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Kuhn, W. (1949). Das Massenauftreten des achtzähnigen Fichtenborkenkäfers Ips typographus L. nach Untersuchungen in schweizerischen Waldungen 1946 bis 1949. In H. Burger (Ed.), Mitteilungen der Schweizerischen Anstalt für das Forstliche Versuchswesen: V

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Aktie "Kuhn, W. (1949). Das Massenauftreten des achtzähnigen Fichtenborkenkäfers Ips typographus L. nach Untersuchungen in schweizerischen Waldungen 1946 bis 1949. In H. Burger (Ed.), Mitteilungen der Schweizerischen Anstalt für das Forstliche Versuchswesen: V"

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(1)

Aus dem Entomologischen Institut der Eidg. Techn. Hochschule in Zürich

. Das Massenauftreten des

· achtzähnigen Fichtenborkenkäfers lps typographus L.

nach Untersuchungen in schweizerischen Waldungen 1946 bis 1949

Von Wilfried Kuhn

. Vorwort

Der achtzähnige Fichtenborkenkäfer I ps typographus tritt seit Jahrhunderten in den europäischen Fichtenwäldern als hauptsächlichster Forstschädling auf. Viele Mil- lionen Kubikmeter Holz" sind ihm schon zum Opfer gefallen. Es ist deshalb begreif- lich, daß gerade über dieses Insekt besonders von deutschen. Forstentomologen, wie Ratz eh ur g, Ei chhoff, Eckstein, Hagedorn, N üß 1 in, Fuchs usw. ·viele Beobachtungen angestellt wurden. Trotz zahlreicher Publikationen stand man aber bei Beginn der jüngsten typographus-Gradation vor vielen noch ungelösten Problemen.

Dies ist begreiflich, wenn man bedenkt, daß die Borkenkäfer normalerweise im so- genannten «eisernen "Bestand» ein unauffälliges Dasein fristen. Es braucht schon außergewöhnliche Bedingungen, -wie sie sich nur in Abständen von Jahrzehnten e~n- stellen, bis es zu einer waldzerstörenden Massenvermehrung kommt. Es gibt in der Schweiz ganze Förstergenera~ionen, die sich nie mit. einer Borkenkäferbekämpfung abgeben mußten, trat doch die letzte schweizerische ty pographus-Kalamität 1900 in Graubünden auf, wo 13 000 Fichten gefällt werden mußten (11 S. 47). Als besonders im Dürresommer 1947 auch in der Schweiz der Buchdrucker herdweise auftrat, wurde

'die drohende Gefahr glücklicherweise rechtzeitig erkannt und die notwendigen Ab-

wehrmaßnahmen konnten in die Wege geleitet werden. Die Inangriffnahme der in dieser Arbeit durchgeführten Borkenkäfer-Untersuchungen wurde durch den Direk- tor der Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen, Prof. Dr. H. Burg er, wesent- lich gefördert. Die Mögli_chkeit der Weiterführung auf breiterer Grundlage verdanken wir der finanziellen Unterstützung durch das Kuratodum des Fonds für Wald- _und Holzforschung, vor allem dessen Präsidenten, Herrn Oberforstinspektor Dr. E. Hess, wofür auch an dieser Stelle speziell gedankt sei. Der Fonds übernahm auch die Kosten für die Herstellung der Cliches.

(2)

Im November/Dezember 1946 wurde ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Schneider-Orelli an das Entomologische Institut der ETH delegiert, wo neben Dreyfusia-Untersuchungen auch die ersten Feststellungen über die Bodenüber- winterung von / ps typographus im Gange waren. Vorher hatte man angenommen, daß ein im Winter ausgeräumter typographus-Herd völlig saniert sei.

Während meiner weiteren Praktikantenzeit auf dem Kreisforstamt VII in Zürich räumte mir Herr Forstmeister H. M ü 11 er in großzügiger Weise auch die Zeit ein, um speziell in seinem Forstkreis diese Borkenkäferuntersuchungen weiterzuführen.

Im Sommer 1947 absolvierte ich in Biasca auf dem II. tessinischenKreisforstamt meine Gebirgspraxis. Ich fand dort Gelegenheit, in der Leventina und im Bleniotal weitere Studien in typographus-Herden anzustellen. Dabei wurde ich von Herrn Forstinspek- tor B. M a z zu c chi tatkräftig unterstützt. Ich möchte nicht versäumen, diesen beiden Forstleuten für ihr stetes Wohlwollen und ihr Entgegenkommen herzlichst zu danken.

Seit dem 15. Dezember 1947 konnte ich meine Tätigkeit am Entomologischen Insti- tut der ETH ununterbrochen weiterführen und mich vorwiegend dem typographus- Problem widmen. Als Experte der eidg. Oberforstinspektion für den Import von berindetem Nadelholz hatte ich während der letzten zwei Jahre vielfach Gelegenheit, a_uch die großen Käfergebiete im Auslande, besonders in Süddeutschland und in den Vogesen, zu besuchen. Diese ausländischen Exkursionen ermöglichten mir gleiclif alls ein ständiges Erweitern und Vergleichen meiner Kenntnisse. Ich mußte dabei immer wieder feststellen, daß es gänzlich verfehlt wäre, Erfahrungen, die an andern Orten unß unter andern Bedingungen gemacht wurden, unbesehen auf. die eigenen Verhäh- nisse übertragen zu wollen. Die in dieser Arbeit festgehaltenen Resultate ergaben denn auch, daß Maßnahmen , die für ausländische Verhältnisse völlig berechtigt sind, in der Schweiz nur bedingt Gültigkeit haben. Durch die vom Kuratorium für Wald- und Holzforschung dem Entomologischen Institut zur Verfügung gestellten Kredite war es möglich, eingehende Borkenkäfer-Untersuchungen in den schweizerischen Wal- dungen durchzuführen und Bekämpfungsmaßnahmen auszuarbeiten, mit denen die besten Erfolge erzielt wurden. Bei unseren Untersuchungen erfreuten wir uns der wertvollen Unterstützung seitens zahlreicher schweizerischer Forstleute, denen wir an dieser Stelle gesamthaft unseren besten Dank aussprechen. Speziellen Dank schulde ich meinem Freund , Herrn cand. forest. R. Dan u s er , der mich im Frühjahr 1949 während zwei Wochen vertrat und mir auch sonst bei den Kontrollen behilflich war.

Die Herren Forsting. J. Maksymov und Ing. agr. F.Kern unterstützten mich eben- falls bei Freilanduntersuchungen. Forsting. E. Marcet war mir bei Mikroaufnahmen · behilflich , während ich der Institutsmitarbeiterin, Fräulein R. Kutter , die Rein- schrift dieser Arbeit verdanke.

Meinen herzlichsten Dank schulde ich aber Herrn Prof. Dr. 0. Schneider- 0 r e 11 i, Vorstand des Entomologischen Institutes der Eidg. Technischen Hochschule.

Er begleitete mich auf zahlreichen Exkursionen und stand mir immer mit wohlwollen- dem Interesse zur Seite.

(3)

I. Allgemeines über lps typographus

I. Stellung im System

Nüßlin (18,' 1911/12) gruppierte die Borkenkäfer auf phylogenetischer Basis unter Berücksichtigung morphologischer und anatomischer Merkmale. Seinen verglei- chenden Untersuchungen der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane und des Darmkanals kommt eine besondere Bedeutung zu. Er teilte die Familie der /pidae unter Ausschluß der Platypidae in 15 Unterfamilien auf. Sein System darf heute noch als gut fundiert betrachtet werden.

lps typographus ist wie folgt eingegliedert:

Ordnung:

Unterordnung:

Familie:

15. Unterfamilie:

9. Gruppe:

23. Gattung:

Art:

Coleoptera Rhyncho phora /pidae

/pinae lpinae /ps De Geer typographus L.

Vergleichsweise sei hier auch die systematische Klassierung nach Reit t er (21, 1916) angeführt:

Ordnung:

Unterordnung:

69. Familie:

Unterfamilie:

Tribus:

Gattungsgruppe:

39. Gattung:

Art:

Coleoptera Rhyncho phora lpidae

lpinae lpini lpina lps De Geer typographus L.

Nach N ü ß 1 in sind die typischen systematischen Merkmale die folgenden:

a) Merkmale der Gruppe lpinae:

1. Kaumagen mit kräftigen Kauplatten

2. Abdachungszähne im Kaumagen stark entwickelt

3. Flügeldecken hinten beim Männchen und Weibchen oder nur beim Männchen mit Absturz und Zähnen

4. Polygam 5. Im Nadelholz

6. Meist Sterngänge und mehrarmige Längsgänge

(4)

b) Merkmale der Gattung /ps: .

