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Archiv "Krankenhäuser: Ausländische Patienten gefragt" (18.08.2000)

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egen zunehmenden Kosten- drucks und tendenzieller Über- kapazitäten versuchen immer mehr Krankenhäuser und Rehabilitati- onskliniken Marktnischen zu besetzen und auch Versicherungen und ausländi- sche Patienten als „Kunden“ und Nach- frager von Gesundheitsleistungen zu gewinnen. Andererseits gibt es insbe- sondere Rehabilitationseinrichtungen und -kliniken in verschiedenen Bundes- ländern, die sich inzwischen darauf spe- zialisiert haben, ihre Einrichtungen und Dienstleistungen speziell auf die Be- dürfnisse von Ausländern mit Sprach- problemen und einem besonderen reli- giösen und kulturellen

Hintergrund auszurich- ten und Patientengrup- pen zu gewinnen, denen aus religiösen Gründen die Teilnahme an einer speziellen Heilmaßnah- me nicht möglich war.

Obwohl die ausländi- sche Klientel in den bun- desdeutschen Kranken- häusern und Rehaklini- ken noch keinen wesent- lichen Beitrag zur Um- satzsteigerung leistet, gibt es bereits verschie- dene Initiativen, um hier

„Flagge zu zeigen“.

Inzwischen haben die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. und der Bundesverband Deutscher Privatkran- kenanstalten e.V. versichert, dass man mit den neuen Aktivitäten keinen über- zogenen Patiententourismus oder sogar eine Bevorzugung ausländischer Pati- enten in bundesdeutschen Kranken- häusern inszenieren wolle. Allerdings will man aber die gesetzlichen Möglich- keiten nutzen, um auch im stationären

Sektor im Zuge der Internationalisie- rung der Märkte ausländische Nach- frager, Versicherungsträger und Selbst- zahler zu gewinnen. Die Kliniken beab- sichtigen, die Rentabilität und die Effi- zienz der Klinikbetriebe zu steigern und die Kostenvorteile der besser ausgela- steten Kapazitäten im Wettbewerb zu nutzen. Dies gilt für öffentlich-rechtli- che wie private Klinikträger.

Für das „Auslandsgeschäft“ der bun- desdeutschen Kliniken gibt es seit In- Kraft-Treten der novellierten Bundes- pflegesatzverordnung (von 1995) seit dem 1. Januar 1998 eine rechtliche Handhabe, in dieser Weise zu ex- pandieren und Patienten zu gewinnen. Vor zwei- einhalb Jahren erhielten die Krankenhäuser das Wahlrecht, bei Behand- lung von Patienten aus dem Ausland außerhalb des sektoralen Kranken- hausbudgets abzurech- nen und somit die Chan- ce, zusätzliche Erlöse zu erwirtschaften. Inzwi- schen haben sowohl das Bundesgesundheitsmini- sterium als auch der bei den Bundesländern an- gesiedelte „Arbeitskreis Migration und öffentli- che Gesundheit“ die Losung ausgege- ben, das bundesdeutsche Gesundheits- und Krankenhauswesen stärker auch auf die Bedürfnisse ausländischer Pati- enten auszurichten. Von gezielten Ak- tionen und Erfolgsberichten war aller- dings seit der Etablierung des Arbeits- kreises noch wenig zu vermelden.

In der Regel setzen die Akutkran- kenhäuser und Rehabilitationskliniken auf ein differenziertes Instrumentari-

um, um ausländische Nachfrager und private Krankenversicherungen für das Angebot im Inland zu interessieren.

Oftmals hatten die Klinikleitungen di- rekt oder über Vermittler Kontakt zu Nachfragern und Patienten im Ausland aufgenommen, um diese für eine Be- handlung in Deutschland zu interessie- ren. Andere Krankenhäuser beauftra- gen klinikverbundene oder fest ange- stellte Außendienstler mit der Akquisi- tion ausländischer Patienten. Es gibt auch regelrechte Werbefeldzüge und Offensiven und „Patientenmakler“, die Kranke inländischen Akutkrankenhäu- sern und Rehakliniken zuführen sollen.

