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Komorbidität und Psychopathologie von Patienten mit Internet- und Alkoholabhängigkeit im Vergleich

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Academic year: 2022

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Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der

Medizinischen Hochschule Hannover

Komorbidität und Psychopathologie von Patienten mit Internet- und Alkoholabhängigkeit im Vergleich

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der

Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Philipp Siebrasse

aus Eschwege

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am 06.12.2011

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover Präsident: Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann Betreuer der Arbeit: PD Dr. med. Bert Theodor te Wildt Referent: Prof. Dr. med. Horst Haltenhof

Korreferent: Prof. Dr. rer. biol. hum. Marie-Luise Dierks

Tag der mündlichen Prüfung: 06.12.2011 Prüfungsausschussmitglieder:

Prof. Dr. med. Hermann Müller-Vahl Prof. Dr. med. Marc Ziegenbein Prof. Dr. med. Frank Schuppert

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung...1

1.1 Historische Betrachtung des Phänomens Internetabhängigkeit...3

1.2 Diagnostische Kriterien...6

1.2.1 Kriterien der stoffgebundenen Abhängigkeiten nach ICD-10 und DSM-IV...6

1.2.2 Kriterien der stoffungebundenen Abhängigkeiten - Impulskontrollstörungen...8

1.2.3 Kriterien der Internetabhängigkeit...11

1.3 Ätiopathogenese der Internetabhängigkeit...13

1.3.1 Neurobiologische Aspekte der Abhängigkeit ...13

1.3.2 Psychologische Aspekte der Abhängigkeit...15

1.3.3 Soziokulturelle Aspekte der Abhängigkeit...17

1.4 Epidemiologie der Alkohol- und Internetabhängigkeit...19

1.5 Komorbidität von Abhängigkeitserkrankungen...24

1.6 Ergebnisse der Vorstudie zur Internetabhängigkeit...26

1.7 Hypothesen zum Vergleich von Internet- und Alkoholabhängigkeit...28

2 Methodik... 30

2.1 Studienaufbau...30

2.2 Probanden...30

2.3 Psychometrische Instrumente ...32

2.3.1 Fragebogen zu Soziodemographie, Behandlungsgeschichte und Mediennutzung...32

2.3.2 Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztest...32

2.3.3 Trierer Alkoholismusinventar...33

2.3.4 Kriterien für Internetabhängigkeit...33

2.3.5 Internetsuchtskala...34

2.3.6 Barratt-Impulsiveness-Scale...35

2.3.7 Beck-Depressions-Inventar...35

2.3.8 Hamilton Depressionsskala...36

2.3.9 Symptom-Checkliste SCL-90-R...37

2.3.10 DSM-IV Symptomliste für Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung...39

2.3.11 Conners-Adult-ADHD-Rating-Scale...39

2.3.12 Sense-of-Coherence-Scale...40

2.3.13 Psychiatrische Anamnese und strukturiertes klinisches Interview nach DSM-IV...41

2.4 Statistische Verfahren...43

(4)

3 Ergebnisse... 44

3.1 Soziodemographie...44

3.1.1 Geschlechtsverteilung...44

3.1.2 Altersverteilung...45

3.1.3 Schulbildung...46

3.1.4 Ausbildung und aktuelle berufliche Situation...47

3.1.5 Intelligenztest ...49

3.1.6 Familiäre Situation...50

3.2 Psychiatrische Vorgeschichte...51

3.3 Beschreibung der Abhängigkeitsverhaltens...54

3.4 Mediennutzung...58

3.5 Ergebnisse der klinischen und psychometrischen Untersuchungen...65

3.5.1 Ergebnisse der klinischen Exploration und des diagnostischen Interviews...65

3.5.2 Depressivitätsdiagnostik...69

3.5.3 Psychische Belastung...71

3.5.4 Kohärenzsinn...73

3.5.5 Internetabhängigkeit...73

3.5.6 Impulsivität...75

3.5.7 ADHS-Diagnostik...76

3.5.8 Korrelationen...78

4 Diskussion... 79

4.1 Diskussion der soziodemographischen Daten...79

4.1.1 Geschlecht...79

4.1.2 Alter...80

4.1.3 Schulbildung...81

4.1.4 Intelligenzniveau...81

4.1.5 Berufsausbildung...82

4.1.6 Derzeitige berufliche Situation...83

4.1.7 Familiäre Situation...83

4.2 Diskussion des Mediennutzungsverhaltens...85

4.3 Diskussion der klinischen und psychometrischen Untersuchungsergebnisse...87

4.3.1 Vergleich der psychiatrischen Anamnese...87

4.3.2 Substanzkonsum...88

4.3.3 Diskussion der Ergebnisse des diagnostischen Interviews...90

4.3.4 Diskussion der Ergebnisse der Depressivitätsdiagnostik...92

(5)

4.3.5 Psychische Belastung und Leidensdruck...93

4.3.6 Deutung der Ergebnisse bezüglich Internetabhängigkeit und Impulsivität...95

4.3.7 Zusammenhang zwischen ADHS und Internetabhängigkeit bzw. Alkoholabhängigkeit...97

4.4 Diskussion der Schwachstellen der Untersuchung...100

4.5 Diskussion der Hypothesen...103

4.6 Fazit und Ausblick...113

5 Zusammenfassung...115

6 Literaturverzeichnis...117

7 Tabellenverzeichnis...128

8 Abbildungsverzeichnis...129

9 Lebenslauf... 130

10 Danksagung...131

11 Anhang...132

11.1 Fragebogen zu Soziodemographie, Behandlungsgeschichte und Mediennutzungsverhalten...132

11.2 Erklärung nach § 2 Abs. 2 Nr.5 und 6 PromO...153

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1 Einleitung

Das Internet stellt eine bisher einmalige Verschmelzung von Kommunikations- und Publikationsmedien dar und nimmt in unserer Gesellschaft mittlerweile eine immer wichtigere Position im beruflichen und privaten Alltag ein.

Die steigende Abhängigkeit von Medientechnologien birgt Chancen, aber auch Risiken. Das gilt sowohl für die gesamtgesellschaftliche als auch für die individuelle Entwicklung. Man kann davon ausgehen, dass sich die Bedeutung des Internets durch weitere Innovationen in naher Zukunft noch steigern wird. Es werden zusehends alle Lebensbereiche durchdrungen, da der Netzzugang nicht mehr an den feststehenden Rechner im Büro oder Arbeitszimmer gebunden ist, sondern mittels mobiler Endgeräte und Funkverbindungen an nahezu jedem erwünschten Ort möglich geworden ist. Diese breite Erreichbarkeit, eine zunehmend einfachere Bedienung und mittlerweile sehr moderate Kosten machen das Internet für immer mehr private und professionelle Anwendungen interessant.

Mit den verbesserten technischen Möglichkeiten, insbesondere der kontinuierlichen Erhöhung der Datentransferraten, werden auch die Inhalte und Handlungsmöglichkeiten rund um das Internet kontinuierlich attraktiver. Neben einer sich ständig verbessernden graphischen Darstellung spielen Anwendungen, wie beispielsweise Videos, Musik und Onlinespiele, für die hohe Datenübertragungsraten notwendig sind, eine immer größere Rolle.

Diese zunehmende Attraktivität und die damit einhergehende steigende Verbreitung der Nutzung in der Bevölkerung erweitern das Sichtfeld auch auf etwaige negative Facetten des Internets und seiner Nutzung.

So gerät auch die Diskussion über das Abhängigkeitspotential des Internets immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit.

Bei dieser berechtigten Diskussion muss jedoch auch immer im Auge behalten werden, dass beinahe jedes Medium, das sich in unserer Gesellschaft etablierte, zunächst unter Verdacht stand, eine Abhängigkeit zu erzeugen. So wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts sogar Büchern, hierbei insbesondere Belletristik, unterstellt, abhängig zu machen. Damals wurden Begriffe wie Lesesucht und Lesewut geprägt (Wittmann 1999). Auch wurde eine Zeit lang von der Gefahr einer Fernsehsucht gesprochen (Kubey, Csikszentmihalyi 2002). Aber die Forschung der letzten Jahre zeigte, dass es zwar durchaus negative Auswirkungen haben kann, wenn man zu viel Zeit vor dem Fernseher verbringt. Bestehen große Probleme mit dem Medium Fernsehen, werden sie heute aber eher als Symptom einer übergeordneten psychischen Erkrankung verstanden. Daraus eine eigenständige Diagnose abzuleiten, wird heute nicht mehr gefordert (Kubey, Csikszentmihalyi 2002).

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Im Zuge der rasanten digitalen Medienentwicklung erscheinen immer wieder Berichte über neue Formen der Medienabhängigkeit, wie beispielsweise Handysucht (Koesch, Magdanz & Stadler 2007), die sich im Nachhinein eher selten als klinisch relevante Phänomene erweisen. Die seit Jahren zu beobachtende häufigere Verwendung des Begriffs Sucht in der medialen Öffentlichkeit legt die Vermutung nahe, dass es mit zunehmender Sensibilisierung gegenüber Suchtphänomenen auch zu einer Inflation in der Verwendung des Begriffs Sucht gekommen ist (Seyer 2004). Insofern ist auch in Hinblick auf das Phänomen der exzessiven Mediennutzung eine gewisse Skepsis angeraten. Dennoch ist zu konstatieren, dass es Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die große Probleme mit der exzessiven Nutzung von Computern und Internet haben.