1. Grobe Punktstreifen auf den Flügeldecken

2. Bei beiden Geschlechtern breiter und dellig eingedrückter Absturz 3. Im Kaumagen überragen die Kaubürsten an Länge die Sperrborsten c) Merkmale von typographus:

1. Absturz bei beiden Geschlechtern gleich bezahnt

2. Absturz jederseits mit 4 Zähnen, wovon der dritte am größten und knopfartig eingeschnürt ist

3. Absturz matt seifenglänzend, undeutlich punktiert 4. Länge 4,2-5,5 mm

5. Brutbaum: Fichte

Synonyme von /ps typographus L.

Der achtzähnige Fichtenborkenkäfer oder «Buchdrucker>> trägt in der Systematik die folgenden wissenschaftli~hen Bezeichnungen:

1. Dermestes typographus: 1758 Linne 2. Bostrichus typographus: 1775 Fabricius

1818 Bechstein 1824 Redtenbacher 1825 Duftschmid 1837 Ratzeburg 1844 Küster 1854 Bach 1862 Doebner 1864 Eichhoff 1876 Kellner 3. Cumatotomicus typographus: 1858 Thomson

1867 Ferrari 4. Scolytus typographus: 1875 Olivier 5. Bostrichus octodentatus: 1800 Payk

1827 Gyllenhal 1834 Hartig 1840 Zetterstedt 6. Tomicus typographus: 1807 Latreille

1872 Gemminger und Harold 1875 Lindemann

1879 Eichhoff 7. Ips typographus: 1775 De Geer

1894 Reitter 1907 Tredl 1910 Hagedorn 1912 Nüßlin 1923 Escherich

(5)

Der Artname ty pographus

=

Buchdrucker wurde schon von ·1 inne 1758 geprägt.

Diese Bezeichnung ist sicher gerechtfertigt, sehen doch die regelmäßigen Brutbilder des achtzähnigen Fichtenborkenkäfers aus, als ob sie von Künstlerhand für Druck- zwecke geschnitzt worden wären.

· Die deutsche Benennung «Achtzähniger Fichtenbo:rkenkäfer» bezieht sich auf die

acht typischen am Flügeldeckenabsturz befindlichen Zähne; je vier an jeder Flügel- decke. Die Fichte ist die stark bevorzugte Nährpflanze . . _. · ,

2. Geographische V er~reitung _ .

-Escherich (3, S. 574) stützt sich hauptsächlich auf die Angaben von Jude~ch-

Nitsche (10,

S,.

510), wonach die geographische Verbreitung von lp~ typogrnph'us derjenigen seines bevorzugten Brutbaumes entsp_richt, d. h. sich von Lappland bis ·zu den Aloen und vom Ural bis Frankreich erstreckt.

S. Wilke . hat in seiner 1931 erschienenen Ä.rbeit .. (39) s~mtliche Angaben übe~

pas Vorkommen von lps typographus zusammengefaßt und. verarbeitet. Das Verb!.ei- tungsgebiet erstreckt sich über Europa und Asien: In Westeuropa kommt typograp_h.us auch außerhalb der natürlichen Fichtengrenzen vor. In Osteurop_a fallen Nord-· ~rid Südgrenzen mit denjenigen der Fichte ungefähr zusammen. In. Asien ist typograph .us durch ganz Nordasien verbreitet. Die Angaben über sein Vorkommen im Kaukasus

·und trariskaspischen Gebiet seien zunächst noch zweifelhaft. Nach Wilke (39, S. 623)

fehlt ty pogra phus in Amerika und die diesbezügliche Fundortsangabe von Barbe y sei falsch.

In der Schweiz ist der «Buchdrucker» schon seit Jahrhunderten als Forstschäd- ling bekannt (34, S. 73), obwohl er hier glücklicherweise ni.e solche Waldzerstörun•

gen. verursachte wie beispielsweise in Deutschland, Böhmen, Oesterreich, Polen und Rußland. Die für 1947 und 1948 ~~n der Eidg. Oberfo.rstinspektion zusammengesteH- ten kantonalen Meldungen bezüglich Holznutzung infolge Borkenkäferbefalls ver- mitteln ein eindrückliches Bild des Auftretens von I ps typographus in den schweizeri- schen Waldungen. Mit Ausnahme des Kantons Genf haben alle Kantone Schäden gemeldet, welche durch den achtzähnigen Fichtenborkenkäfer verursacht wurden.

Immerhin konnte er auch auf dem Mont Saleve bei Genf gefunden werden. Typo- graphus ist demnach über das ganze Gebiet der Schweiz verbreitet. Die ver t i k a 1 e Verbreitung von typographus stimmt ebenfalls mit dem Vorkommen der Fichte überein. Er steigt von weniger als 200 m ü. M. in den Sudeten bis auf 2000 m ü. M.

in den TranssylvanischenAlpen, wo er.auf 1973 m ü. M. beim Zanoga-See im Retyezat- Gebirge gefunden wurde (39, S. 649).

Das höchste schweizerische Vorkommen konnte Keller (11, S.47) im Averstal unterhalb Cresta bei 1830 m ü. M. beobachten. Kasthofer fand typographus im Berneroberland bis 165,0 m ü. M. Im Lauterbrunnental trat der Buchdrucker bis gegen 1800 m ü. M. auf. Kantonsforstinspektor Enderlin von Chur fand ihn bei Waltensburg _ bis 1650 m ü. M. und in Vicosoprano (Bergell) bis 1750 m ü. M.

(6)

Nach unseren eigenen Feststellungen ist typographus in der Schweiz von 300 m bis 1900 m ü. M. verbreitet. Er folgt der Fichte von den tiefsten bis in die höchsten Lagen. So fanden wir ihn bei Aurigeno im Maggiatal, bei Basel, Möhlin und Sisseln in einer Höhenlage von je 300 m. Am Churer Joch stellten wir typographus 1948 auf 1810 m ü. M., 1947 im «Bosco Biavata» (Patriziato Semione, Tessin) noch auf 1880 m ü. M. fest. In diesen beiden Fällen hatten sich die Käfer in eine vom Winde geworfene, bzw. in eine abgehende stehende Fichte eingebohrt, ohne auf andere Bäume überzugreifen.

3. Nährpflanzen von lps typographus

. Wie schon der Name «achtzähniger Fichtenborkenkäfer» ausdrückt, ist die gemeine

Fichte (Picea excelsa) sein Hauptbrutbaum. Tredl (31, S. 15) nennt außer der Fichte als seltenere Nahrungspflanzen Lärche (Larix europaea) und Föhre (Pinus silvestris). In Nordasien tritt typographus hauptsächlich an der sog. sibirischen Fichte (Picea obovata) auf. Diese Holzart ist aber nach Köppen nur eine Varietät unserer gemeinen Fichte. Nach Murayama (39, S. 627) wurde typographus in Korea vor allem auf Picea ajanensis, aber auch an der Koreaföhre (Pinus koraiensis) und der dahurischen Lärche (Larix dahurica) gefunden. Verschiedene Entomologen führen noch die Weißtanne (A bies pectinata), die Pinie (Pinus pinea), die orientalische Fichte (Picea orientalis) und die Omorikafichte (Picea omorica) als seltene Fraß- pflanzen an. Stroh m e y er fand ty pographus in den Vogesen gelegentlich in künst- lich angebauten Cedern. Zur eigentlichen Massenvermehrung gelangt der achtzähnige Fichtenborkenkäfer aber nur auf der Fichte.

In der Schweiz befällt der «Buchdrucker» fast ausschließlich die gewöhnliche Fichte. Nur ganz ausnahmsweise stellten wir ihn an Waldföhre (Pinus silvestris) und an Weißtanne (Abies pectinata) fest. An Föhre fanden wir ihn 1947 in Marthalen

(Kt. Zürich) und Aurigeno (Kt. Tessin), 1948 in Dägerlen und 1949 in Gräslikon (Kt. Zürich). Noch seltener war sein Vorkommen auf Weißtanne. Am 12. Oktober 1948 stellten wir in unserem Institutsgarten einen typographus-Jungkäfer der II. Generation fest, welcher in einem Weißtannenrugel Reifungsfraß ausübte. Mitte März 1949 und am 4. April 1949 fanden wir in Sterholz von Laufenburg (Kt. Aargau) bzw. in einem Weißtannengipfel von Neunkirch (Kt. Schaffhausen) einige «Buchdrucker». Diese überwinterten in Reifungsfraßgäne;en in dem sonst stark vom krummzähnigen Tan- nenborkenkäfer (/ ps curvidens) befallenen Material.

