Universitäts- und Landesbibliothek Tirol
Innsbrucker Nachrichten. 1854-1945 1935
22.2.1935
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Nummer 45 Freitag , den 22 . Februar 1935 82 . Jahrgang
Wochenkalender : Montag . 18. Fiavian . Dienstag , 19. Konrcvus . Mittwoch , 20. Eleutherius . Donnerstag , 21 . Eleonora . Freitag . 22. Petri Stuhifeisr . Samstag , 25. Romana . Sonntag , 24 . Matthias.
Der Fremdenzustrom nach Mbiihel.
h. Wien , 22. Februar.
Der Präsident der österreichischen Verkehrswerbung Doktor Strafella machte gestern in Anwesenheit der Ministerial¬
räte Dr . D e i n l e kn und Dr . K a m m e l Pressevertretern bemerkenswerte Mitteilungen über den günstigen Verlauf der heurigen Winlerscison in Oesterreich . Aus den Mitteilungen ging hervor , daß dank der Tätigkeit der am österreichischen Fremdenverkehr beteiligten Kreise die Zahl der nichtdeut¬
schen Auslandreisenden nach Oesterreich von Jahr zu Fahr wächst. Der Besuch des englischen Thron¬
folgers hat außerdem wesentlich dazu beigetragen » außer Len englischen Slammgästen , die seit Jahren mit Vorliebe nach Oesterreich kommen , noch zahlreiche weitere Kreise der vornehmsten englischen Gesellschaft nach Oesterreich zu brin¬
gen . Die Vergleichs ; ffern , die eben aus Kitzbühel beim Oester- reichischen Verkehrs aüro eingelaufen sind, zeigen , daß die Fremdenverkehrszahl gegenüber derselben Zeit des Vorjahres für Kitzbühel -Stadt im Jänner eine Erhöhung um 16 P r o z e n t , im Februar um 56 Prozent und für Kitzbühel- Land bis 20. Februar sogar rund 108 Prozent beträgt . Für den Monat Februar liegen vorläufig nur die Zählungen bis zum 20 . d. M . vor . Sie ergeben , daß in den ersten beiden Dritteln des laufenden Monates 1746 Fremde in Kitz¬
bühel gemeldet waren , während im ganzen Monat Februar 1934 nur 1122 Fremde nach Kitzbühel gekommen waren . ,
Dr . Strafella sprach weiter über die Maßnahmen der öster¬
reichischen Verkehrswerbung zur Vermeidung von Preis- überhaltungen im Hotelgewerbe . Wie bereits vor kurzem gemeldet , wird ein gemischter Ausschuß bestehend aus fe einem Vertreter des Handelsministeriums und der öster¬
reichischen Derkehts Werbung , sowie der Hoteliers im Falle pon Beschwerden die Angelegenheit untersuchen und zur wetteren Behandlung den zuständigen Stellen zuführen.
Zum Schluß tellte Präsident Strafella noch mit , daß bei der nächsten Par . europakonferenz im Mai eine g e- meinsame Fre m d e n v e r k e h rs w e r b u n g der europäischen Staaten in Amerika erwogen wer¬
den wird . Dr . Strafella verwies ferner darauf , daß die Begünstigungen, die die österreichischen Bundes¬
bahnen für die Fremdenverkehrswerbung gewähren , weit hinter jenen anderer Länder Zurückbleiben.
Der Ausbau der Grohglocknerstrahe.
h. Wien , 22 . Febr . In einer vom ständigen Vertreter der österreichischen Landesfachstellen für Naturschutz , Hofrat Pro¬
fessor Dr . Schlesinger, einberusenen Pressekonferenz wur¬
den gestern die von uns bereits gemeldeten Bedenken erörtert, die die Belange des Naturschutzes gegen die Durchführung der restlichen Pläne für die Großglocknerstraße wahren sollen . Nach den Darlegungen des Innsbrucker Universitätsdozenten Doktor G a m s soll der Plan bestehen , drei Parkplätze für je150 Kraft¬
wagen zu erbauen , die Hoffmannshütte durch ein Hotel zu er¬
setzen und dieses durch eine Seilschwebebahn mit dem Füscher Karkopf zu verbinden.
Dom Standpunkte des Naturschutzes werden gegen die Ver¬
wirklichung dieses Vlanes schwere Einwände erhoben und es wird eine andere Lösung vorgeschlagen . Die neue Straße soll vom Glocknerhaus zur Frcnz -Iosefs -Hütte geführt und am Schafflerjoch vorbeigezogen werden , von wo aus mit viel geringeren Kosten eine kurze Abzweigung vom Sonn- wendbichl mit einem Parkplatz erstellt werden kann . Dort könnte eine Seilbahn längs des Freiwcndkees auf den Fusche»
kop' oder wesentlich kürzer auf das mit 3266 Meter um 70 Meter niedrigere Sonnwelleck führen . Gegen die Verwirk¬
lichung des Gamsgrubenplanes müsse schärfster Einspruch er¬
hoben werden.
Im Namen der Großglockner -A .-G . trat Oberbaurat Ing.
Wallar diesen Einwänden entgegen und sagte , die Eroß- gkockner-A, -G . sei eine Straßenbau - und keine Hotelbaugesell¬
schaft. Die Nachrichten über den Hotelbau der Gesellschaft seien unrichtig . Daß nach Fertigstellung der Straße dort Touristen¬
hotels entstehen kennten , sei heute anzunehmen . Die Glockne»
strahe diene in erster Linie dem Fremdenverkehr.
Zwei Schwestern stürzen sich aus einem Flugzeug.
- d. London , 21. Februar.
Die Bewohner von U p m i n st e r in der Grafschaft E s ' e x hatten am Donnerstag Gelegenheit , einen sonderbaren Vorfall zu beobachten . Aus einem in der Richtung Frankreich fliegen¬
den Flugzeug stürzten plötzlich zwei Frauen im Alter von etwa 25 Jahren , die dann tot auf einem Felde in der Nähe der Stadt aufgefunden wurden . Die Körper der Abgestürzten hielten sich auch im Tode noch fest an den Händen.
Es handelt sich um die beiden Töchter des im 54 . Lebens¬
jahre stehenden amerikanischen Generalkonsuls in Neapel , Eort Dubais. Von den auf so tragische Weise ums Leben ge¬
kommenen jungen Mädchen war Elisabeth 23 Jahre und Jane 20 Jahre alt.
lieber die Gründe ihres Selbstmordes dürften die an den Vater gerichteten versiegelten Briefe, die man im Flugzeug fand , Aufschluß geben . Die Geheime Polizei von Scotland Pard , die sofort benachrichtigt wurde , befaßt sichzur Zeit mit der Aufklärung des Falles . Der Absturz erfolgte aus einer Höhe von etwa 1700 Metern . Die Körper fielen auf ein Baugelände und bohrten sichtief in den Boden.
Der Flugzeugführer bemerkte erst, als er sich auf dem Wege nach Frankreich über dem Kanal befand , daß die Tür des
Flugzeuges geöffnet war und seine beiden Fahrgäste fehlten.
Er machte daraufhin sofort kehrt und landete in Stople- ford.
Der Flugzeugführer des Hillmaim -Flugzeuges , aus dem die beiden Amerikanerinnen ihren Todessturz unternommen haben , ist derselbe , dem vor kurzem Goldbarren im Werte von 22.000 Pfund zwischen Paris und der französischen Küste aus dem Flugzeug fielen.
Etwaige Zweifel , ob e« sichtatsächlich um einen Selbstmord der beiden Schwestern handelt , sind kaum mehr vorhanden.
Der Flugzeugführer erklärte , daß sichdie Tür des Flugzeuges infolge des ungeheuren Winddruckes unmöglich von selber öffnen konnte . >
Die Tatsache , daß die beiden Mädchen mit den Fliegeroffi¬
zieren Beatty einem( Halbbruder des berühmten englischen Admirals Lord Be atty ) und Ford es verlobt waren , die durch die Katastrophe des englischen Flugbootes bei Messina in der vergangenen Woche ums Leben kamen , wirft ein be¬
sonderes Licht auf die Tragödie . Die Töchter Dubois ' befcnden sichvor der Katastrophe bei Messina ständig in Gesellschaft der beiden Offiziere , als diesesichnoch in Neapel aufhielten . Durch den Tod ihrer Verlobten gerieten die Mädchen in einen sehr bedrückten Gemütszustand.
Italiens Vorbereitungen für den Kriegsfall.
Rom , 21. Februar.
Der Oberste Rat für Landesverteidigung trat am Mittwoch zur letzten Sitzung seiner Iahrestagung zusammen . Ueber das Ergebnis wird im Gegensatz zu den früheren Tagungen eine ausführliche amtliche Mitteilung veröffentlicht , in der es nach Anerkennung der im Vorjahre geleisteten Vorarbeiten für die Mobilmachung der Zivilbevölkerung und des entsprechenden Programmes für das laufende Jahr heißt:
Der Oberste Rat für die Landesverteidigung hält es für notwendig , der Nation darüber Mitteilung zu geben , daß er in den ersten zwölf Jahren seines Bestehens seine Aufgabe gelöst hat , die darin besteht , rechtzeitig die unerläßlich notwendigen Mittel bereilzustellen , damit eine etwaige kriegerische Aktion sichunter Vcraussetzungen entfalten kann , die den Sieg er¬
möglichen. Nach Prüfung aller Bedürfnisse , für die bei krttischen und entscheidenden Verhältnissen Vorsorge getroffen werden muß , und zwar sowohl in bezug auf die Versorgung der mobilisierten bewaffneten Macht , wie für die Arbeits - und Lebenmöglichkeiten der ganzen Nation , hat der Oberste Rat systematisch alle ursprünglich gegebenen Hilfsquellen des Landes organisiert und Vorkehrungen für den Uebergang zu den letzten Formen von Verwendung und Verbrauch getroffen.