Daher ist es ein Ziel dieser Arbeit zu untersuchen, inwieweit problematischer Internetgebrauch eine eigene Krankheitsentität ähnlich der Alkoholabhängigkeit darstellt, oder ob die übermäßige Internetnutzung als Symptom einer vorher bestehenden psychischen Erkrankung zu verstehen und zu behandeln ist.

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1.1 Historische Betrachtung des Phänomens Internetabhängigkeit

Der Begriff Internet addiction wurde zum ersten Mal 1995 vom New Yorker Psychiater Ivan Goldberg als scherzhafte Scheindiagnose genutzt (Eichenberg, Ott 1999). Er veröffentlichte eine Symptomliste, die sich an den diagnostischen Kriterien für pathologisches Glücksspiel nach DSM-IV orientierte (Saß, Wittchen &

Zaudig 1996). Doch anstatt belustigter Reaktionen meldete sich eine Reihe von Personen, die sich tatsächlich für internetabhängig hielten. Als sich im folgenden Jahr auch die New York Times in einem Artikel mit dem Thema beschäftigte (Belluck 1996), verselbstständigte sich die Debatte um diese neue Form der Abhängigkeit.

Als Vorreiterin in der wissenschaftlichen Untersuchung des neuen Phänomens wurde die amerikanische Psychologin Kimberly Young bekannt (Young 1996). Sie entwarf einen Fragebogen zur Untersuchung der Symptomatik, der sich ebenfalls an den diagnostischen Kriterien für pathologisches Glücksspiel nach DSM- IV orientierte und führte eine erste Studie zu diesem Thema durch. In den folgenden Jahren veröffentlichten eine Reihe von Autoren Studien, die sich hauptsächlich als Online-Befragungen mit der Thematik befassten (Brenner 1997, Griffiths 1997, Griffiths 1999, Scherer 1997, Zimmerl, Panosch & Masser 1998). Sie folgten größtenteils Youngs Argumentation, dass es sich bei der „Internetsucht“ um ein neuartiges Phänomen handele, welches als eigenständige Erkrankung anzusehen sei.

Allerdings gab es zur selben Zeit auch eine Reihe von Kritikern dieser Sichtweise, zu denen interessanterweise auch der „Entdecker“ Ivan Goldberg zählte (Eichenberg, Ott 1999, Grohol 1997, Shaffer, Hall & Vander Bilt 2000). In ihren Studien stellten sie zwar einen problematischen Internetgebrauch bei einigen Studienteilnehmern fest, interpretierten die Symptome jedoch nicht als eigenständige Erkrankung, sondern als Symptomwandel von bereits bekannten psychischen Störungen. Ob problematischer Internetgebrauch als eigenständige Erkrankung Eingang in die bekannten Klassifikationssysteme ICD (Dilling 1993) und DSM (Saß, Wittchen & Zaudig 1996) finden soll oder als Symptom einer anderen psychischen Störung zu verstehen ist, wird auch heute noch kontrovers diskutiert.

Aber nicht nur die diagnostische Einordnung gestaltet sich schwierig. Denn auch bei der Nomenklatur für die Beschreibung des Phänomens herrscht keine Einigkeit. Die Abhängigkeit von einer Substanz wurde in der Vergangenheit mit dem Begriff „Sucht“, der sich etymologisch vom althochdeutschen Wort „Siech“ (=

Krankheit) ableitet, beschrieben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierte „Sucht“ 1957 als

„einen Zustand periodischer oder chronischer Vergiftung, hervorgerufen durch den wiederholten Gebrauch einer natürlichen oder synthetischen Droge und gekennzeichnet durch vier Kriterien: 1. ein unbezwingbares Verlangen zur Einnahme und Beschaffung des Mittels, 2. eine Tendenz zur Dosissteigerung (Toleranzerhöhung), 3. die psychische und meist auch physische Abhängigkeit von der Wirkung der Droge, 4. die Schädlichkeit für den einzelnen und/oder die Gesellschaft“.

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Der Terminus „Sucht“ wurde in der Vergangenheit bei einer Vielzahl von Krankheitserscheinungen verwendet. Als Beispiel für körperliche Erkrankungen seien hier „Gelbsucht“ und „Schwindsucht“ genannt.

Bei Wörtern wie „Mondsucht“ und „Tobsucht“ lässt sich das Grundwort als „krankhaftes Verlangen“

verstehen und wurde schon früh im übertragenen Sinne auch für „Sünde“ und „Leidenschaft“ gebraucht.

Besonders „Alkoholiker“ wurden im Kontext von (Sozial-)Darwinismus und Rassenhygiene gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Minderwertige stigmatisiert. „Alkoholismus“ erschien als Ausdruck von Geisteskrankheit und wurde deshalb vor allem zum Gegenstand der Psychiatrie (Schott 2001). Wegen der negativen Konnotationen und begrifflichen Unklarheiten wurden die früher üblichen Begriffe „Gewöhnung“,

„Sucht“ und „Alkoholismus“ durch die Termini „Missbrauch“ und „Abhängigkeit“ abgelöst (Soyka 1999).

Im Jahre 1964 wurde der Suchtbegriff von der WHO offiziell durch den Terminus „Abhängigkeit“ ersetzt (Klein 2001), dennoch wird er in der Gesellschaft und insbesondere in den Medien weiterhin genutzt und ist daher nach wie vor weit verbreitet. „Sucht“ wird heutzutage nahezu inflationär zur Beschreibung jedes übermäßigen Verhaltens verwendet (Seyer 2004). Ein Faible für Schokolade beispielsweise als „Sucht“ zu bezeichnen impliziert allerdings, die Schwere einer „Alkoholsucht“ zu bagatellisieren. Übermäßigen Fernsehkonsum oder das starke Verlangen nach Sexualität begrifflich in die Nähe einer „Heroinsucht“ zu rücken, hieße, jede ausgeprägte Neigung als Krankheit zu deklarieren. So droht der Begriff „Sucht“ zwischen Unter- und Übertreibung zerrieben zu werden.

Ungeachtet der offiziellen Abkehr vom Begriff „Sucht“ finden sich in der englischsprachigen wie auch in deutschsprachigen Literatur Begriffe wie Internet Addiction (Disorder) (Young 1996, Beard, Wolf 2001), Online Addiction (Young 2007) oder Internetsucht (Hahn, Jerusalem 2001a). Daneben haben sich die Termini Pathological Internet Use (Morahan-Martin, Schumacher 1999), Problematic Internet Use (Liu, Potenza 2007) und Internet dependency (Scherer 1997) etabliert. Ebenso werden Begriffe wie Pathologischer Internetgebrauch (Kratzer, Hegerl 2008), Problematischer Internetgebrauch oder auch Internetabhängigkeit (te Wildt et al. 2007) genutzt. Im Rahmen dieser Studie werden hauptsächlich die Ausdrücke problematischer oder pathologischer Internetgebrauch und Internetabhängigkeit gewählt, da sie die Problematik recht treffend beschreiben, ihr aber nicht direkt eine kategoriale Zuordnung zu dem, was mit

„Sucht“ gemeint ist, zuschreiben. Doch unabhängig davon, mit welchem Terminus man die Symptomatik charakterisieren will und wie man sie diagnostisch einschätzt, bleibt festzuhalten, dass immer mehr Menschen Schwierigkeiten damit haben, ihre Internetnutzung zu kontrollieren.

Seit Beginn der Erforschung der Symptomatik wurde auch immer diskutiert, ob das Internet selbst der Grund für die Probleme der Betroffenen sei oder ob bereits bestehende Probleme im Netz ausgelebt werden (Greenfield 1999). Es scheint jedoch bereits festzustehen, dass es nicht nur eine Form der Internetabhängigkeit gibt. Durch die Diversität der Inhalte und Nutzungsmöglichkeiten des Internets ergibt sich auch ein breites Spektrum an möglichen Problemen. Nach Young sind fünf Subtypen der

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Internetabhängigkeit zu beobachten (Young 1999). Den Konsum von pornographischen Inhalten in Form von Bildern, Videos und Erotik-Chats beschreibt Young als „Cybersexual addiction“. „Cyberrelationship addiction“ betrifft User, die virtuelle Beziehungen durch Chats, Foren, Kontaktanzeigen, E-Mails und interaktive Spiele aufbauen, die nicht auf der Grundlage des realen Selbst entstanden sind. Die exzessive Beteiligung an Auktionen im Netz sowie an Geldspielen oder am Handeln mit Wertpapieren werden von Young als „Net compulsions“ bezeichnet. Als „Information overload“ deklariert sie das Herunterladen beziehungsweise Sammeln von Programmen, Filmen oder Musik in pathologischen Ausmaßen. Und schließlich wird das abhängige Computerspielen oder Programmieren von Young als „Computer addiction“

bezeichnet.

