• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Pflege braucht Eliten: Forderung nach Akademisierung der Pflegeberufe" (15.05.1992)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Pflege braucht Eliten: Forderung nach Akademisierung der Pflegeberufe" (15.05.1992)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT KURZBERICHTE

D

aß es eine Krise in den Pfle- geberufen gibt, wird kaum bezweifelt. Zu wenige Men- schen entscheiden sich, gemessen am Bedarf, für eine Ausbildung; zu we- nige arbeiten auch noch Jahre später im erlernten Beruf. Als Ursachen werden fast immer die ungünstigen Arbeitszeiten genannt, der Mangel an Kinderbetreuungsmöglichkeiten, eine zu schlechte und zu wenig diffe- renzierte Bezahlung sowie extreme Belastungen im Arbeitsalltag.

Die Verfasser der Denkschrift fügen dem Thema „Krise in den Pflegeberufen" jedoch noch zwei Fa- cetten hinzu, mit denen sie zugleich ihre Forderung nach einer Akademi- sierung der Pflegeberufe begründen:

• Frauen stünden heute viele qualifizierte Berufe offen. Folge:

„Wer seinen Berufsweg zielbewußt plant, auf Aufstiegschancen Wert legt und Führungsqualitäten besitzt, wird eine Laufbahn Kranken- und Altenpflege derzeit wenig attraktiv finden".

• Der medizinische und medi- zintechnische Fortschritt sowie Ver- änderungen im Selbstverständnis der Pflegeberufe haben das Berufsbild stark gewandelt. Dazu kommen öko- nomische und organisatorische An- forderungen. Das heißt: „Die Pflege- dienstleitungen stehen heute vor Aufgaben, für die sie nicht ausrei- chend aus- und weitergebildet sind,

für die sie aber organisatorisch die volle Verantwortung tragen."

Kliniken arbeiteten inzwischen wie Wirtschaftsunternehmen. Bei- spiel: Die frühere Oberin sei heute Anforderungen wie denen an eine Managerin ausgesetzt. Sie müsse sich nicht nur von ethischen und fachlichen Grundsätzen leiten las- sen, sondern auch von Qualitätsstan- dards und Wirtschaftlichkeitsgebo- ten. Doch diese Entwicklung betrifft den Autoren der Denkschrift zufolge

Pflegekräfte sind das Thema der Beiträge zur Gesundheitsökonomie 28 der Robert Bosch Stiftung, Stuttgart, Titel: „Pflege braucht Eliten''. Foto: Hansherbert Wutz

nicht nur die Krankenhäuser: „Sozi- alstationen, in Zukunft vielleicht zu Verbundsystemen zusammenge- schlossen, und Heime sind Dienstlei- stungsbetriebe von zumeist schon mittelständischer Größenordnung, die wie in der freien Wirtschaft von entsprechend ausgebildeten Kräften geführt werden müssen."

Logische Folge dieser Analyse:

Wer mehr und anderes können soll als bisher, der muß auch anders aus- gebildet werden. „Jeder Auszubil- dende in Handwerk, Handel und In- dustrie wird in der Berufsschule von akademisch ausgebildeten Lehrern unterrichtet. Nur für die Kranken- schwestern und -pfleger und einige andere Berufe, wie beispielsweise die medizinisch-technischen Assi- stenten und Krankengymnasten, gilt diese Regel nicht", kritisieren die Denkschrift-Verfasser. Auch die Weiterbildung in den Pflegeberufen sei reformbedürftig. Gelobt wird die Situation, wie sie in der DDR be- stand: Dort wurden Pflegedienstlei- tungen und Krankenpflegelehrer nicht in Weiterbildungskursen, son- dern in regulären Studiengängen ausgebildet.

Aus der Mängelanalyse ergeben sich die Vorstellungen für eine zu- künftige, verbesserte Gestaltung:

• Grundlage eines akademi- schen Ausbildungskonzepts für Lei- tungskräfte in der Pflege muß der Denkschrift zufolge ein betriebswirt- schaftliches Universitäts- oder Fach- hochschulstudium sein, mit den Schwerpunkten Krankenhaus- oder Gesundheitsbetriebslehre und Pfle- gewissenschaft. Dazu kämen Studi- enabschnitte oder weiterführende Studiengänge, die speziell auf die Anforderungen der Personal- und Betriebsführung ausgerichtet sind.

O Für das Universitätsstudium von Lehrkräften für die Pflegeberufe müsse die Ausbildung für das Lehr- amt im allgemeinen Schulwesen, Se- kundarstufe II, als Maßstab gelten.

• Zum Pflegestudium sollten Frauen und Männer zugelassen wer- den, die bereits drei Jahre oder län- ger in ihrem Beruf gearbeitet haben.

Da die meisten nicht über die allge- meine Hochschulreife verfügten, müßten hier besondere Zugangsvor- aussetzungen festgelegt werden.

Symposium der Robert Bosch Stiftung

Pflege braucht Eliten

Forderung nach Akademisierung der Pflegeberufe

„Elite" ist in Deutschland kein beliebter Ausdruck. Dennoch hat die Robert Bosch Stiftung Ende April in Bonn im Rahmen eines Symposiums eine Denkschrift mit dem Titel „Pflege braucht Eli- ten" vorlegt. Das Werk, in Gemeinschaftsarbeit von Vertretern der Pflegeberufe, Wissenschaftlern und Verwaltungsfachleuten erstellt, soll Betroffene und Politiker zum Nachdenken bringen:

Seine geistigen Mütter und Väter plädieren für eine Hochschul- ausbildung der Lehr- und Leitungskräfte in der Pflege. Sie beto- nen jedoch, daß allein auf diesem Weg der „Pflegenotstand"

nicht behoben werden kann. Außerdem betreffe das Ziel „Aka- demisierung der Pflegeberufe" nur einige wenige Prozent der rund 500 000 Pflegekräfte in der Bundesrepublik.

A1 -1836 (38) Dt. Ärztebl. 89, Heft 20, 15. Mai 1992

(2)

Die Unabhängigkeit des Arztes muß gewahrleistet sein

••

Ausdrücklich wird betont, daß es nicht darum gehe, ganzen Berufs- gruppen einen Hochschulabschluß abzuverlangen. Für das Spitzenma- nagement in den Krankenhäusern der alten und neuen Bundesländer reichten etwa 4 000 akademisch aus- gebildete Kräfte aus. Für Leitungs- und Managementfunktionen im obe- ren und mittleren Bereich seien rund 10 000 Stellen einzukalkulieren.

Auch den Bedarf an akademisch ausgebildeten Lehrkräften für die Krankenpflegeschulen haben die Autoren quantifiziert: In den alten Bundesländern gebe es rund 80 000 Ausbildungsplätze für Kranken- schwestern und -pfleger, Kinder- krankenschwestern und Hebammen.

Lege man EG-Richtlinien zugrunde (für 15 Schüler einen Lehrer), so be- nötige man rund 5 500 Lehrerstellen.

Um die Akademisierung der Pflege- berufe so zu realisieren, wäre ein Angebot von etwa 3 000 Studienplät- zen pro Jahr nötig.

Lob von vielen Seiten

In Bonn präsentierten Marie- Luise Müller, Pflegedirektorin der Dr. Horst-Schmidt-Kliniken in Wies- baden, sowie Prof. Dr. med. Michael Arnold, Stiftungsprofessur Gesund- heitssystemforschung in Tübingen, als Mitglieder die Vorstellungen der dreizehnköpfigen Kommission. In der anschließenden Diskussion mit den Fachbesuchern wurden fast aus- schließlich Detailfragen angespro- chen; daß eine Akademisierung der Pflegeberufe im vorgeschlagenen Rahmen sinnvoll ist, schienen sie nicht zu bezweifeln.

Dr. Regine Hildebrandt, die brandenburgische Gesundheitsmini- sterin, lobte die Denkschrift und ver- wies darauf, daß es in der DDR seit den 60er Jahren Lösungen gegeben habe, die die bessere Variante dar- stellten — „bei allen Vorbehalten".

Daß entsprechende Ausbildungs- und Studiengänge nun nicht mehr ins Konzept paßten, sei „schon herb".

Dr. Frank Ulrich Montgomery, 1. Vorsitzender des Marburger Bun- des und Vorstandsmitglied der Bun- desärztekammer, beurteilte die Denkschrift differenziert: Lösungen

für den Personalnotstand im Kran- kenhaus habe er in der Studie nicht gefunden. Das tue ihrer Qualität je- doch keinen Abbruch. Schon der Vergleich der Bundesrepublik Deutschland mit der DDR und dem Ausland im Hinblick auf die Qualifi- kation der Pflegeleitungen und -leh- rer sei beschämend. Deutlich werde auf die Diskrepanz zwischen Ausbil- dungskenntnissen und finanzieller Verantwortung der Krankenhauslei- tungen hingewiesen: „Zumindest in

Bei der Verwirklichung einer grenzüberschreitenden Partner- schaft der freien Berufe muß die be- rufliche und finanzielle Unabhängig- keit des Arztes gewährleistet sein.

Außerdem sollte eine Garantie für Monoprofessionalität (nur aktive ärztliche Mitglieder und keine ärztli- chen Kapitalgeber) gegeben werden.

