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Archiv "Rauchfreie Krankenhäuser: „Alle Mitarbeiter ins Boot holen“" (14.07.2008)

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A1538 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 28–2914. Juli 2008

P O L I T I K

D

as Tuberkulose-Sanatorium Wehrawald nahe Todtmoos im südlichen Schwarzwald hatte bereits 1930 Rauchverbote in der Hausordnung. Bei Verstößen erhielt die reiche internationale Klientel Hausverbot. Von Konsequenz mit Tradition kann man daher beim heutigen Rehazentrum Todtmoos sprechen, das sich als eine der weni- gen Kliniken für das Goldzertifikat

des Deutschen Netzes Rauchfreier Krankenhäuser und Gesundheits- einrichtungen (DNRfK) bewirbt.

Voraussetzung dafür ist das Silber- zertifikat, das insgesamt nur 17 Kli- niken in Deutschland führen.

Die Anforderungen für die Zertifi- kate nach den Kriterien des European Network for Smoke-free Hospitals (ENSH) sind hoch (siehe DÄ, Heft 23/2007 sowie im Internet: www.

dnrfk.de). Es geht dabei nicht nur um Nichtraucherschutz im Gebäude – der ist inzwischen in allen Bundes- ländern obligatorisch. „Bei uns sind Entwöhnungsprogramme für alle Raucher verpflichtend, auch für das Personal“, berichtete Dr. Hansjörg Schäfer vom silberzertifizierten Re- hazentrum in Wehrawald bei der Ab- schlusstagung des dreijährigen Mo- dellprojekts „Rauchfreies Kranken-

haus“ Ende Juni in Berlin. Patienten würden bei der Aufnahme über die Rauchfrei-Politik informiert. „Wer im Haus raucht, muss am nächsten Tag gehen“, betonte Schäfer. Es gebe keine Raucherräume oder -ecken, und auch auf dem Klinikgelände gel- te Rauchverbot. Sollte trotzdem je- mand rauchen, seien alle Mitarbeiter aufgefordert, denjenigen anzuspre- chen. Schilder wiesen auch Besucher auf das Rauchverbot hin. Selbstver- ständlich würden keine Tabakwaren in der Kinik verkauft. Leicht sei es nicht gewesen, all das umzusetzen, sagte Schäfer. Motivation, Konti- nuität und Beharrlichkeit seien Vor- aussetzungen. Die Rauchfrei-Politik müsse von der Klinikleitung ausge- hen, und ganz wichtig: „Alle Mitar- beiter müssen ins Boot geholt wer- den, auch die Köche und Gärtner“, erklärte Schäfer. Sechs Mitarbeiter rauchten trotz allem noch, die müss- ten das Klinikgelände verlassen, um ihre Sucht zu befriedigen.

Die meisten der 2 170 Kranken- häuser und 1 300 Rehakliniken scheuen offenbar die Anforderungen der Zertifikate. 171 Häuser sind Mit- glied im DNRfK, davon haben 76 das Bronzezertifikat und 17 Silber.

Die Bundesdrogenbeauftragte, Sabi- ne Bätzing, hielt das Ergebnis des von der Bundesregierung geförder- ten Modellprojekts dennoch für „er- folgreich“ und erweiterte den Auf- trag des Netzes auf Gesundheitsein- richtungen: Mit „rauchfrei plus“ soll das DNRfK auch Medizinische Ver- sorgungszentren, Ärztehäuser oder Geburtshäuser bei der Umsetzung von Beratungs- und Tabakentwöh- nungskonzepten unterstützen. Auch Christa Rustler vom DNRfK war zufrieden mit den Ergebnissen seit 2005, fühlte sich allerdings „noch mitten im Prozess“. Sie stellte eine

Zunahme der Anfragen von Kran- kenhäusern seit Anfang 2008 fest.

Die Nichtraucherschutzgesetze, die zum 1. Juli die letzten beiden Bun- desländer, Nordrhein-Westfalen und Thüringen, verabschiedet haben, scheinen Wirkung zu zeigen.

In Kliniken sind indes – unter- schiedlich je nach Bundesland – zahlreiche Ausnahmen möglich.

Diese kann die Klinikleitung in aus- gewiesenen Räumen von Abteilun- gen der Psychiatrie, Suchttherapie und Palliativversorgung sowie im Maßregelvollzug und in Heimen er- lauben. Begründet werden die Aus- nahmen mit einer möglichen Ge- fährdung des Therapieziels durch das Rauchverbot.

Das sah Prof. Dr. med. Anil Batra, der für die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Tübingen, das Silberzertifikat des DNRfK erhalten hatte, anders. Mit Verweis auf internationale Metaana- lysen betonte er: „Rauchverbote in

der Psychiatrie haben einen positiven Einfluss auf die Psychopathologie der Patienten und auch die befürchte- te Aggressivität blieb aus.“ Seiner Er- fahrung nach wollen viele Patienten abstinent werden; ohne Rauchverbot würden neue Patienten vielfach sogar erst zu Rauchern. Die vielfach be- fürchteten Widerstände des Personals könnten bei entsprechenden Schu- lungsangeboten überwunden werden.

Wichtig zur Realisierung der rauch- freien Psychiatrie seien zudem Auf- klärung über die Gefahren, Transpa- renz und Mitbestimmung sowie Ent- wöhnungsangebote. „Dadurch, dass das Nichtrauchen bei uns ständig Thema ist, wird es auch in der Thera- pie relevant“, sagte Batra. Für viele psychisch Kranke der erste Schritt in die Rauchfreiheit. I Petra Bühring

RAUCHFREIE KRANKENHÄUSER

„Alle Mitarbeiter ins Boot holen“

Das Modellprojekt „Rauchfreies Krankenhaus“ präsentierte zum Abschluss seine Ergebnisse. Viele Kliniken sind noch zurückhaltend, dabei sind die „Best-Practice“- Beispiele durchaus ermutigend – auch in der Psychiatrie.

Foto: BilderBox

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