Im Gegensatz zu Young sieht zwar auch Greenfield nicht nur eine Form der virtuellen Abhängigkeit, sondern divergierende Störungsbilder, die jedoch häufig durch bereits bestehende Probleme im realen Leben der Betroffenen bedingt seien (Greenfield 1999). Auch aktuelleren Publikationen zufolge ist die Symptomatik des Störungsbildes uneinheitlich und auf vergleichbare Tätigkeiten ausgedehnt. So sind es hauptsächlich die Bereiche Online-Spiele, -Kommunikation und -Pornographie, die das größte Abhängigkeitspotential zu besitzen scheinen (Chou, Condron & Belland 2005). Auf dem Gebiet der Online- Spiele besitzen Rollenspiele die größten Marktanteil. Das beliebteste Spiel dieses Genres ist derzeit „World of Warcraft“ mit über 12 Millionen Abonnenten weltweit (Blizzard Entertainment 2010). Die so genannten

„Shooter“ und Online-Glückspiele spielen hingegen eine deutlich geringere Rolle im Rahmen dieser Problematik. Im Bereich der Kommunikation liegt das Hauptaugenmerk auf Echtzeitkommunikation in Chaträumen und mit Hilfe von Instant Messengern sowie in interaktiven sozialen Netzwerken. Im Bereich Online-Pornographie sind hauptsächlich Videos, Bilder und Chaträume relevant. Außerdem gibt es noch eine Gruppe von Internetnutzern, die ein pathologisches Kaufverhalten („Oniomanie“) beispielsweise bei Online- Auktionen zeigt (Kratzer, Hegerl 2008). Dieses pathologische Online-Kaufverhalten und auch das Online- Glücksspiel sind gute Beispiele dafür, wie sich bekannte „Verhaltenssüchte“ über neue Zugangswege manifestieren können. Dabei ist zu diskutieren, inwieweit der Internetkonsum lediglich zu einer Eskalation einer ohnehin bestehenden Problematik führt, oder ob diese neuen Möglichkeiten bei manchen Menschen überhaupt erst eine pathologische Dynamik initiieren.

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1.2 Diagnostische Kriterien

Es gibt verschiedene Versuche, problematischen Internetgebrauch anhand einheitlicher Kriterien zu diagnostizieren. Jedoch konnte bisher noch kein diagnostischer Standard festgelegt werden. Bislang wird vor allem eine Parallele zu den diagnostischen Kriterien für den Missbrauch und die Abhängigkeit von Substanzen nach ICD-10 (Dilling 1993) und DSM-IV (Saß, Wittchen & Zaudig 1996) gezogen. Alternativ beziehen sie sich auf die Kriterien für pathologisches Glücksspiel nach ICD-10 respektive DSM-IV.

Allerdings sind auch diese stark an die Kriterien für substanzgebundene Störungen angelehnt. Deshalb sollen diese grundlegenden Merkmale nachfolgend genauer beschrieben werden.

1.2.1 Kriterien der stoffgebundenen Abhängigkeiten nach ICD-10 und DSM-IV

Die heute bestehenden speziellen Definitionen von „Missbrauch“ und „Abhängigkeit“ gehen auf das Krankheitskonzept von Edwards et al. zurück (Edwards, Gross 1976). Das Modell sieht das Abhängigkeitssyndrom als einen Cluster von kognitiven, physiologischen und Verhaltenssymptomen an, die in verschiedenen Schweregraden auftreten und nicht alle präsent sein müssen (Soyka 1999). Mit diesem Konzept wurde der kategoriale Ansatz, wie er beispielsweise von Jellinek mit seinen fünf Formen und vier Phasen des Alkoholismus (Jellinek 1960) vertreten wurde, in der Diagnostik verlassen.

Die International Classification of Diseases (ICD) wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aktuell in der 10. Revision herausgegeben (Weltgesundheitsorganisation 2007). In Kapitel V Psychische und Verhaltensstörungen findet man den Abschnitt F10. Dort werden psychische Störungen durch Alkohol beschrieben. DSM-IV ist die Abkürzung für die vierte Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (diagnostisches und statistisches Handbuch psychischer Störungen) (Saß, Wittchen &

Zaudig 1996), das von der American Psychiatric Association (APA) herausgegeben wird. Alkoholbedingte Störungen finden sich hier im Bereich der Achse-I-Störungen. In beiden Klassifikationssystemen wird eine Aufteilung der alkoholbedingten Störungen in drei Bereiche vorgenommen. In der ICD-10 wird von „akuter Intoxikation“, „schädlichem Gebrauch“ und dem „Abhängigkeitssyndrom“ gesprochen. Äquivalent dazu sprechen die Autoren des DSM-IV von „Alkoholintoxikation“, „Alkoholmissbrauch“ und

„Alkoholabhängigkeit“.

Die Intoxikation als akute Form der alkoholbedingten Störung soll an dieser Stelle nicht genauer dargestellt werden, da sie für diese Untersuchung nur eine geringe Relevanz besitzt.

Im ICD-10 bezeichnet die Diagnose F.10.1 den „schädlichen Gebrauch“ von Alkohol. Es handelt sich dabei

„um ein Konsummuster, das zu einer Gesundheitsschädigung führt. Diese kann als körperliche Störung auftreten ... oder als psychische Störung, zum Beispiel als depressive Episode durch massiven Alkoholkonsum (Weltgesundheitsorganisation 2007).“ Es muss also eine tatsächliche Schädigung der

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physischen oder psychischen Gesundheit vorliegen. Gesellschaftliche Ablehnung und negative soziale Konsequenzen reichen für die Bestätigung dieser Diagnose ebenso wenig aus, wie eine akute Intoxikation oder deren Folgen („Hangover“) (Soyka 1999).

Ganz ähnlich lautet die Definition des „Alkoholmissbrauchs“ im DSM-IV. Unter der Achse-I Diagnose 305.00 werden die Kriterien beschrieben. Es handelt sich dabei, um „ein unangepasstes Muster von Alkoholkonsum, das in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden führt, wobei die Symptome niemals die Kriterien für Alkoholabhängigkeit erfüllt haben (Soyka 1999).“ Zudem muss sich mindestens eins der in Tab. 1.2.1 folgenden vier Kriterien während der letzten 12 Monate manifestiert haben.

Tabelle 1.2.1: Kriterien für Alkoholmissbrauch nach DSM-IV (Soyka 1999)

1. Wiederholter Alkoholkonsum, der zu einem Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen bei der Arbeit, in der Schule oder zu Hause führt.

2. Wiederholter Alkoholkonsum in Situationen, in denen es aufgrund des Konsums zu einer körperlichen Gefährdung kommen kann.

3. Wiederkehrende Probleme mit dem Gesetz in Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum.

4. Fortgesetzter Alkoholkonsum trotz ständiger oder wiederholter sozialer oder zwischenmenschlicher Probleme, die durch die Auswirkungen des Alkohols verursacht oder verstärkt werden.

Trotz großer Ähnlichkeit besteht bei den Definitionen des „Missbrauchs“ beziehungsweise des

„schädlichen Gebrauchs“ ein relevanter Unterschied zwischen den beiden Klassifikationssystemen.

Während die ICD-10 nur physische und psychische Folgeschäden als Kriterium anerkennt, spielen im DSM- IV auch soziale Konsequenzen eine Rolle.

Die schwerste Form der alkoholbedingten Störung ist laut ICD-10 das „Abhängigkeitssyndrom“ von Alkohol, das unter dem Punkt F.10.2 spezifiziert wird. Es ist beschrieben, als „eine Gruppe von Verhaltens-, kognitiven und körperlichen Phänomenen, die sich nach wiederholtem Substanzgebrauch entwickeln.

Typischerweise besteht ein starker Wunsch, die Substanz einzunehmen, Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren, und anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen. Dem Substanzgebrauch wird Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen gegeben. Es entwickelt sich eine Toleranzerhöhung und manchmal ein körperliches Entzugssyndrom (Weltgesundheitsorganisation 2007).“ Die Diagnose liegt demnach vor, wenn innerhalb des letzten Jahres drei oder mehr der folgenden sechs Kriterien zutrafen (Tab.1.2.2).

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Tabelle 1.2.2: Kriterien für das Alkoholabhängigkeitssyndrom nach ICD-10 (Kiefer, Mann 2007) 1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, Alkohol zu konsumieren.

2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums.

3. Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums.

4. Nachweis einer Toleranzentwicklung.

5. Vernachlässigung anderer Neigungen und Interessen zugunsten des Alkoholkonsum, erhöhter Zeitaufwand um Alkohol zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.

6. Die Fortführung des Konsums trotz eindeutig aufgetretener körperlicher, psychischer und sozialer Folgeschäden.

Die Kriterien für Substanzabhängigkeit nach DSM-IV (303.90) unterscheiden sich nur gering von denen für das Alkoholabhängigkeitssyndrom nach ICD-10. Es ist als ein unangepasstes Muster von Alkoholkonsum beschrieben, welches in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden führt (Soyka 1999).

Für die Diagnose müssen innerhalb des letzten Jahres mindestens drei der folgenden sieben Kriterien erfüllt worden sein (Tab.1.2.3).

Tabelle 1.2.3: Kriterien für Alkoholabhängigkeit nach DSM-IV (Soyka 1999)

1. Toleranzentwicklung definiert durch das Verlangen nach einer ausgeprägten Dosissteigerung, um einen

Intoxikationszustand oder einen erwünschten Effekt herbeizuführen, oder durch eine deutlich verminderte Wirkung bei fortgesetzter Einnahme derselben Dosis.

2. Es treten Entzugssymptome auf oder es wird Alkohol konsumiert, um Entzugssymptome zu lindern oder zu vermeiden.

3. Alkohol wird häufig in größeren Mengen und länger als beabsichtigt getrunken.

4. Anhaltender Wunsch oder erfolglose Versuche, den Alkoholkonsum zu verringern oder zu kontrollieren.

5. Viel Zeit für Aktivitäten, um Alkohol zu beschaffen.

6. Wichtige soziale, berufliche oder Freizeitaktivitäten werden aufgrund des Alkoholkonsums aufgegeben oder eingeschränkt.