Insbesondere ist die G e w i n n u n g und Verarbeitung der einzelnen Erzeugnisse in der von den Militärbehörden ver¬
langten Art und Zahl bis ins Kleinste vorbereiiet.
Sofern dabei Lieferungen und Güteraustausch mit dem Aus¬
land e in Betracht kommen , kann auf Grund der angestellten Untersuchung das allzu oft wiederholte Schlagwort von der Rohstoffarmut Italiens , die seine Handlungsfreihett in Sachen der Außenpolitik behindere , mit Bestimmtheit als un¬
richtig bezeichnet werden . In Wirklichkeit hat die vom faschi¬
stischen Regime in den 13 Jahren seines Bestehens entfaltete Aktion das Land von den schwersten dieser Erscheinungen , die man als „Kriegsknechtschaft " bezeichnen könnte , befreit.
Die amtliche Mitteilung gibt dann im einzelnen an , daß die Versorgung Italiens mit Getreide , Mais , Reis usw . in Kriegs¬
zeiten — im Gegensatz zur Fleischversorgung — vollauf durch die eigeneLandwirtschaft gedeckt wird . In bezug auf die flüssigen Brennstoffe sei der Oberste Verteidigungsrat auf die Sicherung der Selbstversorgung Italiens in Kriegszeiten durch Ausnutzung der eigenen Bodenschätze und durch syn¬
thetische Erzeugung dieses Brennstoffes aus natio¬
nalen Rohstoffen bedacht ; für den Bedarf an Schmieröl sei Italien bereits vom Auslande unabhängig . Für die Erz¬
gewinnung und Erzverarbeitung verfüge Italien über beträchtliche Möglichkeiten , die von der Industrie ent¬
wickelt werden sollen ; für die hochwertigen Brennstofie sei Italien in Friedenszeitea auf das Ausland angewiesen ; es habe aber seine Wasserkraftanlagen ausgebaut und nach Ansicht des Obersten Rates müsse Italien in Kriegszeiten auch auf seine Kohlen - und Braunkohlenlager zählen kämen.
Ueber die industrielle Ausbeutung der Braunkohle seien wich¬
tige Versuche im Gange . In bezug auf die lebenswichtige Stickstoffversorgung müsse daran erinnert werden, daß nach italienischen Patenten auch im Auslande erbaute An¬
lagen mit voller und zufriedenstellender Leistung arbeiten.
Schließlich lei Italien wie auf dem Geb ete der Nahrings¬
mittelversorgung auch in bezug auf die K l e i d e r v e r f o r - gung unabhängig , wobei der Hanf als nationaler Faserstoff in der Zukunft noch eine große Rolle spielen werde.
Die n äch st e ordentliche Tagung des Obersten Rates für die Landesverteidigung ist von Mussolini auf Anfang Fe¬
bruar 1936 einberufen worden.
Mobilmachung in Italien.
Aon unserem römischen Korrespondenten.
Or . E . Rom , Mitte Februar.
Wird es Ernst ? In den fremden Zeitungen kann man !esen, die Kirchen in Italien , vor allem in Florenz und Messina, seien überfüllt , Frauen und Mädchen lägen auf den Knien und flehten zur Madonna um Erhaltung des Friedens , um die Befreiung des Gatten und Vaters , des Bruders und Bräu¬
tigams vom Kriegsdienst . Die einheimischen Zeitungen aber wissen es anders . Da schallt und hallt cs wider von einer Begeisterung ohne Grenzen , die Augen der Ausziehcnden funkeln vor Stolz und Kampfeslust , die Kameraden , die noch Zurückbleiben müssen, neiden ihnen das Glück und das Volk wirbelt die Taschentücher und ein Soldat stürzt sich auf die Fahne und umarmt und küßt sie, als sei sie ein lebendiges Wesen.
Wo ist die Wahrheit?
Man fährt in die Altstadt . . . schmetternde Fanfaren , klin¬
gendes Spiel , ein blutjunger Fähnrich trägt die Trikolore.
Die Wagen stauen sich, die Leute stehen stumm und gewohnt, als hätten sie das tägliche Schauspiel der aufziehenden Wache vor sich. Die Männer ziehen den Hut , die Frauen gebe » sich undurchdringlich wie immer.
Am Abend aber hört man den Schritt der Bataillone , die zum Bahnhof marschieren . Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr.
Mussolini hat in der Grenadierkaserne di» letzte Parade ah«
Sette 2. Nr . 45.
»InnsbZucker Nachrichten'
Freitag , den 22 . Februar 18W.Der Variier Besuch des Bundeskanzlers.
Festlicher
Empfang in Paris.
Paris , 21. Februar. (A. N.) Bundeskanzler Dr. von Schuschnigg und Außenminister Baron Berger - Waldenegg sind heute um 21. 20 Uhr
französischer
Zeit mit
denMitgliedern
der österreichischenDele¬
gation und in Begleitung des
österreichischenGesandten in Paris , Dr. E g g e r - M ö l l w a l d, der dem Bundeskanzler bis T r o y e s entgegengereist war, angekommen . Zur Be¬
grüßung des Bundeskanzlers und des Außenministers hatten
sich
am Bahnhof außer
sämtlichenFunktionären der österrei¬
chischen
Gesandtschaft und dem
österreichischenGeneralkonsul in Paris Montmartin u . a. eingefunden der französische MinisterpräsidentF l a n d i n, der
französischeAußenminister Laval, der französische Gesandte in Wien P u a u x, der Donnerstag früh aus Wien eingetroffen war, der Polizei¬
präfekt von Paris , Langerot, sowie zahlreiche andere hohe
französischeFunktionäre und Vertreter der Diplomatie und der Presse.
Bundeskanzler Dr.
Schuschniggund Außenminister Berger- Waldenegg wurden beim Verlassen des Wagens auf dem Bahnsteig vom Ministerpräsidenten und Außenminister Laval überaus herzlich willkommen geheißen und als¬
bald zu ihrem Wagen geleitet. Vom Bahnhof fuhren der Bundeskanzler und der Außenminister in Begleitung des
französischen
Ministerpräsidenten und
des französischenAußen¬
ministers in das Pariser Hotel. In der Umgebung des Bahnsteiges hatte
sicheine Menschenmenge angesammelt , die die
österreichischenMinister bei ihrer Vorbeifahrt begrüß:e.
Begrüßung in der
französischenPresie.
Paris , 21. Febr. (A. N.) In Erwartung der Ankunft des
österreichischen
Bundeskanzlers und des Außenministers ver¬
öffentlichen die Pariser Abendblätter eingehende Lebens¬
schilderungen , in denen die Verdienste der beiden öster¬
reichischen
Staatsmänner vom
österreichischenund vom inter¬
nattonalen Standpunkt gewürdigt werden.
Römische
Würdigung des Besuches.
Rom, 21. Febr. (A. N.) Die Pariser Berichterstatter der italienischen Zeitungen befassen sich in spaltenlangen Auf¬
sätzen
mit dem Besuch des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg in der
französischenHauptstadt. Vom diplomatischen Stand¬
punk:
sei dieAtmosphäre als überaus günstig zu bezeichnen.
Die Pariser Besprechungen werden
sichvor allem mtt den Maßnahmen für die Anwendung der römischen Uebereinkommen zur Besserung der österreichischen Wirtschaftslage befassen . Frankreich würdige den Besuch in Paris und London besonders deshalb, weil es
zugleichmit Großbritannien die Erklärung über die Aufrechterhal- tung der Unabhängigkeit Oesterreichs unter¬
fertigt habe.
Botschafterempfang bei Laval.
d. Paris , 21. Febr. Außenminister Laval empfing am Donnerstag vormittags den deutschen Botschafter Roland K o e ste r, den polnischen BotschafterC h l a p o w ski und den italienischen Botschafter Grafen P i g n a t t i. Obgleich über den Gegenstand der Unterredungen eine amtliche Ver¬
lautbarung nicht veröffentlicht worden ist, geht man wohl
nicht
in der Annahme fehl, daß es
sichum Fragen gehandelt hat, die in engem Zusammenhang mtt der Londoner Er¬
klärung und den bevorstehenden Verhandlungen stehen.
In
diesemZusammenhang
sprichtman
in stanzösischenpoli¬
tischen
Kreisen sehr viel von einer Reise Sir John.
Simons noch Berlin. Man rechnet allgemein damtt, daß der
englischeAußenminister demnächst Berlin besuchen wird. Wie in gut unterrichteten diplomatischen Kreisen ver¬
lautet, bestätigt
essich , daß
dieMoskauer Regierung
deneng¬
lischen
Außenminister ebenfalls eingeladen hat, der sowjet¬
russischen
Hauptstadt einen
Besuchabzustatten.