Schließlich setzten manche Kranken- häuser, die dieses Feld beackern wollen, auf einen Förderungsverbund oder spe- zielle Verbände, die sich um die Akqui- sition im Auftrag der angeschlossenen Klinikgemeinschaft kümmern.

Kuratorium soll akquirieren

Erfolgreich arbeitet inzwischen das im Mai 1998 auf Initiative des FDP-Abge- ordneten und Gesundheitspolitikers der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Die- ter Thomae (60), FDP-MdB aus Sin- zig, gegründete Kuratorium zur För- derung deutscher Medizin im Ausland e.V. in Bonn. Gründungsmitglieder sind die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in Düsseldorf und der Bundes- verband Deutscher Privatkrankenan- stalten in Bonn. Als Geschäftsführer wurde im Frühjahr 2000 der frühere Abteilungsleiter und Pressesprecher der DKG, Georg Westphal (45), Bonn, gewonnen. Das Kuratorium hat knapp 100 Mitglieder – darunter Akut- und Rehabilitationskliniken, aber auch elf moderne Zahnarztpraxen (zum Teil Gemeinschaftspraxen).

Bereits vor einiger Zeit haben sich speziell Rehabilitationskliniken in ver- schiedenen Regionen um ausländische Patienten bemüht, zumeist mit einem Standort in der Grenzlage zum benach- barten Ausland, so beispielsweise die Eifelhöhen-Klinik in Marmagen (Eifel), die sich um grenzüberschreitende Pa- tienten und Versicherungsträger in den Niederlanden und in Luxemburg be- mühte. Auch andere Kliniken der Zen- tralversorgungsstufe, etwa das Zentral-

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 33½½½½18. August 2000 AA2147

Krankenhäuser

Ausländische Patienten gefragt

Krankenhäuser ebenso wie Rehabilitationskliniken buhlen immer mehr um die Gunst ausländischer Patienten.

Dr. Dieter Thomae, MdB aus Sinzig, Initiator und Mitgrün- der des Kuratoriums zur För- derung deutscher Medizin im Ausland e.V., Bonn

Foto: Deutscher Bundestag

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klinikum Augsburg, sind im Auslands- geschäft und in der Akquisition auslän- discher Patienten besonders engagiert.

Aktiv buhlen auch Berliner und bayeri- sche Krankenhäuser sowie Rehabilitati- onskliniken um ausländische Patienten.

Unterstützt werden die bayerischen Kliniken durch ihre Landesregierung, insbesondere durch die von ihr her- ausgegebene Image-Broschüre speziell für den Gesundheitsstandort Bayern.

Das Zentralklinikum Augsburg konzentriert sich auf Patienten aus dem Nahen Osten und aus Ägypten. Allerdings geht man noch nicht so weit wie beispielsweise private Klinikketten in den USA, die eigene Kliniknieder- lassungen in verschiede- nen arabischen Ländern eröffnet haben. Das 1 600- Betten-Klinikum in Augs- burg versorgt inzwischen zwischen 50 und 200 Pati- enten je Jahr, die aus arabi- schen Ländern kommen.

Die Sevgi Deutschland AG hat einen anderen

„Vertriebsweg“ gewählt.

Das deutsch-türkische Klinikunterneh- men mit Sitz in Wiesbaden betreibt in- zwischen mehrere Krankenhäuser in der Türkei und wirbt um privat versi- cherte und selbst zahlende Patienten aus dem Ausland. Die Klinikfirma wirbt mit einem Komplettangebot, das sowohl medizinische Behandlungsmaßnahmen, Wellness, ein ergänzendes Fitness- und Trainingsprogramm, den Flug und ein Sightseeing-Angebot enthält. Ziel ist es, monatlich rund 200 ausländische Patien- ten nach Deutschland zu holen.

Im ambulanten ärztlichen Bereich hält sich die medizinische Versorgung von Ausländern nach Auskunft der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung noch in engen Grenzen – abgesehen vom klei- nen Patientengrenzverkehr, insbeson- dere in Nordrhein-Westfalen an der deutsch-niederländischen Grenze.

