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Archiv "Das ungeborene Kind raucht mit" (04.01.1979)

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(1)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Schlußwort

Meine Darstellung sollte zeigen, daß bei der Keratoconjunctivitis epide- mica (K. e.), ähnlich wie bei anderen Infektionskrankheiten, sorgfältige und weitgehende hygienische Maß- nahmen selbstverständlich sind. Da- mit aber ist das Problem noch nicht erledigt; eine Epidemie, die außer- halb von Augenambulanzen ent- steht, klingt dadurch noch nicht ab.

Die wichtige Frage, ob für die Aus- breitung der Infektion Eigengesetz- lichkeiten und Dynamik der Epide- mie entscheidend sind oder unzurei- chende hygienische Maßnahmen des Arztes, dürfte durch das Lehr- stück der Epidemie 1969 eindeutig im Sinne meiner Darstellung beant- wortet sein. Das Kapitel der K. e.

sollte man unter dem Gesichtspunkt der Epidemie, nicht des Hospitalis- mus, beurteilen: Im August 1969 wurden zahlreiche Augenambulan- zen, die zuvor jahrelang keinen ein- zigen Fall zu betreuen hatten, plötz- lich von zahlreichen frischen, von

„draußen" kommenden Erkran- kungsfällen überflutet.

Auf das in einem Leserbrief ange- sprochene Problem der iatrogenen Infektion habe ich in meiner Arbeit bereits hingewiesen. Solche Infek- tionen kommen natürlich vor. Gele- gentliche iatrogene Infektionen ha- ben aber meines Erachtens keinen Einfluß auf Verlauf, Ausbreitung und Dauer einer Epidemie. Vielmehr kann nach meinen Erfahrungen auch durch die selbstverständlich erforderlichen extensiven hygieni- schen Maßnahmen in einer Augen- ambulanz eine Epidemie nicht zum Abklingen gebracht oder abgekürzt werden: Die Epidemie spielt sich

„draußen" ab und erlischt mehr oder weniger rasch eines Tages. Na- türlich ist in Epidemiezeiten eine be- sonders sorgfältige Desinfektion, zum Beispiel des Tonometers, drin- gend geboten, besser noch, es un- terbleibt vorübergehend die instru- mentelle Tonometrie. In diesem Zu- sammenhang spielt unter anderem auch die Verwendung von Einmal- Augentropfen eine Rolle.

Verständlicherweise versuchen Au- genkliniken und -praxen sich durch solche Maßnahmen zu schützen.

Wichtig erschien mir der Hinweis, daß aber die Erfolge der erforderli- chen hygienischen Maßnahmen be- grenzt sind, da, wie erwähnt, die Epidemie „draußen" entsteht und dann infizierte Patienten den Augen- arzt aufsuchen. Dies ist nicht Aus- druck einer fatalistischen Haltung, vielmehr das Gegenteil einer Resi- gnation.

Da Göttingen meine Landesuniversi- tät ist, habe ich die dortige Klinik namentlich genannt. Damit wollte ich aber keineswegs ausdrücken, daß die Göttinger Universitäts-Au- genklinik bei der K. e. eine Sonder- stellung eingenommen hätte: Wie allgemein bekannt, hatten zahlrei- che andere Augenkliniken und -ab- teilungen dieselben Probleme.

Dr. med. Georg Vetter Im Fange 75

4500 Osnabrück

ECHO

Zu: „Vermeidbare Risiken in der Schwangerschaft" von Privatdo- zent Dr. med. Matthias Wender- lein in Heft 16/1979, Seite 1086 ff.

Das ungeborene Kind raucht mit

„Bei Schwangeren genügen bereits zwei Zigaretten, um eine deutliche Abnahme der Atembewegungen des unge- borenen Kindes zu verursa- chen. Der regelmäßige tägli- che Konsum von 20 Zigaret- ten führt zur Verdoppelung der Frühgeburtenquote. Das sind bittere Feststellungen, die Privatdozent Dr. M. Wen- derlein von der Universitäts- frauenklinik in Erlangen im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT trifft ..." (dpd in: Dill-Zei- tung und andere Tageszei- tungen)

Blasenhalsinzision bei Obstruktion des Blasenhalses

Nach einer ersten Übersicht über die Erfolge der transurethralen Blasen- halsinzision bei neurogenen Blasen (1978) berichten die Autoren jetzt (1979) über insgesamt 200 Blasen- halsinzisionen bei 172 Patienten mit mechanischen oder funktionellen Blasenhalsobstruktionen neuroge- ner beziehungsweise nicht neuroge- ner Genese.