4. Morphologie und Frafigänge

a) Das Ei

Die an 40 Eiern vorgenommenen Messungen ergaben folgende Mittelwerte:

Länge: 0,911

=

0,9 mm Breite: 0,662

=

0,7 mm

(7)

Die Länge variierte zwischen 0,84 und 1,01 mm, die Breite zwischen 0,61 und 0,73 mm. Die Eier haben die Form eines gedrungenen Ellipsoides. Ihre Farbe ist gelblich-milchweiß. Sie weisen einen Perlmutterglanz auf. Das Corion (Eihaut) ist sehr zart. Selbst bei geringstem Druck platzt es.

b) Die Larve

Die aus den Eiern schlüpfenden Larven sind vorerst zirka 1 mm groß. Mit zuneh- mender Entwicklung werden sie bis annähernd 6 mm lang. Die Larven zeigen den typischen Rhynchophoren-Habitus (Abb. 1). Sie sind apod, fleischig-weich, milchig- weiß und ventralwärts gekrümmt. Die Cuticula erscheint von Auge kahl. Unter dem

Abb. Z

Seitenansicht einer Larve von lps typographus.

K.-- -- --

\ \

/

\'-V Se/~enw.

\

'

Anus

K Kopfkapsel; Mundgl. = Mundgliedmafien; Seitenw. = Seitenwülste Stig. Stigmen (Atemlöcher)

Mikroskop erkennt man aber feine Chitinhärchen und Dörnchen, besonders auf den Pleuralwülsten. Die Brustregion ist breiter und stärker ausgebildet als der übrige Körper. Die drei Brustsegmente sind mit gut sichtbaren, hervorstehenden Pleural- wülsten versehen. Das Abdomen ist deutlich in 9 Segmente eingeteilt, deren Seiten- wülste sich wenig abheben. Die Abdominalsegmente weisen je drei Dorsalwülste auL der zweite und dritte Brustring deren zwei.

Der Kopf ist ohne Fühler und Augen. Die rundliche, hellbraune Kopfkapsel ist dem Prothorax vorgelagert. Von den Mundteilen sind die dreieckigen, dunklen, stark chilinisierten Oberkiefer (Mandibeln) am kräftigsten ausgebildet. Die Unterkiefer

(Maxillen) heben sich ebenfalls deutlich von der Kopfkapsel ab. Beide ermöglichen den im Bast lebenden Larven Nahrungsaufnahme und Anfertigung der Larvengänge und der Puppenwiegen. Die Unterkiefer sind auf dem Ladenteil mit spitzen, messer- artigen Zähnchen versehen. Clypeus und Oberlippe (Labrum) sind verwachsen. Bei der Unterlippe (Labium), die zwischen den beiden Unterkiefern liegt und mit diesen durch eine häutige, dehnbare Membran verbunden ist, sind Unterkinn und Kinn mit- einander verschmolzen.

(8)

c) Die Puppe

Diese ist milchweiß, glänzend, undurchsichtig und fleischig-weich. Am Kopfschild erkennt man einige Härchen, sonst erscheint der Körper nackt. In der Größe entspre- chen die Puppen den Imagines.

Wie aus Abb. 2 hervorgeht, sind die beim Käfer später völlig ausgebildeten Fühler_, Flügel und Beingliedmaßen bei der Puppe schon gut erkennbar. Die Unterflügel

(Hautflügel) überragen die Oberflügel (Flügeldecken). Beide reichen fast bis ans Ende des Hinterleibes. Die seitlich des Kopfes ziemlich gerade verlaufenden Fühler

Abb. 2

Seitenansicht einer Puppe von

lps typographus.

Fühler, Beingliedmaßen und Flügel gut sichtbar.

erstrecken sich bis zu den Vorderschenkeln. Die Beingliedmaßen liegen der Körper- unterseite eng an. Die Puppe verfügt über einen sehr beweglichen Hinterleib. Bei der geringsten Berührung reagiert sie mit ruckartigen Abdominalbewegungen. Das Analsegment ist durch ein Paar dornenartiger Fortsätze gekennzeichnet.

d) Der Käfer (Imago)

Größe : In der Literatur wird im allgemeinen für / ps ty pographus eine mittl~re Länge von 4,2-5,5 mm angegeben. Wir maßen bei 500, aus verschiedenen Herden stammenden Käfern die Länge und Breite. Dabei erhielten wir folgende Werte:

Maximum Minimum Mittlere

Länge: Breite:

5,47 mm 3,99 mm

4,781 mm= 4,8 mm

2,11 mm 1,60 mr'n

1,872 mm= 1,9 mm

(9)

Aus Tabelle 1 ist die fast völlige Uebereinstimmung der Mittelwerte von Käfern aus verschiedenen Herden der Schweiz ersichtlich.

Tab. 1

Ort

1

Höhe ii.M.

1

Anzahl Käfer 1

Mittlere Länge Mittlere Breite

Gansingen 1 500 m 120 4,81 mm 1,90 mm

Benken 470 m 100 4,68 mm 1,87 mm

Dättwil 440 m 100 4,73 mm 1,84 mm

Fehraltorf 540 m 100 4,82 mm 1,85 m1n

Cosciumo 1200 m 80 4,84 mm 1,86 mm

Dägerlen * 480 m 35 4,,83 mm 1,87 mm

* typographus aus Waldföhre

Abb. 3

Seitenansich 't von lps typographus.

Farbe : Der frisch aus der Puppe geschlüpfte Käfer ist noch ganz schwach chiti- nisiert. Seine Farbe ist gelblich. Mit zunehmender Reife wird der Chitinpanzer immer starrer und brauner. Die Ausfärbung ist stark von der Temperatur abhängig. In Kälte- versuchen stellten wir fest, daß bei Minustemperaturen die Ausfärbung unterbrochen wird. Im allgemeinen sind die Käfer nach drei b·is vier Wochen dunkelbraun , wobei die Farbe der Flügeldecken lange Zeit etwas h~ller ist als diejenige des Halsschildes.

Die Altkäfer sind tiefbraun bis schwarz. Der Körper glänzt und ist bräunlich-gelb behaart.

Morph o 1 o g i e : Abb. 3 veranschaulicht den Habitus des Käfers. Seine gedrun- gene, walzenförmige Gestalt ist der Lebensweise in den engen Bohrgängen angepaßt.

Kopf ( Cephalon) : Dieser ist von oben nicht sichtbar, da er von dem breiten Halsschild völlig verdeckt wird. Die Kopfkapsel ragt aus einer kreisrunden, dicht mit kurzen Haaren versehenen Oeffnung des Prothorax hervor (Abb. 4). Sie ist durch eine feine Chitinmembran mit diesem beweglich verbunden. Auf der Stirn, wenig über der M undmittf, befindet sich bei ty pographus im Gegensatz· zu seinen nächsten Verwandten ein einfaches Höckerchen. Die Stirn ist hellbraun behaart. Die von der

(10)

Abb. 4

Ventralansicht von lps typographus. Die Beine sind entfernt.

T.-_

P.ro/-h. - _,

N/:.S/er,-- Ep/s/. ---

Tl.

d. -

---

F. Fühler

Proth. Prothorax M. Ster. Mesosternum Epim. Epimere Mt. Ster. Metasternum Epist. Episternum Ab.St. Abdominalsternite Fl. d. Flügeldecken

/-/sch.

/

- -f: f/u:

- --H.Hu:

Hsch. Halsschild

ok. Oberkiefer

uk. Unterkiefer

K. Kopf

V.Hü. vordere Hüftpfannen M.Hü. mittlere Hüftpfannen H.Hü. hintere Hüftpfannen

Seite gut sichtbaren Facettenaugen sind relativ groß, flach und schwach nieren- förmig. Die geknieten und gekeulten Fühler (Antennen) sind dicht vor den Augen eingelenkt. Sie lassen sich seitlich gut an die Kopfkapsel anlegen. Sie bestehen aus Schaft, fünf gliedriger Geißel und Keule. Letztere ist zusammengedrückt, groß, oval, in eine leichte Spitze auslaufend und mit Härchen versehen (Abb. 5). Ihre gegen die Fühlerspitze deutlich vorgezogenen Nahtlinien sind ein charakteristisches Art- merkmal. Der Kopfschild (Clypeus) ist mit der Kopfkapsel völlig verschmolzen. Er

(11)

Abb. 5

Fühler von lps typographus aus Schaft, Sgliedriger Geißel und Keule mit gegen die Fühlerspitze vorgezogenen Fühlernähten.

/-Ceu/f:>

--ucha/',,-L

kann als Einzelteil nicht mehr unterschieden werden. Von den Mundgliedmaßen ist die Oberlippe (Labrum) mit dem Kopfschild innig verwachsen. Die Beschaffenheit der Mundgliedmaßen, vor allem der Kiefer, steht in enger Beziehung zur Nahrungs- aufnahme. Die beiden Oberkiefer (Mandibeln) sind stark chitinisiert, hornig, schwarz- braun und undurchsichtig. Ihre Schneiden sind mit kräftigen, durch wenig tiefe Ein- kerbungen voneinander getrennten Höckern . versehen, die das Zerbeißen der pflanz- lichen Gewebe ermöglichen. Die Unterkiefer (Maxillen) sind ockerfarben. Ihre Schneide ( Innenlade) ist mit einem dichten Kranz spitzer, messerartiger Zähne versehen ( 14-16 Stück), so daß sie als Schneideinstrument verwendet werden kön- nen. Der massive Stamm (Stipes) und der aus drei Segmenten bestehende Kiefer- taster weisen ebenfalls Haarbildungen auf (Abb. 7 und Kunstdrucktafel, Vorderseite.

