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Archiv "Schwangerschaft – Sartane: Ein Risiko für Ungeborene" (26.02.2010)

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A 324 Deutsches Ärzteblatt

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26. Februar 2010

SCHWANGERSCHAFT

Sartane: Ein Risiko für Ungeborene

Pädiater beobachten schwerwiegende Fetopathien, da zu wenig bekannt ist, dass diese Antihypertonika während der Schwangerschaft kontraindiziert sind.

S

eit 1995 werden Sartane zur Therapie des arteriellen Hy- pertonus und der Herzinsuffizienz eingesetzt. Die fetopathische Wir- kung dieser Arzneimittel ist seit vielen Jahren bekannt, ihre Anwen- dung in der Schwangerschaft kon- traindiziert. Trotzdem treten immer wieder Fälle fetaler Schädigungen durch die Einnahme von Präparaten aus dieser Substanzgruppe auf, wie aktuell zwei Fälle aus der Universi- tätsklinik Köln belegen.

Im ersten Fall wurde unter Ein- nahme von Candesartan in der 31. Schwangerschaftswoche ein Oligohydramnion festgestellt. Bei weiterhin fehlender Fruchtwasser- produktion erfolgte die Schnittent- bindung in der 32. Schwanger- schaftswoche. Das Frühgeborene zeigte eine Niereninsuffizienz, eine Oligohydramniesequenz mit Lun- genhypoplasie, pulmonalem Hy- pertonus und Fehlstellungen der Extremitäten sowie einen ausge-

prägten Verknöcherungsde- fekt der Schädelkalot- te. Anfänglich bestand eine deutliche arteri - elle Hypotension. Un- ter Hochfrequenzbeat- mung mit inhalativem Stickstoffmonoxid, Kate- cholamintherapie und Peri- tonealdialyse kam es zu einer Stabilisierung; eine kompensierte Niereninsuffizienz mit begleitendem arteriellem Hypertonus stellte sich ein. Das Kind wurde in diesem Zu- stand nach sieben Wochen entlassen.

Am 2. Lebenstag verstorben Bei dem zweiten Fall handelte es sich um ein übertragenes weibli- ches Neugeborenes. Die Mutter hat- te während der gesamten Schwan- gerschaft Valsartan eingenommen.

Nach der Geburt entwickelte das Kind ein massives Atemnotsyn- drom. Bei ausgeprägter Lungenhy- poplasie traten ein Pneumothorax

rechts auf sowie ein schwerer pul- monaler Hypertonus bei gleichzei- tig katecholaminrefraktärer arteriel- ler Hypotonie und Oligurie. Auch bei diesem Kind imponierte eine massive kranielle Ossifikationsstö- rung. Es verstarb am zweiten Le- benstag durch kardiorespiratori- sches Versagen.

Sartane entfalten ihre Wirkung über eine Hemmung der Angioten- sin-II-vermittelten Vasokonstriktion, Aldosteronsekretion, Sympathikus- aktivierung und Gefäßhypertrophie, vermittelt durch eine Antagonisie- rung am Angiotensin-II-Rezeptor (AT1-Typ). Sie greifen wie die ACE- Hemmer (Angiotensin-Converting- Enzyme) in das Renin-Angiotensin- Aldosteron-System ein, wobei sie nicht zu einer Erhöhung der Brady- kininkonzentration führen.

Wie bei der schon länger bekann- ten ACE-Fetopathie (Teratology 1991; 44[5]: 485–95) tritt die fetale Schädigung durch Sartaneinnahme vor allem bei der Anwendung im zweiten und dritten Trimenon auf, wenn die Fruchtwasserproduktion überwiegend von der Urinausschei- dung abhängt. Sie ist gekennzeich- net durch die Ausbildung eines Oli- gohydramnions mit dem Risiko ei- ner Oligohydramnie-Sequenz (Lun- Noch immer bieten nicht alle Frauenärzte ihren

schwangeren Patientinnen einen Test auf Infekti- on mit dem menschlichen Immunschwächevirus (HIV) an und gefährden damit ungeborene Kinder.

Zwar sollen Gynäkologen den Mutterschaftsricht- linien zufolge heute alle Schwangeren fragen, ob sie einen Test machen wollen. „Aber leider tun das immer noch nicht alle“, so die Gynäkologin Dr. med. Andrea Gingelmaier von der Frauenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München in

„Zeit Wissen“. Viele Gynäkologen scheuten sich, den Test anzubieten, weil bereits der Verdacht auf eine HIV-Infektion stigmatisierend sei.

Eine Auswertung von Schwangerschaftsda- ten HIV-infizierter Mütter aus München und

Berlin hatte gezeigt, dass ein Drittel der Frauen erst durch den routinemäßigen HIV-Test ihres Frauenarztes von der Infektion erfahren hatte.

Die Übertragung von HIV auf das ungeborene Kind kann durch medizinische Maßnahmen (antiretrovi- rale Therapie, Schnittentbindung, Verzicht auf Stil- len) in mehr als 98 Prozent der Fälle verhindert werden. Ohne Prävention liegt das Infektionsrisiko bei 20 bis 25 Prozent. „Die heute zur Verfügung stehenden, effektiven prophylaktischen Maßnah- men können jedoch nur bei bekannter Infektion greifen“, so Gingelmaier. Viele Frauen gingen aber davon aus, dass unter all den medizinischen Tests während der Schwangerschaft automatisch ein HIV-Test integriert sei.

