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forschung

Welche Kompetenzen halten Eltern von Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und

schweren Verhaltensauffälligkeiten in der Betreuung ihres Kindes für wichtig?

Jody Sohier | Joke van der Meer | Helga Unger | Petri Embregts | Lex Hendriks | Will Bongaerts

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Welche Kompetenzen halten Eltern von Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten in der

Betreuung ihres Kindes für wichtig?

Jody Sohier, Joke van der Meer, Helga Unger, Petri Embregts, Lex Hendriks und Will Bongaerts

Nijmegen, maart 2011

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Projektdurchführung

Frau J.A.M. van der Meer MSc, Hogeschool van Arnhem en Nijmegen, lectoraat Zorg voor Mensen met een Verstandelijke Beperking/Lehrstuhl Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung.

Frau J. Sohier MSc, Hogeschool van Arnhem en Nijmegen, lectoraat Zorg voor Mensen met een Verstandelijke Beperking/Lehrstuhl Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung.

Frau Dr. H. Unger, Gesellschaft für Organisationsentwicklung und Mediengestaltung mbH.

Projektbetreuung

Frau Drs. W. Bongaerts, Hogeschool van Arnhem en Nijmegen, lectoraat Zorg voor Mensen met een Verstandelijke Beperking/Lehrstuhl Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung.

Herr Drs. W. Cranen, Projektleitung Hand in Hand II.

Frau Prof. Dr. P. Embregts, Hogeschool van Arnhem en Nijmegen, lectoraat Zorg voor Mensen met een Verstandelijke Beperking/Lehrstuhl Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung.

Herr Dr. A.H.C. Hendriks, Hogeschool van Arnhem en Nijmegen. lectoraat Zorg voor Mensen met een Verstandelijke Beperking/Lehrstuhl Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung.

Frau Drs. M. Hünewinckell, Projektbüro Hand in Hand II.

Hogeschool van Arnhem en Nijmegen

Faculteit Gezondheid, Gedrag en Maatschappij Postbus 6960, 6503 GL Nijmegen

Secretariaat lectoraat: 024 - 353 04 28 www.han.nl

Abbildung Umschlag: Roos Leijten, Atelier Matisse, Wijchen Design: Bureau Ketel, Nijmegen

Druck: Drukkerij Efficient, Nijmegen ISBN-nummer: 978-90-815518-4-7

Jeder Teil dieser Ausgabe darf ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Autors und Herausgebers mittels Druck, Fotokopie, Mikrofilm, Tonband oder in anderer Form vervielfältigt und/oder veröffentlicht werden, sofern sorgfältig auf den Autor und den Herausgeber verwiesen wird.

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vorwort

In dem vorliegenden Bericht wird die Untersuchung ‚Welche Kompetenzen halten Eltern von Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten in der Betreuung ihres Kindes für wichtig?‘ beschrieben. Die Untersuchung wurde

von Mitarbeitern des Lehrstuhls Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen durchgeführt und ist Bestandteil des

länderübergreifenden Euregioprojekts Hand in Hand II 2008 - 2010. Dieses Projekt befasst sich mit dem immer spezifischer werdenden Pflegebedarf von Menschen mit einer geistigen Behinderung und Verhaltensauffälligkeiten. Die Untersuchung gehört zu Thema 2 innerhalb des Euregioprojekts: Kompetenzentwicklung und Anforderungsprofile. Sie erforscht, welche Kompetenzen für Betreuer, die in der Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung arbeiten, wichtig sind. In dieser Teiluntersuchung wird dargelegt, was Eltern von Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten bei der Betreuung ihres Kindes für wichtig halten.

Die Untersuchung wäre ohne die Mitwirkung der Interviewpartner nicht möglich gewesen. Daher zunächst ein Wort des Dankes an alle Eltern und Angehörigen, die in den Interviews ihre Erfahrungen und Auffassungen mit uns geteilt haben. Auch den Kontaktpersonen des Euregioprojekts Hand in Hand II sowie den Kontaktpersonen der verschiedenen Pflegeanbieter wollen wir herzlich danken für ihren Beitrag bei der Anwerbung von Interviewpartnern.

