Bericht und Meinung NACHRICHTEN
„Das Blaue Papier"
für den Patienten
Die vom 83. Deutschen Ärztetag im Mai in Berlin beschlossenen
„Gesundheits- und sozialpoliti- schen Vorstellungen der deut- schen Ärzteschaft (,Blaues Pa- pier`)" sind Anfang Juli von der Bundesärztekammer in einer so- genannten Populärfassung vorge- legt worden: In Konzeption, Auf- machung und Sprache wendet sie sich vor allem an Patienten und ist deshalb auch für die Auslage in den Wartezimmern der niederge- lassenen Ärzte vorgesehen.
Patient und Arzt stehen im Mittel- punkt der Broschüre; der Patient fragt, der Arzt antwortet.
Da jedes Thema im Rahmen eines solchen Patient/Arzt-Gespräches abgehandelt wird, konnte der Text selbstverständlich „populärer" als in der Originalfassung gestaltet werden. Ganz bewußt sind nicht nur die Belange des ärztlichen Be- rufes, sondern „Patiententhemen"
in den Vordergrund gestellt wor- den.
Die 48seitige handliche Informa- tionsschrift spricht wichtige und aktuelle Bereiche unseres Ge- sundheitswesens an, wie zum Bei- spiel: die Versorgung der Bevölke- rung durch niedergelassene Ärzte, die Versorgung im Krankenhaus, Vorsorge und Krankheitsfrüh- erkennung, Notfalldienst und Ret- tungswesen, Gesundheitserzie- hung, Rehabilitation, Suchtkrank- heiten, Katastrophenschutz und Fortbildung des Arztes.
Wie sich Ärzte die künftige Gestal- tung des Gesundheitswesens vor- stellen, wie überhaupt die ärztli- che Versorgung der Bevölkerung noch weiter verbessert werden kann, darauf wird in flotter und leichtverständlicher Form unter Berücksichtigung der im „Blauen Papier" enthaltenen Prinzipien ge- antwortet. Fotos, Grafiken und Statistiken lockern den sachlichen Text auf.
Die moderne grafische Gestaltung der Informationsschrift wird, so er- wartet die Pressestelle der deut- schen Ärzteschaft, mit dazu beitra- gen, daß die Populärfassung „Das Blaue Papier" eine breite Öffent- lichkeit erreicht. WZ
Drogentherapie:
Es fehlt an Plätzen
Zur Forderung nach mehr Thera- pie statt einer Strafe für Drogenab- hängige nahm die Bundesministe- rin für Jugend, Familie und Ge- sundheit, Antje Huber, im SPD- Pressedienst Stellung. Eine effek- tive Drogentherapie sei nicht nur durch das geltende Strafrecht, sondern auch durch den Mangel an Therapieeinrichtungen in Fra- ge gestellt, meinte Frau Huber.
Die geschätzte Zahl der Drogenab- hängigen in der Bundesrepublik Deutschland beträgt derzeit 45 000. Dem stehen nach neue- sten Meldungen der Länder nur 1800 Langzeitplätze in 60 Thera- pieeinrichtungen gegenüber. Frau Huber appellierte an die Länder, das Therapieangebot für Drogen- abhängige zu erweitern.
Im neuen Betäubungsmittelge- setz, das zur Zeit vom Bundestags- ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit beraten wird, soll die Strafe für den abhängigen „klei- nen Dealer" herabgesetzt werden, um ihm den Strafmakel der Verur- teilung zu ersparen und um eine bessere Heilung des Drogensüch- tigen zu ermöglichen. Dazu legten die Landesjustizminister folgende Vorschläge vor:
> Strafaussetzung zu Bewäh- rung mit Verpflichtung zur The- rapie,
> Verwarnung mit Strafvorbe- halt,
> Vorzeitige Tilgung der Strafe aus dem Strafregister und
> Schuldfeststellung ohne Verur- teilung mit Therapieauflage. Hä
Kampagnen
gegen das Rauchen
Die Einführung eines speziellen
„Krebspfennigs - , das heißt eines Rehabilitationszuschlages, mit dem jede Zigarette belastet wer- den sollte, hat jetzt der „Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und Ge- sundheit e. V., Mannheim", emp- fohlen. Ähnlich wie in Belgien soll diese Sondersteuer direkt den Krankenkassen zufließen, um spe- ziell die Prävention von Raucher- krankheiten zu finanzieren.
In einer aus Anlaß des Internatio- nalen Kongresses „Rauchen oder Gesundheit (am 19.. 120. Mai in Bonn) veröffentlichten Resolution heißt es. die Solidargemeinschaft der Krankenkassen und die Mehr- zahl der nichtrauchenden Versi- cherten dürften nicht weiter mit Kosten belastet werden, die durch vorsätzlich selbstverschuldete Raucherkrankheiten unter Miß- achtung des Solidaritätsprinzips verursacht werden.
An die Politiker, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, insbe- sondere aber an Ärzte und Päd- agogen, appelliert der Arbeits- kreis, sich ihrer „gesundheitspoli- tischen Verantwortung als Leitbil- der* . für die Jugend verstärkt be- wußt zu werden und wenigstens in der Öffentlichkeit auf das Rau- chen zu verzichten.
Die britischen Ärzte und Ärzte an- derer Länder hätten sich bereits dazu entschlossen, mit gutem Bei- spiel voranzugehen.
An die ärztlichen Organisationen wird appelliert, in Verhandlungen mit den gesetzlichen Krankenkas- sen eine spezielle Position zur Ho- norierung präventivmedizinischer Beratungen zu vereinbaren.
Die Gesundheitsämter sollten sich verstärkt in die Gesundheitserzie- hung auch an den Schulen ein- schalten und nachdrücklich auf die Gefahren des Nikotinmiß- brauchs hinweisen. EB
1890 Heft 31 vom 31. Juli 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT