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Über die «Wechseljahre des Mannes», ihre Ursachen und Begleiterscheinungen lässt sich mittlerweile ja schon reichlich mehr oder weniger Sub- stanzielles in Erfahrung bringen.

Medizin und Psychologie halten diverse Optionen zur Abhilfe oder zumindest für einen besseren Um- gang damit bereit, und Mann ist froh, endlich ernst genommen zu werden mit seinem Leiden an sich selbst. Denn zu lange durfte dieses Thema keines sein oder wurde als nicht überwundene «midlife crisis»

abgetan. Doch für Klarheit hat all das bis anhin nicht gesorgt – im Gegenteil: Die Verunsi- cherung wächst: Inwieweit sind nachlassende Potenz und/oder Libido sowie resultierende Mut- und Antriebs-

losigkeit lediglich zu akzeptierende Alterserscheinun- gen oder doch erste Manifestation von Gefässschäden und Vorboten herannahender kardiovaskulärer Ereig- nisse respektive von Burn-out oder Depression? Sind die vielfach als Wundermittel gepriesenen PDE-5-Hemmer tatsächlich so ungefährlich, und ist es wirklich ange - raten, einem Testosteronmangel durch Hormongabe abzuhelfen?

Erschwerend kommt hinzu, dass Männer auch in einer Zeit, in der die wirklich peinlichen Probleme in verschie- densten Formaten medial durchdekliniert werden, über ihre Erektionsschwierigkeiten noch immer kaum reden.

Vielleicht sogar noch weniger als frühere Generationen, die sich zumindest dem allgegenwärtigen Druck des Seht-her-ich-bin-auch-mit-60-noch-fit-und-sexuell- leistungsfähig (Sildenafil und Co., zur Not vom Online- Schwarzmarkt, machen’s möglich ...) noch nicht ausge- setzt sahen. Für Verwirrung und begründete Unruhe unter den vereinzelten Platzhirschen sorgen aber eben auch die Schlagzeilen aus der medizinischen Forschung.

Wie in der Wissenschaft üblich, steht auch hinsichtlich dieses zentralen männlichen Anliegens gewissermas-

sen nichts fest. Das führt, wie so oft, auch in diesem Fall dazu, dass jedwedes therapeutische Handeln in den Augen des medizinischen Laien einem Segeln zwischen Skylla und Charybdis gleichkommt.

So berichtete etwa die Fachzeitschrift «Cardio News», dass mehrere Studien auf ein erhöhtes Infarktrisiko unter Testosteronsubstitution hindeuteten (1), weshalb sich jetzt in den USA die Food and Drug Administration (FDA) dieses heissen Eisens angenommen habe:

Schliesslich fragen immer mehr Männer nach der um- strittenen Hormonbehandlung, und auch Schweizer Ärzte haben im Zeitraum von Mai 2012 bis April 2013 laut Pharmasuisse Testosteronprodukte im Wert von 6 Mio.

Franken verschrieben. Und die Autoren der in «Cardio News» zitierten Metaanalyse legen noch einen nicht un- interessanten Aspekt offen: In von Herstellerfirmen von Testosteronprodukten gesponsorten Untersuchungen ergab sich kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, unab- hängige Studien berichteten dagegen über eine um den Faktor 2 erhöhte Infarktrate. Wie eine Replik zum rech- ten Zeitpunkt wirkt demgegenüber eine aktuelle kalifor- nische Studie, derzufolge sich anhand eines niedrigen Testo steronspiegels das Risiko von Männern vorhersagen lasse, später einen plötzlichen Herztod zu erleiden (2).

Die Aufgabe für Haus- und Spezialärzte, denen sich Patienten mit Erektionsstörungen vertrauensvoll zu- wenden, ist verantwortungsvoll und nicht einfach. Lust und «Manneskraft» beruhen auf komplexen physio- wie psychologischen Vorgängen, die auch, aber wohl nur zu einem geringen Anteil mit dem Testosteronspiegel zu tun haben. Sie beliebig steuern zu können, ist in der postmodernen Anti-Aging-Ära jedoch schon fast zur Anspruchshaltung geworden. Dennoch: Die Hypothese, dass sich kardiovaskuläre Schäden zunächst in den Mikrogefässen der Schwellkörper bemerkbar machen, erscheint plausibel und bedrohlich. Wohl dem, der hier einen kompetenten Fachmann an seiner Seite weiss – einen, der in dieser Situation den Kompass richtig zu lesen vermag und nicht lediglich eine lukrative Nische besetzt, die sich im Windschatten des rasanten Sieges- zugs der blauen Pillen aufgetan hat.

Ralf Behrens

1. Einecke D: Testosteron: Herzrisiko bei Supplementierung? Cardio News 2014; 16(3): 5.

2. Narayanan K et al.: Sex hormone levels in patients with sudden cardiac arrest. Heart Rhythm 2014; DOI: 10.1016/j.hrthm.2014.08.031.

EDITORIAL

Nichts steht fest

ARS MEDICI 19 2014

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