Die Inzisionen wurden in bekannter Weise transurethral bei 5, 7 und 12 Uhr vorgenommen. Neben den sub- jektiven postoperativen Angaben waren objektive Erfolgskriterien die Höhe des Restharns, Miktiogramm und urodynamische Untersuchung.

Ätiologisch handelt es sich haupt- sächlich um neurogene Blasen (n 66) oder diabetisch, idiopathisch oder durch Blasenhalssklerose be- ziehungsweise unbekannte Ätiolo- gie (n = 78) bedingte Blasenhalsob- struktionen.

Geheilt oder gebessert wurden 76 Prozent der Männer und 71 Prozent der Frauen, wobei 50 Reeingriffe notwendig waren. Die vom Urologen gefürchtete retrograde Ejakulation wurde postoperativ bei nur 7 Pro- zent der Männer beobachtet, die Ge- samtkomplikationsrate betrug 2,5 Prozent.

Die berichteten Erfolge sind überra- schend gut, etwas irritierend ist die Tatsache, daß neurogene und nicht- neu rogene Blasenhalsobstruktionen teilweise zusammengefaßt wurden.

Einige Hinweise zur differenzierten Indikation transurethrale Resektion versus Blasenhalsincision wären sinnvoll gewesen. Hii

Petri, E., Walz, P. H.; Jonas, U.: Transurethral bladder neck operation in neurogenic bladder, Eur Urol. 4 (1978) 189-191, Jonas, U., Petri, E., Honenfellner, R.: Urol. int. 34 (1979) 260-265, Dr. E. Petri, Prof. Dr. U. Jonas, Urologische Universitätsklinik, Langenbeckstraße 1, D-6500 Mainz

FÜR SIE GELESEN AUSSPRACHE

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 42 vom 18. Oktober 1979 2737

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die Hochtonschwerhörigkeit jen- seits des sechzigsten Lebensjahres wird zumeist als Presbyakusis ge- wertet, und dies mit etwa der glei- chen Selbstverständlichkeit, mit der der Augenarzt die altersentspre- chende Weitsichtigkeit als Presby- opie deutet. Während aber die Alte- rung des Auges den mechanischen Teil, nämlich die Linse betrifft, ver- mutet man den Altersabbau der Hör- funktion vornehmlich in den senso- rischen oder neuralen Anteilen des Hörsystems. Deshalb fragt sich, ob es überhaupt berechtigt ist, die Schwerhörigkeit im hohen Lebens- alter als schicksalhaft, das heißt aus- schließlich endogen entstanden und somit allein altersbedingt, zu deuten.

Der durchschnittliche Altersabbau des Gehörs ist bei der Industriebe- völkerung deutlicher ausgebildet als bei innerafrikanischen Ureinwoh- nern; er wird also mitbestimmt vom Zustand des Gefäß- und Kreislaufsy- stems und von der Exposition ge- genüber Umweltnoxen, insbesonde- re dem Lärm (Rosen, Plester und Mitarbeiter 1962, 1964). Das heißt zugleich, daß in der „Presbyakusis"

des Industriemenschen ein Anteil enthalten ist, um den die Urafrikaner weniger schwerhörig sind und den Glorig und Nixon (1962) deshalb als Soziakusis definierten.

Für die Wertung der Altersschwer- hörigkeit stützt man sich allgemein auf Bezugskurven, die aus statisti- schen Mittelwerten in Abhängigkeit vom Lebensalter bei sonst Hörge- sunden stammen (Hinchcliffe 1959;

Jatho und Heck 1959, Glorig 1961, Corso 1963, Spoor 1967, Schmidt 1967). Sie berücksichtigen die Er-

fahrung, daß der Hörverlust bei alten Menschen vorwiegend den Hoch- tonbereich betrifft. Nur Schuknecht (1964) deutet diesen Hochtonabfall als Ausdruck einer im Innenohr gelegenen Degeneration, während zum Beispiel Fleischer (1956) durch den Nachweis eines mit dem Le- bensalter kongruent zunehmenden Schwundes der Ganglienzellen zu belegen versuchte, daß die Hoch- tonschwerhörigkeit des alten Men- schen peripher-neural entsteht. Die- se Vorstellung wurde gestützt durch die Beobachtung, daß die Degenera- tion der Nervenfasern ebenfalls am stärksten innerhalb derjenigen Schneckenwindung ausgebildet ist, in der die hohen Frequenzen fortge- leitet werden. Auf eine altersabhän- gige Beteiligung auch zentral-neu- raler Hörbahnanteile würde die Be- einträchtigung des dichotischen Sprachverstehens sowie des Rich- tungshörens hinweisen (Kirikae, Sa- to und Shitara 1964; Feldmann 1960;

