V A R I A
A
A288 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 530. Januar 2004
Haftung in einer Sozietät
Alle Gesellschafter müssen für Altschulden einstehen.
Das vorliegende Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) be- trifft eine Rechtsanwaltsso- zietät. Zum relevanten Zeit- punkt war der Beklagte der Sozietät noch nicht als Rechts- anwalt zugelassen. Er vertrat daher die Auffassung, dass er für die Altverbindlichkeit der Sozietät nicht mit seinem Pri- vatvermögen haften müsse.
Dem hat der BGH wider- sprochen. Die persönliche Haftung aller Gesellschafter entspricht dem Wesen der Personengesellschaft, weil die- se kein eigenes, zugunsten ih- rer Gläubiger gebundenes ga- rantiertes Haftkapital besitzt.
Ein neu eingetretener Gesell- schafter erlangt dieselben Zu- griffsmöglichkeiten auf das Vermögen wie die Altgesell- schafter.Angesichts der Kom-
plementarität von Entnahme- freiheit und persönlicher Haf- tung kann dies sinnvoller- weise nur durch Einbezug der Neugesellschafter in das bestehende Haftungsregime kompensiert werden. Nicht selten wird auch die Alt- verbindlichkeit, für die der neue Gesellschafter mithaf- ten soll, exakt einem Akti- vum der Gesellschaft als Ge- genleistung zuzuordnen sein, an dem der Eintretende für sich eine Mitberechtigung re- klamiert.
Diese grundsätzliche Mit- haftung der Neugesellschaf- ter ist das Ergebnis einer Ab- wägung zwischen den legiti- men Interessen der Gläubiger und denen des neu Eingetre- tenen. Im Grundsatz gilt es auch für Gesellschaften bür- gerlichen Rechts, die von An- gehörigen freier Berufe zur gemeinsamen Berufsausübung gegründet worden sind.
Da nach bisheriger Recht- sprechung allerdings keine Haftung für Altverbindlich- keiten bestand, muss der Be- klagte aus Gründen des Ver-
trauensschutzes nicht haften.
Der Grundsatz der persönli- chen Haftung des in eine Ge- sellschaft bürgerlichen Rechts Eintretenden für Altverbind- lichkeiten ist erst auf künf- tige Beitrittsfälle anzuwen- den. (Bundesgerichtshof, Ur- teil vom 7. April 2003, Az.: II
ZR 56/02) Be
Einsichtnahme in Gutachten
PKV muss Name eines Sachverständigen offen legen.
Im Rechtsstreit ging es um die Verpflichtung einer privaten Krankenversicherung, einem Versicherten Einsicht in das nicht anonymisierte Gutach- ten ihres medizinischen Bera- ters zu gewähren. Die beklag- te Krankenversicherung hatte zuvor Rechnungen des Klä- gers über eine Behandlung bei einem Heilpraktiker nur teilweise erstattet. Dies wurde damit begründet, der medizi- nische Berater habe bestimm-
te Therapien für medizinisch nicht notwendig gehalten. Die Einsichtnahme in das Gut- achten verweigerte die Kran- kenversicherung mit dem Hinweis, dem Sachverständi- gen sei Vertraulichkeit zugesi- chert worden. Lege sie Na- men und das Gutachten offen, verliere sie ihn als Berater.
Nach Auffassung des Bun- desgerichtshofs ist jedoch ei- ne Krankenversicherung, die ein Gutachten einholt, zu des- sen Offenlegung verpflichtet.
Dass dieses Gutachten der Prüfung der Leistungspflicht diene, also internen Zwecken, ändere daran nichts. Sinn des Gutachtens sei, sich in einer Zweifelsfrage Gewissheit zu verschaffen. Dazu sei ein un- befangener und fachlich ge- eigneter Sachverständiger er- forderlich. Sonst könne das Gutachten seinen Zweck nicht erfüllen. Unter diesem Ge- sichtspunkt mache es keinen Sinn, die Identität eines Sach- verständigen geheim zu hal- ten. (Bundesgerichtshof, Ur- teil vom 11. Juni 2003, Az.: IV
ZR 418/02) Be
Rechtsreport