In : Zusammenhang mit den Unterredungen des französi¬
schen
Außenministers mit den ausländischen Diplomaten, die den bevorstehenden Verhandlungen gegolten haben dürften wird in Paris vor allem darauf hingewiesen , daß
nichtnur das Londoner Kabinett, sondern auch die russische Re¬
gierung die Londoner Erklärung als ein un¬
trennbares Ganzes betrachte. In Paris hat man « r
diesen
Punkt besonderen Wert gelegt, während man
sichair eine bestimmte Reihenfolge der Verhandlungen nicht fest¬
gelegt hat. Man will nur daran festhalten , daß die Einzel- verhandlungen zu einem
gleichzeitigenErgebnis führen und das Inkraftreten der etwa zustandegekommenen Einzelabkom¬
men von der
endgültigen Einigung über
den gesamtenFragen¬
komplex
abhänge.
genommen und wenn er später im Großen Rat über
dieaus¬
wärtige Politik sprechen wird, rollen seine Schwarzhemden
schon
durch die Nacht, dem dunkeln Erdteil zu. Der große Tag ist gekommen : Schulter an Schulter mit den Soldaten des Königs — die
römischenAdler fliegen. —
Noch ist es erst die Jugend der Zwanzigjährigen, die für den Sturm der Begeisterung , wie er durch die Zeitungs¬
spalten tobt, Zeugnis ablegt. Sie singen die Schützengraben¬
lieder ihrer Väter,
siewaren kaum geboren, als der Welt¬
krieg ausbrach, der uns
nochin den
Knochenliegt, uns den Vierzigern. So alt also sind wir bereits geworden! Andere greifen
die kriegerischenIdeale auf und niemand
sprichtmehr von dem
pazifistischenTrümmerfeld, das
zwischenden Gene¬
rationen liegt. Nie wieder Krieg! In
welchersagenhaften Ver¬
gangenheit war denn das? Und während die Räder in der Ferne verhämmern und das Duce! Duce!
sichin der strah¬
lenden Mondnacht verliert, donnern schon die Rotations¬
maschinen
und zermalmen
dieZeit,
die sich zwischen dieJahr¬
tausende
schiebenzu können glaubte. Vier große Spatten für das Schwert von Rom, das die Cimbern und Teutonen ver¬
nichtete. Riesige
Blockschriftfür die „Barbaren" und — die übliche
Geschichtsschreibungvon gestern. Wenn die Römer
nach
Norden
zogenund unter
denFuß traten, was
sichihnen in den Weg stellte,
sowar das ein Heldentum ohnegleichen, nichts als Segen wurde den fremden
Völkerschaftengeschenkt.
Wenn aber
dieanderen umgekehrt
nachSüden zogen,
sowar das ein „Zug wirklicher und maskierter Bestien, ein wilder Ausbruch". „ Scheußlich grauenhaft waren die Germanen, sie hatten
eine tierischeStimme",
dieRömer hingegen— einfach zum Verlieben. Nun, wir sind nüchterner geworden als in unserer Gymnasiastenzeit , es gibt uns zu denken, wenn Cäsar die
feindlichenWälder vom Einhorn und einem
Elchbevöl¬
kert fand, der keine Gelenke hatte und
sichdaher an einen Baum anlehnen muß, wenn er
schlafenwill. Was
diegerma¬
nischen
Jäger auf die geniale Idee brachte, die Bäume vor¬
her anzusägen— dann brauchte man die
hilflosenumgesal- lenen
Elchenur aufzuklauben . Ja ja,
so stehtdas
allenErnstes im . Helium gallicum ",
sechstesBuch, dort, wo von Ambiorix
die Rede ist. Aus
solchenSchilderungen auf die histori'.che Treue anderer Blätter zu schließen ,
sollteheute, wo wir aus eigener Erfahrung wissen , wie Schauermären entstehen , wie einseitig
Geschichte geschriebenwird, niemand mehr verwehrt werden. Am wenigsten der Jugend.
Immerhin lernt
sieaus dem
gleichen historischenZettungs- artikel, daß jener Marius, der Varbarenvernichter , Tripoli- tanien zum erstenmal für Italien eroberte, und daß seine anfänglichen Niederlagen auf den gleichen
taktischenFehler zurückzuführen seien, der den Italienern 1896 in Abessinien zum Verhängnis geworden war, nämlich dem tropfenweisen
Nachschub
von Truppen. Darf man daraus folgern, diesmal werde den Barbaren des „Königs der Könige"
gleichdas ganze Gros des Heeres entgegengeworfen werden?
Es
scheinttrotz alledem
nichtso. Wohl haben
sichbereits fiebzigtausend Freiwillige unter den Schwarzhemden gemel¬
det und ungezählte weitere Tausende von Bürgern verlan¬
gen, eingestellt zu werden, wie der Kriegsminister Mussolini vor dem Großen Rat mitteilte, aber der Minister für Außen¬
politik, Mussolini, ist für weise Zurückhaltung . Er begegnet
m
übrigens darin mit dem Kolonialminijter Mussoliniund
es
kann gar
keinemZweifel unterliegen, daß
dieSt . mme des
siebenfachen
Ministers und Ministerpräsidenten den Ausschlag geben wird. Die Wirtschastspolitiker wollen im Geldmangel eine starke Bremse erblicken . Die fremden Diplomaten glau¬
ben auch
nichtrecht an einen richtigen Feldzug gegen das sagenhafte Hochland der Königin von Saba und des streit¬
baren Löwen ( die romantischen Bilder kommen gelegentlich etwas durcheinander ) , auf der
abessinischenoder äthiopischen
Gesandtschaft
am Corsa Triefte findet man
keinenGrund zur Austegung.
Etwas nervöser
scheint dieStimmung in Genf
zusein, und mit Recht, denn im
krttischen Augenblickwürde Italien das
„Selbftbesttmmungsrecht " ebenso in Anspruch nehmen wie Japan . Einstweilen
verzeichnetman in Rom mit Genugtuung den Tadel, den
Abessinien einsteckenmuß,
seites zur Aussöh¬
nung der lateinischen Schwestern gekommen ist. In diesem
Augenblick
mußte der freie Staat völkerbundsunwürdig wer¬
den. darüber sind sich„Temps" und „Journal de Genöve^
völlig einig. Wie vorauszusehen war, ist von der gleichen Stunde ab
auchder „ tollwütige Hund",
dendas demokratffche Frankreich im Faschismus erblickte , zu einem engelsgleichen We' en geworden, das niemals mit dem Knüppel, immer nur mit dem Palmzweig der
Unschuldgewedett und seinen Geg¬
nern bloß die Milch der frommen Denkungsart eir.getrichtert hat. Die
italienischenZeitungen fliehen
jetztüber von Pariser
Lobsprüchen
und
verzeichnenmit Genugtuung, daß dieses zu¬
ständige Forum die Rechtsfrage im
afrikanischenStreitfall zu Gunsten Roms
entschiedenhat.
Umgekehrtfällt natürlich auch
nicht
mehr das
leisesteWörtchen gegen Frankreich . Vielle.cht
sprechen tatsächlich die
Waffen
inAftika, aber
entschiedenwird über das
Schicksal Abessiniens inEuropa.
Selbst die für einen modernen Krieg unerläßlichen Greuel- taten werden von Paris bereits
fixund fertig geliefert. Die
römische
Presse
kannaus
einem französischen BuchNachweises,
wie barbarisch es bei
Ras Tafari zugeht.
Und sowird es wohl bald
keine Menschenseele inItalien mehr geben,'
die nichtüber- zeugt wäre, daß Italien dort drüben eine Kulturmission zu erfüllen habe.
Rätselhaft bleibt
nachwie vor
dieHaltung Englands. Hört mau die Briten in Rom,
liestman ihre Zeitungen,
soergibt j
sicheine
Verschiedenheitder Meinungen, die
nicht rechtüber¬
zeugend wirkt. Im Grunde
scheintMussolini
dochrichtig zu rechnen , wenn er annimmt, England werde ihm
keinegroßen
Hindernisse in den
Weg legen. Mit
demttalienisch -frLnzöstschen Kolonialabkommen
diesesJahres
kannja
auch derGeheimve:- ttag von London
noch nicht erschöpftsein. Und je stärker der
deutsche
Ton im Konzert der Mächte wieder wird, um
soge¬
ringer wird die Wahrscheinlichkeit , daß Italien zu deutschen Kolonien kommt. Anderseits ringt
sich dieUeberzeugung , daß Italien
tatsächlich die Entscheidungim Weltkrieg herbeigefühct
>hat, immer mehr
auchin London durch. Wäre es daher nicht
>unzweckmäßig ,
ihm eine Rechnungzurückzuweisen ,
dieEngland
! nichts kostet?
Die
Königin von Holland in der Schweiz.
Buchs (St . Gallen) , 22. Febr. (A. N.) Die Königin vcn Holland
istmit der
Kronprinzessinund Gefolge am Donners¬
tag
in Buchseingetroffen.
Sitzung des Staatsraies.