Matzker 1957). Anatomische Kor- relate altersbedingter zentraler Schwerhörigkeit meinen Hansen und Reske-Nielsen (1965) im Nu- cleus cochlearis, im oberen Oliven- komplex, im Vierhügelgebiet und im Corpus geniculatum gefunden zu haben.

Bei audiometrischen Untersuchun- gen über die Altersschwerhörigkeit wurde zumeist lediglich die Ton- schwelle einer möglichst großen Zahl von Probanden berücksichtigt, gegliedert nach Dezennien; alters- unabhängige Hörschäden wurden aussortiert. Wir dagegen hatten uns die Aufgabe gestellt, ein ausgesuch- tes Kollektiv alter Menschen vielsei- tig audiometrisch zu untersuchen, um nicht nur über das Ausmaß, son-

In vielseitigen audiometri- schen Untersuchungen ließ sich nachweisen, daß die Schwerhörigkeit alter Men- schen nicht, wie allgemein an- genommen, in den neuralen Anteilen der Hörbahn ent- steht, sondern im Sinnesor- gan des Innenohrs. Sie ist nicht Ausdruck einer physio- logischen Alterung der me- chanischen Strukturen wie beispielsweise der Elastizi- tätsschwund in der Linse des Auges. Altersnormen gelten deshalb auch nur begrenzt:

Sechzigjährige können schon deutlich „alters"schwerhörig sein, Achtzigjährige aber noch gut hören.

dern auch über Art und Sitz der Hör- störung Aufschluß zu erhalten. Wir hofften, auf diese Weise zwischen vermutlich allein altersbedingten Höreinbußen bei noch gut hörenden sehr alten Menschen einerseits und vom Lebensalter weitgehend' unab- hängigen Hörschäden bei weniger alten andererseits unterscheiden zu können. Wenn die „ausschließliche Altersschwerhörigkeit" zentral ent- stünde, dann wären bei ihr neurale Kriterien zu erwarten, während exo- gene und sonstige endogene Noxen sich eher in einem sensorischen Hörschaden äußern müßten.

Untersucht wurden 252 Patienten (104 Männer und 148 Frauen), davon waren 109 bis zu 70 Jahren alt, 143 waren 71 Jahre und älter. 22 Prozent der Patienten wurden in einem Ab- stand bis zu einem halben Jahr nachuntersucht, um einen Beleg über die Zuverlässigkeit der Anga- ben, der Testergebnisse und damit der Untersuchungstechnik zu erhal- ten.

) Die Befunde basieren auf einem For- schungsbericht im Auftrage der Arbeits- gemeinschaft der Eisen- und Metallberufs- genossenschaften unter dem Titel „Audio- metrische Abgrenzung der Altersschwer- hörigkeit von der Lärmschädigung des Ge- hörs". Eine HNO-ärztlich ausgerichtete Kurzfassung erschien in HNO (Bed.) 26 (1978) 406-413.

Die Schwerhörigkeit im Alter

Ernst Lehnhardt*)

Aus der Hals-Nasen-Ohren-Klinik

(Direktor: Professor Dr. Dr. Ernst Lehnhardt) der Medizinischen Hochschule Hannover

2738 Heft 42 vom 18. Oktober 1979

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Schwerhörigkeit im Alter

Befunde

Im Tonaudiogramm bestätigte sich die allgemeine Beobachtung einer zu den hohen Frequenzen hin abfal- lenden Schwelle. Bei den Männern erreichte der mittlere Hörverlust für 4000 Hertz 60 Dezibel, bei Frauen blieb er unter 50 Dezibel. Mehr als 10 Prozent der Ohren waren überhaupt ohne nennenswerten Hörverlust ge- blieben (bis zu 40 Dezibel bei 250 bis 8000 Hertz), und zwar etwa gleich häufig in den einzelnen Altersgrup- pen bis zu den Achtzigjährigen.