Darüber hinaus möchten wir den Studentinnen Marije Matzinger, Mieke Savenije und Marieke Stevens von Herzen danken für ihre Mitwirkung an der Datensammlung im niederländischen Teil. Dank gebührt auch Noud Frielink, der uns bei der statistischen Verarbeitung aller Daten unterstützt hat.

Die Untersuchung vermittelt ein Bild davon, was Eltern in den Niederlanden und in Deutschland bei den Betreuern ihres Kindes für wesentlich erachten. Die Ergebnisse werden anhand inspirierender Aussagen von Eltern präsentiert. In diesen Aussagen heben die Eltern hervor, wie wichtig es ist, dass die Betreuer sich auf engagierte und menschenfreundliche Art und Weise auf ihren Sohn oder ihre Tochter einstellen und sie mitnehmen, ohne sie dabei zu überfordern oder zu unterfordern. Die Äußerungen der Eltern zeigen auch, dass sie vor allem gemeinsam mit den Betreuern die Pflege ihres Kindes mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten gestalten wollen. Informationsaustausch und aufrichtiger Dialog scheinen hier die Bausteine schlechthin zu sein, um dem Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten eine optimale Lebensqualität zu bieten.

Jody Sohier, Joke van der Meer, Helga Unger, Petri Embregts, Lex Hendriks, Will Bongaerts

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inhaltsangabe

1 Einleitung 7

2 Methode 13

2.1 Untersuchungsgruppe 13

2.2 Instrument 14

2.3 Verfahrensweise 15

2.4 Analyse 15

2.5 Zuverlässigkeit 16

3 Ergebnisse 19

3.1 Unterschiedliche Aussagen von Eltern (auf Codeniveau) 19

3.1.1 Anzahl der Aussagen 19

3.1.2 Anzahl der Interviews 22

3.2 In inhaltliche Kategorien eingeteilte Aussagen von Eltern 24

3.3 Anzahl der Aussagen pro Kategorie 29

3.4 Vereinzelte Aussagen von Eltern 31

4 Schlussfolgerung 33

Literaturangaben 41

Anlage A Interviewguide 43

Anlage B Codeliste mit Definitionen 47

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1 einleitung

Anlass zu dieser Untersuchung

Menschen mit einer geistigen Behinderung haben genau wie jeder andere Anspruch auf eine optimale Lebensqualität. Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung (IQ zwischen 25-40) sind hierzu rund um die Uhr von ihrer Umgebung abhängig, da sie oftmals sehr eingeschränkte kommunikative Fähigkeiten, zusätzliche (körperliche) Behinderungen und (aufgrund dessen) ständigen Bedarf an Unterstützung haben (Diagnostic and Statistic Manual of Mental Disorders IV-TR, 2000). In der Praxis bedeutet dies, dass mehrere Menschen sich einsetzen, um ihnen eine optimale Lebensqualität zu gewähren. Zunächst nehmen Eltern (und/oder Angehörige) diese Aufgabe auf sich. Aufgrund der Komplexität und Intensität der Pflege sehen Eltern sich jedoch oftmals gezwungen, ihr Kind außer Haus unterzubringen und die Pflege (zu einem erheblichen Teil) professionellen Pflegekräften zu überlassen. Ab diesem Zeitpunkt ändern sich auch die Stelle und die Rolle, die Eltern in der Pflege für ihr Kind einnehmen; Eltern und professionelle Pflegekräfte tragen dann gemeinsam die Verantwortung für die Pflege. Eine gute Zusammenarbeit zwischen ihnen ist denn auch wichtig, um sich optimal auf die Pflegebedürfnisse eines Sohnes oder einer Tochter mit einer geistigen Behinderung einstellen zu können. (Aaron Resch et al., 2010; Schwartz & Rabinovitz, 2003).

Die Art der Betrachtung von Pflegebedürftigkeit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert. In den letzten Jahren haben wir es mit einer zunehmend größeren Differenzierung von Pflegebedürfnissen zu tun, die auf die gesellschaftliche Auffassung zurückzuführen ist, dass Pflege und Unterstützung besser auf den einzelnen Menschen, auf das Individuum, abgestimmt werden müssen. Das so genannte Bürgerschaftsparadigma hat Einzug gehalten (van Gennep, 1997). In diesem Bürgerschaftsparadigma wird der geistig behinderte Mensch als Mitbürger betrachtet, der individuell abgestimmte Unterstützung benötigt, mit dem Ziel, in die Gesellschaft aufgenommen und integriert zu werden (Schuurman, 2003; Steman

& van Gennep, 2004). Die Differenzierung zwischen Pflege und Pflege nach Maß bedeutet für professionelle Pflegekräfte, dass neue Kompetenzanforderungen an sie gestellt werden.