Wien, 21. Februar. (A. 9t) Der Staatsrat hielt heute unter
Vorsitzdes Präsidenten RudolfH o y o s
und inAnwesenheit des Dundesministers für
soziale
Verwattung Neustädter - Stürmer eine Sitzung ab. Der Entwurf eines Bundesgesetzes betrestend die Errich¬
tung eines Bundes
derGeld-, Kredtt- und Versicherungsunter, nehmungen (Finanzbund) wurde dem innenpolittfchen Ausschuß zur Vorberatung zugewiesen . Präsident Hoyos be¬
stimmte
zum Berichterstatter über
diesenEntwurf den Staats¬
rat Dr. Ki e n b ö ck.
Berichterstatter Dr. R e f
chleitete mit einem ausführlichen Referat die Beratung über
dieVorlage der Bundesregierung betrestend die gewerbliche Sozialversicherung
ein. Bundesminister Neustädter-Stürmer legte in eingehender Weise das Problem der Sozialversicherung dar und erklärte, daß dis Regierung auf Grund der Gutachten der vorberalen- den Körperschaften geneigt sei, eine weitgehende Aen¬
de rung des ursprünglichen Reformplanes vorzunehmen.
Nachdem die Staatsräte Dr. Funder , Dr. Kienböck und Ku n scha k
gesprochenhatten, wurden
Berichtund Gutachten
zu dem
Entwurf betrestend
die gewerblicheSozialversicherung angenommen.
Eine Innenanleihe im Deutschen Reich.
Berlin, 22. Febr. (A. N.) Don gut unterrichteter Sette ver¬
lautet, daß die auf Grund des Kreditermächtigungsgesetzes aufzulegende Innenanleihe des
DeutschenReiches den Betrag von einer Milliarde Mark erreichen soll. Eine amtliche Meldung über den Anleihebetrag liegt
jedochnoch nicht vor.
Neue Unruhen in Kroatien.
Belgrad, 22. Febr. Im Dorf S i b i n j e
kames am Mitt¬
woch
wieder zu Unruhen und blutigen Zusammenstößen zwi¬
schen
Bauern und Gendarmerie, die auch diesmal von der Feuerwaffe Gebrauch machte. F ü n f T o t e
sind zubeklagen.
Die
Zahl der
Verletzten ist nichtbekannt.
'laqeineuiQMtm,
Tragödie
derArbeitslosigkeit.
h. Wien, 22. Febr. Donnerstag abends
hat sichin F l o r i d s°
darf eine erschütternde Trag
ödi e abgespielt . Frau Stephanie R i n g l m a n n
suchte sichwegen Arbeitslosigkeit ihres Mannes mtt ihrem fünfjährigen
Kurdemit.Kohlenoxyd- gas zu vergiften. Das Kind wurde bereits tot aufgesunden.
Gegen
dieMutter,
dieaus ihrer Ohnmacht
noch nichterwacht ist, wurde
einStrafverfahren eingeleitet.
Einbruch
in
dieWiener
polnischeGefandtfchast.
h. Wien, 22. Febr. In
die polnischeGesandtschaft , 4. Bezirk, Argentinierstrahe 25,
istam Donnerstag ein verwegener Ein¬
bruchsdiebstahl verübt worden. Den Dieben fielen Silber- gegenstände im Werte von 7000 Schilling in die Hände. Bisher
istes
nichtgelungen,
denTäten: auf
dieSpur zu kommen.
Drei Kinder überfahren und getötet.
Stuttgart, 22. Febr. In Nebringen
imOberamt Herrenburg wurden
am Mittwochabends
die drei Kinder desBahnwärters Dürr, die
sichauf dem Heimweg von einer Zusammenkunft der Hitlerjugend befanden, von dem Personenauto eines Ge¬
schäftsmannes aus Herrenburg erfaßt und auf den Straßen¬
rand geschleudert ,
wosiet o t liegen blieben. Der Täter suchte, ohne
sichum
dieKinder
zukümmern, das Weite, wurde aber
noch
in
derselbenNacht verhaftet. Bei der Untersuchung
konnte festgestellt
werden, daß
dieKinder vorschriftsmäßig auf der rechten Seite der Straße unmittelbar am Straßenrand hintereinander gegangen waren.
Todesiprung vom Frankfurter Dom.
d. Frankfurt, 21. Febr. Eine 39jährige Frau sprang in
selbstmörderischer Absicht
von der
erstenGalerie des Doms in den Domgarten. Die Frau war sofort tot. Die Beweggründe zu diesem Selbstmord sind unbekannt. Es ist dies innerhalb kurzer Zeit der zweite Fall, daß eine Frau auf diese
Weise
ihrem Leben ein Ende setzte.
Selbstmordversuchaus Abenteuerlust.
d. Lüneburg, 21. Febr. Ein Lehrling aus Elbstorf wurde auf
demWege
nachEmbsen mit mehreren Schußverletzungen aufgefunden . Zunächst nahm man an, daß er überfallen wor¬
den
sei. Im Lüneburger Krankenhaus gab der
Verletztejedoch nach eingehendem Kreuzverhör zu, daß er
sichdie Schüsse selb st beigebracht habe . Er habe auch einmal
„etwas Abenteuerliches erleben" wollen.
Die Grippeerkrankungeu in Budapest.
Budapest, 22. Febr. (A. 9t ) Nach Mitteilung des Ober- physikatamtes hat die Grippeepidemie im allgemeinen einen ' milden Charakter. Im ganzen
sindbisher
14Personen der
Grippe erlegen.
4000
Tonnen Zittonen in Spanien erfroren.
Madrid, 22. Febr. Infolge der
letztenKältewelle
sindin der Provinz Murcia über 4000 Tonnen Zitronen er¬
froren. Die Zitronenbäume
sichso
schwermitgenommen worden, daß sie die
nächstenzwei Jahre keine Früchte tragen dürften. Der Schaden beläuft
sichauf viele Millionen
Pesetas. ' ,
Freitag, den 22. Februar 1935. Innsbrucker Nachrichten Nr. 48. Seite -3.
Bemerkungen.
Innsbruck, 22. Februar.
Der Wiener Gelehrte Prof. Dr. Karl Friedrich Wencke- b a
chhielt
dieserTage
in derWiener Urania einen beachtens¬
werten Bortraa über das Thema „Blutdruck und Politik ". Im
wesentlichenführte der Gelehrte ans:
Die .Angina pectoris ruft eine große Beunruhigung im Volke hervor,
diesogar soweit geht, daß man das Wort nicht aussprechen will, und
doch istes gut, daß darüber gesprochen wird. Bor einer Blutdruckerhöhung braucht man
sichnicht zu fürchten, wenn man
auchim Alter bei erhöhtem Blut¬
druck nicht den
Jüngling spielen
sollund trotzdem
demKreis¬
lauf
eine gewisseArbeit bieten muß. Der
Blutdruckhängt von dem Widerstand i in G e f ä ß sy st e m ab, und die ver¬
schiedenen
Schwankungen können im Bereich des Normalen liegen und müssen noch nicht krankhaft sein.
Reichlicheund opulente Mahlzeiten erhöhen den Blutdruck , Hunger schützt
vor zu großem Blutdruck , und man beobachtete im Krieg, als die Ernährung eine karge war, viel seltener erhöhten Blutdruck und dosten Folgen. Auch zuviel Trinken, womit
nicht
nur Alkohol gemeint ist, führt zur Erhöhung des Blut¬
druckes , und
sicherlichist auch N i ko t i n g e n u ß in hohem Grade schädlich . Großen Einfluß auf den Blutdruck haben Gemütsverfassung und
auchTemperaturwechsel , besonders die Kälte kann ihn erhöhen. Die Vergrößerung des Herzens, das dcch ein Muskel ist, darf nicht tragisch genommen werden, da ja auch jeder andere Muskel bei angestrengterer Arbeit größer und stärker wird.
Nun kam der Vortragende zum zweiten, wichtigeren Teil seines Vortrages: Zu
derFeststellung
der Ursachen desUeber- handnehmens erhöhter Blutdruckerscheinungen . Woher kommt nun die Vermehrung? fragt Prof. Wenckebach . Ist
dochdie
Lebensweise der Menschen eine entschieden vernünftigere, tragen
dochSport und Aufenthalt in freier Luft und alle anderen hygienischen Maßnahmen dazu bei, die Menschen gesünder
zu mackenund
dieLebenszeit
zuverlängern. Diäte¬
tisch
verhalten
sichdie Menschen auf Grund der großen Auf¬
klärung nach dieser Richtung hin entsprechender . Sind es die modernen Tänze oder gar das
jetzrso beliebte Bridgespiel?
Steckt unsere Well im Schwänze irgend eines Kometen und wird sie durch Giftgase verunreinigt? Spielt die Elektrizität eine
gewisseRolle? Das alles kann
doch nichtder Fall fein und
somuß
die Ursachedie geistige Atmosphäre und de: unsagbare Druck der schweren Zeit sein, der auf uns lastet.
