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Archiv "Arzt sein und dennoch rauchen?: Wissenschaftliche Fakten werden unterlaufen" (20.11.1975)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Arzt sein und dennoch rauchen?

worte ich stets, daß ich auch Men- schen kenne, die einen Flugzeug- absturz oder einen Sprung aus dem 3. Stockwerk überlebten. Nie- mand weiß jedoch vorher von sich selbst, ob er zu den wenigen Glücklichen zählen wird, die das Rauchen tolerieren, ohne Schaden zu nehmen.

Prof. Dr. U. Gottstein

Chefarzt der medizinischen Klinik des Bürgerhospitals

6000 Frankfurt (Main) Nibelungenallee 37-41

Wissenschaftliche Fakten werden unterlaufen

Auch ich unterstütze die Arbeit des

„Ärztlichen Arbeitskreises Rau- chen und Gesundheit e. V." seit seiner Gründung in Mannheim im Februar 1971. ... Bedenklicher stimmt mich das Verhalten eines Teils der Ärzteschaft, das unsere wissenschaftlich untermauerten Aussagen über die Schädlichkeit des starken Rauchens unterläuft, indem diese Ärzte sich selbst als Viel- oder Dauerraucher produ- zieren.

In diesem Zusammenhang finde ich die Bemerkung einer Patientin zu- treffend, die von einem Kollegen wegen einer Suchtkrankheit begut- achtet wurde; dieses Gutachten focht sie an, weil der Gutachter selbst bei der Untersuchung rauchte und sich damit in ihren Augen als abhängig gezeigt habe. Ärzte, die in der Praxis rauchen oder in der Öffentlichkeit als Dauerraucher agieren, machen sich und uns un- glaubwürdig.

Dr. Gottfried Tourneur 4775 Lippetal-Herzfeld Lippborger Str. 15

Einstellung der Ärzte ändern!

... Schmidt und dem von ihm ge- gründeten „Ärztlichen Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit" gebührt die volle Unterstützung aller derer,

denen das öffentliche Wohl angeb- lich oder tatsächlich am Herzen liegt. Die Ärzteschaft, seit gerau- mer Zeit auf die Glaubwürdigkeit ihres Mottos „Salos aegroti — so- prema lex!" durchleuchtet, ist da in erster Linie aufgerufen. Peinlich im Sinne des Anspruchs bezüglich Ethik und Fortbildungsstand der Ärzteschaft sind Bemerkungen von Laien, die ich auf die Schädlichkeit ihrer Rauchgewohnheiten aufmerk- sam mache: „Das sagen Sie mal Ihrem Kollegen, der raucht wie ein Schlot!"

Oder noch beschämender, neben dem schlechten Beispiel die ver- bale Verharmlosung als Ausdruck der eigenen Insuffizienz von seiten rauchender Kollegen gegenüber Patienten und sonstigen Zeit-

genossen: „Ach, wissen Sie, das mit dem Rauchen wird ja auch völ- lig übertrieben!" Ich bin im übrigen sehr gespannt, wie lange noch die öffentlichen Stellen, der Fiskus und Versicherungsträger, angesichts der zunehmenden sozialökonomi- schen Belastungen durch das Heer der Bronchitiker und Herzinfarkt- patienten mit drastischen Konse- quenzen warten. Egal, der Appell

Schmidts muß zuerst Einstellung und Verhalten der Ärzte ändern.

Dr. med. Hans-Joachim Tepe 5000 Köln 91

Postfach 94 01 66

Auch Gewerkschaftsfunktionäre sollen Vorbild sein!