Bei der Formulierung der erforderlichen Kompetenzen ist es wichtig, sich auf den Betreuer zu konzentrieren, aber auch den Menschen mit einer geistigen Behinderung und/oder dessen Eltern und andere Angehörige über die erneuerte Rollenauffassung von Betreuern zu befragen. Auf diese Weise wird auch eine Untersuchung über und mit Menschen mit einer geistigen Behinderung den Prinzipien des Bürgerschaftsparadigmas gerecht, wie Mitspracherecht und Selbstbestimmung (Keith & Bonham, 2005; Nota, Ferrari, Soresi &

Wehmeyer, 2007; Schalock, 2004). Da innerhalb des Bürgerschaftsparadigmas der Pflegebedarf von Menschen mit einer geistigen Behinderung bestimmt wird, stellen sie darüber hinaus eine wichtige Informationsquelle dar. In der Arbeit mit Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung sind es vor allem die Eltern und andere Angehörige, die uns Auskunft geben können.

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In dem vorliegenden Bericht befassen wir uns zunächst genauer mit der Rolle der Eltern im Pflegeprozess ihres Sohnes oder ihrer Tochter und mit ihrer Zusammenarbeit mit professionellen Pflegekräften. Anschließend beschreiben wir in Kapitel 2 die Methode der Untersuchung. In den Kapiteln 3 und 4 werden schließlich die Ergebnisse beziehungsweise die Schlussfolgerungen der Untersuchung dargestellt.

Rolle der Eltern

Die Rolle, die Eltern in der Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung erfüllen wollen, können und dürfen, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Bis mindestens Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts hatten Eltern kein Mitspracherecht bei den Entscheidungen, die für ihr Kind getroffen wurden, wenn ihr Kind aufgrund der Komplexität und Intensität der Pflege außer Haus untergebracht wurde. Sie wurden nicht oder kaum in die Pflege ihres Kindes oder in diesbezügliche Entscheidungen mit einbezogen.

Die Eltern hatten ihr Kind (so dachte man) schließlich der Pflegeeinrichtung übergeben und sollten sich auch nicht mehr um die Pflege ihres Kindes kümmern (Verstegen, 1978).

Eine erste Veränderung dieser Denkweise trat ein, als Eltern – meistens in Elternverbänden organisiert – aus Unzufriedenheit mit der Pflegesituation ihrer Kinder ihre Stimme erhoben.

Die Emanzipation der Elternverbände trug dazu bei, dass professionelle Pflegekräfte das Engagement und die Rolle der Eltern in der Pflege immer mehr anerkannten (Schuurman, 2003).

Aber auch die Entstehung des Bürgerschaftsparadigmas trug direkt und indirekt zur Anerkennung dieses Engagements bei. Nicht nur die Emanzipation des Menschen mit einer geistigen Behinderung selbst trat immer mehr in den Vordergrund, sondern auch die stellvertretende Rolle der Eltern nahm breiteren Raum ein. Die Folge hiervon ist, dass im Dialog mit sowohl der Person mit der geistigen Behinderung als auch den Eltern festgestellt wird, welcher Pflegebedarf besteht und wie dieser erfüllt werden kann (Schuurman, 2003).

Durch die sich wandelnde Rolle der Eltern ist auch eine Veränderung in den Modellen der Zusammenarbeit zwischen professionellen Pflegekräften und Eltern zu beobachten.