An diese Feststellung knüpfte Prof. Dr. Wenckebach nachstehende Bemerkungen:
„Die Politik
lastet jetztauf
derMenschheit , Haß gegen den Andersdenkenden ist auf der Tagesordnung und wird sogar in die Jugend hineingetragen. Die Auf¬
regungen
erfassendie Menschheit und
schädigen siein ihrer Gesundheit . Sie führen zu Blutdrucksteigerungen und zu Erkrankungen . Das Herz, das ja nie Ruhe hat, wird über¬
lastet und es kann nicht wundernehmen , daß diese Be¬
lastung
schließlich nichtohne Wirkung vorübergeht. Die Me¬
dizin tut ja alles und wird es auch weiterhin tun, um die Krankheiten zu bekämpfen , aber die
Menschheit selbstmuß dazu beitragen, die Atmosphäre zu reinigen und so Ur¬
sachen für eine Erkrankung zu entfernen. Menschen- liebemußPlatzgreifen und
dieErziehung
sollbei¬
tragen, die
Menschenund besonders die Kinder vom Hasse -fernzuhalten , damit Ruhe wohltuend auf das Herz einwirke und dieses vor
schwerenSchädigungen bewahre."
Es wäre zu wünschen , daß
diese wissenschaftlichenErkennt¬
nisse
Allgemeingut der Menschheit würden. Wir räumen der Politik in unserem Leben jedenfalls einen zu starken Einfluß ein; sie belastet, wie de: Gelehrte treffend ausführte, allzu¬
schwer den Organismus und wird
sozu einem verderb¬
lichen Krankheitserreger. Höchste Zeit, daß die
Menschen sich wirklichen
Idealen und allgemeinen Kulturwer¬
ten zuwenden. *
Bei der in der vergangenen Woche abgehaltenen Kon¬
ferenz der Bundesfachleiter
besprachder Generalsekretär der Vaterländischen Front, Oberst a. D. Ada m» die Aufgaben der
öffentlichenAngestellten und sagte u. a.:
„In
dieserZeit des Aufbaues, Umbaues und des Kamp¬
fes genügt es nicht, daß der Beamte seine ressortmäßigen Pflichten erfüllt und darüber hinaus desinteressiert ist. Heute muß der Beamte
auchaußerhalb seines Ressorts für den Staat wirken. Die Vaterländische Front verlangt n i cht m e h r als das Bekenntnis zu einem selbständigen, christlichen , deutschen , berufsständisch gegliederten Oester¬
reich
und zur autoritären Führung. Dieses Bekentnis kann jeder Beamte oblegen. Der Beamte, der es mit seinem
Gewissen nicht
vereinbaren kann, der Vaterländischen Front anzugehören und in der Vaterländischen Front mitzuarbei¬
ten, muß wissen , daß auch im Staatsdienst niemand unentbehrlich ist und eine große Schar von vater¬
ländisch gesinnten jungen Männern bereitsteht , um von unten
herauf zuersetzen , was
oben nichtmehr
brauchbarist."
Unsere Beamtenschaft , der man in ihrer Gesamtheit nicht vorwerfen kann, daß
sieihre Pflichten gegen Staat und Volk
nicht
erfüllen würde, hätte es
seitjeher begrüßt, wenn man die Parteipolitik aus ihren Reihen ferngehalten hätte.
Heute leiden
sie nochdarunter, daß man durch viele Jahre nicht ohne Erfolg
versuchthat, den Verwaltungsapparat zu verpolitisieren . Mancher später notwendig gewordene Ein¬
griff hätte unterbleiben können, wenn die österreichische Beamtenschaft ,
sowie es früher war,
auch nach demUmsturz nur „ Diener des Staates " geblieben wäre.
*
Am 8. Februar krachte die Londoner Pfeffer- börfe zusammen. Es war ein Freitag. Hiobsbotschaften stürmten ununterbrochen an. Man vernahm, daß Banken in Singapore und Hongkong ihre Zahlungen einstellten , man hörte von Selbstmorden. Schon lange hat es
keinkommer¬
zielles Erdbeben von
solcher Heftigkeitgegeben.
Dergeßb nicht
2te»
HrerHlanKgrojHerv
(lOfflinutw -Gammluns)
KvörnDerMhen
Seit diesem„ gepfefferten Freitag" geistern aufgeregt; Be¬
richte
über das Befinden des Pfeffers und der Pfefferipeku- lanten
durchdie
volkswirtschaftlichenSpalten der Weltpresse.
Zwei Londoner Firmen,
die sich denGroßspekulanten für ihre Operationen zur Verfügung
gestellthaben, erlitten Verluste, die man auf eine Million Pfund schätzt . Das Geld und die beiden Häuser sind verloren. Die Kontinente, soweit sie mit dem Pfeffer zu tun haben,
können sichnichtberuhigen. Mut¬
maßungen werden laut,
schwereVerdächtigungen . Von un¬
lauteren Manipulationen
ist dieRede. Schwarzer Pfeffer soll
künstlich gebleicht
worden sein, um Geschäftspartner katastro¬
phal hereinzulegen . Wie harmlos
sinddagegen die Praktiken mit Wasserstoffsuperoxyd , wenn eine Dame den Ehrgeiz hat, auf Platinblond unwiderstehlich zu sein. Mit dem gebleichten Pfeffer hat man viel schwerer draufgezahlt.
Der Pfefferstreuer steht so wie jeden Tag auf dem Tisch.
Aber er ist von Tragik umwittert. Man betrachtet ihn mit ehrfürchtiger Scheu. Man weiß, daß es
jetztin der Londoner City viele ehrenwerte Leute gibt, die einander dahin wün¬
schen , wo der Pfeffer wächst , und die gar
nichtdavon erbaut sind, daß der Hase nun iin Pfeffer liegt. Der Pfeffer ist ein scharfes Gewürz, nur mit
Vorsichtzu gebrauchen . Von der City in London bis zum Pfefferbund in Schanghai hat man
sich
mit Pfeffer die Zunge höllisch verbrannt. Wer hätte je vom
kleinenPfefferkorn gedacht , daß es
festgefügteUnter¬
nehmungen in die Luft sprengen kann und
tödlichwirkt?
U '
Zur Auflösung des Städtischen Orchesters.
Wie ein Blitzstrahl traf die
Schreckensnachrichtder Kündi¬
gung auf den 31. März seitens der Stadlgemeinde die Mit¬
glieder des Städtischen Orchesters . Was bedeutet dies? Das
Orchester soll
ausgelöst ,
26bis
30 Musikermit ihren Familien sollen ab 1. April d. I . erwerbs- und brotlos werden, der Verarmung und Arbeitslosenunterstützung anheimfallen. Das
ist die soziale
Seite!
Das
1893anläßlich der großen und einzigen Tiroler Lan¬
desausstellung gegründete Städtische
Orchester istdas einzige Orchester , das aus Berufsmusikern besteht. Davon sind viele
musikakademisch
vorgebildet. Es ist das einzige Symphonie¬
orchester , das wir haben, daher der
Grundstockund
dieHaupt¬
stütze der
Symphoniekonzerte unseres Musikoereines ,
seitvori¬
gem Jahr „Konservatorium " genannt.
Man erinnere
sichnur der großartigen Aufführungen von symphonischen und
choristischenWerken aus älterer und neuerer Zeit unter
denunvergeßlichen Musikvereinsdirektoren Pembaur,
Schennichund Kattnigg, die einer jeden Großstadt würdig waren! Dem Lehrkörper des Musikvereines gehörten
auch
stets die
bestenOrchestermitglieder als tüchtige , bekannte Lehrkräfte für alle Zweige der Streich- und Instrumental¬
musik
an, deren Bezahlung mit
Rücksichtauf ihr (
auchnicht großes)
Orchestergehalt sehrbillig war. Es
istunser Theater- und Opernorchester schlechthin ,
dessenLeistungen täglich die Kritik rühmlichst anerkennt. Es ist der einzige Instrumental¬
körper ( Streicher und Bläser), der für
künstlerischeVeranstal¬
tungen großer Gesangs- und Chorvereine
sowie sonstigerFest¬
feiern zur Verfügung steht. Durch Abhaltung von Fremden- und Promenadekonzerten ist es ein ausgezeichnetes Mittel zur Förderung des Fremdenverkehrs , bzw. zur Pfleg; der guten, Gemüt und Seele erhebenden Unterhaltungsmusik . Es
ist schließlich
unentbehrlich für die Besorgung einer auf hoher
künstlerischer
Stufe stehenden Kirchenmusik . Das
istdie wirt¬
schaftliche
und kulturelle Seite!
Aus diesen Erwägungen heraus ist unser Orchester stets
von der
Stadtgemeinde
unterstütztund
seit 1930sogar gänzlich
rücksichts
seines Geldaufwandes übernommen worden. Und diese kulturellen Leistungen sollen jetzt durch die Auflösung des Orchesters alle aufhören? Es ist ein Faustschlag in das
Antlitz der österreichischen
Kultur, deren Pflege und Förderung man jetzt stets im Munde führt, wenn die Landeshaupt-,
(Nachdruck
verboten .) 4
Das GW« von Gytt.
Originalroman von Hertha Fricke.
„Oha", dachte Göde vergnügt. „Eine lütte Liebesgeschichte also!" Er fragte
nichtmehr. Es gab Dinge, die näher lagen vor dem Ankeraufgehen als so etwas. Die Ausrüstung und dergleichen.