Abb. 9). Bei der Unterlippe sind Unterkinn und Kinn miteinander verschmolzen. Sie bilden einen schmalen, länglichen Teil mit fast parallelen Seiten. Am Außenrand des Kinns entspringen die aus je drei zylindrischen Gliedern bestehenden Lippentaster

(Abb. 8). Das letzte, stumpfkegelig abgerundete Glied ist Träger von Sinnesorganen.

Das erste ist etwas reduziert und kürzer als das zweite. Terminal am Kinn befindet sich vorne in der Mitte die Zunge (Ligula). Diese ist so breit wie das Kinn und hat vorne eine abgerundete Spitze.

Die Brust (Thorax) : Sie besteht aus drei Segmenten, der Vorder- (Pro-), Mittel- (Meso-) und Hinterbrust (Metathorax). Von oben ist nur der Prothorax erkennbar.

Dieser ist am stärksten chitinisiert und am meisten entwickelt. Der im Querschnitt rundliche Halsschild (Pronotum) ist vorne gekörnt und mit zahlreichen Haaren ver- sehen, sowie hinten punktiert (Abb. 3). Das dreieckige Schildchen ist deutlich sicht- bar. Er bildet ein Höhlung, die den Kopf aufnimmt. Ventral befinden sich die Hüft- pfannen für das vorderste Beinpaar (Abb.4). Der Mesothorax bildet das kürzeste der drei Brustsegmente. Er besteht aus dem Mesosternum, den Epimeren und dem

(12)

Abb. 6 Oberkiefer

von lps t')rpographus

Abb. 7 Unterkiefer von lps typographus

An Angel

St Stamm

Zähne Kt

messerartige, spitze Zähne 3teiliger Kiefertaster

Abb. B

SI. /

Unterlippe von lps typographus.

K. +Uk.

z.

Lt.

verwachsenes Kinn und Unterkinn Zunge (Ligula) 3teiliger Lippentaster

/ /

ffr.

-.An.

--z.

(13)

Abb.9

Mikroaufnahme der Unterlippe und der beiden Unterkiefer.

(Vergröfienmg 50 fach)

Abb. 27

Abb. 18

Männliches Kopulationsorgan von lps typographus. Im Körperinnern sind die Fiißchen immer parallel.

(Vergröfierung 50 fach)

Ausgebreiteter Kaumagen von lps typographus.

(14)

//bb. 21

Waldzerstörung eines ca. 70jährigen Fichtenreinbestandes durch lps typograplrns.

Im Vordergrund: Schlechte Schlagräumun g einer ca. 8 ba großen Käferfläche (Hoher Randen, Deutsches Grenzgebiet, Mai 1948). Im Hintergrund: Bestandesrand mit Dürrständern,

frisch befallenen und noch gesunden Fichten. (Phot.: Holenstein)

Abb. 31

lps typographu s. Unregelmäßige, krumme Gän- ge der 1. Gescbwistergenerat ion (Hürstwald ,

Juli 1948). Pro Muttergang nur wenige

Abb. 16

Rindenstü ck eines Fangbaumes mit zahlreicben typographus-Brutgängen der 1. echten Genera-

tion 1948 (Hürstwald, Juni 1948).

(15)

Scutellum. Die Mittelbrust trägt die beiden Flügeldecken, welche zwischen dem Scutellum, den Seitenrändern des Mesosternums und den Epimeren befestigt sind.

Ventral befinden sich· zwischen Mittel- und Hinterbrust die stark genäherten Hüft- pfannen des mittleren Beinpaares. Der Metathorax ist komplizierter gebaut. Dieser wird ventral .vom Metasternum, lateral von je 1 Episternum und 1 Epimere, dorsal vom Tergum gebildet. Diese Einzelteile sind durch häutige, bewegungsfähige Chitin- membranen miteinander verbunden. Das aus Notum und Postnotum bestehende Ter- gum ist mit spezielle:t;1. Chitinvorrichtungen versehen, die das Bewegen der an den

f.

S; -

2.

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4. IJ

s.

IJ

G.

7.

Abb. 10

Die plattenartig miteinander verwachsenen Abdominalsternite (Bauchschuppen des Hinterleibes).

h"e//

I

/

Hinterbrustseiten befindlichen Hautflügel mittels kräftiger Muskeln ermöglichen. Am hintern Ende des Metasternums befinden sich dicht an das erste Abdominalsegment grenzend die großen Hüftpfannen des hintern Beinpaares. Zwischen Meso- und Meta- sternum ist die Trennung~spalte sehr schmal. In der Mitte erfolgt · die Verbindung punktförmig durch die schmalen Fortsätze, so e.ine gewisse Bewegung erlaubend.

Der Hinterleib (Abdomen): Dieser besteht aus acht Segmenten, von denen die ersten sieben auf beiden Seiten der Tergite je ein Stigma aufweisen. Die Bauch- schuppen= Ventral platten (Sternite) sind, stark chitinisiert und miteinander fest verwachsen (Abb . 10). Die durch die Flügeldecken geschützten Rückens~huppen = Dorsalplatten (Tergite) sind häutig ausgebildet. Sie sind durch schwächer chitini- sierte, dehnbare Zwischenhäute (Intersegmentalmembranen) verbunden, die entspre-

(16)

chend der Nahrungsaufnahme oder Reifung der Eier Volumenänderungen des Hinter- leibes ermöglichen. Während sich das achte Tergit bei gewissen Borkenkäferarten (z.B. Xyloterus lineatus) im männlichen und weiblichen Geschlecht unterscheidet, ist es bei typographus bei beiden Geschlechtern als wohlausgebildete, freiliegende Platte vorhanden. Männchen und Weibchen sind auf Grund der letzten äußerlichen Dorsalplatte nicht zu unterscheiden. Diese ist von unten nicht sichtbar, da sie von

Abb. 11

Vorder-, Mittel- und Hinterbein von lps typographus.

//orclerbe/n llin/erbe/n

=

Hüfte ( Coxa), Sehr.

=

Schenkelring (Trochanter), Schl.

=

Schenkel (Femur), Sehn.

=

Schiene (Tibia), F.

=

Sgliedriger Fuß (Tarsus), Kr.

=

Krallen.

dem schön gerundeten siebenten Sternit verdeckt wird. Auf der Bauchseite ist das erste Abdominalsternit nicht sichtbar. Es ist mit dem zweiten verwachsen und schmiegt sich eng an die länglichen Hüften der Hinterbeine. Der in der Mitte ausgebildete Keil trägt zur Stabilisierung des Hinterleibes bei (Abb. 10).

Die Beine: An jedem Brustsegment befindet sich ein Beinpaar. Die Beinglied- maßen stimmen in der Länge praktisch überein. Sie erlauben dem Käfer, sich rasch und sicher fortzubewegen. Das einzelne Bein (Abb. 11) zerfällt in Hüfte ( Coxa), Schenkelring (Trochanter), Schenkel (Femur), Schiene (Tibia) und fünf Fußglieder

(Tarsus). Durch die Hüften sind die Beine mit dem Körper verbunden. Die Hüften des V order- und Mittelbeines sind rundlich, diejenigen des Hinterbeines länger und schmaler. Der Schenkel und besonders die Schiene sind beidseitig abgeflacht, wo- durch sie besser an den Körper angelegt werden können. Die fünf Fußglieder sind

(17)

zylindrisch. Die ersten 'drei entsprechen sich in der Länge. Das vierte ist so klein, daß in Bestimmungsbüchern oft nur viergliedrige Tarsen angegeben werden. Das fünfte ist weitaus das längste. Dieses endigt mit zwei scharfen Krallen. Dre vom Schenkel zu den Fußgliedern stets breiter werdende Schiene ist stärker behaart als die übrigen Beinteile. Die vordere (innere) Kante ist fast gerade und läuft in einen markanten Sporn aus. Die hintere (äußere) Kante ist mit mehreren Höckern vei;-- sehen. Diese erleichtern dem Käfer das Bewegen in den Gängen und das Fortschaffen des Bohrmehls.

Abb. 12

Flügeldeckenabsturz von hinten: undeutlich punktiert, matt seif englänzend;

beidseitig mit je 4 Zähnen versehen. Der 3. Zahn am größten und knopfartig · eingesch~ütt. ·

Die F 1 ü g e 1 : Die Vor der f 1 ü g e 1 sind als dicke, harte, spröde und konvexe Flügeldecken ausgebildet. Sie überdecken oben schützend die beiden hintern Brust- segmente, sowie die Tergite des Hinterleibes und bilden hinten einen breiten, dellig einged.rückten Absturz (Abb. 12). An jeder Flügeldecke hat es hinten vier Zähne, von denen der dritte am größten und knopfartig eingeschnürt ist (Abb. 12 und 13).