Case (2000) gibt einen Überblick über die Modelle, anhand welcher die Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften und Eltern stattfinden kann. Als erstes nennt er das so genannte herkömmliche ‚Expertenmodell‘; im Prinzip handelt es sich bei diesem Modell nicht um eine wirkliche Zusammenarbeit. In diesem Modell übernimmt die professionelle Pflegekraft die Rolle des Experten. Der Fokus der Pflegekraft richtet sich auf den geistig behinderten Klienten, und seinen oder ihren Eltern widmet sie wenig bis gar keine Aufmerksamkeit. Die Pflegekraft benutzt hier ihre Expertenposition, um die Kontrolle über den Pflegeprozess zu behalten. Die Rolle der Eltern ist passiv. Sie werden weder an zu treffenden Entscheidungen beteiligt noch dafür verantwortlich gemacht. Ein zweites Modell ist das so genannte

‚Transplantmodell‘, bei dem Eltern als Informationsquelle betrachtet werden. In diesem Modell werden die Eltern aktiv angeregt, sich an der Behandlung und Pflege ihres Sohnes

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oder ihrer Tochter zu beteiligen, aber die Pflegekraft behält die Kontrolle und Verantwortung in dem Entscheidungsprozess. Bei diesem Prozess bleiben der Erziehungsstil, die Normen und Werte sowie die Kultur der Eltern unberücksichtigt. Die Eltern sind gleichsam abhängig von der Pflegekraft. Ein drittes zu unterscheidendes Modell ist das ‚Konsumentenmodell‘

in dem die Eltern an dem Behandlungs- und Pflegeprozess beteiligt werden. Die Eltern treffen selbst Entscheidungen und die professionellen Pflegekräfte wissen die Expertise der Eltern zu schätzen. In diesem Modell der Zusammenarbeit tauschen Pflegekräfte und Eltern Informationen gleichwertig aus. Die Pflegekraft erteilt den Eltern Optionen und Informationen, hilft ihnen bei der Bewertung von Behandlungsmöglichkeiten und unterstützt sie darin, realistische Entscheidungen zu treffen. In diesem Modell verfügen die Eltern somit über ein größeres Maß an Kontrolle als in den zuvor skizzierten Modellen, und ihre Rolle ist von wesentlicher Bedeutung für den Pflegeprozess. Die Pflegekraft übernimmt jedoch die Endverantwortung. Ein letztes Modell ist das so genannte ‚Verhandlungsmodell‘. Darin werden die Standpunkte, Emotionen und Gefühle der Eltern ernst genommen. Die Pflegekraft ist in diesem Modell verantwortlich für die Informationsbeschaffung, die Zusammenstellung der professionellen Standpunkte und der Standpunkte sowie der Einwände der Eltern.

Die Pflegekraft erreicht dies, indem sie den Eltern zuhört und ihrer Perspektive gegenüber aufgeschlossen ist. Die Eltern spielen in diesem Modell eine vollwertige und gleichwertige Rolle innerhalb des Pflegeprozesses, in dem Entscheidungen über ihren Sohn oder ihre Tochter getroffen werden. Das Verhandlungsmodell richtet den Fokus auf die professionellen Perspektiven und Rollen, aber auch auf die Perspektive und die Rolle der Eltern (Case, 2000).

Es hebt den Aspekt der Verhandlung zwischen beiden Parteien hervor und scheint damit das am besten geeignete Modell für die Gestaltung des Bürgerschaftsparadigmas zu sein.

Zusammenarbeit zwischen professionellen Pflegekräften und Eltern

Obgleich eine gute Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften und Eltern wichtig und wünschenswert ist, gestaltet sich diese in der Praxis nicht immer so reibungslos. Eltern erwarten oftmals, dass die professionelle Pflegekraft in der Lage ist, ihnen in dem Prozess der Akzeptanz und Pflege zu helfen und sie zu unterstützen. Pflegekräfte wollen die erbetene Hilfe und Unterstützung auch gern leisten und verfügen über die entsprechenden Mittel.

In der Praxis erweist sich jedoch, dass Frustration, Verwirrung und Unzufriedenheit ein ständig wiederkehrendes Thema auf beiden Seiten ist (Murray, 2000). Eine Erklärung dafür wird unter anderem in der Tatsache gesucht, dass die Zusammenarbeit zwischen Eltern und professionellen Pflegekräften in der Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung meistens eine unfreiwillige Zusammenarbeit ist. Eltern und Pflegekräfte entscheiden sich nicht füreinander, sondern sie müssen im Interesse des Klienten mit der geistigen Behinderung wie auch immer miteinander kooperieren. Unterschiedliche Werte, Normen und kulturelle Unterschiede können in einer solchen Situation leicht zu Problemen führen (Murray, 2000).