Als die Kusine von Steven Hill am andern Morgen ihren Gymnasiasten
weckenwollte, war das
Nestleer. Und
diefeste, kleme, eichene Seekiste, die noch von Gödes Großvater stammte, war
auch nichtmehr da.
Die
Sturmfrau stand wieder am Deichkopf.
Sie war heut' nicht die Frau der energischen Bewegung, des entschiedenen , trotzigen Kämpfens gegen die Gewalt da draußen und gegen den Sturm in ihrer eigenen Seele. Sie rang
nachAtem und hielt
dieHand
festund verzweifelt gegen
die starke
Brust gedrückt ,
wo zweiBriefe knisterten .
ZweiBriefe an einem Tag! — Was für eine
Wuchtvon Ereignissen für das stille,
einfacheLeben einer Inselfrau. Still von außen, — ja, das
schienwohl so! —
Was wußten die Menschen von dem Jammer, der Sehn¬
sucht ,
demKampf in
derstrengen
Ose HillsSeele!
Und eswar
doch
eine Frauen -eele, die nach Liebe
schriewie jede andere.
Aber in dieses kämpfende Herz hatte © btt nur einen einzigen heiligen Namen geschrieben , der ihr Leben und
Schicksalbe¬
stimmte. Der
eine einzigeMann,
gegen den sie gesündigthatte,
— gegen den zu sündigen
sie sichhatte verführen lassen in ihrer Not: Erk Lessen!— Und nun stand
nochein anderer da¬
neben, von weicher Kinderhand tief ins Mutterherz geschrie¬
ben: „Göde!"
Don Göde
handelten
diese beidenBriefe,
vonfremder Hand, die
sie nichtzu öffnen wagte,
die siewenigsten
nichtvor neu¬
gierigen Augen
imKrug öffnen konnte, oder
in der Kücheund Schlajkammer , wo überall die Mägde ihr Tun hatten. Man
schließt sich
nicht ein auf der Hallig. Das
ist nichtSitte, das tut man nie! —
Nun stand
siedort oben, und der Sturm faßte ihr schweres
Kleid
wie ein Batistfähnchen , blähte es wie Segel. Die Fran¬
sen
des
Kopftuchesflatterten
wieihr blondes Haar. Sie stellte
sich iw
den
Schutzdes Leuchtturms und
öffnetemit zitternder Hand. — Wann je hätte die
starkeHand der Sturmfrau ge¬
zittert? — Der Vetter
vonSteven
Hillschrieb.
Ihre Augen- wurden glanzlos und still. —
Göde,- Göde war fort? — Der andere Brief war von dem Leiter der Schule, der den Durchgegangenen von dem weiteren
Besuchder Schule ausschloß . —
NeberflüssigeMa߬
nahme! —
OseHill zog
verächtlichden eben
noch sowehen Mund. Wo war ihr Kind? — Wo? — Hatte
esihren strengen Brief
so schwergenommen? — Hatte niemand, niemand ge¬
fühlt, wie es dem Jungen ums Herz war? — Oh, hätte sie
doch
niemals auf Lehrer Heitmann gehört und Göde in die Stadt gebracht! —
Die Glocken der kleinen Halligkirche klangen hell und
blechern
durch
das
Getöse derWogen. Irgendwer muhte
gestorbensein.
— Wer? Ach, es war
OseHill
sogleichgültig ! — Sonst hatte
sie stets
dabei das Vaterunser gebetet. Jetzt
faltete sie auchchre Hände. Aber sie betete nicht für den toten Inselbewohner.
Ihr Herz
suchteSchutz. „Herr,
gibmir Kraft!" — Dann ging
sie heim und
tat
ihreArbeit
wie jeden sonsttgenTag.
DieLeute
im
Krug und
dieMägde
sahen sie scheu von derSeite an, aber
sie
fragten nichts.
Eine
Wocheverging oder zwei. Nordost brauste um Insel und Deich, aber die Sturmfrau nahm ihren Weg
nichtmehr
dorthin. Sie fühlte ihre Kraft schwinden . Denn die Nächte waren unruhig und ohne Schlaf, weil ihr Herz nach ihrem Kinde rief. — Bis der Postbote wieder einmal einen Brief
für den
Krug mitbrachte .
Dessen Handschrift machte dieSturm¬
frau froh erschrecken , denn es war Gödes
schmuckeSchrift.
Ein lieber Iungensbrief voll Zärtlichkeit und Bitten. Mehm
solle
ihm verzeihen! Er hätte es
nichtlänger ausgehalten an Land. Und er hätte nun mal
nichtden Professor Pitters um
Verzeihung bitten können, — nein, das hätte er nun einmal nicht gekonnt! — Aber Mehm solle
nichtum ihn sorgen, er wolle
auchohne Abitur ein paar Tage
nachHause. — Unter dem Brief standen ein paar
kurzeWorte. Frau
Ose sollenicht um
Gödesorgen. Für Göde
sargeder,
bei dem eran Bord sei!
Käpten
ErkLassen! —
Da fielen die Hände samt dein Brief in
OseHills Schoß.
Göde bei ihm! — Bei Erk! — Die
ersteBrücke , die von ihm
zu
ihr führte,
diesewenigen Worte! — Er
sorgte fürihr Kind!
— Für feine! — Waren
sie nichtewig verbunden
durchdies Kind? — War
sie nicht täglich beiihm —
inGöde? —
Oh,
ErkLassen! — Was gibt das Leben für Wunderl Von der Stunde an, wo die Sturmfrau ihren Jungen
dendem Mann wußte,
dessenNamen in ihrem Herzen stand mit glühenden Lettern, — seitdem lief
siewieder zum Deichkopf hinauf und bot ihren kräftigen Körper
demSturme dar. Wie ein stärkendes Bad umflutete
sieder Seewind. Stolz trug sie wieder ihr Haupt. Klar
schautendie stahlblauen Augen Wo
sind
sie? — Draußen, draußen, dort, woher
diehastigen, schwe¬
ren Wellen kamen.
Wie siedas Meer liebte,
diegraubraufende Nordsee,
jedeWoge war ihr Gruß und Kunde von denen, die
sie
allein liebte auf
diesereinsamen Welt.
Oh, hätte
siegeahnt, wie unbeugsam Käpten Erk Lcssens Herz war! — Scharf umrisfen mar sein Wollen. Weitab lag ihm die Zeit, da Ose Bakens in seinem Arm lag als seine Braut. So fern wie
seine ersteReise. —
Er hatte mit der Sturmfrau nichts mehr zu tun. — Nur Göde,
derlag ihm! Den Jungen
zuerziehen, einen Mann aus ihm machen , das war
noch eineFreude, eine Tat
nachseinem Herzen. — Etwas, was dem Leben einen besonderen Inhalt gab, was
eswert machte! —
5. Kapitel.
Seemannsfrauen.
Käpten Erk Lassen saß oben, und das Schiff ging ruhig
seine
Fahrt. Neben ihm auf der großen Taurolle sah Eöde,
der Schiffsjunge , der eben Matrose geworden war, und sah
Seite 4. Nr. 45. „Innsbrucker Nachrichten*
Freitag , den 22 . Februar 1935.Universitäts - und Fremdenstadt Innsbruck , die seit dem un¬
gerechten Friedensvertrag von 1919 auch die Rolle eines südlichen Verteidigungspostens deutscher Kultur übernehmen mußte , ein solches Orchester verlieren müßte . Die verschiedenen Vereinsorchester dilettantenhafter Natur , Salon - und Jazz¬
kapellen sowie Schrammelmusiken vermögen es nie und nimmer zu ersetzen oder seine kulturelle und erzieherische Aufgabe auch nur teilweise zu erfüllen . Wenn der Staat und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften in übermäßiger Weise Radio , Kino und Sport begünstigen , wodurch der öden, flachen Gesinnung der ohnedies materiell eingestellten großen Masie der Bevölkerung noch mehr Vorschub geleistet wird und wodurch eben hauptsächlich der Niedergang wahrhaft künstlerischer Kultur herbeigcführt wurde , so haben sie auch die Pflicht , für die Erhaltung echter Musikkunst vorzusorgen.
Mögen daher die eingangs erwähnten Kulturfaktoren , die durch den Verlust unseres Orchesters auf das tödlichste getroffen würden , zusammenstehen und Mittel und Wege auffinden, um das für das wahre Kultur - und Kunstleben unserer Stadt unentbehrliche Städtische Orchester zu erhalten!
Dr . Hans B r u n e r im Namen vieler Musikfreunde und -liebhaber.
Die österreichische Hundezucht.