ZU WENIG HIV-TESTS BEI SCHWANGEREN

Foto: Fotolia

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26. Februar 2010 genhypoplasie, Gelenkkontrakturen,

„Potter-Facies“). Als Ursache wird eine fetale arterielle Hypotonie mit reduzierter Nierenperfusion und konsekutiver Oligurie vermutet.

Weitere Symptome sind eine Dysplasie der Nierentubuli ähnlich wie bei der genetisch bedingten re- nal-tubulären Dysgenesie, die im Fall einer sartanbedingten Störung zu einem postnatal nur zum Teil re- versiblen Nierenversagen führt, so- wie eine Hypoplasie der Schädel- knochen, die vermutlich durch eine gestörte Angiogenese und Durchblu- tung der membranösen Knochen des Schädels verursacht wird.

Hohe Dunkelziffer vermutet In den entsprechenden Fachinfor- mationen wird empfohlen, Sartane bei Bekanntwerden einer Schwan- gerschaft sobald wie möglich abzu- setzen. Bei der Verschreibung von Sartanen an Frauen im gebärfähi- gen Alter soll auf das Risiko für den Fetus hingewiesen werden. Trotz dieser Warnhinweise wurden in den Jahren seit der Markteinführung im Jahr 1995 mindestens 64 Fälle von Fetopathien durch eine mütter- liche Sartaneinnahme veröffent- licht (Hypertension in Pregnancy 2007; 26: 51–66). Die Dunkelzif- fer ätiologisch ungeklärter Fälle von sartanbedingten Fetopathien dürfte hoch sein.

Nach diesen Erfahrungen möch- ten wir dringlichst auf die schwer- wiegenden und vor allem vermeid- baren Risiken der Sartaneinnahme schwangerer Frauen für das unge- borene Kind hinweisen. Allen Ärz- ten – vor allem Gynäkologen, Inter- nisten und Allgemeinmedizinern – muss die Gefährlichkeit der Sartane für den Feten bekannt sein. Frauen im gebärfähigen Alter müssen bei der Verschreibung von Sartanen auf die Notwendigkeit der Umstellung der antihypertensiven Medikation im Fall einer Schwangerschaft hin-

gewiesen werden. ■

Dr. med. Christoph Hünseler*1 Dr. med. André Oberthür*1 Prof. Dr. med. Bernd Hoppe*2 Prof. Dr. med. Bernhard Roth*2

Kinderklinik der Universitätsklinik Köln, *1 Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin

*2 Kindernephrologie

DIABETES MELLITUS

Verwechslungsgefahr

Eine einheitliche Kalibration von Glukosemessgeräten zum Point-of-Care-Testing auf Plasma würde die Therapiesicherheit verbessern.

B

lutglukosebestimmungen wer- den im ambulanten und sta- tionären Bereich heute weitgehend patientennah mit Hilfe mobiler Kleingeräte durchgeführt. Dies gilt ebenso für die Patientenselbstkon- trolle. Obwohl für dieses Point-of- Care-Testing (POCT) im Allgemei- nen kapilläres oder venöses Vollblut verwendet wird, können die Ergeb- nisse – abhängig von der unter- schiedlichen Kalibration der Test- streifen durch die Hersteller – als Vollblutglukose oder als Plasmaglu- kose angegeben werden. Dieses Vor- gehen birgt jedoch Gefahren:

Wegen des unterschiedlichen Wassergehalts von Vollblut und Plasma liegen die Glukosekonzen-

trationen im Plasma (bei einem Hä- matokritwert von 43 Prozent) im Durchschnitt um elf Prozent höher.

Werden die Werte beider Eichsys- tem verwechselt, können therapeu- tische Fehlentscheidungen resultie- ren (Laboratoriumsmedizin 2009;

6: 349–52). Um das Risiko einer solchen Verwechslung auszuschlie- ßen, hatte die International Federa- tion of Clinical Chemistry bereits 2005 vorgeschlagen, Glukoseer- gebnisse – unabhängig von Proben- typ und Messmethode – nur noch als Plasmawerte anzugeben. Dieser Vorschlag ist in den USA in Über- einstimmung mit der American Diabetes Association wie auch in

den meisten Teilen Europas – außer in Deutschland, Österreich und Spanien – wie auch der Welt erfolg- reich.

Eine Umstellung auf Plasma soll- te auch in Deutschland rasch erfol- gen, fordern die Deutsche Gesell- schaft für Klinische Chemie und La- boratoriumsmedizin, die Deutsche Diabetesgesellschaft sowie die Or- ganisation Diabetes-DE. Sie kriti- sieren, dass dieser Sachverhalt im Alltag der stationären wie auch am- bulanten Behandlung weder den Patienten noch den Mitgliedern des betreuenden Diabetesteams gegen- wärtig sei. Hinzu kommt, dass Dia- betiker im Laufe ihrer Behandlung das Glukosemesssystem wechseln,

ohne zu realisieren, dass es dabei auch zu einem Wechsel der Metho- dik kommt. Die gleiche Verwirrung kann auch auf Reisen in Länder ge- schehen, in denen keine Messsyste- me oder Teststreifen zur Verfügung stehen, die auf Vollblutglukosewerte kalibriert sind. Patienten und Ärzte müssen sich daher verständigen, ob sich die vereinbarten individuellen Zielwerte auf Plasma oder Vollblut - eichung beziehen.

Die Diabetesexperten fordern von den Herstellern eine einheit - liche Eichung, so dass Ärzte und Patienten künftig die gemessenen Werte vergleichen können. ■

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

Foto: LifeScan

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