Diese Zahnbildungen stimmen bei Männchen und Weibchen überein. Sie erhöhen den Absturzrand und ermöglichen so eine größere Aufnahme von Bohrmehl. Das Männchen transportiert auf diese Weise Bohrmehl aus den Muttergängen, so letztere reinigend. Der matt seifenglänzende, undeutlich punktierte Absturz ist ein charak- teristisches Artm~rkmal. Auf den Flügeldecken sind die Zwischenräume der groben Punktstreifen (Abb. 13) glatt und glänzend. Beim Fliegen wirken die Flügeldecken als Stabilisierungsflächen.

(18)

Die Hinterflügel (Hautflügel) . sind aus seitlichen Ausstülpungen des Meta- thorax entstanden. Diese Ausbuchtungen flachten sich soweit ab, daß sich die obere und untere Epidermis teilweise berühre_n und nur längs der Tracheen mit Nerven und Blutflüssigkeit versehene Hohlräume übrig lassen. Um diese Kanäle verdickt sich die zarte Flügelhaut sowohl ober- wie unterseits, wodurch die chitinige Flügeladerung

Abb. 13

Seitenansicht einer Flügeldecke, grobe Punktstreifen , hinten mit den . 4 charakteristi schen Zahnbildungen.

Abb. 14

Hautflügel (Hinterflügel)

Cost. = Costa, Sub. Cost. = Subcosta, Rad. = Radius, I = Flügelader I, II = Flügelader II, III = Media, IV = Cubitus.

entsteht. Die Hinterflügel sind länger und breiter als die Vorderflügel. Der nur beim Flug ausgebreitete Hautflügel ist sonst der Länge nach einmal zusammengefaltet.

Zur Verkürzun g der Länge ist er noch zweimal umgeschla gen, so daß er unter der Flügeldecke ein trapezförmige s, dünnes Päckchen bildet. N ü ß 1 in ( 18, S. 274) stützt sich in seiner Borkenkäfersystematik auch auf die Bildung der Hinterflügel.

Er zeigte, daß speziell in der Form, im Flügelgeäder , in der Gelenkbildun g und bei den Fransen zwischen den einzelnen Gattungen Unterschiede bestehen. Er teilte die Borkenkäfer in zwei Gruppen.: Iri die Ganzrandflügler und m die Lappenflügler ,

(19)

je nachdem der Hinterrand der Hautflügel ganz oder gelappt ist. J ps typographus gehört zu den letzteren. Der kleine Lappen ist durch eine tiefe Einbuchtung deutlich von der Hauptfläche getrennt (Abb. 14).

N ü ß l in (18, S. 303/304) beschreibt den Hautflügel von ty pographus wie folgt:

1. Lappenflügel.

2. Hinter der Ader III befindet sich noch eine weitere Ader IV.

3. Das Gelenk befindet sich in zirka ein Drittel der Flügellänge.

4. Der Flügel I im Apikalfeld ist stark erweitert. Mittlere Breite geht nicht über 76

%

der größten Flügelbreite.

5. Die Ader I erreicht die Flügelspitze nahezu.

6. Die Fransen am Hinterrand sind in der pr~ximalen Hälfte klein, aber normal ent- wickelt. Am Vorderrand des Basalfeldes zirka zwölf Borsten.

Di~ Hautflügel dienen dem eigentlichen Flug. Der Käfer selbst ist aber kein guter Flieger. Er ist _zu· schwer und plump. Er legt von sich aus höchstens Distanzen von einigen hundert Metern zurück. Wenn möglich, fliegt der aus seinen Winterquartieren oder Reifmigsfraßgängen ausschwärmende «Buchdrucker» an das nächste geeignete Brutmaterial. Immerhin besteht die Möglichkeit, daß mit Windunterstützung (plötz- licher Windstoß) größere Flugweiten erzielt werden.

e) .Fraßgänge

Schneider -0 r e 11 i (23, S. 3/4) beschrieb diese wie folgt:

«Die Fraßgä .nge von lps typographus treten in folgenden Formen auf:

Das normale Brutbild (Abb. 15 A) stellt einen zwei- oder dreiarmigen Längs- gang dar, wobei das vom männlichen Käfer genagte Einbohrloch (A 1) zu einer platzartigen Erweiterung führt , in welcher die Paarung mit den zwei oder drei an- fliegenden Weibchen stattfindet. Hierauf nagt jeder weibliche Käfer einen Mutter- gang und belegt ihn beidseitig mit Eiern, aus denen die Larven ausschlüpfen, welche die an Breite ständig zunehmenden Larvengänge mit der endständigen Puppenwiege

(A 2) anfertigen. Bei A 3 befindet sjch ein sogenanntes Luftloch, d. h. eine nach außen gerichtete, kurze Abzweigung des Mutterganges, in welcher nochmalige Paa- rung stattfinden kann. A 4 stellt das «sterile» Ende eines Mutterganges dar, wie es zuweilen von dem durch die Eiablage vorübergehend erschöpften weiblichen Käfer zur bloßen Nahrungsaufnahme genagt wird (Regenerationsfraß des Altkäfers).

Abb. 15 B zeigt das Gangsystem in etwas späterem Stadium, nachdem die in den Puppenwiegen entstandenen Jungkäfer die anstoßenden Rindenpartie ·n weiter zer- fressen (Reifungsfraß der Jungkäfer), bis die Zwischenlagen zwischen benachbarten Puppenwiegen völlig zernagt sind. Trocknet die Rinde nicht vorzeitig aus, so kann dieser Reifungsfraß der Jungkäfer zu einer mehr oder weniger vollständigen Zer- störung des ursprünglichen Brutbildes führen ( C), so daß streckenweise auch die Muttergänge kaµm mehr zu erkennen sind. Wenn aber die Rinde vorzeitig austrock-

(20)

Abb. 15

Fraßgänge des achtzähnigen Fichtenborkenkäfers J ps typographus.

A: Normales Brutbild (dreiarmiger Längsgang) 1 Einbohrloch mit platzartiger Erweiterung, von welcher drei Muttergänge ausgehen, parallel zur Faserrichtung verlaufend. 2 Larvengang mit Puppernv.iege. 3 «Luftloch» im Muttergang. 4 Steriles Ende eines Mutterganges (Regenerations- f11aß des ·Altkäfers).

B. Anfangsstadium des Reifungsfraßes der Jungkäfer von den Puppenwiegen aus.

C. Fortgeschrittenes Stadium des Reifungsfraßes der Jungkäfer mit vollständiger Zerstörung der Brutgänge.

D. Reifungsfraß mit geweihartigen (dendritischen) Verzweigungen außerhalb des Brutgan gsystems.

(Abbildung aus Nr. 23, S. 5, Literaturverzeichnis.)

(21)

~et oder die betreffende Stammpartie stark übervölkert ist, so fliegen die Jungkäfer aus und bohren an neuer Stelle am gleichen Stamm oder an einer benachbarten

f

ichte mannigfach verästelte Gänge von gleichmäßigem Durchmesser ( dendritische oder geweihartige Verzweigungen), bei denen zahlreiche Käfer durch das gleiche Einbohrloch eindringen, um sich im Innern dann nach allen Seiten ihre eigenen Bohrgänge anzulegen , die zuweilen das Splintholz deutlich furchen (Reifungsfraß außerhalb des Brutgangsystems, Abb. 15 D) .» (Vergleiche auch Kunstdrucktafel , Rückseite, Abb. 16.)

5. Spezielle Feststellungen über die männlichen Kopulationsanhänge

Lindem an n (17) hat als erster das Chitinskelett des Penis der Borkenkäfer näher untersucht , um so neue Anhaltspunkte für eine systematische Klassierung zu finden. Der Wert solcher Untersuchungen wurde bald erkannt. Der Bau der Chitin- teile der männlichen Fortpflanzungsorgane erlaubt, die einzelnen Borkenkäferarten systematisch voneinander zu trennen und verwandtschaftliche Beziehungen festzu- stellen. Nüßlin (18) und Fuchs (5) haben durch ihre vorzüglichen Arbeiten einen wesentlichen Beitrag zur Phylogenie der Borkenkäfer geleistet. Die Untersuchungen von Fuchs sind für uns besonders interessant, da er die Penisformen der Gattung / ps De Geer eingehend beschreibt. Unsere Ausführungen stützen sich weitgehend auf seine Publikation.