7. Fortgesetzter Alkoholkonsum trotz Kenntnis eines anhaltenden oder wiederkehrenden körperlichen oder psychischen Problems, das wahrscheinlich durch den Alkoholkonsum verursacht oder verstärkt wurde.

Die Gegenüberstellung der verschiedenen Kriterien alkoholbedingter Störungen in DSM-IV und ICD-10 zeigt nur geringe Differenzen. In beiden Klassifikationssystemen wird ersichtlich, dass vermehrter Alkoholkonsum zu psychischen und sozialen Problemen führt. Darüber hinaus wird durch die Hervorhebung der körperlichen Dimension verdeutlicht, dass Alkoholabhängigkeit eine lebensgefährliche Erkrankung sein kann.

1.2.2 Kriterien der stoffungebundenen Abhängigkeiten - Impulskontrollstörungen

Neben dem pathologischen Konsum von psychotropen Substanzen gibt es eine Reihe von Verhaltensweisen, die umgangssprachlich mit dem Begriff „Sucht“ deklariert werden, wie beispielsweise „Spielsucht“,

„Arbeitssucht“, „Sexsucht“ oder „Kaufsucht“. In den psychiatrischen Klassifikationssystemen werden sie

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jedoch bisher nicht als Abhängigkeitserkrankungen erfasst. In der ICD-10 (Weltgesundheitsorganisation 2007) findet man diese Verhaltensweisen in Kapitel V im Abschnitt Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F60 bis F69) unter dem Punkt F63, abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle. Im DSM-IV werden diese Verhaltensweisen unter dem Punkt Störung der Impulskontrolle, nicht andernorts klassifiziert zusammengefasst (Saß, Wittchen & Zaudig 1996).

Von den stoffungebundenen Abhängigkeiten wird nur das pathologische Glücksspiel in beiden Einteilungen explizit erwähnt. Die Anerkennung als eigenständiges Störungsbild begann 1980 mit der Aufnahme in die internationalen Klassifikationssysteme DSM und später auch in die ICD (Petry 1998). Die hierbei festgelegten Kriterien orientieren sich ihrerseits stark an denen für substanzgebundene Abhängigkeit. Es handelt sich demnach um andauerndes und wiederkehrendes, fehlangepasstes Spielverhalten, was sich in mindestens fünf der folgenden Merkmale ausdrückt (Tab. 1.2.4) und nicht besser durch eine manische Episode erklärbar ist.

Tabelle 1.2.4: Kriterien für pathologisches Glücksspiel nach DSM-IV (Saß, Wittchen & Zaudig 1996) 1. Starke Eingenommenheit vom Glücksspiel (z.B. starke gedankliche Beschäftigung mit Geldbeschaffung).

2. Steigerung der Einsätze, um die gewünschte Erregung zu erreichen.

3. Wiederholte erfolglose Versuche, das Spiel zu kontrollieren einzuschränken oder aufzugeben.

4. Unruhe und Gereiztheit beim Versuch, das Spiel einzuschränken oder aufzugeben.

5. Spielen, um Problemen oder negativen Stimmungen zu entkommen.

6. Wiederaufnahme des Glücksspiels nach Geldverlusten.

7. Lügen gegenüber Dritten, um das Ausmaß der Spielproblematik zu vertuschen.

8. Illegale Handlungen zur Finanzierung des Spielens.

9. Gefährdung oder Verlust von wichtigen Beziehungen, Arbeitsplatz und Zukunftschancen.

10. Hoffnung auf Bereitstellung von Geld durch Dritte.

Wie bei fast allen psychischen Störungen ist es auch bei pathologischem Glücksspiel schwer, exakte Daten über die Prävalenz der Störung zu ermitteln. Schätzungen für Deutschland gehen von circa 100.000 Betroffenen aus, dies entspricht einer Prävalenz von ca. 0,1 % (Petry 1998). Dabei werden verschiedene Formen des Spielens unterschieden. Die jeweilige Erscheinungsform unterliegt einem kulturhistorischen Wandel und befindet sich derzeit wieder einmal an einem Wendepunkt. Während in den letzten Jahrzehnten der „Unterhaltungsautomat mit Gewinnmöglichkeit“ das zentrale Glücksspielmedium der deutschen Bevölkerung darstellte und auch noch bis heute darstellt, entwickeln sich im Internet neue Möglichkeiten, die dem klassischen Spielautomaten mittelfristig den Rang ablaufen könnten. Kartenspiele (insbesondere Poker) und (Sport-)Wetten haben durch die vereinfachten Zugangsmöglichkeiten und das verbreiterte Angebot im Internet einen enormen Zulauf erfahren. Aber auch das exzessive Spekulieren an der Börse und das Lottosystemspiel profitieren vom Internet. Daneben gibt es Formen des kompetitiven Glücksspiels,

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welche hauptsächlich in Form von Casinospielen ausgeübt werden. Sie eröffnen die Möglichkeit, neue Rollen einzunehmen, die in der sozialen Realität nicht erfüllt werden, und suggerieren dem Spieler ein Gefühl der Macht (Petry 1998). Weiterhin kennzeichnend für pathologisches Spielen ist, dass der zufällige Erfolg eigenen Kompetenzen zugeschrieben wird. Verluste werden hingegen durch zufällige äußere Einflüsse erklärt.

Neben dem „pathologischen Glücksspiel“ sind noch „Pyromanie“ (pathologische Brandstiftung),

„Kleptomanie“ (pathologische Stehlen) und „Trichotillomanie“ (zwanghaftes Haareausreißen) explizit als Störungen der Impulskontrolle in ICD und DSM definiert. Diese drei Phänomene beschreiben grundsätzlich abnorme Verhaltensweisen, von denen keine „normalen“ Ausprägungen zu erwarten sind. Die aktuelle Einteilung der Impulskontrollstörungen weckt den Eindruck, dass eine gewisse klassifikatorische Willkürlichkeit im Sinne einer „Restkategorie“ vorliegt (Bühringer 2004). In der 5. Auflage des DSM, die 2013 veröffentlicht werden soll, ist geplant, „pathologisches Glücksspiel“ offiziell als Abhängigkeitserkrankung anzuerkennen und in einer neu zu schaffenden Kategorie der Verhaltensabhängigkeiten einzuordnen (Holden 2010). Bis diese neue Einteilung innerhalb der Klassifikationssysteme erfolgt, können derzeit alle weiteren „Verhaltenssüchte“ (Grusser et al. 2007) und somit auch eine „Internetabhängigkeit“ nur unter dem Begriff Impulskontrollstörung, nicht näher bezeichnet (ICD-10) oder Impulskontrollstörung, nicht anderweitig spezifiziert (DSM-IV) subsumiert werden.

Für suchtartige Verhaltensweisen allgemein und das Phänomen des problematischen Internetgebrauchs im Speziellen gibt es differierende Positionen bezüglich der Einteilung in die etablierten Klassifikationssysteme.

Einige Autoren unterstützen die bisherige Einteilung als Impulskontrollstörung. Sie erwarten jedoch eine explizite Erwähnung der problematischen Internetnutzung als eigenständige Diagnose in den nächsten Versionen der Klassifikationen (Young 1999, Beard 2005). Andere Autoren fordern die Erstellung einer neuen Kategorie, in der substanzungebundene Abhängigkeiten oder „Verhaltenssüchte“ analog zu substanzgebundenen Abhängigkeiten dargestellt werden (Hahn, Jerusalem 2001a, Grusser et al. 2007).

Neben diesen Einteilungsversuchen hat sich eine dritte Interpretation für die Kategorisierung suchtartiger Verhaltensweisen etabliert. Hierbei werden suchtartige Verhaltensweisen nicht als eigenständige Krankheiten, sondern als Symptome von bereits bestehenden psychischen Störungen angesehen (Griffiths 1999, Shaffer, Hall & Vander Bilt 2000, Kratzer, Hegerl 2008, te Wildt et al. 2007, Grohol 2005, Seemann 2000). Bislang hat sich keine der drei bestehenden Strömungen abschließend durchsetzen und eine Änderung der offiziellen Klassifikationssysteme in ihrem Sinne erreichen können. Im DSM-V wird Internetabhängigkeit aber nach derzeitigem Stand zumindest im Anhang an die neue Kategorie der Verhaltensabhängigkeiten erwähnt werden, um bei weiteren Erkenntnissen bezüglich der Ätiologie auch als vollwertiges Krankheitsbild anerkannt werden zu können (Holden 2010).

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1.2.3 Kriterien der Internetabhängigkeit

Die verschiedenen Grundpositionen bezüglich der Einteilung suchtartiger Verhaltensweisen findet man zum Teil auch beim Vergleich der bisherigen Klassifizierungsversuche für Internetabhängigkeit wieder. So orientierte sich der erste, damals parodistisch gemeinte Versuch der Beschreibung des Phänomens von Goldberg an den Kriterien für pathologisches Glücksspiel nach DSM-IV (Eichenberg, Ott 1999, Saß, Wittchen & Zaudig 1996). Auch die ersten ernst gemeinten diagnostischen Kriterien für eine „Internet addiction disorder“ von Young (Tab.1.2.5) sind an diese Kriterien für pathologisches Glücksspiel angelehnt (Young 1996, Young 1999).

Tabelle 1.2.5: Kriterien für Internetabhängigkeit nach Young (Young 1999)

1. Ständige gedankliche Beschäftigung mit dem Internet (Gedanken an vorherige Online-Aktivitäten oder Antizipation zukünftiger Online-Aktivitäten).