Darüber hinaus können Eltern die Zusammenarbeit nicht einfach beenden, wenn sie nicht

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optimal verläuft, oder gar ausdehnen, wenn sie sich wunschgemäß gestaltet. Professionelle Pflegekräfte kommen und gehen, und Eltern haben nicht die Macht, bestimmte Pflegekräfte für ihren Sohn oder ihre Tochter zu behalten. Eltern sind diesbezüglich abhängig von der Verwaltung der Pflegeeinrichtung, der das Kind anvertraut ist (Murray, 2000). Schließlich ergibt sich aus der Studie von Dale (1996), dass Eltern von Menschen mit einer geistigen Behinderung selten eine Beziehung auf Augenhöhe zu Pflegekräften haben, die sich der Pflege ihres Sohnes oder ihrer Tochter widmen. Dies führt bei Eltern häufig zu einem Gefühl der Ohnmacht. Dieses Gefühl der Ohnmacht kann verschiedene Ursachen haben.

Zunächst können Eltern einen Mangel an Expertise oder Macht erfahren, Einfluss auf die getroffenen Entscheidungen zu nehmen. Zweitens können sie einen Mangel an Expertise oder Macht erfahren, aktiv an Interventionen teilzunehmen oder über die Ausführung dieser Interventionen zu verhandeln (Dale, 1996). Ferner geben Eltern an, dass sie gerade das Gefühl haben, dass ihre Kenntnis und ihre Erfahrungen mit ihrem Kind den Pflegekräften bekannt sein müssten. Die daraus resultierenden Informationen sollten dann in die Pflege ihres Sohnes oder ihrer Tochter einfließen (Case, 2000; Schwartz & Rabinovitz, 2003).

Bedürfnisse der Eltern

Die Gefühle der Frustration, Unzufriedenheit und Ohnmacht bei Eltern in der

Zusammenarbeit mit professionellen Pflegekräften zeigen die Notwendigkeit, die Bedürfnisse der Eltern in dieser Zusammenarbeit zu erkennen. Untersuchungen zeigen an erster Stelle, dass Eltern sich eine Pflegekraft wünschen, die ihnen zuhört und sie respektiert (Case, 2001;

Pollock Prezant & Marshak, 2006). An zweiter Stelle ergibt sich, dass Eltern die Erfahrung machen, von den Pflegekräften mangelhaft über die Behinderung des Kindes und über die gewählte Behandlung und/oder Pflege informiert zu werden. Eltern geben an, dass Pflegekräfte vergessen zu kontrollieren, ob Eltern sich ausreichend informiert fühlen oder ob sie mehr oder zusätzliche Informationen benötigen (Case, 2001). In diesem Zusammenhang zeigt die Untersuchung von Pollock, Prezant und Marshak (2006), dass Eltern Bedarf an Kommunikation über die Entscheidungen haben, die innerhalb des Pflegeprozesses getroffen werden. An dritter Stelle stellt sich heraus, dass Eltern oftmals selbst die Initiative ergreifen müssen, um professionelle Pflegekräfte um Rat zu fragen. Dabei geben die Eltern allerdings an, dass – wenn die Beratung erteilt wird – diese brauchbar, deutlich und leicht verständlich ist (Case, 2001). An vierter Stelle zeigt die Studie von Case (2000), dass Eltern Wert auf die Tatsache legen, dass ihr Sohn oder ihre Tochter aussieht wie jeder andere. Eltern sehen hierin eine Aufgabe für die Pflegekraft, darauf zu achten, dass die Kleidung des Kindes sauber und ordentlich aussieht, zueinander passt und sofern möglich der heutigen Mode entspricht.

Eine optimale Kommunikation und Informationserteilung gegenüber den Eltern ist nicht nur für die Eltern selbst wichtig, sondern auch für die Pflege des Kindes mit einer schweren geistigen Behinderung. Familienmitglieder, Eltern insbesondere, sind in vielen Fällen die einzigen konstanten Personen im Leben eines Menschen mit einer geistigen Behinderung.