Aus Wien wird berichtet : Unter dem Vorsitz des PAsi- denten Professor Dr . Witzelhuber fand am 16. d. M . die diesjährige ordentliche Vollversammlung des Kynologenver- bandes statt . Nach einer Gedenkminute für die verstorbenen Mitglieder berichtete der Vorsitzende u . a ., daß der Verband im Jahre 1934 keine Einbuße am inneren und äußeren Vermögen erlitt . Die Verbandsaus st ellung wurde zum erstenmal in einer dem Verband würdigen Aufmachung abgehalten . Zum erstenmal gab es einen Preis der Re¬
gierung und einen offiziellen Besuch eines Regierungsver¬
treters in der Person des Ehrenschutzherrn Bundesmtnister S t o cki n g e r , der unter dem Eindruck des Gesehenen sofort eine Verlautbarung über die Ausstellung im Rundfunk ver- anlaßte . Leider mußten nahezu 5000 8 Lustbarkeitsabgabe bezahlt werden . Die heuer im April in Frankfurt a . M.
stottfindende kyn alogische Weltausstellung wird die größte bisher gezeigte Ausstellung sein. 80 Staaten , dar¬
unter Japan , die Vereinigten Staaten , England und die nor¬
dischen Staaten , werden sichbeteiligen und auch Vertreter zum internationalen Kongreß entsenden . Für Oesterreich kommen als zur Beschickung geeignet nur die Bracken und kurzhaarigen Pinscher als österreichische Rassenschläge in Betracht . In Frankfurt wird man auch für die Wiener Ausstellung wichtige Werbearbeit leisten können . Die Bundesregierung spendet einen Preis für den besten österreichischen Hund auf der Frank¬
furter Ausstellung . Deutschland dürfte die 1000-Mark -Sperre für Richter und Aussteller bei der Wiener Verbandsausstellung
erlassen . Für diese werden heuer im Messepalast bessere und größere Räume und breitere Gänge zur Verfügung stehen.
Bei den Ausstellungen in den Bundesländern zeigte es sich leider , daß viele Hunde ohne oder mit falschen Nummern für das internationale Schönheits -Championat gemeldet wurden, was zu Beanständungen durch die Internationale Federation führte . Es dürfen Hunde , ohne Nummern nicht ausgestellt werden , auch müssen die österreichischen Zuchtbuchnummern angegeben werden . Die meisten Vereine arbeiten musterhaft mit , nur fehlt es leider oft an der nötigen Kontinuität in den Vereinsleitungen . Nach dem Berichte des Vorsitzenden wurde der C o l l i e k l u b neu in den Verband ausgenommen.
Der Verband ist jetzt wirkliches Mitglied der Internationalen Federation . Für den Kongreß in Frankfurt hat der Verband zwei Referate angemeldet . Oesterreichische Richter wurden wiederholt ins Ausland berufen . Die Verbandsausstellung in Wien hatte 17.000 zahlende Besucher und brachte einen Um¬
satz von 30 .000 8 . Ausstellungen fanden noch in Linz , Graz, seinen Commodore mit großen , glänzenden Augen an . Das Schiffsvolk nannte ihn Käptens Jung . Wenn sie auch so wenig wie Göde Hill ahnten , wie recht sie damit hatten . Wenn es irgend ging , hockten die beiden beieinander . Da konnte man diese hübsche Gruppe oft sehen . Der Käpten lehnte irgendwo, eine Hand in der Tasche der blauen Tuchjacke, in der andern die kurze Pfeife , und der schlanke Junge sah vor ihm , auf einem Haufen Segelzeug oder Tauwerks oder auf der Reling und hörte andächtig zu . So andächtig , wie er Professor Pitters in Kiel nie zugehört hatte , denn hier liefen ihm die Gedanken nicht auseinander , weil sie im richtigen Fahrwasser waren.
Weil der heißeste Wunsch seiner Knabenjahre erfüllt war , ge¬
rade unter dem Kommando dieses Kapitäns ein Seemann werden zu dürfen.
Es war ein sonderbares Weiler heute . Wasser und Luft hatten einen fast unheimlich hellen Glanz und Schimmer , und die weiten spiegelnden Fernen waren ohne Maß und ohne Ende . Sie vergingen im Horizont mit dem hellen Himmel, und niemand hätte sagen können , wo das > Wasser aufhörte und der Himmel begann . Hier und da plumpste ein Schweins- ftfch und bewegte dadurch einen kleinen Kreis der unendlichen Flache , aber bald war alles wieder eben und glatt . Das Schiffsoolk hatte nichts zu tun und schlief überall , wo es gerade Platz fand ; sogar der Smutje räkelte sich mit einem Jungen, der Kartoffel schälen half , hinter dem Ankerspill . Es schien, als ob der Commander mit seinem Jungen die einzigen Wachen an Bord seien.
„An solchen Tagen ist die Dampfmaschine ein feines Ding !"
sagte Käpten Erk Lassen . „Sonst weiß ichmir nichts Schöneres als einen Dreimastschoner , ein Vollschiff, wenn der Wind gut ist, das Ding alles auf hat , was es kann , und so dahingeht, als wäre es lebendig und wüßte von ganz allein , wohin es will ! — "
Göde nickte begeistert.
Diesmal ging es Kurs Norwegen . Käpten Erk Lassen hatte das Schiff gewechselt, und Göde ging so sicher mit ihm , wie
Wien und Baden statt . Zum erstenmal erhielten österreichische Hunde ein internationales Championat . Importierte Hunde müssen binnen vier Wochen in das österreichische Zuchtbuch eingetragen werden , die ausländische Eintragung ist dann un¬
gültig.
Der Vorsitzende berichtete dann über die bevorstehende Neu¬
anlage der Zuchtbuchkartothek und teilte mit , daß das Zuchtbuch regelmäßig erscheinen wird . Es sind darin über 4400 Hunde eingetragen . An erster Stelle stehen die Fox¬
terriers mit 824 Eintragungen . Weiter sind noch 403 Dachs¬
hunde , 645 rauhhaarige Pinscher , 330 deutsche Schäferhunde, 370 deutsche Boxer , 128 deutsche Doggen , 198 Mittelschlag¬
schnauzer und 126 französische Bullies eingetragen . Der Ver¬
bandsbeitrag bleibt unverändert. Der Vorsitzende be¬
richtete ferner noch über die neue Richterordnung. Die heurige Verbandsausstellung im Wiener Messepalast wird am 4. und 5. Mai abgehalten . Preise dürfen nur mehr mit der Bezeichnung , für welche Rasie und für welche Leistung sie be¬
stimmt sind, gewidmet werden . In Linz plant man eine Aus¬
stellung des Vereines zur Förderung der Rassehundezucht in Oberösterreich , die mit Rücksicht auf die Verbandsausstellung nicht später als am 7. April stattfinden könnte . Für den Herbst sind Ausstellungen in Graz und Wien geplant.
Echt„Henessy ".
Wie berichtet, ist in letzter Zeit in Wien eine F3l°
scherbanüe ausaehoben worden, die u. a.auch die gesetz¬
lich geschütztenNamcnsschilüchen, mit denen die franzö¬
sische Kognaksirma Henessy ihre Flaschen versieht, und Eintrittskarten zum Opernballgefälscht hat.
Dem ausgepichten Weinbrandtrinker treibt es lüstern das Wasser im Munde zusammen , hört er nur den Namen Henessy. Weinbrändliche Gerüche steigen vor seiner Nase auf und die Brieftasche ergeht sichin stillen Seufzern.
Für den blutigen Laien : Henessy ist Kognak aus dem Orte Cognac in Frankreich . Er ist unter den Kognaken , was Neapel unter den Städten . Cognac allein ,ist als Bezeichnung geschützt.
Nur Kognak aus Cognac ist Kognak . — 11,583 .415 franzö¬
sische, wehrhafte Männer sind bereit , ihr Blut und Leben für diesen Namen zu opfern . — Die Artikel 5678/86 des Friedens¬
vertrages von St . Germain , die Artikel 11.526/32 des Diktates von Versailles sichern den Namen „Cognac " für Frankreich.
— In den Zimmern 4518/20 des Bölkerbundpalastes zu Genf, auf der 46. Stiege , im 7. Stockwerk , ruhen hinter stählernen Mauern die Dokumente , die Frankreich für ewige Zeiten das Recht auf den Namen Kognak für Weinbrand wahren.
24 (Zwanzigvier ) Schilling kostet hievon die Flasche , 8 1.50 bis 6.— das Stamperl oder Likörgläschen . Für 6 Schilling gibts österreichischen Weinbrand , die ganze große Flasche voll.
Wem nicht der Name „Cognac Henessy" Schauer der Ehr¬
furcht abringt , dem soll wenigstens das blanke Grauen ob des Preises über sein genußfeindliches Herz laufen . —
Mit feierlichster Gebärde , in gehobenster Stimmung trinkt man Henessy aus Cognac in Frankreich . Im „Dulliöh " oder bei Magenverstimmung Weinbrand vom Stock in Linz an der Donau . Wer Henessy trinkt , läßt sich die Flasche zeigen, beguckt das Schilderl : die Etikette . Leuchtet ihm „Original Henessy" entgegen , lacht sein Herz und der Gaumen ist schon befriedigt . Still seufzt das Geldtascherl . — Wer Weinbrand trinkt , sieht auf die Größe des Glases und hört auf den Jubel des Magens.
Kognak wird nur in Cognac gebrannt . Etiketten druckt man auch in Wien.
Und nun Ihr Gourmander und Gourmeter , Ihr Lebe¬
mander und fröhliches Nachtgelichter , was seid Ihr von einem Schilderl genasführt worden ! Das Leben ist den 11,583 .415 wehrfähigen französischen Männern kein Stamperl Kognak mehr wert , seitdem sein Name entweiht wurde . Ihr Fein¬
schmecker, Ihr habt Eure geschichtliche Aufgabe verpaßt . Ihr, der Stolz Frankreichs , Ihr Könige im Reiche des Genusses — Düwel , der schwarze Spitz . Auch wenn sie an Land waren.