Folgende Chitinteile bilden das Kopulationsorgan von typographus:

a) die Hüllen;

b) die Einlage in die Hüllen= Rinne;

c) der außerhalb der Hüllen gelegene Teil= Spiculum gastrale (Abb. 17 und Kunst- drucktafel, Vorderseite, Abb. 18).

a) Die H ü 11 e n: Es gibt äußere und innere Hüllen. Die äußere Hülle ist ein kräf- tiger Chitinring , der dorsal in der Mitte eine Naht besitzt. Dieser als Gabel bezeich- nete Ring ist bei typographus dorsal breit ausgebildet und porös. Die Gabel um- schließt fest die inneren Hüllen. Diese bestehen aus ventralen und dorsalen Be- deckungsteilen des Penis, den sogenannten Platten und deren Verbindungsteilen , sowie aus Lamellen , die von diesen ausgehen, und den Füßchen. Die inneren Hül- len bilden zusammen den Peniskörper.

b) Ein 1 a g e in die H ü 11 e n : Die Einlage wird von der Rinne gebildet. Diese zer- fällt in zwei getrennte Stäbe, die sich bei typographus kaum dreimal umwinden.

An der Basis, wo die Muskeln ansetzen, sind die Stäbe ve!breitert, aber schwächer chitinisiert. Die Rinne ragt proximal- und distalwärts nur wenig über den Penis- körper hinaus. Sie übernimmt die Führung des Ductus ejaculatoris ( unpaarer Samengang bis zur Geschlechtsöffnung).

(22)

c) Der außerhalb der Hüllen gelegene Teil: Als einziger außerhalb der Hüllen gelegene Teil ist ·das Spicul um gastrale zu nennen, welches Lindem an n ( 17) als Stengel bezeichnete . Dieses ist ein kräftiger , gebogener Stab, der an dem zur Basis des Penis reichenden Ende für die dort ansetzende Muskulatur Ver- breiterungen und Verstärkungen aufweist. Das Spiculum gastrale, welches durch Muskelstränge mit der Gabel verbunden ist, dient als elastischer stützender Stab beim Herausstoßen und Zurückziehen des Penis.

F m K

V

d r g

Abb. 17

Männliches Kopulationsorgan von

lps typographus

Füßchen Mantel Klappe Ventral platte Dorsal platte Rinne Gabel

sp Spiculum gastrale p Penis

Sp-

Wie wichtig diese chitinösen Bestandteile der männlichen Kopulationsorgane für die systematische Unterscheidung sehr nah verwandter Borkenkäferarten sind, geht aus folgenden, der Arbeit Fuchs (5, S. 24, 41) entnommenen Beispielen hervor.

Erklärung der in den Zeichnungen mit Buchstaben bezeichneten Teile:

v

=

Ventralplatten (laminae ventrales) d

=

Dorsalplatten (laminae dorsales)

rn = Mantel (pallium) = chitinige Membran, welche die Ventralplatten basal ver- bindet.

(23)

Abb. 19

Gabel und Spiculum von lps amitinus, typographus und cenibrae (nach Fuchs).

LJ/e Clabe/n

//On

Jps

/n der ~'//e:, c/orsa/ /rv.rz av/..

ge_/o:Sr.

lypographus cembrae

c/orsa/ bre/! dorsa/ schma/

s /-ar/r poro'.s. er was ge;v(/nden.

Sp/culvrn . saslrale

b = Bügel (stapia) = Verbindung einer · dorsalen und ventralen Platte.

w

=

Wurzel (radix)

=

vom Bügel basalwärts zur Angliederungsstelle der Füßchen führender, stark chitinisierter Ast.

F. = Füßchen (pedicu~i penis) · = ragen von der Basis des Peniskörpers nach vorne m den Körper des Käfers hinein. Chi- tinstäbe.

sta

=

Stab (radius)

=

chitinige Verstärkung, die sich vom Bügel m die ventrale Platte hineinzieht.

(24)

Abb. 20

I ps amitinus

Dorsalansicht der Penisformen (nach Fuchs).

lps typographus lps cembrae

Dorsalplatten groß, breit, bis nach rückwärts parallel, eng anschließend. Penis klein,

schwach chitinisiert.

s

=

Steg (jugum)

Dorsalplatten von ihrer Verwachsungsstelle aus nach rückwärts divergierend , rückwärts spitz.

Dorsalplatten mit nur Dorsalplatten mit deutlichen undeutlichen Verstärkungen. ·

Kopf der Ventralplatten fal- tig, mit Zähnchen versehen.

Chitinverstärkungen vom Bü- gel aus. Kopf der Ventral- platten faltig, ohne Zähnchen.

=

von Bügel und Wurzel ausgehendes, chitinisier- tes Band, welches die Dorsalplatte basal ver- bindet.

K

=

Klappe (valva tubiformis)

=

basalwärts ziehende Membran, welche die Rinne aufnimmt.

Diese drei Borkenkäferarten sind sehr nahe verwandt. lps typographus hat den größten und stärksten, 1 ps amitinus den kleinsten und am schwächsten chitinisierten Penis. 1 ps cembrae ist der größte Käfer. Er ist 1 ps ty pographus näher verwandt als 1 ps amitinus.

Beim frisch aus der Puppe geschlüpften Jungkäfer ist das Chitinskelett des Kopu- lationsorganes noch ganz schwach ausgebildet. Mit zunehmender Ausfärbung er- starken auch die Chitinteile und ermöglichen später die Kopulation.

Wir versuchten an Hand . des Chitinskelettes der männlichen Begattungsorgane eventuelle Rassenunterschiede zwischen 1 ps typographus aus schweizerischen Herden in verschiedenen Höhenlagen, sowie aus Fraßgängen in Fichte und Föhre heraus- zufinden. Konstante Unterschiede waren keine nachweisbar.

(25)

6. Ursachen der gegenwärtigen Massenvermehrung

Von allen europäischen Borkenkäferarten neigt lps typographus am meisten zur Massenvermehrung. Er ist, wie andere Borkenkäfer, vorwiegend ein sekundärer Schädling und befällt normalerweise kränkelnde „ geschwächte Bäume. Da, wo der

«Buchdrucker» aber infolge günstiger Bedingungen seine Gradation weit über das Normalmaß steigern kann, wird er auch primär. Sind einmal Millionen fortpflan- zungsfähiger Käfer vorhanden, so fliegen sie bei Mangel an geschwächtem Brut-· material auch an gesunde Fichten und bringen diese zum Absterben.

Massenvermehrungen werden hauptsächlich durch Windwurf, Schneebruch ; Rau- penfraß und im Gebirge manchmal durch Lawinenschäden verursacht. Bleiben im Gefolge solcher Naturkatastrophen die geworfenen Bäume längere Zeit unentrindet liegen, so stehen dem Käfer plötzlich große Mengen an Brutmaterial zur Verfügung.

Aus der forstentomologischen Literatur geht klar hervor, daß die riesigen, durch den achtzähnigen Fichtenborkenkäf er verursachten W ald~erwüstungen meist nach größeren Windwurfkatastrophen entstanden. Kriegzeiten sind für Borkenkäfergrada- tionen ebenfalls günstig. Einerseits werden viele Bestände durch Kampfhandlungen und Uebernutzungen stark geschädigt, anderseits können die gefällten Bäume infolge Arbeitermangels nicht rechtzeitig entrindet und aufgerüstet we_rden. So veru~sachten die napoleonischen Kriege in der Schweiz um 1800 typographus-Schäden. Viel ver- heerender waren aber die Auswirkungen des zweiten Weltkrieges in den V ogesen und in Süddeutschland (Kunstdrucktafel, Rückseite, Abb. 21), wo noch heute die «Buch- drucker»-Kal~mität nicht völlig unterdrückt ist.

Für die Entstehung großer «Buchdrucker»-Kalamitäten sind folgende zwei Fak- toren am wichtigsten:

1. Vorkommen der Fichten in großen Reinbeständen, vor allem außerhalb des natür- lichen Verbreitungsgebietes.

2. Durch längere Zeit Trockenheit und hohe Temperaturen.

A~ch in der Schweiz, vor allem im schweizerischen Mittelland, wurden stellen- weise auf Grund der Bodenreinertragslehre ,Fichtenmonokulturen im Laubmischwald- gebiet künstlich begründet. Wind, Schnee, Hallimasch und Rotfäule sind Wegbereiter für die Borkenkäfer. Dank der lokalen «eisernen Bestände» können an solchen Stellen Borkenkäferp.erde entstehen, die sich beim Vorhandensein geschwächter Fichten rasch ausweiten. Hohe Temperaturen und geringe Luftfeuchtigkeit fördern die Entwicklung _der wechselwarmen Borkenkäfer. 1946 trat lps typographus unter Nachwirkung des heißen und trockenen Sommers 1945 an· zahlreichen Stellen in den schweizerischen Waldungen auf. Der anormal heiße Sommer 1947 förderte dann die ~äferentwick- lung ganz außerordentlich. Gleichzeitig wurden die Bestände durch extreme Trocken- heit in ihrem physiologischen Abwehrvermögen stark geschwächt. Den Borkenkäfern stand deshalb in hohem Maße ideales Brutmaterial zur Verfügung. · So kam es, daß fast in der ganzen Schweiz die typographus-Gradation 1947 und 1948 kleine oder größere Schäden in den Fichtenwaldungen verursachte.