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Sie sind diejenigen, die soziale Unterstützung, Betreuung und Pflege bieten, bevor das Kind in eine Pflegeeinrichtung für Menschen mit einer geistigen Behinderung aufgenommen wird. Hinzu kommt, dass die Eltern diese wichtige Rolle im Leben ihres Kindes immer behalten, auch wenn das Kind außer Haus untergebracht wird (Schwartz & Rabinovitz, 2003). Insbesondere in Situationen, in denen das Kind nicht oder über unzureichende Kommunikationsfähigkeiten verfügt, ist die Befragung Dritter (Eltern und/oder Angehörige) die beste Art, Informationen zu sammeln (Case, 2000; Schwartz & Rabinovitz, 2003).

Trotz der wesentlichen Rolle, die Eltern spielen, werden sie in Untersuchungen wenig befragt. Aus der Untersuchung von Schwartz en Rabinovitz (2003) ergibt sich jedoch, dass – wenn man erfahren will, was Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung wichtig finden – man am besten die Eltern danach fragt.

Kompetenzen professioneller Pflegekräfte

Die dargestellten Entwicklungen haben zu einem veränderten Bedarf im Hinblick auf die Kompetenzen von Pflegekräften in der Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung geführt. Von den in der Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung tätigen Pflegekräften wird erwartet, dass sie den Klienten unterstützen, aber auch, dass sie für die Eltern des Klienten da sind und mit ihnen zusammenarbeiten. Die professionelle Pflegekraft benötigt also eine breite Skala verschiedener Kompetenzen. Nun stellt sich die Frage, um welche Kompetenzen es sich dabei handelt.

In den Niederlanden besteht seit 2005 das ,Landelijke competentieprofiel van de beroepskrachten primair proces gehandicaptenzorg‘ (Arensberger & Liefhebber, 2005).

Hierin werden verschiedene Kompetenzgebiete benannt. Zunächst wird Sach- und

Fachkenntnis als wichtiger Aspekt für das Handeln der Pflegekraft betrachtet. Die Pflegekraft wird als Generalist beschrieben, der sich rasch Einblick in die Lebenssituation eines Klienten verschafft, eine gute Analyse von Engpässen und Möglichkeiten vornimmt und eine Situation methodisch beeinflussen kann. Außerdem ist es überaus wichtig, dass eine Pflegekraft aktiv und zugänglich Kontakt zu Klienten und dessen Nächsten (darunter auch Eltern) knüpfen, pflegen und aufrechterhalten kann. Dann werden als essentielle Fertigkeiten erachtet, sich in die Situation von Klienten hineinversetzen zu können, ihnen respektvoll zu begegnen sowie einen verantwortungsvollen Umgang mit ethischen Angelegenheiten zu pflegen (Arensberger & Liefhebber, 2005; Embregts, 2009). Die Art und Weise, wie Pflegekräfte mit dem individuellen Klienten umgehen, ist entscheidend für die Qualität der Pflege und das Erleben durch Klienten und deren Eltern und/oder Angehörige. Aus dem Blickwinkel der Pflegeethik wird jedoch mehr und mehr die Auffassung vertreten, dass die Pflege vom aufmerksamen Engagement ausgehen müsste. Professionalität wird nicht mehr lediglich mit Sach- und Fachkenntnis assoziiert, sondern auch mit Sorgfalt und Ernstnehmen des Klienten.

Der Anregung einer kritischen Grundhaltung von Pflegekräften und der Betonung eines reflexiven Verhältnisses zu ihrer Professionalität wird immer mehr Priorität eingeräumt (Embregts, 2009).

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In dem Bericht ‚Klaar voor de Toekomst‘ wird die erwünschte Haltung professioneller Pflegekräfte anhand von Kernqualitäten beschrieben, über die eine Pflegekraft verfügen muss.

Diese Kernqualitäten sind: Engagement, Empathie, Assertivität (Durchsetzungsfähigkeit), Repräsentativität und Integrität (Vlaar, van Hattum, & van Dam, 2006). Diese Fertigkeiten und Einstellungen gelten als für die Beziehung zwischen Betreuer und Klient bestimmend.