Bei den überschwelligen Tests (Er- kennen kleiner Lautstärkeänderun- gen, Erkennen der Tonschwelle im Geräusch, Musculus-stapedius-Re- flex) wiesen die Ergebnisse ganz überwiegend, das heißt zu 90 Pro- zent oder mehr, auf einen Sitz des Hörschadens im Innenohr hin.

Untereinander stimmten die Ergeb- nisse der einzelnen Tests fast voll- ständig (98,5 Prozent) miteinander überein; bei mehr als 60 Prozent der Probanden war außerdem der Sta- pediusreflex in allen Prüffrequenzen noch auslösbar.

Der sprachaudiometrische Hörver- lust hielt sich in engen Grenzen, er überschritt nur ausnahmsweise 15 Dezibel. Das Verstehen einsilbiger Wörter bei 65 Dezibel (das ist die Lautstärke normaler Umgangsspra- che aus einem Meter Entfernung) er- reichte bei mehr als einem Drittel der Probanden noch annähernd 100 Prozent; ein weiteres Drittel kam ebenfalls auf ein volles Einsilberver- stehen, allerdings erst bei zuneh- mend größeren Schallpegeln. Beim restlichen Drittel der Versuchsper- sonen war die Verständlichkeit zu sehr großen Lautstärken hin rück- läufig; dies gilt vor allen Dingen für die über Achtzigjährigen.

Das Sprachverstehen stimmt mit dem Tongehör hinreichend überein, sowohl für Zahlen wie für einsilbige Wörter, das heißt, es gelten insofern für alte Menschen gleiche Regeln wie für Normalhörende beziehungs- weise Schwerhörige jüngeren Alters (Lehnhardt 1974).

Von 215 Probanden ließen 113 kei- ne, fünf eine beidseits schwere Behinderung des getrenntohrigen Sprachverstehens erkennen; bei et- wa einem Drittel war die Störung seitendifferent, zum Teil kraß unter- schiedlich. Der Anteil fehlenden Handikaps wird mit zunehmendem Lebensalter kleiner.

Diskussion

Mit der allgemein vertretenen Vor- stellung, die „Altersschwerhörig- keit" sei zum überwiegenden Teil Ausdruck neuraler, zentralneuraler oder zentraler Funktionseinbußen, lassen sich die von uns regelmäßig erhobenen Befunde einer Innenohr- schwerhörigkeit nicht vereinbaren;

derartige Vorstellungen wären nur zu bestätigen gewesen, wenn sich die Schwerhörigkeit audiometrisch als neurale Hörstörung erwiesen hätte.

In gleichem Sinne ist die große Zahl (mehr als 50 Prozent) nichtpatholo- gischer Befunde beim getrenntohri- gen Sprachverständlichkeitstest zu werten; auch ihr Rückgang auf etwa 30 Prozent im achten und neunten Dezennium ist nicht allein als alters- bedingt zu erklären, sondern kann ebenso die Folge interkurrenter Al- terskrankheiten sein, die von einer innenohrbedingten Hörstörung be- gleitet sind. Diese Deutung entsprä- che der Regression des Verstehens einsilbiger Wörter während des glei- chen Zeitraumes und würde die rela- tiv schnelle Zunahme des Handikaps innerhalb eines oder zweier Jahr- zehnte erklären.

An der Zuverlässigkeit der verwen- deten audiometrischen Techniken kann kein ernsthafter Zweifel beste- hen, da in den Tests pathophysiolo- gische Kriterien geprüft werden, wie beispielsweise die Fähigkeit, Laut- stärkeschwankungen von einem De- zibel (SISI-Test) zu erkennen. Dies kann unter den gegebenen Bedin- gungen nur das kranke Innenohr, und auch nur so lange, als nicht zusätzlich die neurale Fortleitung gestört ist. In gleicher Weise ließ die Geräuschtonschwelle bei fast allen

Probanden eine auffallend geringe Verdeckungswirkung des Geräu- sches erkennen — ein Phänomen, das lnnenohrschwerhörigen eigen ist, während bei neuraler Schwerhö- rigkeit die Verdeckungwirkung ei- nes Geräusches groß ist. Auch der Stapediusreflex blieb auslösbar — ebenfalls ein Hinweis darauf, daß die Höreinbußen nicht von den neuralen Strukturen ausgehen, sondern im Innenohr entstehen. Dies gilt selbst für die nur geringen Hochtonverlu- ste bei den trotz fortgeschrittenen Alters noch erstaunlich gut Hören- den; gerade hier hatten wir einen neuralen Schaden erwartet. Diese geringelt Hörverluste sind wahr- scheinlich am ehesten als altersab- hängige Veränderungen im Innen- ohr zu erklären, als Hörbeeinträchti- gung treten sie subjektiv kaum in Erscheinung. Die darüber hinausge- henden, als Schwerhörigkeit emp- fundenen Störungen der Innenohr- funktion sind Folgen endogener oder exogener Erkrankungen, die das Ohr im Laufe des Lebens und insbesondere im Alter treffen.

