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Archiv "Rauchfreie Krankenhäuser: Mehr als nur Verbotszonen" (08.06.2007)

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A1644 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 23⏐⏐8. Juni 2007

T H E M E N D E R Z E I T

D

ie Forderungen nach einem wirksamen Gesundheitsschutz vor Tabakrauch werden seit Mona- ten intensiv in der Öffentlichkeit und der Fachwelt diskutiert. Schließlich hat der Bundestag am 25. Mai ein Rauchverbot in Bundesbehörden und öffentlichen Verkehrsmitteln beschlossen. Auch der Jugend- schutz wurde verschärft: Zigaretten dürfen künftig erst an über 18-Jähri- ge abgegeben werden. Beschäftigte in der Gastronomie sind allerdings nach wie vor dem Passivrauch aus- gesetzt. Einstimmig befanden der

„Nichtrauchergipfel“ der Gesund- heitsministerkonferenz im Februar und die Sitzung der Ministerpräsi- denten im März, dass Gesundheits-

einrichtungen sowie Schulen und öffentliche Gebäude rauchfrei wer- den sollen.

Bei der Reduzierung des Tabak- konsums spielen Krankenhäuser und Rehakliniken eine zentrale Rolle. In den 2 170 deutschen Krankenhäu- sern werden jährlich etwa 16,8 Mil- lionen Behandlungen durchgeführt.

Weitere rund 1 300 Rehakliniken und Vorsorgeeinrichtungen versor- gen jährlich zusätzliche 1,9 Millio- nen Patienten. Mit insgesamt 1,19 Millionen Beschäftigten ist die Ziel- gruppe für den Gesundheitsschutz vor Tabakrauch sowie als professio- nelle Multiplikatoren für die Tabak- prävention und -entwöhnung rele- vant. Nicht zuletzt ist die Rolle der

Kliniken als Lehr- und Ausbildungs- stätten für Ärzte und Pflegepersonal und viele Berufe im Gesundheitswe- sen für die Verbreitung von Gesund- heitsförderungskonzepten nicht zu unterschätzen.

Seit 2005 besteht in Deutschland, wie in 19 weiteren europäischen Staaten, eine nationale Organisation des European Network for Smoke- free Hospitals (ENSH). Das Bundes- ministerium für Gesundheit (BMG), unter der Schirmherrschaft der Dro- genbeauftragten der Bundesregie- rung, Sabine Bätzing, unterstützt in einem dreijährigen Modellprojekt den Aufbau eines Netzes rauchfreier Krankenhäuser in Deutschland.

Raucher bei der Entwöhnung unterstützen

Die Zielsetzung des Deutschen Net- zes Rauchfreier Krankenhäuser (DNRfK) basiert auf dem Kodex und den Standards des ENSH (siehe Kasten). Krankenhausträger sind danach nicht nur verpflichtet, für eine rauchfreie Arbeitsstätte zu sor- gen. Aufgabe der Krankenhäuser ist es auch, Raucher bei der Tabak- entwöhnung aktiv zu unterstützen.

Dies gilt für Patienten wie auch für das Krankenhauspersonal. Als Er- folgsfaktoren für die Entwicklung eines rauchfreien Krankenhauses haben sich im Modellprojekt zum Aufbau des DNRfK als wesentlich herausgestellt:

> das Engagement der Kranken- hausleitung: Die Umsetzung der Standards muss verlässlich in den Zielen und offiziellen Dokumenten der Organisation verankert sein. Vor allem müssen sich die Mitarbeiter auf die Unterstützung der Führung verlassen können, wenn die Maß- nahmen auf Widerstände treffen.

> die Entwicklung einer Umset- zungsstrategie mit allen Beteilig-

RAUCHFREIE KRANKENHÄUSER

Mehr als nur Verbotszonen

Das Deutsche Netz Rauchfreier Krankenhäuser sorgt nicht nur für eine rauchfreie Arbeitsstätte. Raucher – Patienten und Krankenhauspersonal – sollen aktiv bei der Tabakentwöhnung unterstützt werden.

