Patienten raucht oder auch sonst in Aus- übung seines ärztlichen Dienstes raucht, gibt zu erkennen, daß das Rauchen nicht gesundheitsschäd- lich ist, und wiegt damit den Beob- achter in Sicherheit.

Dr. Dr. med. Max Henke 1000 Berlin 19 (Charlottenburg) Reichsstr. 81

Den Ausführungen des Autors muß man — leider — in vollem Umfang zustimmen. Nach bisherigen Erfah- rungen mit anderen Drogensüchti- gen ist aber voraussehbar, daß auch die angesprochenen Kollegen alle seine Argumente in den Wind schlagen werden, so wie sie es — trotz besseren Wissens — auch schon bisher getan haben.

Die Führungsrolle der Ärzteschaft auf dem Gebiete der Krankheits- verhütung sollte sich nicht nur in der Propagierung von Vorsorgeun- tersuchungen erschöpfen. Im Vor- dergrund müßte doch viel mehr die systematische Erziehung der Be- völkerung zu einer verantwor- tungsbewußten, vernünftigen Le- bensführung stehen und gefördert werden, denn man soll nicht den zweiten Schritt ohne den ersten tun.

In den Augen der meisten Mitbür- ger gilt der Arzt — trotz aller fern- gelenkten Anfeindungen — immer noch als Leitbild. Wie aber soll ein Arzt, welcher selbst meilenweit nach kaltem Rauch stinkt bzw.

duftet oder der gar vor den Augen von Nichtärzten qualmt und sich womöglich noch durch Anbieten oder Verschenken von Zigaretten anbiedert, wie soll ein solcher Arzt seine Patienten von der polytopen Schädlichkeit des Rauchens über- zeugen? Man hört ja immer wieder

„Mein Hausarzt raucht doch auch, also ist es sicher nicht so schlimm, denn der muß es ja wissen."

Der Prozentsatz der immer noch rauchenden Ärzte ist leider beacht- lich. Gerade diese Kollegen aber sind die wertvollsten Verbündeten der Zigarettenindustrie, denn sie entlasten deren ohnedies schon astronomischen Werbeetat in ei- nem kaum abschätzbaren, aber si- cherlich nicht geringen Ausmaß.

Der zu erwartende Einwand, als Arzt stehe man mehr als andere Berufe unter ständigem Streß und müsse daher rauchen, kann wohl nicht ernst genommen werden, da sich einseitige berufliche Belastun- gen bekanntlich auch auf andere Weise kompensieren lassen.

Wenn Herr Schmidt schreibt „Rau- chen für Ärzte nicht standesge- Politik gegen das Rauchen

„Jede Regierung sollte eine zentra- le Einrichtung schaffen, deren Auf- gabe es ist, alle Programme für die Einschränkung und die Verhütung von Zigarettenrauchen vorzuberei- ten, zu koordinieren und zu über- wachen. Diese zentralen Einrich- tungen sollten von den Regierun- gen die notwendige finanzielle Un- terstützung erhalten.

Schlußbemerkungen

0 Alle Regierungen sollten durch ihre Parlamente beauftragt werden, in regelmäßigen Abständen einen Bericht zum Thema „Rauchen und Gesundheit" zu veröffentlichen, ei- nen Bericht, der u. a. Ausführungen darüber enthält, welche Fortschrit- te in der Bekämpfung des Rau- chens seit dem letzten Bericht er- zielt worden sind und was weiter- hin getan werden muß.

O Alle Regierungen sollten darauf hinwirken, daß das Nichtrauchen mit positiven Aspekten versehen wird. Sie sollten außerdem alles in ihren Kräften Stehende tun, um die Bevölkerung ihrer Länder mit aus- reichenden Möglichkeiten zu ver- sehen, die es dieser Bevölkerung gestatten, ihre Freizeit sinnvoll und gesundheitsbewußt zu verbringen.