... Von Jahr zu Jahr erfährt die Öf- fentlichkeit mehr und mehr das In- teresse des Deutschen Gewerk- schaftsbundes in den Bereichen der Sozialversicherung und weiter- schreitend in den Bereichen der Gesundheitspflege. Stellenweise versteht sich der Deutsche Ge- werkschaftsbund auch schon als Vertreter der „nicht organisierten"

Kranken, für die er glaubt, Refor- men zugunsten der Versicherten einführen zu müssen, wie er sie sich vorstellt. Bei diesem Bestre .- ben vermisse ich, daß der DGB das unsoziale Verhalten der Versicher- ten anprangert, die sich die „Frei- heit" nehmen, zu rauchen und da- mit sich selbst und indirekt die Versichertengemeinschaft zu schä- digen! Völlig unbestreitbar und je- dem Gewerkschaftsfunktionär be- kannt ist doch die Tatsache, daß Krankheitsanfälligkeit, Krankheits- verschlechterung, Erholungsverzö- gerung, Arbeitsunfähigkeit bis zur Erwerbsunfähigkeit auf Dauer und schließlich Tod mit der schweren Belastung der Hinterbliebenenver- sorgung den Rauchern anzulasten sind. Wie schon ausgeführt, wäre bei dieser Lage nicht nur das mah- nende Wort des DGB, das Rauchen aufzugeben, nötig, sondern das Vorbild wäre erforderlich! Das heißt ganz deutlich: In den Büros der Gewerkschaften, in Gewerk- schaftsversammlungen, in Be- triebsversammlungen und in Schu- lungskursen sollte das Rauchen als gesundheitsschädlich und bela- stend für die Sozialversicherung ausfallen. Eine soziale Verpflich- tung, kein Verbot! Ist das zuviel verlangt? Die Gewerkschaften kön-

nen doch nicht immer bloß Rechte fordern. Ich habe mich gefragt, ob nach der Herkunft und nach der Be-

3272 Heft 47 vom 20. November 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Arzt sein und dennoch rauchen?

schäftigungsart (Büro) der Gewerk- schaftsfunktionäre ein solcher Vor- schlag oder eine solche Forderung auf vorbildliche gesundheitliche Selbstbestimmung aus sozialer Verantwortung eine Überforderung wäre. Ich meine, daß die gegensei- tige kollegiale Ermahnung sehr hilf- reich sein könnte und das bekann- te Zusammengehörigkeitsgefühl sich vom Kampf um die materielle Sicherung der Arbeitnehmer auch auf die Gewinnung und Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit und geistigen Unabhängigkeit von Mitteln der Anregung und Vergif- tung erstrecken könnte. Das wäre gewissermaßen ein gehobenes So- zialverhalten.

Dr. med. Bernhard Klinger 8802 Oberdachstetten Hohenau 4

Rauchen:

Ursache der Kostenexplosion?

... Durch haltloses Rauchen, durch Alkohol und Überernährung sich die Gesundheit ruinieren und die Kosten dann der Allgemeinheit an- lasten, dieses tagtäglich millionen- fach praktiziert, darin liegt doch die Hauptursache der jetzt allseits beklagten Kostenexplosion im Ge- sundheitswesen. Kenner der Mate- rie haben uns diese Entwicklung schon vor vielen Jahren vorausge- sagt. Sollte man diese Zusammen- hänge im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT nicht noch sehr viel deutli- cher artikulieren, damit es nicht immer wieder heißt, nur die Ärzte- honorare seien schuld an der Ko- stenmisere? Was im übrigen unser persönliches Verhalten hinsichtlich der genannten vermeidbaren Risi- kofaktoren anbetrifft, so haben wir Ärzte, wenn wir glaubwürdig blei- ben wollen, gar keine andere Mög- lichkeit als die, unseren Patienten mit gutem Beispiel voranzugehen.

Prof. Dr. med. Heepe Chefarzt

Städt. Krankenhaus Stade Medizinische Klinik 216 Stade (Elbe) Postfach 20 49

ZITAT

Meine Lunge gehört mir?