Foto:ddp

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T H E M E N D E R Z E I T

ten: Verbote alleine reichen nicht aus. Kommuniziert und entwickelt werden sollten Gesundheitsschutz vor Tabakrauch und Gesundheits- förderungsprogramme für alle, nicht „nur“ Nichtraucherschutzre- gelungen.

>die Qualifizierung der Mitar- beiter: Mitarbeiter müssen theore- tisch und praktisch darauf vorberei- tet werden, Raucher anzusprechen und zum Rauchstopp zu beraten.

> Tabakentwöhnungsangebote für Mitarbeiter und Patienten: Etwa 45 bis 55 Prozent der Raucher möchten mit dem Rauchen aufhören (1), und viele legen im Krankenhaus freiwillig einen Rauchstopp ein.

Dauerhaft rauchfrei zu werden, ge- lingt stark abhängigen Rauchern häufig nicht ohne Unterstützung.

Mehr als 60 Prozent der Raucher er- warten während eines Klinikaufent- halts Beratung und Entwöhnungs- angebote (2).

>Rauchfreiheit und die Ein- schränkung der Anreize zum Rau- chen: Die Glaubwürdigkeit einer Be- ratung und Behandlung der Tabak- abhängigkeit in der Klinik ist mit einem gleichzeitigen Zigarettenver- kauf, Rauchgelegenheiten und einer Passivrauchbelastung nicht zu ver- einbaren. Abhängige Raucher erfah- ren häufig keine Hilfe bei der Über- windung des Rauchverlangens.

Psychiatrische Kliniken als besondere Herausforderung

Psychiatrische Einrichtungen waren zum Beispiel auch in Irland aufgrund fehlender Erfahrungen von den um- fassenden gesetzlichen Regelungen ausgenommen. Lediglich psychia- trische Abteilungen in Akutkliniken hatten die Rauchfreiheit einzuhal- ten. Die Erfahrungen zeigten, dass es selbst in psychiatrischen Einrichtun- gen gelingen kann, die Rauchfreiheit und den Gesundheitsschutz vor dem Passivrauchen zu gewährleisten. Le- diglich in definierten Ausnahmesitu- ationen, beispielsweise für Patienten im akuten Krankheitszustand, die das Gebäude nicht verlassen können, kann eine individuelle und zeitlich be- grenzte Raucherlaubnis von Verant- wortlichen ausgesprochen werden.

Das Deutsche Netzwerk Rauch- freier Krankenhäuser gibt Orientie-

runghilfen in der Entwicklung zum rauchfreien Krankenhaus. Die Um- setzung der Anforderungen wird durch einen Fragebogen zur Selbst- einschätzung unterstützt. Die Er- gebnisse ermöglichen eine Stärken- Schwächen-Analyse des Entwick- lungsprozesses im Krankenhaus.

Über die jährlichen Wiederholun- gen der Selbsteinschätzung werden Entwicklungen auch im zeitlichen Verlauf sichtbar und ein Vergleich der Entwicklung auf regionaler, na- tionaler und internationaler Ebene möglich.

Als Anreiz können Krankenhäu- ser je nach Umsetzungsgrad eu- ropäische Zertifikate in Bronze, Sil- ber und Gold erwerben. Vorausset- zung für die Zertifizierung ist die Mitgliedschaft im Deutschen Netz Rauchfreier Krankenhäuser und die regelmäßige Teilnahme an den Selbsteinschätzungen. Die Klinik

führt damit auch das Logo des DNRfK.

Bronze-Zertifikat: Rauchfrei- Grundsätze sind für das Kranken- haus formuliert, eine Arbeitsgruppe ist mit der Umsetzung beauftragt.

Mitarbeiter, Patienten, Angehörige und das Krankenhausumfeld sind über die Grundsätze zum rauch- freien Krankenhaus informiert. Ein Maßnahmenplan für die weitere Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten liegt vor.