Dann wanderten sie durch Tannenwälder und Dörfer , besahen Museen und Kirchen und langweilten sichnie . Der Riese hatte seinen Jungen bei sich, weil er nicht wollte , daß Hafenkneipen und dergleichen lichtlose Orte seine Jugend irreführten.
„Wenn wir von Kristiania kommen , Göde , geht es auf Sylt , und dort werden wir jemanden besuchen gehen !" sagte
der Kapitän . ,
„Oh , fein !" antwortete der Junge . „Hast du da alte Kame¬
raden ?" — Auf du waren die beiden längst.
„Nee ! Wir besuchen diesmal Frauensleute !"
Gödes Augen wurden noch größer . Käpten Erk Lassen wollte Frauensleute besuchen gehen ? — „Magst du denn überhaupt Frauensleute leiden , Käpten ?"
„Das kommt drauf an !" antwortete der Gewaltige . „Im allgemeinen sind sie nichts für 'n Seemann ! Denn man ist nicht zu Hause . Und das vertragen sie nicht all ." Er tat ein paar Züge aus seiner Shagpfeife . Sie war ausgegangen und mußte erst wieder in Gang gebracht werden . Währenddem blieb ihm Zeit zu überlegen , was er dem Jungen von den Frauen sagen sollte ! Denn er fand , daß darüber ein bißchen Aufklärung nicht schaden könnte.
„Dja , Jung , dja ! Da gibt es zwei Sorten von Frauen . Ein¬
mal Landfrauen , die sind für unferein nichts wert ! Und dann Seemannsfrauen ! Wenn die echt sind, sind sie gut , Göde , und dann ist es immer ein großes Glück, bei ihnen vor Anker zu gehen nach der Fahrt ! — Da ist lauter Gutheit drin , und wenn inan an Land kommt , dann wissen sie nicht, was sie einem an¬
tun sollen . Sie würden einen glatt mit ihrer Verwöhnung ver¬
derben , wenn es lange dauerte ! Aber bei uns dauert das ja immer nicht lang . Und denn ist es schön, daran zu denken, wenn man wieder auf Fahrt ist!" —
Göde nickte, denn er wußte auch, wie Frau Oses Hände be¬
reit waren , ihm Liebes zu tun , wenn er daheim war . Selten kam es schon, und im ersten Jahre waren es nur vier Tage gewesen.
Ihr armseligen Dilettanten — die Ihr nicht Kognak von Weinbrand unterscheiden könnt , die Ihr nicht wißt , was nach Henessy riecht und nach Weinbrand schmeckt, hinein mit Euch ins finstere Loch und solange Kognak und Weinbrand getrun¬
ken und Henesiy und Stock gerochen , bis sich Eure Seele in weinbrändliche Dünste auflöst.
Ihr dunklen Nachrgestalten aber , Ihr nächtlichen Dunkel¬
männer , heraus mit Euch aus dem Grauen Haus , hinaus auf den lichten Marktplatz , in der linken Hand ein echtes Opern¬
ballbillett , in der rechten eine Flasche falschen Henessy. Heraus mit Euch als Ritter der Losung:
Kaust österreichische Ware,
Sauft heimischen Weinbrand ! B.
mailen mir
* Militärische Nachrichten . Oberst Dr . Ernst K l e p p des
5. Brigadekommandos ist zum Stabschef beim Militärkom¬
mando in Klagenfurt bestet, Oberstleutnant Julius Ringel vom 3. zum 5. Brigadekommando versetzt worden.
* Der gleiche Herrgott . Eine köstliche Episode von dem ver¬
storbenen Fürsterzbischof Dr . Ignaz Rieder erzählt ein Lehrer in den Salzburger „Mitteilungen des Landes -Lehrer- vereines " : Kommt da der Herr Fürsterzbischof in eine Schul¬
klasse und läßt sich von den Mädeln und Buben erzählen , und weil er sehr zufrieden ist mit dem , was sie können , geht er zum Schluß durch die Reihen , und jedes Kind darf dem hohen Herrn den schönen Ring küssen. Nur ein kleines Mädel traut
sich nicht, wird feuerrot und kriegt nasse Augen . „Was ist denn mit dir , ha ?" spricht der Herr Fürsterzbischof gütig . . . . i . . . bin ja protestantisch !" stottert das Mädel . „Aber geh, du Tschapperl ", sagt der hohe Herr und streichelt über den blonden Scheitel , „wir haben ja doch den gleichen Herrgott !"
* Die Zulassung von Mädchen an Knabenhauptschulen. Das Bundesministerium für Unterricht hat verfügt , daß die Be¬
zirksschulräte an den Landesschulrat den für den gesamten Schulbezirk übersichtlich dargestellten Antrag auf Zulassung von Mädchen an Knabenschulen und umgekehrt von Knaben an Mädchenschulen vorzulegen haben . Dem Berichte hierüber wird bis längstens 10. September 1935 engegengesehen , also einem Zeitpunkt , wo die Schülerzahl jedenfalls schon über¬
blickbar sein muß.
* Mord um einen „Geist ". Aus Warschau wird be¬
richtet : Eine außergewöhnliche Mordtat ereignete sich im Hause des Gutsbesitzers M i s s i n g e r in der Ortschaft D o- l i n a bei Stanislau . In dem Hause Missingers wurden öfters spiritistische Sitzungen veranstaltet , an denen auch der dreizehnjährige Sohn des Gutsbesitzers , ein geistig be¬
schränkter Knabe , teilnahm . In der verflossenen Nacht e r- s ch o ß nun der Knabe seine 17jährige Schwester , während sie schlief, und versuchte dann , mit dem „Geiste der Erschossenen"
eine Verbindung herzustellen . Auf die Fragen der verzweifel¬
ten Eltern , warum er die Tat begangen habe , erklärte er, er habe sich durch die Ermordung seiner Schwester einen
„Geist " beschaffen wollen , mit dem er ständig verkehren könne.
* Elefant löscht einen Brand . Von der Klugheit der Elefan¬
ten zeugt die Tat des Elefanten Jumbo vom Londoner Zoo. Durch eine weggeworfene Zigarette war das Stroh seines Lagers in Brand geraten und die Wärter bekämpften das Feuer in aller Eile mit einem Schlauch , der an einem Hydranten festgeschraubt wurde . Der Elefant hatte sich zunächst voller Angst in eine Ecke geflüchtet ; als er aber sah, wie die Feuerwehrleute arbeiteten , lief er schnell zu seinem Trinkwas¬
serbehälter , sog den Rüssel voll Wasser und spritzte ebenfalls auf das brennende Stroh . Den vereinten Anstrengungen der Feuerwehr und des klugen Jumbo gelang es bald , das kleine Feuer zu löschen.
„Käpten hätte schon mal mit zu Mehm kommen können !"
sagte der Junge ein wenig vorwurfsvoll . Der Riese zog die buschigen Augenbrauen hoch, aber er antwortete nicht, sondern rauchte heftig.
Es entstand eine Pause die beide bedrückte.
„Du wolltest erzählen , wo wir Besuch machen wollen !" er¬
innerte der Junge , um das Schweigen zu brechen . Sonderbar, daß der große Freund nie sprach, wenn von Gödes Mutter die Rede war ! —
„Dja !" machte Käpten Erk Lasten in seiner langsamen Art.
„Das sind zwei Frauensleute auf Sylt , die warten , daß ich mal wieder längs komme ! —
Silke Sundermann und ihre kleine Annta Kristin ! Silke Sundermann , das war eine brave Seemannsfrau , das kannst du wohl glauben ! — Vier Jahre ist sie mit ihrem Mann ge¬
fahren auf der „Sierrta Venvenuta ". — Lange her , Göde!
Ich war da erster Steuermann . Olav Sundermann war ein tüchtiger Kapitän , und ich fuhr mit ihm südwärts . Ta kamen eines Tages Fremde an Bord , von denen wir allerhand Kram kauften . Und was hatten sie uns mitgebracht ? — Gelbes Fie¬
ber ! Das merkten wir erst, als wir zwei Tage unterwegs waren . Zwei Schiffsjungen fingen damit an , dann kam der zweite Steuermann . Die Kapitänsfrau pflegte sie alle ! Dann wurde der Koch krank, und sie kochte auch noch für uns alle¬
samt . Sie war ein kleines , feines Ding und immer froh . Wenn sie lachte, war es einem schon stoh zumute . Das sagte der zweite Steuermann , der schon ein alter Bursche war . Er mußte dran glauben . In Segeltuch gepackt, — über Bord , — ! Das ist nicht anders , Göde ! Da hat sie sogar den Pastor gemacht.
Gebetet an seiner Leiche und ein Kreuz darüber und ein paar schöne Worte gesagt , was für ein lieber braver Kerl er immer gewesen sei. — Wir mußten schwarze Kerls an Bord nehmen, halbe Neger , als wir an Land kamen . Denn drei Leute waren uns totgegangen . Der Kapitänsfrau waren sie gräsig , das weiß ich. Aber sie nahm sich zusammen . Als wir wieder weiter¬
segelten , griff der gelbe Tod den Kapitän ." (Forts , folgt .)