Parlamentarier und Regierungs- vertreter sollten davon Abstand nehmen, in der Öffentlichkeit und besonders im Fernsehen zu rau- chen. Das Werbeverbot für Tabak- produkte im Fernsehen ist nahezu wirkungslos, wenn Parlamentarier und Regierungsvertreter im Fern- sehen rauchen.

O Alle Maßnahmen der Regierun- gen müssen dazu beitragen, eine Änderung in unserem Lebensstil zu erzeugen: Eine Änderung da- hingehend, daß das Nichtrauchen die Norm und das Rauchen die Ausnahme ist.

Anschrift des Verfassers:

Staatssekretär

Prof. Dr. med. Fritz Beske 23 Kiel

Sozialministerium Brunswiker Straße 16-22

Arzt sein und dennoch rauchen?

Der Artikel hieß: „Rauchen für Ärzte nicht standesgemäß" (Prof. Dr.

med. Ferdinand Schmidt, Heft 23/1975) und stellte die These auf:

Ein Arzt raucht nicht in der Öffentlichkeit. Die provozierende The- se des Autors erzeugte eine starke Reaktion. Eine so große Men- ge von Leserbriefen ging ein, daß wir uns entschlossen, die Stel- lungnahmen in einem längeren Beitrag zusammenzufassen. Die überwiegende Mehrheit der Leserbriefschreiber stimmte dem Arti- kel lebhaft zu (bedingt unter anderem dadurch, daß positiv moti- vierte Leser offenbar von einer Welle zu Briefen an die Redaktion animiert wurden), ein einziger lehnt ihn ab. Ein anderer faßte ihn als Stoff für eine Satire auf und zeigte, daß man auch dieses sicher ernste Thema mit Humor abhandeln kann.

3268 Heft 47 vom 20. November 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Arzt sein und dennoch rauchen?

mäß", so sind mit dieser provokati- ven Formulierung nicht nur die rau- chenden Kollegen angesprochen, sondern es sind gleichzeitig auch unsere ärztlichen Standesorganisa- tionen zur Mitwirkung aufgerufen.

Quid faciendum?

Prof. Dr. med. Rudolf Hoschek 7 Stuttgart

Urbanstraße 98

Rauchsünderkartei mit

Punktsystem und ähnliche Visionen Zerknirscht muß ich gestehen, bis- lang auch zu jenen Bösewichten gehört zu haben, die nikotinsüchtig an der Wurzel allen ärztlichen Han- delns, dem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten, ge- nagt haben und damit — bewußt oder unbewußt — zu Totengräbern des ärztlichen Images und der Inte- grität des Heilberufes wurden. Da es aber mit Zerknirschung allein nicht getan ist, entschloß ich mich, Nichtraucher zu werden. Entgegen der Ansicht von Prof. Schmidt, vor- erst von Standesgerichtsverfahren für rauchende Ärzte abzusehen, halte ich strenges Vorgehen, und zwar auf Grund meiner subtilen Kenntnis der Widerborstigkeit und Uneinsichtigkeit langjähriger Rau- cher, für unbedingt indiziert. Des- halb schlage ich die Einrichtung ei- ner Raucherkartei mit Punktsystem und Aberkennung der Approbation auf Zeit nach Erreichen eines ge- wissen Punktekontos, analog der Flensburger Verkehrssünderkartei, vor. Verfahrensweise und Kontroll- möglichkeiten (ich denke z. B. an Leibesvisitationen bei Kongreßbe- suchern, Tabakschnüffler und der- gleichen) müßten noch erarbeitet werden.

Wenn wir aber schon einmal dabei sind, den Arztstand zum Vorbild ei- ner gesundheitsbewußten Gesell- schaft zu formen, sollten wir nicht auf halbem Wege stehen bleiben.

