A92 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 3⏐⏐19. Januar 2007 wollen die Länder, dass bei Ret-
tungsdiensten nicht 100 Millionen Euro, sondern weniger gespart wird.
Im Streit über die voraussicht- lichen finanziellen Mehrbelastungen der Krankenkassen in den Bundeslän- dern durch den anvisierten Gesund- heitsfonds hingegen ist man einer Einigung sehr nahe. Zusammen mit dem Bundesversicherungsamt wollen die Länder die sogenannte Konver- genzklausel überarbeiten und anwen- dungsfähig ausgestalten. Diese soll die zusätzliche finanzielle Belastung der Länder auf maximal hundert Mil- lionen Euro im Jahr beschränken.
Fest steht indes schon jetzt, dass die mit der Reform anvisierten Ein- sparungen nicht erreicht werden.
Denn neben den wohl noch zu sen- kenden Sparbeiträgen von Kliniken und Rettungsdiensten kommen noch Mehrausgaben bei den Apotheken hinzu. Den neuen Plänen der Koali- tion zufolge soll der den Apotheken auferlegte Zwangsrabatt gegenüber den Krankenkassen gesenkt werden.
Anstatt 500 Millionen Euro sollen die Apotheken jetzt nur noch 150 bis 180 Millionen Euro einsparen.
Hessen: Ablehnung signalisiert
Auch wenn Opposition und Verbän- de den neuen Kompromiss erneut als„Murks“ verurteilen, ist Gesund- heitsministerin Schmidt zuversicht- lich, dass die Reform im Bundestag und im Bundesrat verabschiedet wird. Während sich die CDU/FDP- regierten Bundesländer Niedersach- sen, Nordrhein-Westfalen und Ba- den-Württemberg sowie das rot-rote Berlin aufgrund der gegensätzlichen Haltung der Koalitionspartner im Bundesrat enthalten wollen, hat das Bundesland Hessen Ablehnung si- gnalisiert. Sollte die Gesundheitsmi- nisterin die Bedenken der Länder nicht aufnehmen, werde eine Be- handlung im Vermittlungsausschuss nötig, erklärte Hessens Sozialminis- terin Silke Lautenschläger (CDU).
Ob Schmidts Zuversicht also berech- tigt ist, bleibt abzuwarten. Schließ- lich hat bereits der erste Durchgang im Bundesrat verdeutlicht, dass das Abstimmungsverhalten der Länder manchmal ebenso schwer vorherzu- sagen ist wie das Wetter. I Timo Blöß
M
enschentrauben, die sich um überquellende, qualmende Aschenbecher versammeln, sucht man am Eingang des Evangelischen Krankenhauses Weyertal vergeb- lich. Dort, wo sonst die Raucher ihren festen Stammplatz haben, steht lediglich ein Schild: „Hier nur ausmachen – nicht rauchen. Bitte benutzen Sie die Raucherbereiche im Garten.“ Nicht nur im Gebäude der Kölner Klinik ist das Rauchen verboten, sondern auch vor der Tür.„Der Eingang ist einer der sensibels- ten Bereiche des Krankenhauses“, findet Jörg Gommersbach-Löffler vom Zentrum für Sport und Medizin des Hauses und Geschäftsführer der
„Projektgruppe Rauchfreies Kran- kenhaus“. Ärzte, Pflegekräfte und Patienten mit einer Zigarette in der Hand sind aus seiner Sicht kein Aus- hängeschild für eine Klinik.
Während die Politik darüber streitet, wie ein sinnvoller Nichtrau- cherschutz aussehen könnte, hat man im Krankenhaus Weyertal eine praktikable Lösung gefunden: Rau- chen ist grundsätzlich überall im Gebäude sowie auf dem Gelände verboten, abgesehen von ausgewie- senen Zonen, die sich im Außenbe- reich, in erster Linie im Garten, be- finden. Dort wurde ein Pavillon er- richtet; es gibt ein Raucherzimmer, das über den Garten zugängig ist.
Die Akzeptanz bei den Mitarbei- tern sei gut. „Von der Idee waren alle überzeugt, Raucher und Nichtrau- cher“, meint Gommersbach-Löffler.
Allerdings räumt er ein, habe sich die praktische Umsetzung anfangs
schwierig gestaltet, denn bis Rau- cher ihr Verhalten auch wirklich än- derten, sei es ein langer Weg. Als ausgesprochen wichtig stuft er ein, dass die Umsetzung des Nichtrau- cherschutzes konfliktfrei und im Konsens ablaufe. „Raucher in der Projektgruppe sind etwas ganz Wert- volles.“ Für das Krankenhaus wertet Gommersbach-Löffler die Maßnah- me als einen Imagegewinn.
Die Kölner Einrichtung hat weit mehr getan, als Rauchverbotsschil- der aufzuhängen. Personal und Pati- enten werden im Kampf gegen ihre Nikotinsucht unterstützt. Mitarbei- ter können kostenlos an Entwöh- nungskursen teilnehmen. In den Anamnesebögen taucht nicht nur die Frage nach Nikotinabusus auf, sondern jeder Patient wird bei Auf- nahme darauf angesprochen, ob er mit dem Rauchen aufhören möchte.
Wenn gewünscht, erhält er ein indi- viduelles Beratungsgespräch. Auch Raucherentwöhnungskurse für die Bevölkerung stehen im Weyertal auf dem Programm.
Das Krankenhaus erhielt für sein Engagement das Silber-Zertifikat des „European Network Smoke-free Hospital“. Zudem ist es Mitglied im
„Deutschen Netz Rauchfreier Kran- kenhäuser“, dem etwa 100 Einrich- tungen angehören. Die Umsetzung nichtraucherschützender Maßnah- men steht allerdings mancherorts
noch am Anfang. I
Dr. med. Birgit Hibbeler
Weitere Informationen im Internet:
www.rauchfreie-krankenhaeuser.de
@
RAUCHFREIE KRANKENHÄUSER
Aktiv gegen Qualm und Nikotinsucht
Das Evangelische Krankenhaus Weyertal
in Köln sieht sich als Vorreiter für Nicht-
raucherschutz und Gesundheitsförderung.
P O L I T I K
Foto:Birgit Hibbeler