Ein guter Betreuer kombiniert professionelle Fertigkeiten und Fähigkeiten mit einer Reihe persönlicher Qualitäten. In Bezug auf die Arbeitsbeziehung werden die persönlichen Merkmale einer Pflegekraft von der Anwendung von Techniken unterschieden. Pflegekräfte, die flexibel, erfahren, aufrichtig, respektvoll, zuverlässig, sicher, interessiert, aufmerksam, freundlich, warm und offen sind, wissen eine qualitativ gute Arbeitsbeziehung zu dem Klienten aufzubauen. Um jedoch zu dieser Arbeitsbeziehung zu kommen, werden Techniken wie Exploration, Reflexion, Schaffung von Tiefgang, Unterstützung, Hervorhebung von Erfolgen, genaue Interpretation, Erleichterung von Gefühlsäußerungen, aktives Zuhören, Bestätigung, Zeigen von Verständnis und Aufmerksamkeit für Erfahrungen des Klienten benötigt. Pflegekräfte werden insbesondere geschätzt, wenn sie eine positive Einstellung haben, zuhören, den Klienten ernst nehmen, Verständnis zeigen, Aufmerksamkeit und Zeit für den Klienten aufbringen, offen und aufrichtig sind, Autorität haben, praktische Hilfe bieten und vertrauenswürdig sind. Eine kompetente Pflegekraft ist eine, die in der Lage ist, persönliche Kernqualitäten, Haltung, Kenntnisse und Fertigkeiten bei der Arbeit mit der Zielgruppe mit einer geistigen Behinderung miteinander zu kombinieren (Embregts, 2009).

Fragestellung

Um zu erforschen, welche spezifischen Kompetenzen für die Betreuung von Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten notwendig sind, wurde entschieden, dies aus der Perspektive der Eltern darzustellen. Die vorliegende Untersuchung ging von folgender Fragestellung aus:

Welche Kompetenzen bilden aus der Sicht der Eltern eine gute Grundlage für die Arbeit als Betreuer in der Pflege von Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten?

Die Untersuchung ist eine Kooperation zwischen dem Lehrstuhl Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen und dem Euregioprojekt ,Hand in Hand II‘. Dies ist eine Arbeitsgemeinschaft zwischen

niederländischen und deutschen Pflegeeinrichtungen und Behörden. Ziel dieser Untersuchung ist es, einen Beitrag zum Explizit-Machen der wichtigsten Kompetenzen zu leisten, die für die Arbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen in der Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung erforderlich sind, damit sowohl niederländische und deutsche Pflegeeinrichtungen als auch zukünftige Pflegekräfte innerhalb ihrer Berufsausbildungen adäquat geschult und gecoacht werden können.

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2 methode

2.1 Untersuchungsgruppe

In der vorliegenden Untersuchung werden die Erfahrungen und Meinungen der Eltern von Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten zusammengestellt. Die Untersuchung wurde bei Eltern1 durchgeführt, deren Sohn oder Tochter in einer niederländischen Einrichtung wohnt, die an dem Euregioprojekt ‚Hand in Hand II‘ teilnimmt, nämlich ‚Dichterbij‘. Darüber hinaus wurden in den Niederlanden zusätzlich Eltern befragt, deren Sohn oder Tochter in einer der beiden Einrichtungen wohnt, die mit dem Lehrstuhl ‚Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung‘ der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen verbunden sind, nämlich: Pluryn und ’s Heerenloo. In Deutschland wurden diese innerhalb verschiedener Pflegeeinrichtungen für Menschen mit einer geistigen Behinderung angeworben, die an dem Euregioprojekt ‚Hand in Hand II‘ teilnehmen.

Hinsichtlich der Anwerbung von Teilnehmern wurden folgende Kriterien aufgestellt:

Der Sohn / die Tochter musste 1) einen IQ < 40 haben, 2) mindestens 20 Jahre alt sein, 3) seit mindestens 5 Jahren außer Haus wohnen und 4) über einen ZZP 6 oder 7 (Behinderungsgrad mit Pflegebedarf) verfügen. Es sollten mindestens 10 niederländische und 10 deutsche Eltern befragt werden. Insgesamt fanden sich 29 Eltern von Klienten mit einer schweren geistigen Behinderung und schweren Verhaltensauffälligkeiten bereit, an der Untersuchung mitzuwirken.

