Weltgesundheitstag 1980:
„Rauchen oder Gesundheit — Deine Wahl"
Was kann der niedergelassene Arzt dazu beitragen?
Ferdinand Schmidt
FORUM
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Weltgesundheitstag 1980 unter das Motto „Rauchen oder Gesundheit — Deine Wahl" ge- stellt. Sie hat damit nicht nur zum Ausdruck gebracht, daß Rauchen und gesundheitsbewußtes Verhalten miteinander unvereinbar sind; sie hat damit auch das Jahr 1980 zum
„Jahr des Nichtrauchens" erklärt, weil sie sich darüber im klaren ist, daß man durch Aktionen an einem Tag keine Verhaltensänderung be- wirken kann. Schon 1975 hatte die WHO in der Broschüre „Smoking and its Effects an Health" festge- stellt, daß durch keine andere Ein- zelmaßnahme mehr Menschenleben gerettet und mehr Krankheiten ver- hütet werden könnten als durch eine deutliche Senkung des Zigaretten- konsums. In einer weiteren Broschü- re (1979) „Controlling the smoking epidemic" hat die WHO empfohlen, Nichtrauchen als das normale So- zialverhalten zu betrachten und alle Maßnahmen zu fördern, die diesem Ziel dienen. Zahlreiche Vorschläge, wie dies geschehen könnte, werden darin aufgeführt.
Leider haben auch viele Kollegen die Bedeutung des Rauchens für die Volksgesundheit in ihrer vollen Tragweite noch nicht erkannt. Im- mer noch gibt es rauchende Ärzte, obwohl die 20-Jahre-Analyse an 35 000 britischen Ärzten keinen Zweifel daran gelassen hat, daß der Rauchertod auch vor Ärzten nicht haltmacht: Die Zahl der Herzinfarkte vor dem 45. Lebensjahr war bei rau- chenden Ärzten nicht weniger als 15mal höher als bei den nichtrau- chenden. Die Sterblichkeit der rau-
chenden britischen Kollegen vor dem 70. Lebensjahr war auf das Doppelte erhöht.
Ärzte sollten jedoch nicht nur in ih- rem eigenen Interesse nicht rau- chen, sondern auch im Hinblick auf ihre Leitbildfunktion. Wer das Wohl seiner Patienten als die suprema lex ärztlichen Handelns anerkennt, soll- te schon deshalb nicht rauchen, weil der Rat eines rauchenden Arztes an einen Patienten, das Rauchen einzu- stellen, ohne die Autorität des eige- nen Vorbildes nicht überzeugen kann. Leider betrachten manche Kollegen das Rauchen immer noch mehr als ein Privatvergnügen als als eine Bedrohung der Volksgesund- heit von erstrangiger Bedeutung, die jeden verantwortungsbewußten Arzt verpflichtet, in seiner Praxis einen aktiven Beitrag zur Senkung des Zi- garettenkonsums zu leisten. Auch der Gynäkologe und Geburtshelfer hat dazu ungezählte Möglichkeiten, insbesondere bei der Beratung rau- chender Schwangerer. Die Frage
„Rauchen Sie?" sollte ein integrie- render Bestandteil des ärztlichen Gesprächs sein, schon im Hinblick auf mehr als ein Dutzend Krankhei- ten, die durch Rauchen verursacht oder begünstigt werden. In allen die- sen Fällen sollte, falls diese Frage bejaht wird, der Rat, das Rauchen einzustellen, eine Selbstverständ- lichkeit insbesondere bei Zigaretten- rauchern und rauchenden Schwan- geren sein.
Wir haben den Eindruck gewonnen, daß viele Ärzte diesen Rat auch des- halb unterlassen, weil sie die damit verknüpfte Gegenfrage der Patien-
„Ärzte sollten nicht nur in ihrem eige- nen Interesse nicht rauchen, sondern auch im Hinblick auf ihre Leitbildfunk-
tion” Foto: pbp
ten, wie man dieses Ziel am besten erreicht, nicht mit überzeugenden Empfehlungen beantworten kön- nen. Zudem ist die in einer überfüll- ten Praxis für den einzelnen Patien- ten zur Verfügung stehende Zeit für ein ausführliches Gespräch zu kurz.
Der Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit hat deshalb Überle- gungen angestellt, wie man dieser Situation am besten Rechnung tra- gen könnte, ohne die Kollegen in der Praxis zusätzlich zu belasten. Er bie- tet einen Faltständer „Ich rate mei- nen Patienten nicht zu rauchen" ko- stenlos für Ihr Wartezimmer an. Au- ßerdem können Sie vom Arbeitskreis Merkblätter mit zahlreichen Tips zur Raucherentwöhnung, Exemplare des Faltblatts „Tatsachen über das Rauchen" und einen Sonderdruck
„Sind Sie Raucherin?" kostenlos anfordern.
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med.
Ferdinand Schmidt Ärztlicher Arbeitskreis
Rauchen und Gesundheit Maybachstraße 14-16 6800 Mannheim
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 4 vom 24. Januar 1980 215