„Im Grunde geht es darum, ei- nen guten Kampf — um einen solchen handelt es sich — kulti- viert zu führen. Im Kampf gegen Überfettung, Alkoholismus und venerische Krankheiten hat man längst erkannt, daß an die Stelle von Verfolgung und Ver- bot, wie das etwa in der unseli- gen ,Prohibition'-Zeit Amerikas der Fall war, die Aufklärung zu treten hat. Die Raucherbe- schimpfung ist auf keinen Fall der Weg zur Heilung des Übels;

sie ruft nur Opposition hervor.

Raucher sind keine Aussätzi- gen. Sie sind höchstens die be- dauernswerten Opfer einer Lei- denschaft. Und in einer Zeit, in der die Abtreibung mit dem Ar- gument verteidigt wird, daß die Frau ein Anrecht auf den eige- nen Körper habe, ist es gerade- zu grotesk, dem Raucher das Recht auf seinen eigenen Kör- per abzusprechen.

Die letzte Wahrheit scheint wohl in ,Des Knaben Wunderhorn' zu stehen: ,Tabak, Tabak! ach adli- ges Kraut! / Tabak, Tabak! du stinkendes Kraut! / Wer dich er- fand, ist wohl lobenswert, / Wer dich erfand, ist wohl prü- gelnswert.' Die einen loben, was die anderen verdammen. Die Ei- ferer und Geiferer haben auf

keinen Fall recht. ,Die deutsche Frau raucht nicht': bekannte Töne. In Deutschland — auch andere Länder bekämpfen das Rauchen, aber sie tun es urban

— wird wieder einmal maßlos übertrieben. Die Spaltung einer hart genug geprüften Nation auch noch in Raucher und Nichtraucher ist ein grober Un- fug, dem rechtzeitig Halt gebo- ten werden muß. Wer unbedingt einen Feind sucht, kann ihn mü- helos finden. Der Raucher als Teufel, die Raucherin als Hexe sind ungeeignete Objekte."

(Hans Habe in: „Welt am Sonn- tag" vom 17. August 1975)

... und zum Schluß noch einmal der Autor des provokanten Artikels selbst

Es ist sehr erfreulich, daß die gro- ße Mehrzahl der Leserzuschriften meinen Standpunkt teilt, daß ein Arzt nicht rauchen sollte. Wenn das Wohl des Patienten oberstes Gesetz bleiben soll, hat im Wider- streit zwischen ärztlichem Berufs- ethos und persönlichem Genuß der letztere zurückzutreten. Bei 140 000 Zigarettentoten pro Jahr ist das Problem zu ernst, um darüber in oberflächlicher Weise zu wit- zeln.

Der Prozentsatz rauchender Ärzte hat deshalb überall stark abgenom- men, wie aus internationalen Stati- stiken hervorgeht. Der kürzlich be- endete 3. Weltkongreß Smoking and Health in New York unter Be- teiligung von 500 Experten aus 54 Ländern gab im übrigen Empfeh- lungen, die in dieser Hinsicht noch wesentlich weitergehen als die Forderungen des 1. Deutschen Nichtraucherkongresses.

Sie lauten u. a.:

„Um eine neue Generation in Ge- sundheitsberufen heranzubilden, die sich um eine medizinische Um- gebung ohne Tabakrauch bemüht, muß von Angehörigen von Gesund- heitsberufen schon jetzt verlangt werden, sich gesundheitsbewußt zu verhalten, insbesondere nicht zu rauchen.

Nichtrauchen in Ausübung des Dienstes sollte eine Bedingung für die Beschäftigung in Gesundheits- einrichtungen sein.

Von Bewerbern für Gesundheitsbe- rufe sollte als Zulassungsbedin- gung verlangt werden, im Dienst nicht zu rauchen.

Die vereinten Anstrengungen von Angehörigen der Gesundheitsberu- fe können mithelfen, das Rauchen gesellschaftlich nicht akzeptabel zu machen ..."

3274 Heft 47 vom 20. November 1975 DEUTSCHES ÄRZTE BLATT

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