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Rauchfreie Krankenhäuser – rauchfreie Praxen

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Bayerisches Ärzteblatt 7-8/2007 433

Gastkommentar

Im Rahmen der Tabak- kontrollmaßnahmen wur- den in den vergangenen Jahren eine Einschrän- kung der Tabakwerbung, eine schrittweise Erhö- hung der Tabaksteu- er, das Anbringen von Warnhinweisen auf Zi- garettenschachteln und die Erschwerung des Zugriffs für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zu den Zigaretten aus den Tabakauto- maten in Deutschland verwirklicht. In Bayern wurde im Schuljahr 2006/07 ein Rauchverbot auf Schulgeländen eingeführt. Im April 2007 wurde unter Druck einer interfraktionellen Forderung vom Bundestag beschlossen, den Nichtraucherschutz auf alle öffentlichen Räu- me, inklusive Gastronomiebetriebe, auszudeh- nen. Die Gestaltung dieses erweiterten Nicht- raucherschutzes bleibt den Landesregierungen überlassen. Nun ist es zu erwarten, dass ab 1. Januar 2008 in allen Krankenhäusern und ärztlichen Praxen deutschlandweit ein absolu- tes Rauchverbot gelten wird.

In der erwachsenen Bevölkerung in Deutsch- land werden mehr als 35 Millionen Nichtrau- cher zuhause, am Arbeitsplatz, in ihrer Freizeit oder gleichzeitig an mehreren dieser Orte mit den Schadstoffen aus dem Tabakrauch belastet.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Pas- sivrauchbelastung am Arbeitsplatz am höchs- ten ist: Etwa 50 % der Männer und 35 % der Frauen sind davon betroffen (Augustin et al., 2005). In Deutschland versterben jährlich über 260 Nichtraucher an Lungenkrebs, über 2140 an einer koronaren Herzkrankheit und über 770 an einem Schlaganfall. Für Deutschland lie- gen keine aussagekräftigen Zahlen betreffend COPD-Sterblichkeit durch Passivrauchen vor.

Aktuelle Zahlen über den Anteil der rauchen- den Ärzte und der Pflegekräfte gibt es für Bay- ern nicht. In einer früheren Befragung betrug der Anteil der rauchenden Krankenhausärzte 20 %, der Pflegekräfte 40 % und der rauchen- den Patienten 24 %.

Das Rauchen der Ärzte bestärkt rauchende Patienten in ihrem Suchtverhalten. Selbstver- ständlich ist der Tabakkonsum für Ärzte eine Angelegenheit der freien persönlichen Ent- scheidung. Ihr Rauchverhalten darf Ärzte je- doch nicht daran hindern, das Rauchverbot in Krankenhäusern und Praxen strengstens einzu-

halten und ihre rauchenden Patienten in Bezug auf die kurz- und langfristigen Vorteile eines Rauchstopps hinzuweisen und auf dem Weg zur Tabakabstinenz professionell und individu- ell zu beraten. Eine Publikation aus der Schweiz über Raucherberatung in Arztpraxen zeigte leider, dass manche Kollegen diesen Spagat nicht vollbringen konnten (Etter, 2006). Rau- chende Kollegen, die professionelle Beratung in rauchfreien Praxen anbieten, wären an sich prädestiniert, Entwöhnungswilligen zu helfen, weil sie die Probleme der Raucher und deren Hindernisse zum Rauchstopp am besten nach- vollziehen können.

Für einen gesetzlichen Anspruch der Mitarbei- ter auf einen rauchfreien Arbeitsplatz im Kran- kenhaus votierten 2001 73 % der Nichtraucher und 73 % der Raucher (emnid für n-tv).

In einer Projektarbeit des Gewerbeaufsichts- amtes Oberbayern war der Nichtraucherschutz 2006 in 92 % der Plankrankenhäuser in Bay- ern umgesetzt, allerdings wurden die Vorga- ben hierzu lediglich zu 65 % überwacht. Das rauchfreie Krankenhaus hatten mehr als drei Viertel der 325 aufgesuchten Krankenhäuser zum Ziel. Betreffend „rauchfreies Kranken- haus“ musste konstatiert werden, dass eines der universitären Krankenhäuser dieses nicht als Ziel bezeichnete! Aus Brandschutzgrün- den problematisch gestaltet sich die Vorgabe, keine Raucherräume zur Verfügung zu stellen, insbesondere für Großkrankenhäuser, in denen die Überwachung von weit abliegenden Lager- und sonstigen Räumen schwierig ist. Das heißt, dass in etlichen Krankenhäusern vorerst nicht auf gekennzeichnete Raucherräume verzichtet werden kann. Raucherräume sollten jedoch nur eine vorübergehende Lösung darstellen (Ge- werbeaufsichtsamt Oberbayern, 2007).