(26)

1947 mußten in den schweizerischen Waldungen rund 150 000 Kubikmeter Borken- käferholz gefällt werden. Die Hauptmenge entfiel auf typographus-Befall. Wie stark die Nachwirkung des Dürresommers 1947 war, geht aus folgenden Zahlen1 hervor.

1948 betrugen die gesamten schweizerischen Zwangsnutzungen - auf einer Wald- fläche von etwas mehr als 1 Million ha - 513 000 Kubikmeter. Davon entfielen 173 000 Kubikmeter ausschließlich auf käferfreies Dürrholz. 161 000 Kubikmeter fielen dem krummzähnigen Weißtannenborkenkäfer lps curvidens, 146 000 Kubik-

·meter lps typographus und 33 000 Kubikmeter andern Borkenkäferarten zum Opfer.

In diesen Zahlen sind sämtliche Fangbäume enthalten. Im weiteren 'ist noch zu be- rücksichtigen, daß viele schon 1947 infizierte Käferbäume erst im Winter und Früh- jahr 1948 entdeckt und gefällt wurden.

II. U eberwinterung

1. Rindenüherwinterung a} Frühere Feststellungen:

In seiner Uebersicht über die Biologie der Borkenkäfer schreibt H. ~. Wichmann (38, S. 372) unter dem Stichwort «Ueberwinterungsorte» für Borkenkäfer im all- g~meinen: «Die U eberwinterung, übrigens in· allen Stadien möglich, geschieht an den Orten des Reifungs- und Regenerationsfraßes.» Er hebt als Ausnahmen nur den klei- nen und großen Waldgärtner hervor, da der Ueberwinterungsort von Myelophilus minor unbekannt sei, während sich Myelophilus piniperda am Grunde alter Föhren bis zum Kambium einbohre.

Einen speziellen Abschnitt widmet Sei tner (28, S. 161/162) der Ueberwinterung von lps typographus. Er leitet ihn mit dem Satz ein: «Die Ueberwinterungsmöglich- keiten des Käfers ohne weiteres namhaft zu machen, dürfte schwerer sein, als aufs erste vermutet werden ¼:önnte. Sicher ist, daß die Geburtsstätten der im Herbst des Entwicklungsjahres zustandegekommenen Jungkäfer in der Regel auch ·ihre Winter- quartiere darstellen.» Als weitere Ueberwinterungsstellen nennt Seitner die den- dritischen Reifungsfraßgänge in den unteren Stammpartien und in den Wurzelanläu- fen geschwächter Fichten. Daneben fand er vereinzelte Käfer unter dem die Wurzel- anläufe bedeckenden Moos. Im weitem schreibt er: «Daß sich der durch schlechtes Wetter am Brüten verhinderte Käfer ·auch im Schlagabraum, wenn dieser welk und noch nicht ganz eingetrocknet ist, zum Zwecke der Ueberwinterung einbohrt und dort Ernährungsfraß verübt, ist erwiesen. Ob die Bodenstreu als solche allein für den durch schlechtes Wetter schon frühzeitig zur Einwinterung gezwungenen Käfer ein

1 Diese Zahlen wurden auf Grund kantonaler Meldungen von der Eidg. Inspektion für Forstwesen ermittelt.

(27)

brauchbares, dauerndes Winterquartier darstellt, ist mehr als ·zweifelhaft ... » Fuchs (4, S. 30)-weist auf die Wurzelanläufe der Fichten als Ueberwinterungsstelle hin. Er beobachtete, daß sich hier die im September noch ausfliegenden Käfer eins bohrten, um in kurzen, gebogenen Gängen zu überwintern. Als normale und ·praktisch . ausschlaggebende Ueberwinterungsart wurde bis 1946 der Aufenthalt der Käfer, Pup- pen und Larven in ·der Rinde angenommen. Für alle drei erwähnten Entwicklungs- stadien stellt der Brut bau m den wichtigsten Ueberwinterungsort dar, für Larven und Puppen ist es der einzige. Die Käfer wurden außerdem in der Rinde gesunder Fichten und Dürrständer, in Wurzeln lebender Bäume und in Wurzelstöcken gefunden.

b) Eigene' Beobachtungen: ·

In der Schweiz spielte während der letzten Jahre die Rindenüberwinterung im allgemeinen nur eine ganz untergeordnete Rolle, · da man während des Herbstes oder dann im Winter die Käferherde ausräumte, die Kä_ferbäume ~nt:rindete und die Rinde verbrannte. Manchmal kam es auch vor, daß man Käferfichten erst entdeckte, wenn Spechte durch ihr Klopfen in den oft bis ins Frühjahr grün bleibenden Kronen einen Borkenkäferbefall verrieten. In schlecht zugänglichen, abgelegenen Gebirgs- waldungen blieben ebenfalls Käferfichten stehen, so daß von solchen Bäumen aus im folgenden Frühjahr eine Neuinfektion erfolgen konnte. Die von uns im Frühjahr 1947 sowie im Winter 1947/48 vorgenommenen Auszählungen ergaben pro 1 dm2 Rinden- fläche meistens 0-7 lebende Käfer. Seltener fanden wir 15 typographus pro 1 dm2 wie am 10. Dezember 1947 auf dem Hohen Randen, 8-17 Stück wie am 16. Januar 1948 in Farzin _ (Kanton Waadt), oder gar 11-25 Stück wie am 20. Dezember 1948 in Dättwil.

In Dättwil, 440 m ü. M., fanden wir ebenfalls am 20. Dezember 1948 überwinternde Käfer in dem Moos, das den Stammfuß einer mächtigen Käferfichte bedeckte. Am gleichen Baum stellten wir n·och typographus in-Rindenritzen und in ganz kurzen Bohrgängen fest. Die Anzahl der überwinternden Käfer variierte von 0-3 Stück pro 1 dm2 Fläche.

Nach unseren Beobachtungen überwintert typographus fast ausschließlich a 1 s Käfer, viel seltener als Puppe und vereinzelt als Larve. Da in Deutschland der Stocküberwinterung große Bedeutung beigemessen wird, untersuchten wir in ver- schiedenen schweizerischen typographus-Herden einige hundert Wurzelstöcke. Im Win- ter 1946/47 konnten wir in keinem Wurzelstock überwinte.rnde «Buchdrucker» fest- . stellen. · Die· gleiche Beobachtung machten wir mit ·zwei Ausnahmen während der bei-

. den folgenden Winter. Am 28. Januar 1948 fanden wir im Gemeindewald von Wil

(Kanton Zürich) in einem Wurzelstock einige noch nicht völlig ausgefärbte Jung- käfer in Reifungsfraßgängen. Alle andern ·Wurzelstöcke in der 12 Aren umfassenden Schlagfläche waren käferfrei. Am 12. November 1948 stellten wir im Speckholz bei Fehraltorf (Kanton Zürich) einen Wurzelstock mit zahlreichen haselnußbraunen Jungkäfern der zweiten Gene:i;ation fest. Auf Grund der erst kürzlich gefällten und noch im Bestande liegenden Fichte sah man deutlich , daß die untersten eineinhalb bis

(28)

zwei Meter von d~n brütenden Käfer.n nicht angegangen wurden. Erst die Jungkäfer der zweiten Generation und einige dunkle Altkäfer verließen im Spätherbst die oberen Stammpartien, um im unbefallenen Stammanlauf dendritischen Reifungs- bzw. Re- generationsfraß auszuüben. Die vier benachbarten Wurzelstöcke sowie diejenigen eines zirka 200 m entfernten, mittelgroßen Käferherdes waren alle käferfrei. Weitere Untersuchungen bestätigten, daß in den schweizerischen Borkenkäferherden diese Ueberwinterungsart praktisch keine Rolle spielte und daß sich bei unseren Verhält- nissen eine Spezialbehandlung der Wurzelstöcke erübrigt. Einige Faktoren mögen diesen auffallenden Unterschied zu ausländischen, vor allem süddeutschen Beobach- tungen erklären. Erstens müssen bei uns die Bäume dicht über dem Erdboden abgesägt werden, so daß nur wenig Raum zur Ueberwinterung in Wurzelstöcken übrig bleibt.

Zweitens nahm bei uns die Borkenkäferkalamität keine so riesigen Ausmaße an wie im Ausland. Dieser glückliche Umstand erlaubte uns, die stehenden Käferfichten meist so frühzeitig zu fällen, daß die Jungkäfer ihre Brutstätten noch nicht verlassen hatten und nicht Zeit fanden, die Stammanläufe der Käferfichten zu befallen. Die viel bescheidenere Massenvermehrung von lps typographus in schweizerischen Waldun- gen muß ebenfalls berücksichtigt werden.