Der eigentliche, das Sprachverste- hen behindernde Alterungsprozeß ist also vornehmlich in einer Funk- tionseinbuße der zentralen Fre- quenz- und Zeitintegration zu ver- muten; doch auch diese Alterungs- schäden lassen sich als Störung zum Beispiel des getrenntohrigen Sprachverstehens nur nachweisen, wenn zusätzlich eine über das Al- tersbedingte hinausgehende peri- phere Einbuße besteht.

Die „Altersschwerhörigkeit" verliert so den Charakter einer zwangsläufi- gen und in annähernd gleichem Ausmaß jeden alten Menschen tref- fenden Höreinbuße. Sie ist nicht un- mittelbar altersabhängig, sie ent- steht nicht — entsprechend dem Ela- stizitätsschwund der Linse — in den mechanischen Strukturen des Mit- telohrs, sie ist deshalb nicht ver- gleichbar mit der Presbyopie, die unmittelbar altersbezogen, unab- dingbar und insofern altersphysiolo- gisch ist. Das, was allgemein als „Al- tersschwerhörigkeit" gedeutet wird, kann schon im sechsten Lebens- jahrzehnt auftreten, kann aber auch

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 2740 Heft 42 vom 18. Oktober 1979

(4)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Schwerhörigkeit im Alter

bei Achtzigjährigen noch kaum er- kennbar sein. Damit ist der allein altersbedingte Hörabbau für den einzelnen nicht vorausberechenbar;

„Altersnormen" haben nur eine be- grenzte Gültigkeit.

Schlußfolgerung

Bei der Behandlung dessen, was im- mer noch als „Altersschwerhörig- keit" bezeichnet wird, ist es wenig tröstlich für den Patienten, lediglich lakonisch auf sein fortgeschrittenes Lebensalter hingewiesen zu werden und darauf, daß man „dabei nichts machen kann". Auch sollten nicht wahllos gefäßerweiternde Medika- mente verordnet werden, mit dem Argument, die Schwerhörigkeit sei Folge einer Mangeldurchblutung des Innenohrs. Folgerichtiger ist es, den Patienten einer gründlichen Un - tersuchung seiner Stoffwechsel- und Kreislaufsituation zuzuführen und eine gezielte Therapie in Zu- sammenarbeit mit dem Hausarzt oder dem Internisten in die Wege zu leiten. Die Schwerhörigkeit läßt sich dadurch zumeist zwar nicht heilen, ihr Fortschreiten aber in vielen Fäl- len eindämmen oder verhindern.

Literatur

Corso, J. F.: Age and sex differences in pure- ton thresholds, Arch. Otolaryng. 77 (1963) 385-405 — Feldmann, H.: Untersuchung zur Diskrimination differenter Schallbilder, Arch.

Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.-Heilk. 176 (1960) 601-605

— Fleischer, K.: Histologische und audiometri- sche Studie über den altersbedingten Struktur- und Funktionswandel des Innenohres, Arch.

Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.-Heilk. 170 (1956) 142-167

— Glorig, A.: The effect of noise on hearing, J.

Laryng. (Lond.) 75 (1961) 447-478 — Glorig, A., Nixon, J.: Hearing loss as a function of age, Laryngoscope 72 (1962) 1596-1610 — Hansen, C. C., Reske-Nielsen, E.: Pathological studies in presbyacusis, Arch. Otolaryng. 82 (1965) 115-132 — Hinchcliffe, R.: Threshold of hearing as a function of age, Acustica 9 (1959) 303-308

—Jatho, K., Heck, K.-H.: Schwellenaudiometri- sche Untersuchung über die Progredienz und Charakteristik der Altersschwerhörigkeit in den verschiedenen Lebensabschnitten (zu- gleich ein Beitrag zur Pathogenese der Pres- byacusis), Z. Laryng. Rhinol. 38 (1959) 72-88 — Kirikae, I., Sato, T., Shitara, T.: A study of hear- ing in advanced age, Laryngoscope 74 (1964) 205-220 — Lehnhardt, E.: MdE-Bemessung bei der Lärmschwerhörigkeit. Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsge- nossenschaften e. V. Arbeitsmedizinische Ta- gung über die berufliche Lärmschwerhörig- keit, Mai 1974, Bad Reichenhall — Matzker, J.:

Beruht die Altersschwerhörigkeit auf periphe- ren oder zentralen Veränderungen? Arch.