Es sollte zudem jeweils diejenige Be- rufsordnung angewandt werden, die in dem Land Geltung hat, in dem die Leistung erbracht wird. Das wurde auf den ersten Sitzungen der Ar- beitsausschüsse und der Delegati- onsleiter im Ständigen Ausschuß der Ärzte der Europäischen Gemein- schaft unter portugiesischer Präsi- dentschaft in Lissabon gefordert, da im Herbst mit dem Vorschlag einer Partnerschaftsrichtlinie zu rechnen sein dürfte.

Zum erstenmal nach der Re- form der Geschäftsordnung (dazu Deutsches Ärzteblatt Heft 42/1991) tagten die folgenden Arbeitsaus- schüsse:

0- Systeme der gesundheitlichen Versorgung, der sozialen Sicherheit, der Gesundheitsökonomie und der pharmazeutischen Industrie

fi> Ausbildung, Weiterbildung

und Evaluierung

I> Ethik und Berufsregeln

I* Medizin, Prävention und Um- welt.

Sie befaßten sich auch mit einer Empfehlung der EG-Kommission zu Fragen der Arzneimittelkosten und deren Erstattung, die eine Substituti-

diesem Bereich ist der Begriff ,Lai- enspielerschar` erlaubt."

Montgomery gab aber zu beden- ken, daß eine zukünftige Akademi- sierung die im Beruf stehenden Pfle- gekräfte verfehle und auch keine Lö- sung gegen das „bum out-Syndrom"

biete. Ein weiteres Problem sei, daß zu den bestehenden Hierarchiepro- blemen in Krankenhäusern weitere kämen, wenn akademisch ausgebil- detes Pflegepersonal neben nicht- akademisches trete. Sabine Dauth

an verschiedener Arzneimittel durch den Apotheker vorsieht. Die Vertre- ter der nationalen Organisationen waren sich einig, daß dem Arzt die uneingeschränke Kompetenz erhal- ten bleiben muß und daß nur er eine Substitution erlauben darf. In den Niederlanden gibt es bereits eine ge- setzlich geregelte Substitution, je- doch ohne Rücksprache mit dem Arzt.

Der Generalsekretär der franzö- sischen Ärztekammer, Dr. Moulin, berichtete über vorläufige Schlußfol- gerungen und Empfehlungen des bei der Kommission angesiedelten Aus- schusses für ethische, soziale und rechtliche Fragen zur Genomanaly- se. Die EG-Kommission habe einen für europäische Verhältnisse stren- gen Maßstab angelegt, der den deut- schen Richtlinien nahe kommt.

Mit der Schaffung der sogenann- ten „European Boards" der Europäi- schen Vereinigung der Fachärzte (UEMS), beschäftigte sich der Aus- schuß „Ausbildung, Weiterbildung und Evaluierung". Die Delegierten befürchteten, daß Weiterbildungsin- halte und Kriterien erarbeitet wer- den könnten, die zu einer Verunsi- cherung führen könnten oder die so- gar gefährlich seien, insbesondere wenn sie von supranationalen Prü- fungen begleitet werden, wie sie die UEMS plane. Die Delegationsleiter verabschiedeten einen Antrag, in dem sie ihre Besorgnis zum Aus- druck brachten.

Renate Vonhoff-Winter/BÄK Dt. Ärztebl. 89, Heft 20, 15. Mai 1992 (41) A1-1839

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Das Bündnis für Gute Pflege fordert, das Leistungsrecht der Pflegeversicherung so weiterzuentwi- ckeln, dass die pflegebedürftigen Menschen selbstbestimmt in allen

Bei der zu erstattenden Höhe der Ausbildungsvergütung wird eine Person in Ausbildung in einer ambulanten Einrichtung auf die Stelle einer Pflegefachkraft in Höhe von 14:1 und

Die Fokussierung auf die beiden Personengruppen der Studierenden und sorgenden Angehörigen liegt darin begründet, dass einerseits die Multilokalität beider Personen- gruppen

Die nach dem Wortlaut vorausgesetzte Geschlechtsunterschiedenheit hindert eine solche Interpretation nicht, da das Fortschleppen geschlechtsspezifi- scher Anknüpfung

[r]

In der vorliegenden Untersuchung werden die Erfahrungen und Meinungen der Eltern von Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten

voneinander zeigt sich dann womöglich als beste Lösung für die weitere Entwicklung beider. Bei Empfehlungen in diese Richtung sehen wir uns verpflichtet, den Eltern, wie allen anderen

Denn abgesehen davon, dass dann auch die elterliche Nachtruhe gestört werden kann, ist es auch so, dass womöglich die Intimität und Nähe unter den Eltern darunter leidet,