Daher mein Vorschlag Nr. 2: Alle übergewichtigen Ärzte sind eben- falls unter die Rubrik Wurzelnager und Imagemuffel einzuordnen und mittels geeigneter Maßnahmen auf

ein Idealgewicht zu bringen. Daß einer solchen Aktion erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung be- sonders im Hinblick auf die notlei- dende Textilindustrie beizumessen wäre, soll nur am Rande erwähnt werden. Auch hier könnten die Kongreßveranstalter bahnbrechend tätig werden. So ließen sich durch- aus die kleineren Veranstaltungen künftig in Turn- oder Schwimmhal- len abhalten. Während die Zuhö- rerschaft sich wassertretend im Becken versammelt, besteigt der Vortragende stolz das Sprungbrett, was nebenbei eine ganz unauffälli- ge Demonstration der feinen hier- archischen Unterschiede gestatten würde: dem nur mit einfachem

Doktortitel ausgestatteten Redner wird das Einmeter-, dem Privatdo- zenten das Dreimeterbrett und dem Professor der Fünfmeterturm zuge- wiesen. Eine Anregung aus gleich- gesinntem Freundeskreis, jeder Vortragende habe sich neben der selbstverständlich vorauszusetzen- den fachlichen Qualifikation auch durch eine entsprechende athleti- sche Leistung (z. B. 1 1 /2-Salto vorwärts vom Einmeterbrett bzw.

Kammgriffriesenfelge mit Hecht als Abgang vom Reck) zu legitimieren, dürfte derzeit allerdings noch Zu- kunftsmusik sein.

Eine Vielzahl von Vorschlägen wäre noch zu unterbreiten, müßte ich nicht befürchten, die Zeit des geneigten Lesers zu sehr in An- spruch zu nehmen. Ein Problem al-

lerdings, das mich bewegt und das zu lösen mir bisher nicht gelang, möchte ich dem Leser noch unter- breiten: ich bin Vater von 5 Kin- dern — alle ehelich natürlich. Im Hinblick auf die Weltbevölkerungs- explosion ist eine Familie mit 5 Kindern als asozial einzuordnen.

Andererseits schreibt Herr Prof.

Schmidt in seinem Artikel, ein Arzt habe zu bedenken, „daß die Ge- sellschaft das Recht hat, auch in ethischer Hinsicht mehr von ihm (dem Arzt) zu fordern als von ei- nem Angehörigen einer anderen Berufsgruppe". Gehört das mit den Kindern nun zur Ethik?

Dr. med. Wolfgang Köster Arzt für Allgemeinmedizin 565 Solingen-Wald

Friedrich-Ebert-Str. 236

Glaubwürdigkeit

... Ich halte es für selbstverständ- lich, daß der Arzt nicht raucht, und sehe es auch als Leitbild eines Arztes an, hier vorbildlich zu wir- ken. Jeder Arzt, der in Gegenwart seiner Patienten noch raucht, macht sich unglaubwürdig. Wenn er überhaupt raucht natürlich ge- nauso. Ich muß annehmen, daß ein rauchender Arzt entweder die Lite- ratur nicht kennt, d. h. mit seiner Fortbildung nicht Schritt hält, oder so abhängig ist, daß er seinen Pa- tienten gegenüber nur unglaubwür- dig erscheint. Das Ärzteblatt sollte sich weiter dafür einsetzen, daß diese Forderung von Herrn Prof.

Schmidt öffentlich bekanntge- macht und auch durchgesetzt wird.

Nur durch vorbildliches Verhalten der Ärzte läßt sich auch der undis- ziplinierte Kranke beeinflussen.

Dr. med. W. Hornbacher Facharzt für innere Krankheiten Leitender Arzt des Kurmittelhauses 898 Oberstdorf (Allgäu)

Pri nzenstr./Ludwigstr.

Ein im Dienst rauchender Internist kann nicht glaubwürdig sein. Das wirkt sich in der gesamten thera- peutischen Leistung, besonders hinsichtlich der Patientenführung

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft

47 vom 20. November 1975

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