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Archiv "Krankenhäuser: Sorgen vor dem Start" (29.11.2002)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4829. November 2002 AA3213

S E I T E E I N S

Krankenhäuser

Sorgen vor dem Start D

er Frust und die Demotivation

der mehr als eine Million Kran- kenhausmitarbeiter und die Furcht um den Arbeitsplatz sind in den letz- ten Monaten und Wochen spürbar gewachsen – und die Katastrophen- stimmung macht sich auch bei den Krankenhausträgern und beim Kli- nikmanagement breit. Die gesetzli- chen Rahmenbedingungen und die Ausgangsposition waren noch nie so schlecht für Strukturreformen und krankenhausspezifische Regelungen

„nach Maß“. Und dies ausgerechnet in der entscheidenden Phase kurz vor dem Start in das Wagnis eines diagno- sebezogenen Fallpauschalensystems (Diagnosis Related Groups – DRGs).

In einem enormen Kraftakt wurde aus dem australischen Bundesstaat Victoria die Grundkonzeption für das DRG-Fallpauschalensystem im- portiert und wegen akuten Zeitman- gels und der noch fehlenden Erfah- rung ohne die notwendigen Adap- tionen auf die deutsche Kranken- hauspraxis übertragen – zumindest im budgetneutralen Options-Start- jahr 2003. Weil die Rahmenbedin- gungen auf dem fünften Kontinent gravierend von den hiesigen Kran- kenhausverhältnissen abweichen, räumte der Bundesverordnungsge- ber ein, das Fallpauschalensystem sei als ein „lernendes System“ zu begrei- fen, mit der Möglichkeit, Erfahrun- gen zu sammeln, nachzubessern und neu zu adjustieren – ohne zumindest im Jahr 2003 in ein finanzielles Risiko zu geraten. Auf diese Grundvoraus- setzungen haben sich die Selbstver- waltung und Klinikpraxis zumindest seit der Grundsatzentscheidung vom 27. Juni 2000 eingerichtet. Wieweit aber Anspruch und Wirklichkeit der neuen Krankenhauspolitik vonein- ander abweichen, darüber gab der 25.

Deutsche Krankenhaustag während der Medica am 21. und 22. November in Düsseldorf Zeugnis.

Gab es bisher viel Sand im Ge- triebe und Blockaden auf der Ebene der Selbstverwaltung bis hin zum Vollzug der Ersatzvornahme durch den Bundesverordnungsgeber, so herrschte danach eine Phase des hektischen Stillstands. Jetzt wird nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“ mit zusätzlichen finanziel- len Anreizen seitens des Gesetzge- bers Druck gemacht, um möglichst viele Kliniken noch bis zum 31. De- zember in die „DRG-basierte Kran- kenhausvergütung“ ab Januar 2003 zu locken. Dass das stärker lei- stungsorientierte Vergütungssystem bei Beibehaltung der landesweiten Gesamtvergütung (also sektorale Budgets) eine gravierende Verände- rung für die 1,1 Millionen Beschäf- tigten und die 2 220 Akutkranken- häuser (Umsatz: rund 54 Milliarden Euro pro Jahr) bedeutet, ist evident.

D

ass durch die Klinikfallpauscha- len mittelfristig die Budgets ab- geschafft werden, bleibt allerdings ein frommer Wunsch. Immerhin gilt unabhängig vom Fixpunkt 2007 un- verändert das Dogma der Beitrags- satzstabilität, mit zentralverwal- tungswirtschaftlichen Maßnahmen im Beitragssicherungsgesetz (Vor- schaltgesetz) verschärft. Dass der bisherige „Jobmotor Krankenhaus“

abgewürgt werden könnte, haben Politiker und Krankenhausexperten in Düsseldorf lebhaft unterstrichen.

Die (fast) beschlossene Nullrunde wird angesichts weiter steigender Kosten in den Krankenhäusern und wegen der bereits seit 1994 wirksa- men Budgets tatsächlich zu einer Mi- nusrunde, wenn auch berücksichtigt

wird, dass ein amtlicherseits zuge- standenes Erlös-„Wachstum“ in Höhe von 0,81 Prozent im Westen und von 2,09 Prozent im Osten abso- lut unzureichend ist.

B

erücksichtigt man die zu erwar- tenden Tariflohnsteigerungen und strukturelle Verbesserungen in Höhe von mehr als 3,5 Prozent, so resul- tiert im Falle einer konsequenten Nullrunde beim Klinikgesamtbudget eine Finanzierungslücke in Höhe von 1,65 Milliarden Euro per an- num (Berechnungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft). Dies ent- spricht einer Minderfinanzierung von mehr als 36 000 Stellen im Kran- kenhaus, einer „Freisetzung“ von Klinikarztstellen in Höhe von 3,5 Prozent (5 000 Planstellen). Die Pati- enten werden sich einen spürbaren Leistungsentzug und Wartelisten für planbare Behandlungen nicht mehr gefallen lassen.

Das Fallpauschalensystem und Budgets passen nicht zusammen, sie sind kontraindiziert. Eine wach- sende Leistungsbeanspruchung, Ar- beitsverdichtung, höhere Kranken- haushäufigkeit und der medizini- sche Fortschritt können nicht mit ei- ner straffen gedeckelten Vergütung bezahlt werden. Die Klinikmedizin muss sich nach den Bedürfnissen der Bevölkerung, nach der Qualität richten, nicht aber nach dem immer enger werdenden Kassenfinanzie- rungsrahmen.

Sowohl viele Klinikträger als auch die Krankenkassen sehen sich wegen des Umsetzungsdrucks und des bürokratischen Aufwan- des überfordert – und einzelne Kassen vermelden schon: „We- gen Undurchführbarkeit geschlos- sen!“ Dr. rer. pol. Harald Clade

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