2. Bodenüberwinterung

Die Bemerkung von Judeich und Nitsche (10, S. 510): «Die Ueberwinterung kann sowohl als Käfer in der Bodendecke oder in Rindenritzen, als auch als Larve oder Puppe in der Ri~de erfolgen» , scheint in völlige Vergessenheit geraten zu sein1 • Bis zum Herbst 1946 war in der neueren forstentomologischen Literatur der Bo- den als Ueberwinterungsort von typographus nicht erwähnt. Auch Pi 11 a i (20) und Trägardh (30) fanden in der von ihnen untersuchten Waldstreu keinen Borken- käfer.

Es ist das Verdienst von Prof. 0. Schneider-Orelli, Vorstand des Entomologi- schen Institutes der ETH, Zürich, als erster ausdrücklich auf die Notwendigkeit von Bodenuntersuchungen zur Abklärung der typographus-Ueberwinterung hingewiesen zu haben (23, S. 12). Bei der Untersuchung zweier typographus-Herde im Maggiatal kam er zur Ueberzeugung, daß die bisherige Auffassung der typographus-Ueberwinte- rung den wirklichen Verhältnissen nur teilweise gerecht wird. In Dutzenden von dürren und halbdürren Fichten, deren Rinde über und über von Brut- und Reifungs- fraßgängen durchsetzt war, konnte er am 4. Oktober 1946 nach langem Suchen nur vereinzelte, lebende Jungkäfer finden. Larven und Puppen fehlten vollständig. Die zahlreichen Ausfluglöcher bewiesen, daß die Käfer die Brutbäume verlassen hatten.

0. Schneider-Orelli vermutete deshalb, daß sich typographus bezüglich Ueber-

1 Auch ich bemerkte diesen Satz erst bei der Niederschrift dieser Arbeit, d. h. im Sommer 1949.

(29)

winterung ähnlich wie der linierte Nutzholzborkenkäfer Xyloterus lineatus verhalte.

Er stützte sich dabei auf früher von ihm gemachte Erfahrungen mit lineatus (23, S. 11), bei dem er in einem Frühjahr das Entstehen der Brutgänge verfolgte, im Herbst aber vergeblich darin nach lebenden Borkenkäfern suchte, obschon nach der damals herrschenden Auffassung die Ueberwinterung in den Brutgängen erfolgen sollte. Ha d o r n (7) erbrachte dann 1933 durch seine am Entomologischen Institut .der

ETH

ausgeführte Untersuchung den Nachweis, daß Xyloterus lineatus im Boden überwintert.

Diese Ueberlegungen führten dazu, daß wir uns nun ganz intensiv mit der Unter- suchung des Bodens in den verschiedensten Borkenkäferherden der Schweiz befaßten.

Die ersten Käfer fanden wir in Bodenproben vorn Hinterarni (Ernrnental), 1100 rn ü. M., welche am 22. November 1946 einem kleinen, anfangs Oktober ausgeräumten typographus-Herd entnommen wurden. Schon am 27. November 1946 äußerte sich Schneider-Orelli in seinem Referat - «Untersuchungen über Auftreten und Ueberwinterung des Fichtenborkenkäfers, / ps typographus» - 1 wie folgt: «Käfer- bäurne, die im Verlaufe des Winters gefällt werden, sind oft zum größten Teil von den Käfern verlassen. Das Ausschwärmen im Frühjahr erfolgt dann vorwiegend aus der Bodendecke; ihm kann durch Fangbäume in den gefährdeten Beständen begegnet werden. Da wo durch Winterfällungen in Borkenkäferherden größere Kahlschlag- flächen entstanden sind, können zudem einzelne Fangbäume inmitten der Lichtung gegen die im nächsten Umkreis im April und Mai aus der Bodendecke ausschwär- menden Käfer von Nutzen sein.»

a) Freilanduntersuchungen:

Im Winter 1946/47 blieben in den durchwegs nur wenige Aren großen, schweizeri- schen typographus-Herden die Käferfichten oft zu lange stehen. Man war gewohnt, das Dürrholz gleichzeitig mit der normalen Holznutzung einzuschlagen. So hatten wir Gelegenheit, an vielen Orten unsere Bodenuntersuchungen durchzuführen. Zuerst entnahmen wir Proben von 4-20 drn2, um sicher Käfer zu finden. Schon im zweiten von uns untersuchten Herd stellten wir einen auffallenden Unterschied zwischen der Bodenüberwinterung von typographus und lineatus fest. Hadorn (7, S. 53) wies nach, daß der linierte Nutzholzborkenkäfer höchstens 30 rn von seinem Brutbaum, meistens aber in einer Entfernung von 6-18 rn überwintert. Er stellte innerhalb dieser Zone 6-7 lineatus pro 1 drn2 Bodenfläche fest. Demgegenüber fanden wir am 29. November 1946 auf dem Altberg bei Zürich, 550 rn ü. M., zwischen den Wurzel- anläufen einer dürren Fichte auf einer untersuchten Fläche. von 6 drn2 108 lebende typographus. In eineinhalb Meter Entfernung von der Stammbasis zählten wir noch drei Käfer auf einer Fläche von 8 drn2 , und 8 rn außerhalb des Herdes. konnten wir

1 Referat, gehalten anläßlich eines Vortragsabends der Forstabteilung der ETH in Zürich am 27. No- vember 1946.

(30)

auf einer Fläche von 20 dm2 nur noch einen «Buchdrucker» feststellen. Dies veranlaßte uns, bei den weiteren Untersuchungen die Bodenproben hauptsächlich zwischen den Wurzelanläufen stehender Käferfichten zu entnehmen. Dieses Vorgehen war sehr berechtigt; denn wir fanden hier fast immer 18-45 lebende ty pographus pro 1 dm2 Bodenfläche, während diese Zahlen mit zunehmender Entfernung vom Stamm rasch abnahmen. Am 5. April 1947 stellten wir in Steinmaur (Kanton Zürich), 530 m ü. M., mit 197 lebenden «Buchdruckern » pro 1 dm2 das Maximum fest. Die Tatsache , daß wir die Hauptüberwinterungsstellen von typographus im Boden kannten, erlaubte uns rasch mit viel kleineren Proben zu arbeiten. Um ganz genaue Resultate zu bekommen , verwendeten wir den von Herrn Prof. Burg er für bodenkundliche Untersuchungen eingeführten Metallzylinder. Dieser Burger-Zylinder umschließt eine Fläche von 1 dm2 und erlaubt je nach Mächtigkeit der beiden oberen Bodenhorizonte einen Aus- hub bis zu 1 dm3 •

Um sicher alle Käfer pro Flächeninhalt zu erhalten, ist der Aushub bis in eine Tiefe von 2 cm des Mineralerde-Verwitterungshorizontes notwendig, da die Käfer, wie aus Tab. 2 hervorgeht , nur in den oberhalb liegenden, humushaltigen Schichten überwintern.

b) Laboratoriumsuntersuchungen der Bodenproben:

Die Untersuchung der Bodenproben an Ort und Stelle stieß auf große Schwierig- keiten, da sich die in Kältestarre befindlichen Käfer bei den oft ungünstigen Be- lichtungsverhältnissen im Walde kaum von den gleichfarbigen Bestandteilen des Bo- dens abheben. Um die Auszählungen rasch und mit größter Genauigkeit vornehmen zu können, füllten wir die mit einem Zettel versehenen Proben in dichte Baumwoll- säcklein ab. Die Untersuchun g erfolgte dann im Laporatorium , wobei wir folgendes Material benötigten:

1 dickes, quadratisches , auf vier zirka 40 cm hohen Stützen ruhendes Eisenblech , das jeweils mit

1 Bogen Filtrierpapier bedeckt wurde.

1 Bunsenbrenner als Wärmequelle.

1 Bogenlampe zur Beleuchtung.

Das Material wurde in Portionen von je etwa 150 g gleichmäßig auf dem Filtrier- papier vert~ilt. Um die Käfer aus der Winterruhe zu wecken, erfolgte mittels der Gas- flamme eine vorsichti ge Erwärmung der Blechunterlage bis ~uf zirka 35

°

C. Die bald auf dem weißen Papier umherlaufenden «Buchdrucker » konnten dank dieser schon von Ha d o rn (7, S. SO)' angewandten Erwärmungsmethode viel rascher und zuver- lässiger gefunden werden, als durch direktes Absuchen n~cht erwärmter Bodenproben.

Um möglichst. keinen Käfer zu übersehen, wurde jede Portion drei- bis viermal durchgearbeitet. Die toten und lebenden Käfer legten wir in separate Schalen. Pro Bodenprobe benötigten wir eine bis eineinhalb Stunden Untersuchungszeit.

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