2. Zwangsläufige Ausdehnung der im Internet verbrachten Zeiträume, um noch eine Befriedigung zu erlangen.

3. Erfolglose Versuche, den Internetgebrauch zu kontrollieren, einzuschränken oder zu stoppen.

4. Ruhelosigkeit, Launenhaftigkeit, Depressivität oder Reizbarkeit, wenn versucht wird, den Internetgebrauch zu reduzieren oder zu stoppen.

5. Längere Aufenthaltszeiten im Internet als ursprünglich intendiert.

6. Aufs Spiel Setzen oder Riskieren einer engen Beziehung, einer Arbeitsstelle oder eines beruflichen Angebots wegen des Internets.

7. Belügen von Familienmitgliedern, Therapeuten oder anderen, um das Ausmaß der Verstrickung mit dem Internet zu verbergen.

8. Internetgebrauch als ein Weg, Problemen auszuweichen oder dysphorische Stimmungen zu erleichtern (wie Gefühle von Hilflosigkeit, Schuld, Angst, Depression).

Die Diagnose „Internetsucht“ gilt als bestätigt, wenn mindestens fünf der acht Kriterien erfüllt werden. Diese Aufstellung wird, teilweise mit kleinen Modifikationen, bei einer Reihe weiterer Autoren genutzt (te Wildt et al. 2007, Leung 2004). Beard und Wolf veröffentlichten 2001 eine Modifikation der Bewertung (Beard, Wolf 2001). Sie schlugen vor, dass um die Diagnose Internetabhängigkeit stellen zu können, die Kriterien 1- 5 alle und eins der Kriterien 6-8 erfüllt sein müssen. Da aber bis heute keine einheitlichen diagnostischen Kriterien bestehen, nutzen viele Autoren selbstentwickelte, nicht standardisierte Instrumente zur Beschreibung des Phänomens in ihren Studien (Brenner 1997, Griffiths 1999, Scherer 1997, Chou, Condron

& Belland 2005, Morahan-Martin 2005). 1999 entschlossen sich Hahn und Jerusalem, einen ersten standardisierten, reliablen und validen Fragebogen in deutscher Sprache zu entwickeln (Hahn, Jerusalem 2001b). Nach Betrachtung der Literatur zum Thema „Internetsucht“ fanden sie fünf abstrakte Kriterien, die sich in allen bis dato veröffentlichten Instrumenten wiederfinden (Tab.1.2.6).

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Tabelle 1.2.6: Kriterien für „Internetsucht“ nach Hahn und Jerusalem (Hahn, Jerusalem 2001b)

1. Es wird über längere Zeitspannen der größte Teil des Tageszeitbudgets zur Internetnutzung verausgabt (hierzu zählen auch verhaltensverwandte Aktivitäten wie beispielsweise Optimierungsarbeiten am Computer)

(Einengung des Verhaltensraums).

2. Die Person hat die Kontrolle über ihre Internetnutzung weitgehend verloren bzw. Versuche, das Nutzungsausmaß zu reduzieren oder die Nutzung zu unterbrechen, sind erfolglos geblieben oder erst gar nicht unternommen worden (obwohl das Bewusstsein für dadurch verursachte persönliche oder soziale Probleme vorhanden ist) (Kontrollverlust).

3. Im zeitlichen Verlauf ist eine Toleranzentwicklung zu beobachten, das heißt die „Verhaltensdosis“ zur Erreichung der angezielten positiven Stimmungslage musste gesteigert werden.

4. Es treten Entzugserscheinungen als Beeinträchtigung psychischer Befindlichkeit (Unruhe, Nervosität, Unzufriedenheit, Gereiztheit, Aggressivität) und psychisches Verlangen („craving“) nach der Internetnutzung als Folge zeitweiliger, längerer Unterbrechung der Internetnutzung auf.

5. Wegen der Internetaktivitäten sind negative soziale Konsequenzen in den Bereichen Arbeit und Leistung sowie soziale Beziehungen (zum Beispiel Ärger mit Freunden oder Arbeitgeber) eingetreten.

Diese Kriterien sollen als normativ-deskriptive Merkmale verstanden werden und beschreiben bewusst nicht die Ätiologie des Phänomens. Hahn und Jerusalem fordern, das Phänomen nicht als Störung der Impulskontrolle nach ICD-10 oder DSM-IV zu sehen. „Internetsucht“ sei als eine moderne Verhaltensstörung und eskalierte Normalverhaltensweise im Sinne eines exzessiven und auf ein Medium ausgerichtetes Extremverhalten zu verstehen (Hahn, Jerusalem 2001b). Klassifikatorisch könnte

„Internetsucht“ als eine spezifische Form technologischer Abhängigkeit angesehen werden, die eine Unterkategorie verhaltensbezogener, stoffungebundener Abhängigkeiten darstellt (Marks 1990).

Die beiden Definitionen der Internetabhängigkeit von Young und Beard (Beard, Wolf 2001) sowie von Hahn und Jerusalem (Hahn, Jerusalem 2001b) werden der vorliegenden Arbeit zu Grunde gelegt. Sie werden für die Beschreibung der Symptomatik und die Kategorisierung der Betroffenen verwendet.

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1.3 Ätiopathogenese der Internetabhängigkeit

Die Frage nach der Ätiologie der Internetabhängigkeit ist bislang noch nicht hinreichend beantwortet. Aber angesichts der schnellen und ubiquitären Verfügbarkeit der neuen digitalen Medien scheint sich eine für Medien neuartige Dimension der Beziehung zu ihrem Konsumenten auszubilden, die eine Abhängigkeitsentwicklung befördern kann (te Wildt 2004). Die verstärkte Anziehungskraft im Vergleich zu herkömmlichen medialen Formaten beruht im Wesentlichen auf drei Eigenschaften. Die für das Internet charakteristischen Wechselwirkungen zwischen Medium und Benutzer und die immer größer werdende Realitätsnähe führen zu einem gesteigertem Erleben (erhöhte Intensität). Gleichzeitig wird durch die Einführung einer Beziehungsebene und dem Gefühl der Kontrolle über das virtuelle Geschehen erhöhte Interaktivität erzielt. Durch die gesteigerte Beanspruchung der Wahrnehmungsorgane wird eine Ausblendung von störenden Außenreizen erreicht, dies wird als erhöhte Immersion bezeichnet (Heim 1998).

Neben diesen abhängigkeitsfördernden Eigenschaften der neuen Medien wird aber auch der Frage nachgegangen, welche Einflüsse auf Seiten der Nutzer exzessives Medienverhalten begünstigen und aufrecht erhalten. Es gibt Ansätze, das Phänomen mit Hilfe eines biopsychosozialen Modells der Abhängigkeit zu erklären (Beard 2005). In diesem Modell werden biochemische, genetische, psychologische, soziale und gesellschaftliche Einflussgrößen integriert. Im Folgenden soll auf einige dieser Aspekte genauer eingegangen werden.

1.3.1 Neurobiologische Aspekte der Abhängigkeit

Einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Abhängigkeitsentstehung liefern neurobiologische Erklärungsversuche. Hierbei werden pharmakologische Metabolisation, biochemische Signalwege und genetische Veranlagungen hinsichtlich ihrer Relevanz für das Störungsbild untersucht. In diesem Fall soll dies für die substanzgebundenen Abhängigkeiten am Beispiel des Alkohols dargestellt werden.

Auf der Suche nach Prädiktoren einer späteren Alkoholabhängigkeit erscheint vor allem das Ausmaß akuter zentraler Auswirkungen des Alkoholkonsums als entscheidender Faktor. Je geringer die akuten Auswirkungen des Alkoholkonsums, wie beispielsweise sedierende Effekte und Ataxie, ausfallen, desto höher liegt das Risiko für eine Abhängigkeitsentwicklung (Schäfer, Heinz 2005). Diese erhöhte Alkoholtoleranz könnte Folge einer Unterfunktion der serotonergen Neurotransmission sein. Dadurch wird auf sedierende (GABAerge; Gamma-Aminobuttersäure) Wirkungen des Alkohols vermindert reagiert (Mann, Heinz 2001). Bei Menschen mit einer genetisch bedingten Verlangsamung der Alkoholmetabolisation und einem damit einhergehenden Anstieg der Konzentration des toxischen Metaboliten Acetaldehyd treten hingegen die unangenehmen Wirkungen des Alkoholkonsums in den Vordergrund und bewahren die Betroffenen vor einer Alkoholabhängigkeit. Die entsprechenden Genotypen,

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Varianten der Alkoholdehydrogenase (ADH) und der Aldehyddehydrogenase (ALDH) finden sich beispielsweise häufiger bei Asiaten und könnten somit helfen geographische Unterschiede in Trinkmustern und Abhängigkeitsraten zu erklären (Reich et al. 1998).

Alkohol vermittelt über GABAerge Rezeptoren eine sedierende Wirkung. Bei dauerhafter Aktivierung durch ständige Alkoholzufuhr kommt es zu einer Herunterregulation („down-regulation“) der GABA-A- Rezeptoren, um die sedierende Wirkung zu vermindern. Zudem hemmt Alkohol den glutamatergen NMDA- Rezeptor (N-Methyl-D-Aspartat). Glutamat ist ein wichtiger exzitatorischer Neurotransmitter. Bei chronischem Alkoholkonsum kommt es zu einer Hochregulation („up-regulation“) der NMDA-Rezeptoren.

Durch diese Autoregulation zeigen Alkoholabhängige trotz hoher Blutalkoholspiegel häufig nur ein geringes Maß an Sedierung und Intoxikation (Schäfer, Heinz 2005).