Silber-Zertifikat:Der gesamte Zehnpunktestandard muss zu min- destens 75 Prozent erfüllt sein. Das Gebäude ist rauchfrei, und allen Rauchern wird Motivation und Be- ratung zum Rauchstopp angeboten.

Ein Maßnahmenplan für die weitere Entwicklung wird vorgelegt.

Gold-Zertifikat: Weder im Krankenhaus noch auf dem Kran- kenhausgelände wird geraucht. Die Klinik bietet umfassende Angebote zur Motivation, Beratung und Ta- bakentwöhnung. Die vollständige Umsetzung der Standards muss über mindestens zwei Jahre nachgewie- sen werden.

Das Deutsche Netz Rauchfreier Krankenhäuser umfasst aktuell 120 Mitglieder, die die genannten eu- ropäischen Standards umsetzen und damit positive Erfahrungen ma- chen. Im Namen des European Net- work for Smoke-free-Hospitals wurde das Deutsche Netz von EU- Gesundheitskommissar Markos Ky- prianou im September 2006 für sei- ne nachhaltige Entwicklung und das erfolgreiche Wachstum in sehr kur- zem Zeitraum ausgezeichnet. I Christa Rustler Deutsches Netz Rauchfreier Krankenhäuser Prof. Dr. Anil Batra Wissenschaftlicher Aktionskreis

Tabakentwöhnung (WAT) e.V.

LITERATUR

1. Augustin R et al. (2005): Tabakkonsum, Abhängigkeit und Änderungsbereitschaft.

In: Sucht 51 (Sonderheft 1); 40–8.

2. Bundeszentrale für gesundheitliche Auf- klärung (Hrsg.): Manual für die Projekt- leitung „Rauchfreies Krankenhaus“. Köln:

BZgA 2004.

Das jährliche „Forum Rauchfreie Krankenhäuser“

sowie die „12. Nationale Konferenz für Gesund- heitsförderung im Krankenhaus“ finden vom 19.

bis 21. September in Saarburg statt. Informationen im Internet: www.rauchfreie-krankenhaeuser.de

Die Zielvorgaben des European Network for Smoke-free Hospitals (ENSH):

1. Alle Entscheidungsträger sind in die Aktivitäten zum rauchfreien Krankenhaus einbezogen und wirken mit.

Krankenhauspersonal und Patienten sind informiert.

2. Eine Arbeitsgruppe ist eingerichtet. Ein Strategie- und Maßnahmenplan ist entwickelt.

3. Ein Schulungsprogramm ist eingerichtet und das Personal im richtigen Umgang mit Rauchern geschult.

4. Tabakentwöhnungsmaßnahmen für Patienten und Personal werden angeboten. Unterstützung bei der Tabakentwöhnung wird Patienten auch nach der Entlassung gewährleistet.

5. Das Krankenhaus mit dem zugehörigen Areal ist rauchfrei. Noch vorhandene Raucherbereiche sind klar abgegrenzt.

6. Es gibt keine Anreize zum Rauchen (keine Werbung, keine Aschenbecher, keinen Tabakwarenverkauf), und das Krankenhaus lehnt jede Form von Unterstützung durch die Tabakindustrie ab.

7. Die Gesundheit aller im Krankenhaus Tätigen wird geschützt und gefördert.

8. Das Krankenhaus unterstützt Aktivitäten zur Tabakkontrolle in der Region.

9. Informationen zur Unterstützung der Verbindlichkeit der Rauchfrei-Politik werden weiterentwickelt. Der weitere Verlauf und die Qualitätssicherung sind gewährleistet.

10. Langfristige Umsetzung: Zuerst überzeugen, wenn nötig, Verbote analog interner oder gesetzlicher Regelungen durchsetzen. Geduld haben.

EUROPAWEIT RAUCHFREI

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 23⏐⏐8. Juni 2007 A1645

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