Die Krankenhäuser und Rehabilita- tionseinrichtungen, die sich um auslän- dische Patienten kümmern, versichern, keine Zwei-Klassen-Medizin zu betrei- ben. Der Gründungsinitiator und Pro-

motor der Betreuung ausländischer Pati- enten im Inland, Dr. Thomae, dringt auf die Einhaltung von allgemeinen Rah- menbedingungen, die die Qualität und Seriosität der Behandlung und Betreu- ung garantieren sollen. Das Kuratorium hat seine Mitglieder auf einen Ehrenko- dex und Verhaltensregeln verpflichtet.

Dieser sieht unter anderem vor, dass aus- ländische Patienten hinsichtlich der me- dizinischen Leistungen nicht besser ge-

stellt werden dürfen als deutsche Patien- ten, medizinische Leistungen, für die es im Inland Wartelisten gibt, nicht er- bracht werden und die Tätigkeit des Ku- ratoriums und seiner Mitglieder nicht zu einer Belastung des deutschen Sozialver- sicherungssystems führt, insbesondere der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Ein Fachausschuss des Kuratoriums hat inzwischen Mindeststandards entwik- kelt, die die Mitgliedskliniken erfüllen und nachweisen müssen, um ausländi- sche Patienten behandeln zu können.

Leitfaden für Interessierte

Die Aktivitäten des Bonner Kuratori- ums sind vielfältig: Im Dezember 1999 kam ein modern aufgemachter Klinik- und Reha-Leitfaden mit dem Titel

„Medical Offers in Germany“ in engli- scher Sprache heraus, ein Verzeichnis, das ausländischen Versicherungen und Interessenten zugestellt wurde. Inzwi- schen hat das Kuratorium mit der

schwedischen privaten Krankenversi- cherung Skandia Lifeline ein Koope- rationsabkommen, das im Dezember 1999 verabredet wurde, umgesetzt. Da- nach können privat Versicherte aus Schweden deutschen Häusern zur Be- handlung empfohlen werden. Das Ku- ratorium beabsichtigt, auch mit ande- ren Ländern die Voraussetzungen für eine solche Patientenakquisition zu tref- fen, insbesondere mit den Niederlanden, mit Großbritannien und den USA.

Speziell auf die Be- handlung und die Bedürf- nisse von Muslimen, die in Deutschland dauerhaft le- ben, hat sich das (private) Median-Klinikum für Re- habilitation, Bad Oeyn- hausen, eine Schwerpunkt- rehabilitationsklinik für verschiedene medizini- sche Disziplinen, einge- stellt. Unter jeweils fach- ärztlicher Leitung werden Krankheitsbilder aus den Bereichen Innere Medi- zin, Orthopädie, Onkolo- gie und Neurologie be- handelt sowie die Rehabi- litation insbesondere älterer Patienten durchgeführt. Nach Aussagen der Kli- nikleitung sieht das Konzept vor, Pflege und Therapie dem besonderen kultu- rellen Hintergrund anzupassen und die religiösen Bedürfnisse dieser Patien- tengruppen zu berücksichtigen.

Die Klinik beschäftigt sprachkundi- ge Fachkräfte in den Abteilungen, ei- nen ständigen Dolmetscher-Dienst ins- besondere für Deutsch/Türkisch und versucht, durch eine dem muslimischen Kulturverständnis entsprechende ver- trauensvolle Atmosphäre das Behand- lungsangebot insbesondere in der An- schlussrehabilitation nach Herzinfarkt, Schlaganfall, größeren Operationen zu integrieren. Die Klinikleitung beruft sich dabei auf Bestimmungen aus dem Sozialgesetzbuch V. Danach sei auch bei der Durchführung von Kuren und Re- habilitationsmaßnahmen „bei der Aus- wahl der Leistungserbringer die Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnis- sen der Versicherten ist Rechnung zu tragen . . .“ Dr. rer. pol. Harald Clade

A

A2148 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 33½½½½18. August 2000

„Medical Offers in Ger- many“, unter diesem Mot- to stellen sich rund 500 Akut- und Rehabilitationskli- niken unterschiedlicher Trä- ger (öffentlich-rechtliche, freigemeinnützige und priva- te) sowie Zahnarztpraxen in englischer Sprache ausländi- schen Patienten und Versi- cherungen vor.

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