Diese Anpassung ergibt allerdings auch eine erhöhte Empfindlichkeit gegen eine Unterbrechung der Alkoholzufuhr. Im akuten Entzug trifft somit der exzitatorische Transmitter Glutamat auf eine erhöhte Zahl von Rezeptoren, wohingegen der inhibierende Transmitter GABA auf eine verminderte Rezeptoranzahl trifft.

Als Folge kann es aufgrund einer massiven Übererregung des Gehirns zu Krampfanfällen und anderen zentralen Entzugssymptomen, wie Agitation, Halluzinationen und Schlafstörungen kommen (Mann, Heinz 2001).

Alkohol beeinflusst nicht nur die Wirkung inhibitorischer und exzitatorischer Botenstoffe wie GABA und Glutamat, sondern auch die Ausschüttung von Katecholaminen wie Dopamin, Serotonin und Noradrenalin sowie ihre Interaktion mit dem Neurotransmitter Acetylcholin (Mann, Heinz 2001). Das so genannte dopaminerge System ist ein entwicklungsgeschichtlich altes System und wird durch überlebensnotwendiges Verhalten des alltäglichen Lebens, wie beispielsweise Nahrungsaufnahme oder Sexualität aktiviert (Grusser et al. 2007). Alkohol stimuliert ebenfalls die Dopaminfreisetzung im Nucleus accumbens, dem ventralen Anteil des Striatums (Bäwert, Fischer 2005, Everitt, Dickinson & Robbins 2001). Die alkoholinduzierte Dopaminausschüttung könnte demnach eine wesentliche Rolle in der Entstehung des Alkoholverlangens („Cravings“) spielen (Mann, Heinz 2001).

Zudem aktiviert Alkohol auch das endogene Opiat-System. So scheinen insbesondere die angenehmen Gefühle bei Alkoholkonsum über Opiatrezeptoren vermittelt zu werden. Bei einer Blockade der µ-Opiat- rezeptoren mittels Naltrexon, stellt sich ein Wohlbefinden nicht mehr ein (Volpicelli et al. 1995).

Über die neurobiologischen Korrelate von stoffungebundenen Abhängigkeiten ist bisher wenig bekannt, da sich die Forschung momentan hauptsächlich auf die Beschreibung des klinischen Bildes konzentriert. In Bezug auf Internet- und Computernutzung führen vermeintlich besonders die verstärkte sinnesphysiologische Ansprache und die interaktive Beteiligung über Tastatur, Maus und Joystick zu einer

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erhöhten gesamtphysiologischen Stimulation und damit auch zu einer Stimulation des endogenen Belohnungssystems (te Wildt 2004). Bei unkontrolliertem Konsum wirken die dabei entstehenden neurochemischen Veränderungen ebenfalls potentiell verhaltensprägend (Greenfield 1999).

Grüsser sieht außerdem eine mögliche Gemeinsamkeit zwischen abhängigem Verhalten und Substanzabhängigkeit in den genetischen Voraussetzungen der Betroffenen. Polymorphismen des Dopamin- D2-Rezeptor-Gens, des Monoaminooxidase-A-Gens und des Serotonintransportergens könnten an der Abhängigkeitsentstehung mitwirken (Grusser et al. 2007). Auch Beard beschreibt die Möglichkeit, dass bestimmte genetische Voraussetzungen und insuffiziente Spiegel von Hormonen wie Serotonin oder Dopamin zur Entwicklung einer Internetabhängigkeit beitragen könnten (Beard 2005).

Ein zentrales Merkmal substanzgebundener Abhängigkeiten ist die Toleranzentwicklung. Sie kann sowohl mit der verstärkten Verstoffwechselung der Substanz (metabolische Toleranz) als auch mit der Herauf- oder Herunterregulierung von Rezeptoren im Gehirn (funktionelle Toleranz) erklärt werden (Kiefer, Mann 2007).

Bei substanzungebundenen Abhängigkeiten wäre hingegen, wenn überhaupt, nur von einer funktionellen Toleranz auszugehen, da ja kein metabolisierbares Agens in den Körper aufgenommen wird. Dennoch wird sowohl bei substanzgebundener, als auch bei substanzungebundener Abhängigkeit eine Toleranzentwicklung mit entsprechender Dosissteigerung beobachtet (Grusser et al. 2007).

Es ist offensichtlich, dass die direkten Wirkungen, die sich im Gehirn nach Konsum einer psychotropen Substanz zeigen, durch abhängige Verhaltensweisen nicht erzielt werden können. Dennoch gibt es einige Anhaltspunkte dafür, dass substanzungebundene Abhängigkeiten neurobiologische Vorgänge im Gehirn langfristig auf eine ähnliche Art verändern, wie es psychotrope Substanzen tun.

1.3.2 Psychologische Aspekte der Abhängigkeit

Neben den erwähnten neurobiologischen Faktoren muss davon ausgegangen werden, dass Lernprozesse entscheidend zu der Entstehung und Aufrechterhaltung von süchtigem Verhalten beitragen.

Dabei spielen neben dem Lernen am Modell besonders die klassische und operante Konditionierung eine Rolle (Grusser et al. 2007, Beard 2005). Angenehme Effekte der Internetnutzung wirken demnach positiv verstärkend, wohingegen unangenehme Situationen in der realen Welt zusehends gemieden oder mit einer Flucht in die virtuelle Welt beantwortet werden. Dieses Verhalten wirkt dann im Sinne einer negativen Verstärkung. Diese Verstärkungsvorgänge tragen dazu bei, dass die Verhaltenssequenzen wiederholt werden.

Die Verankerung der Reizpräsentation im mesolimbischen Dopaminsystem führt zur Bildung eines so genannten impliziten Gedächtnisses, das der bewussten Verarbeitung nicht zugänglich ist. Dies könnte das neurobiologische Korrelat des „Suchtgedächtnisses“ sein, das auch nach jahrelanger Abstinenz bei

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einmaliger Exposition des Suchtmittels beziehungsweise assoziierter Stimuli zum überwältigenden Verlangen führt, das süchtige Verhalten zu wiederholen (Kiefer, Mann 2007, Grusser et al. 2007). Dies gilt gleichermaßen für stoffgebundene und stoffungebundene Abhängigkeiten.

Das lerntheoretische Modell wird mit tiefenpsychologischen Modellvorstellungen zur Genese von Abhängigkeit ergänzt. Es lassen sich verschiedene Erklärungsansätze finden, wie beispielsweise die psychoanalytische Betrachtungsweise, in der triebpsychologische, narzissmustheoretische, ich- psychologische und objektbeziehungstheoretische Konzepte unterteilt werden können (Subkowski 2000).

Diese beziehen sich zwar zum Großteil auf substanzgebundene Abhängigkeiten. Jedoch formulierte Fenichel schon 1945: „Ursprung und Wesen der Sucht werden also nicht durch die chemische Wirkung der Rauschmittel bestimmt, sondern durch die seelische (Fenichel 1983).“

Triebtheoretische Modelle sehen Abhängigkeit als Ersatz für sexuelle Spannungsabfuhr (Freud 1898). Sie rufe einerseits eine unmittelbare Lustempfindung hervor und mache den Menschen gleichzeitig für die Aufnahme von Unlustregungen untauglich (Freud 1930). So ermögliche oft erst Alkohol, neurotisch gehemmte libidinöse und/oder aggressive Impulse freier auszuleben (Rost 1987). Narzissmustheoretische Ansätze sehen als Ausgangspunkt das instabile Selbstgefühl des Abhängigen. Dieses werde im Rausch kompensiert, was einem kindlich-narzisstischen Zustand magischer Größe und Unversehrtheit entspricht (Rado 1934). Das erneute Versagen in der folgenden Ernüchterung entfache den Wunsch nach einem neuen Rausch. Hieraus könne sich ein Circulus vitiosus von Rauschzuständen und Selbstentwertungsgefühlen entwickeln (Subkowski 2000). Aus zeitgenössischer Ich-psychologischer Sicht dient Abhängigkeit nicht primär der gesteigerten Lustgewinnung, sondern als Versuch der Unlustvermeidung und der Selbstheilung bei einer unterschiedlich ausgeprägten Störung der Ich-Struktur (Subkowski 2000). Ausgangspunkt sei eine unzureichende Affekttoleranz, ein allumfassender schmerzlicher Uraffekt. Der Gebrauch des Suchtmittels diene der Abwehr dieser Gefühle (Krystal, Raskin 1970). Bei Abhängigkeit verbinde sich das Ich mit dem Es gegen die unerfüllbaren Ansprüche des Über-Ichs (Subkowski 2000). Als letztes soll nun noch auf die objektpsychologischen Ansätze eingegangen werden. Demnach finde der Abhängige in seinem Suchtmittel einen Ersatz für ein menschliches Liebesobjekt. Das unbelebte Objekt erlaube die Illusion einer unbegrenzten Befriedigung und einer maßlosen Enttäuschung, ohne jedoch von jemandem enttäuscht zu werden. Die wahre lebendige traumatische Enttäuschung bleibe verdrängt (Voigtel 1996).

Rost betont, dass sich diese einzelnen psychoanalytischen Modelle, die auch auf andere Formen der Abhängigkeit angewendet werden können, keineswegs gegenseitig ausschließen (Rost 1987). Sie können je nach Grad der Ich-Regression von ein und demselben Patienten in verschiedenen Phasen der Abhängigkeit durchlaufen werden (Subkowski 2000). Stoffgebundene Abhängigkeit kann demnach aus

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tiefenpsychologischer Sicht als ein missglückter neurotischer Selbstheilungsversuch interpretiert werden. Für das Phänomen Internetabhängigkeit hingegen finden sich bislang nur wenige psychoanalytische Deutungen, die eine solche Interpretation vornehmen (te Wildt et al. 2007).