Ohr.-, Nas.- u. Kehlk.-Heilk. 171 (1957) 371-373

— Rosen, S., Bergman, M., Plester, D., EI-Mofty, A., Satti, M. H.: Presbyacusis study of a relati- vely noice-free population in the Sudan. Ann.

Otol. (St. Louis) 71 (1962) 727-743 — Rosen, S., Plester, D., El-Mofty, A., Rosen, H.: High fre- quency audiometry in presbyacusis— a compa- rative study of the Mabaan tribe in the Sudan with urban populations, Arch. Otolaryng.

(Chic.) 79 (1964) 18-32 — Schmidt, P. M.: Pres- byacusis, Audiology, Suppl. 1 (1967) — Schu- knecht, H. F.: Further observations on the pa- thology of presbyacusis, Arch. Otolaryng.

(Chic.) 80 (1964) 369-382 — Spoor, A.: Presby- acusis values in relation to noise induced hear- ing loss, Audiology 6 (1967) 48-57

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. Dr. Ernst Lehnhardt HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover

Postfach 180 3000 Hannover 61

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Hochdrucktherapie und ihre Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen der antihyper- tensiven Therapie sind oft der Grund, warum der Arzt die Dosis der Medikamente reduziert und als Fol- ge davon der Patient unzureichend therapiert ist. Die Nebenwirkungen werden reduziert, wenn man die Me- dikamente richtig dosiert und kom- biniert. Der Autor empfiehlt als er- sten Schritt eine diätetische Koch- salzrestriktion und die Gabe von

Thiaziden (Vorsicht bei Gicht, Hy- perurikämie und Diabetes mellitus).

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Wenn unter Diuretikatherapie der Hochdruck nach vier Wochen nicht unter Kontrolle ist, sollte zusätzlich ein Betablocker gegeben werden.

Eine Nebenwirkung, die Probleme bereiten kann, ist der Bronchospas- mus bei Asthmatikern. Hier kann eventuell ein selektiver Betablocker (zum Beispiel Metoprolol) sich bes- ser bewähren als ein unselektiver Betablocker (zum Beispiel Propra-

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Hydralazin eignet sich für die Kom- bination mit Betablockern, da beide sich bezüglich der Herzfrequenz kompensieren. Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel und Herzklopfen sind oft dosisabhängig, weshalb mit kleinen Dosen angefan- gen werden sollte und eine Tages- dosis von 200 mg auf vier Dosen verteilt nicht überschritten werden darf. Bei Dosen unter 200 mg sind keine schweren Nebenwirkungen wie Lupus erythematodes oder rheumatoide Arthritis zu erwarten.

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Methyldopa ist eine weitere Alterna- tive (750 mg bis 1,5 g/Tag). Als un- angenehm empfunden werden Se- dierung, Depression und Impotenz, außerdem trockener Mund und ver- stopfte Nase. Eine Wasserretention wird durch gleichzeitige Diuretika- gabe verhindert. Nebenwirkungen:

positiver direkter Coombs-Test, Fie- berreaktionen (drug fever), Hepatitis und hämolytische Anämie (1:10 000) können zum Absetzen des Präpara- tes zwingen. Anstelle von Methyldo- pa kann Clonidin (0,2 bis 0,6 mg/Tag in vier Dosen) eingesetzt werden, das oral gut resorbiert wird und des- sen Nebenwirkungen ähnlich wie bei Methyldopa, aber meistens weni- ger ausgeprägt sind. Eine starke Se- dierung kann zum Absetzen des Me- dikamentes zwingen. Bei Depressio- nen sollte das Medikament vermie- den werden. Ein abruptes Absetzen von Clonidin kann zu krisenhaftem Blutdruckanstieg führen, weshalb das Medikament nur ausschlei- chend abgesetzt werden sollte. Or

Sanders, H. D.: Drugs for hypertension: How to use them, how to avoid side effects; Modern Medicine Vol. 47, Nr. 7 (1979) 58-68.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 2742 Heft 42 vom 18. Oktober 1979

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