Die öffentliche Diskussion pro Nichtraucher- schutz birgt die Gefahr, die Gesundheitsför- derung von rauchenden Mitarbeitern und rauchenden Patienten zu vernachlässigen. Ein Reviewartikel von Kröger et al. kommt unter anderem zum Ergebnis, dass eine restriktive Tabakkontrollpolitik neben den zweifelsohne positiven Effekten auf die Veränderungsmoti- vation und Reduktion des Tabakkonsums auch negative Effekte, wie opponierendes Verhalten und Frustration mit sich bringen kann. Im Ma- nual für Projektleitung „Rauchfreies Kranken- haus“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) wird die Bedeutung der Rau- cherberatung und -entwöhnung der Mitarbei-

ter und Patienten hervorgehoben. Einschlägige Publikationen aus Deutschland zeigen eindeu- tig, dass bereits wenige, kurze professionelle Beratungen entwöhnungswilliger rauchender Patienten im Krankenhaus zu Entwöhnungs- raten von bis zu 33 % (nach zwölf Monaten) führen können (Bölcskei et al., 2000; Häuser et al., 2002). Umso mehr überrascht, dass Maß- nahmen zur Raucherberatung und Tabakent- wöhnung unter 325 Plankrankenhäusern für Mitarbeiter lediglich in 20 % und für Patienten nur in 17 % der Einrichtungen angeboten wur- den (Gewerbeaufsichtsamt Oberbayern, 2007).

Zur Unterstützung in der Lösung von Problemen in Zusammenhang mit dem Nichtraucherschutz und Implementierung rauchfreier Krankenhäu- ser und Praxen stehen bayernweit agierende Institutionen zur Verfügung. Diese Institutio- nen sind unter anderem die Landeszentrale für Gesundheit e. V. (LZG), die Bayerische Akade- mie für Suchtfragen e. V. (BAS), das Institut für Therapieforschung München, das Institut für Raucherberatung und Tabakentwöhnung Bay- ern (IRT-Bayern) und die telefonische Raucher- beratung (HELPLINE-Bayern wird rauchfrei) als gemeinsames Projekt des bayerischen Staats- ministeriums für Gesundheit, Umwelt und Ver- braucherschutz und des IRT-Bayern.

Für Pflege- und andere Gesundheitsberufe werden in Bayern mehrmals jährlich zertifi- zierte eintägige Seminare in der Akademie für Pflegeberufe, Gauting, in Zusammenarbeit mit dem IRT-Bayern angeboten. Das Deutsche Netz rauchfreier Krankenhäuser (DNRK) orga- nisiert in Zusammenarbeit mit dem IRT-Bayern in Bayern und außerhalb Bayerns Seminare für Krankenhausmitarbeiter zur Weiterbildung in der Beratung entwöhnungswilliger rauchender Kollegen und Patienten. Für Krankenhäuser, die eigene Tabakentwöhnungskurse für Mitarbei- ter und Patienten durchführen wollen, werden Kursleiterseminare für das 14-tägige Programm

„Rauchfreiwerden“ des IRT-Bayern, als zertifi- zierte Maßnahme mit Fortbildungspunkten der Bayerischen Landesärztekammer angeboten.

Nützen Sie die Hilfsangebote für Krankenhäu- ser und Praxen in Bayern, um den Nichtrau- cherschutz zu implementieren und die Gesund- heitsförderung von Rauchern umzusetzen.

Universitätsdozent (Universität Budapest) Dr. Pàl Bölcskei, IRT-Bayern, Limburg- straße 16 a, 81539 München, E-Mail:

info@irt-rauchfreiwerden.de

Rauchfreie Krankenhäuser – rauchfreie Praxen

Dr. Pàl Bölcskei

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