Neurobiologische, lerntheoretische und tiefenpsychologische Ansätze schließen einander keinesfalls aus, sondern ergänzen sich. Während neurobiologische Aspekte die somatischen Korrelate psychischer Vorgänge darstellen, beschreibt die Lerntheorie in diesem Zusammenhang eher die psychologische Funktionsebene und die Tiefenpsychologie eher die psychologische Bedeutungsebene.

1.3.3 Soziokulturelle Aspekte der Abhängigkeit

Neben den neurobiologischen und psychologischen Aspekten spielt das soziokulturelle Umfeld eine Rolle bei der Entwicklung von Abhängigkeitserkrankungen. Nach Faktoren, die eine stoffgebundene Abhängigkeit bedingen, wird seit langem geforscht. Zu stoffungebundenen Abhängigkeiten im Allgemeinen und zu Internetabhängigkeit im Speziellen ist hingegen weit weniger bekannt.

Auf gesellschaftlicher Ebene sind hauptsächlich zwei Aspekte von Bedeutung. Zum einen ist die finanzielle und strukturelle Situation in Deutschland bei der Entwicklung des Mediennutzungsverhaltens von Bedeutung. Der gute infrastrukturelle Ausbau der Kommunikationsnetze und die moderaten Kosten für Hardware und Internetanschlüsse ermöglichen es großen Teilen der Bevölkerung am Internet zu partizipieren. Zum anderen spielt die Einstellung der Gesellschaft gegenüber dem Internet eine Rolle. In einer medienpermissiven Gesellschaft kann es leichter zu Abhängigkeitsentwicklungen kommen als in einer dahingehend restriktiven Gesellschaft. In Bezug auf das Internet schreibt Eidenbenz, „dass das Netz in unserer Gesellschaft mit Eigenschaften wie modern, interessant, gewinnbringend und erfolgversprechend verknüpft ist. Kaum eine andere Sucht, außer vielleicht die Arbeitssucht, hatte einen derart günstigen Nährboden, um sich unauffällig auszubreiten (Eidenbenz 2001).“ Neben dem positiven Bild der Internetnutzung kann auch die häufig unabdingbare Präsenz des Internetzugangs am Arbeitsplatz die Abhängigkeitsentwicklung fördern (Beard 2005). Aber nicht nur am Arbeitsplatz, sondern besonders im privaten Umfeld finden sich weitere Faktoren, die zu einer Flucht in die Virtualität führen können. Dabei können insbesondere familiäre Konflikte und Vorwürfe von Angehörigen eine Rolle spielen. Nicht zuletzt spielt, insbesondere bei Heranwachsenden, die Peer-Group eine Rolle. So ist es vorstellbar, dass Jugendliche ein bestimmtes Online-Spiel nur deshalb beginnen, um nicht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden (Petersen 2008). Auch die Teilnahme an bestimmten sozialen Netzwerken im Internet ist unter Jugendlichen geradezu unabdingbar, um nicht als sozial isolierter Einzelgänger zu gelten. Die Abhängigen fühlen sich als Folge häufig von ihren Mitmenschen missverstanden und tauchen immer tiefer in die virtuelle Welt ein. So entsteht eine immer weitere Entfernung vom ursprünglichen sozialen Umfeld (Farke 2003).

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Neben diesen theoretischen Erklärungsansätzen gibt es noch eine Reihe weiterer Beobachtungen, die prädisponierende Faktoren für die Entstehung einer Abhängigkeitserkrankung beschreiben und ergänzend zum Verständnis beitragen können.

Es scheint sowohl für Internetabhängigkeit als auch für Alkoholabhängigkeit bestimmte persönliche Voraussetzungen und Lebensumstände zu geben, die die Entwicklung der Problematik begünstigen. So erwiesen sich niedriges Alter und männliches Geschlecht als Merkmale, die bei der überwiegenden Mehrheit der Internetabhängigen vorliegen (Hahn, Jerusalem 2001a, Chou, Condron & Belland 2005). Teilweise zeigte sich jedoch auch, dass es sich bei älteren Internetabhängigen eher um Betroffene weiblichen Geschlechts handelte (Hahn, Jerusalem 2001b). Beim pathologischen Glücksspiel ist der Großteil der Betroffenen (Geldautomatenspieler) ebenfalls männlich und im jungen Erwachsenenalter. Ältere Spieler findet man hingegen unter den deutlich seltener vorkommenden Casinospielern. Aber auch diese Gruppe besteht hauptsächlich aus Männern (Petry 1998). Alkohol ist in allen Altersgruppen und Gesellschaftsschichten präsent. Aber besonders der Konsum unter Heranwachsenden hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Der Großteil der Abhängigen ist jedoch zwischen 40 und 65 Jahre alt (Nowack 2002). Betrachtet man die Geschlechtsverteilung von Alkoholabhängigen, so zeigt sich, dass es mehr männliche Betroffene gibt (Küfner, Kraus 2002).

Soziale Aspekte nehmen bei der Entstehung von alkoholbedingten Erkrankungen ebenfalls eine wichtige Rolle ein. So sind Arbeitslosigkeit und Wohnungslosigkeit anerkannte Risikofaktoren für die Entstehung und Aufrechterhaltung einer Alkoholabhängigkeit (Nowack 2002).

Zur Beschreibung der Ätiologie des Phänomens Internetabhängigkeit existieren eine Reihe von Erklärungsansätzen. Sie orientieren sich größtenteils an Modellvorstellungen, die ursprünglich für substanzgebundene Abhängigkeiten entwickelt wurden. Es bedarf noch genauerer Untersuchungen, inwieweit diese Ansätze übernommen werden können oder ob eine gänzlich andere Herangehensweise bei der Interpretation der Ätiologie des Phänomens Internetabhängigkeit von Nöten ist.

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1.4 Epidemiologie der Alkohol- und Internetabhängigkeit

Um die Prävalenz und die gesellschaftliche Bedeutung des Phänomens Internetabhängigkeit einschätzen zu können, soll als Vergleich die Alkoholabhängigkeit betrachtet werden.

Alkoholische Getränke werden zwar schon seit der Antike von den Menschen hergestellt und konsumiert.

Und auch über die Jahrhunderte hinweg war immer wieder von „Trunkenbolden“ und „Sauferei“ die Rede (Schott 2001). Dennoch galt Alkohol bis in das 19. Jahrhundert hauptsächlich als Nahrungs- und Stärkungsmittel. Mit den damals bekannten Gärungsprozessen konnten noch keine hochprozentigen Getränke hergestellt werden, die eine Alkoholkrankheit nach unserem heutigen Bild zu einem Massenphänomen hätten machen können. Außerdem stellten alkoholische Getränke eine wichtige Energiequelle dar, die mit ihren sedierenden Nebeneffekten über die harten Lebensbedingungen in diesen Zeiten hinwegtröstete. Erst durch die Erfindung der Destillation durch die mittelalterliche Alchemie der Araber war die Erzeugung hochprozentiger Getränke möglich. Dies markiert den Beginn des neuzeitlichen

„Alkoholismus“ (Schott 2001). Weite Verbreitung erlangte die „neue Krankheit“ dann mit der zunehmenden Industrialisierung. Die Möglichkeit, an jedem beliebigen Ort jede beliebige Menge an Alkohol zu einem geringen Preis zur Verfügung zu haben und sich in einem durch Technisierung immer schnelllebigeren Alltag zurechtfinden zu müssen, ließ die vorher bestehenden protektiven Trinkrituale mehr und mehr in den Hintergrund rücken und instrumentalisierte den Alkohol somit teilweise zur Selbstmedikation (Klein 2001).

Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Begriffe wie „Trunksucht“ und „chronischer Alkoholismus“ geprägt.

Seitdem hat sich der Alkoholkonsum in unserer Gesellschaft immer weiter verbreitet. So stieg der Alkoholverbrauch in Deutschland je Einwohner an reinem Alkohol von 3,2 Liter pro Jahr in 1950 auf bis zu 13 Liter in 1980. Seitdem sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch an reinem Alkohol wieder leicht. 1999 waren es noch 10,6 Liter (Küfner, Kraus 2002). 2006 lag der Konsum noch bei 10,1 Liter je Einwohner (Meyer 2007).

Bei bis zu 9,3 Millionen Menschen in Deutschland besteht Beratungs- und Behandlungsbedarf bezüglich ihres Alkoholkonsums. Denn circa 3 % der erwachsenen Bevölkerung (5 % Männer und 2 % Frauen) sind nach Kiefer als alkoholabhängig einzustufen (Kiefer, Mann 2007). Er geht von ca. 1,6 Millionen Abhängigen aus. Weitere 5 Millionen betrieben „riskanten Konsum“. Außerdem sei der Konsum von weiteren 2,7 Millionen Menschen als „schädlicher Gebrauch“ einzustufen (Kiefer, Mann 2007). Klein berichtet, dass 4,9

% der Männer und 1,1 % der Frauen in Deutschland als alkoholabhängig gelten (Klein 2001). Weitere 8,1 % der Männer und 1,9 % der Frauen betrieben Alkoholmissbrauch. Insgesamt schätzt er die Zahl der Behandlungsbedürftigen auf circa 2,5 Millionen Menschen in Deutschland.

Die physischen Schäden einer Alkoholkrankheit sind immens. So können fast alle Organsysteme durch chronischen Alkoholkonsum gestört oder geschädigt werden (Küfner, Kraus 2002). Als Beispiele seien hier Fettleber, Leberzirrhose, Ösophagusvarizen, Spider naevi oder diverse Karzinome, insbesondere des

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Gastrointestinaltrakts genannt. Auch der Stoffwechsel von Abhängigen kann massiv beeinträchtigt sein. Dies zeigt sich dann beispielsweise in einer makrozytären Anämie, Hyperurikämie, Hypertriglyceridämie oder Hypoglykämie. Es kann daneben aber auch zu einer Reihe von neurologischen Störungen, wie zum Beispiel Wernicke-Enzephalopathie, Korsakow-Syndrom oder Delir kommen (Renz-Polster, Krautzig & Braun 2004). Hervorzuheben ist auch die Alkoholembryopathie (fetales Alkoholsyndrom) als einer der wichtigsten und vermeidbaren Faktoren für angeborene Schäden (Missbildungen sowie körperliche und geistige Retardierungen) beim Säugling, die durch Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft entstehen kann (Küfner, Kraus 2002). Direkte körperliche Schädigungen sind bei abhängigen Verhaltensweisen wie der Internetabhängigkeit hingegen kaum zu erwarten. So finden sich hier allenfalls vegetative Dysregulationen oder Schlafstörungen (Saß, Wiegand 1990).

Die Bedeutung des Alkohols in unserer Gesellschaft wird besonders augenscheinlich, wenn man betrachtet, dass in Deutschland 2005 über 16.000 Personen an alkoholbedingten Erkrankungen starben (Rübenach 2007). Andere Schätzungen gehen sogar von über 70.000 Todesfällen pro Jahr durch kombinierten Alkohol- und Nikotinkonsum aus (Hanke, John 2003). Die volkswirtschaftlichen Kosten alkoholbezogener Krankheiten in Deutschland werden für das Jahr 2002 auf über 24 Mrd. Euro geschätzt (Meyer 2007). Für Internetabhängigkeit gibt es bislang keine Angaben zu den entstehenden volkswirtschaftlichen Schäden.

Alkohol und die aus dem Konsum resultierenden Folgen spielen schon seit mehreren hundert Jahren eine bedeutende Rolle in unserer Gesellschaft. Alkoholbedingte Störungen sind mittlerweile als Erkrankungen anerkannt und ihre Therapie wird von den Kostenträgern finanziert. Es gibt einheitliche diagnostische Kriterien (ICD-10, DSM-IV) und etablierte Behandlungsschemata. Hier wurden demnach viele der offenen Fragen, die für das Phänomen Internetabhängigkeit noch diskutiert werden müssen, schon vor längerer Zeit bearbeitet. Die Prävalenz von alkoholbedingten Störungen liegt nach aktuellen Einschätzungen deutlich über der Prävalenz von problematischem Internetgebrauch. Es entstehen immense volkswirtschaftliche Kosten.

Inwiefern das auch für den problematischen Internetkonsum zutrifft, lässt sich momentan noch nicht sagen.

Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Störungen liegt allerdings darin begründet, dass mit dem Alkohol ein wirksames Zellgift vorliegt, was erwiesenermaßen in einer großen Anzahl von Fällen zu schweren körperlichen Erkrankungen bis hin zum Tode führt. Bei der Internetabhängigkeit finden sich zwar ähnliche Verhaltensweisen, aber die daraus resultierenden Probleme sind weniger physischer denn psychischer oder sozialer Natur.

Das Medium Internet wird heute von einem stetig wachsenden Teil der Bevölkerung genutzt. Für Deutschland ist diese Entwicklung offensichtlich: Waren 1997 laut ARD – ZDF Onlinestudie nur 6,5 % der Bevölkerung ab 14 Jahren Nutzer des Internets, so hat sich der Anteil bis heute etwa verzehnfacht. 2010 waren bereits 69,4 % der Bevölkerung online. Das entspricht 49 Mio. Internet-Nutzern in Deutschland (Eimeren, Frees 2010). In den letzten Jahren beruht dieser Zuwachs hauptsächlich auf Frauen und Menschen

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über 60 Jahren. So gleicht sich die Struktur der Internetnutzer immer mehr der Bevölkerungsstruktur der Bundesrepublik Deutschland an. Aber nicht nur die Verbreitung, sondern auch die Zeit, die für das Internet investiert wird, hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. 1997 gingen die deutschen Internetnutzer an durchschnittlich 3,3 Tagen pro Woche für 71 Minuten online. 2010 hatten sich diese Werte auf 136 Minuten an 5,7 Tagen erhöht. Die mittlere Onlinezeit der deutschen Internetnutzer hat sich von 3,9 Stunden pro Woche auf 12,9 Stunden pro Woche erhöht (Eimeren, Frees 2010). Europaweit liegt der durchschnittliche Internetkonsum ebenfalls bei circa 12 Stunden pro Woche. Die Gruppe der 14- bis 24- jährigen nutzt das Internet mit durchschnittlich 14,7 Stunden pro Woche mittlerweile sogar häufiger als das Fernsehen mit 13,4 Stunden pro Woche (EIAA 2007).

Wenn man sich diese Entwicklung vor Augen hält, muss man die Daten von Studien zum Thema Internetabhängigkeit aus den letzten 15 Jahren immer in ihrem jeweiligen Kontext betrachten. Die ersten Studien, die sich mit diesem Themengebiet beschäftigten, konnten hauptsächlich Daten zu zeitlichen Aspekten der Online-Aktivitäten vorstellen. Die Schätzung einer Prävalenz des Phänomens gestaltete sich meist sehr schwierig, da die Untersuchungen entweder als Online-Fragebogen oder an zu kleinen Stichproben durchgeführt wurden. Dennoch geben auch diese Studien interessante Hinweise auf die Ausprägung dieses Phänomens.

Die durchschnittliche wöchentliche Onlinezeit der als internetabhängig eingestuften Nutzer variiert innerhalb der bekannten Studien erheblich (Tab. 1.4.1). Die wöchentlichen Online Zeiten schwanken in den bekannten Studien zwischen 19 bis 38,5 h / Woche (Brenner 1997, Kratzer, Hegerl 2008, Young 1999, Chou, Condron

& Belland 2005, Seemann 2000, Leung 2004, Hahn, Jerusalem 2001b, Black, Belsare & Schlosser 1999, Shapira et al. 2000, Yang, Tung 2007). Die meisten dieser Arbeiten sind allerdings schon einige Jahre alt.

Zudem sind sehr unterschiedliche Umfragetypen und -kollektive vertreten. Aktuellere Zahlen sind momentan nicht bekannt.

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Tabelle 1.4.1: Durchschnittliche wöchentliche Onlinezeit der internetabhängigen Nutzer verschiedener Studien

Studie Anzahl der

Teilnehmer

Wöchentliche Onlinezeit der Internetabhängigen in Stunden

Umfragetyp und -kollektiv

Young, 1996 596 38,5 Telefon- u. Onlineumfrage, Allgemeinbevölkerung

Brenner, 1997 563 19 Onlineumfrage, Allgemeinbevölkerung

Black, 1999 21 27,0 Persönliche Befragung, Allgemeinbevölkerung

Chou, 1999 910 20 Paper-and-pencil-survey, Studenten

Shapira, 2000 20 27,9 Persönliche Befragung, Allgemeinbevölkerung

Seemann, 2000 2341 20,8 Onlineumfrage, Allgemeinbevölkerung

Hahn, 2001 8266 34,6 Onlineumfrage, Allgemeinbevölkerung

Leung, 2004 699 34,8 Telefoninterview, Allgemeinbevölkerung

Yang, 2007 452 21,2 Paper-and-pencil-survey, Schüler

Kratzer, 2008 61 31,6 Persönliche Befragung, Allgemeinbevölkerung

Anhand dieser uneinheitlichen Ergebnisse lässt sich bisher keine eindeutige Einteilung vornehmen, ab welcher Konsumdauer von Internetabhängigkeit gesprochen werden kann. Zudem hat sich bei der wissenschaftlichen Betrachtung des Phänomens in den letzten Jahren gezeigt, dass anhand rein quantitativer Merkmale keine Aussage über den Schweregrad der Problematik getroffen werden kann. Allerdings zeigte sich in allen oben aufgeführten Studien, dass die Probanden mit pathologischer Internetnutzung signifikant länger online waren als die beschwerdefreien Kontrollgruppen.

Ähnlich uneinheitlich wie die Terminologie und die kritische Zeitspanne, ab der man von pathologischem Internetgebrauch sprechen kann, präsentieren sich auch die Daten bezüglich der Prävalenz des Phänomens (Tab. 1.4.2). In Youngs erster Veröffentlichung erfüllten noch fast 80 % der Studienteilnehmer ihre Kriterien für Internetabhängigkeit (Young 1998). In ihren späteren Arbeiten geht Young noch von einer Prävalenz von 20 % aus (Young 1999). In weiteren Studien findet sich eine Prävalenz für Internetabhängigkeit zwischen 3,2 % bis 30,8 % (Eichenberg, Ott 1999, Scherer 1997, Zimmerl, Panosch & Masser 1998, Morahan-Martin, Schumacher 1999, Greenfield 1999, Seemann 2000, Hahn, Jerusalem 2001b, Yang, Tung 2007, Ha et al.

2007)

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