Tabelle 1 Beziehung der Interviewten zu den Klienten und Hintergrunddaten zu den Klienten Niederlande Deutschland Beziehung zum Klienten

Vater 9 2

Mutter 11 7

Bruder 1 -

Schwester 5 1

Schwager 1 1

Cousin - 1

Gesetzlicher Vertreter 1 -

Hintergrundmerkmale des Klienten (n=29)

Geschlecht Mann 11 6

Frau 8 4

Alter Durchschnitt (in Jahren) 38 32

Skala (in Jahren) 12-54 22-40

Anzahl der Jahre außer Haus Durchschnitt (in Jahren) 26 6

Skala (in Jahren) 5-52 0-14

1 Unter Eltern sind die biologischen Eltern, Bruder oder Schwester, Schwager oder Schwägerin oder der gesetzliche Vertreter zu verstehen.

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In den Niederlanden fanden insgesamt 19 Interviews statt, davon 12 mit einem Elternteil oder beiden Eltern, 2 mit einem Elternteil und einer Schwester, 4 mit einem Bruder oder einer Schwester und 1 Interview mit einem gesetzlichen Vertreter. In Deutschland fanden insgesamt 10 Interviews statt, davon 8 mit einem Elternteil oder beiden Eltern, 1 mit einer Schwester, einem Schwager und einem Cousin und 1 Interview mit einem Schwager.

Während der Interviews in den Niederlanden stellte sich heraus, dass 2 der Klienten einem der zuvor aufgestellten Kriterien nicht entsprachen, da sie jünger als 20 Jahre waren. Es wurde entschieden, diese beiden Klienten dennoch in die Untersuchung mit aufzunehmen, da sie die übrigen Kriterien erfüllten und weil es sich zunächst als sehr schwierig erwies, eine ausreichende Anzahl an Interviews führen zu können. Auch in Deutschland erfüllten | 3 Klienten eines der zuvor aufgestellten Kriterien nicht. Bei zwei Klienten stellte sich heraus, dass sie für einen kürzeren Zeitraum als 5 Jahre außer Haus wohnten. Bei dem dritten Klienten zeigte sich, dass er noch bei seinen Eltern wohnte, aber täglich Tagespflege von der Pflegeeinrichtung in Anspruch nahm. Aus denselben Gründen wie oben bei der Situation in den Niederlanden wurden auch diese 3 Interviews in die Untersuchung mit aufgenommen.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die (verwandtschaftliche) Beziehung der Interviewten zu dem Klienten sowie Hintergrunddaten zu dem Klienten, aufgeteilt nach Herkunftsland.

2.2 Instrument

Es wurde entschieden, die Informationen mittels Interviews zu sammeln, weil die Eltern auf diese Weise die Möglichkeit erhielten, freiheraus zu sprechen, und die Interviewer die Möglichkeit hatten, nachzufragen und tiefer auf Informationen einzugehen. Um jedes Interview auf dieselbe Weise ablaufen zu lassen, wurde ein Interview-Guide aufgestellt (siehe Anlage A). Für die Interviews in Deutschland wurde dieser Interview-Guide von einem near native Übersetzer ins Deutsche übertragen und anschließend nochmals von einem Muttersprachler überprüft. Es wurde eine Interviewstruktur gewählt, die sowohl offen als auch semi-strukturiert war. Der offene Teil des Interviews bestand aus einer Anfangsfrage, die den Eltern gestellt wurde. Diese Anfangsfrage lautete wie folgt: ‚Können Sie ein Bild des idealen Betreuers für Ihren Sohn oder Ihre Tochter skizzieren?’ (siehe Anlage A). Mit dieser Frage bekamen die Eltern Gelegenheit, ihre Vorstellungen und Erfahrungen rundum die Betreuung ihres Kindes zu formulieren. Der Interviewer konnte die Richtung dieser Aussagen anschließend durch unterstützende Fragen steuern (siehe Anlage A).

Der semi-strukturierte Teil des Interviews bestand aus Fragen über verschiedene Kompetenzgebiete. Anhand vorab formulierter Fragen wurde bei den Eltern überprüft, was sie wichtig fanden in Bezug auf Kompetenzgebiete, über die sie in dem offenen Teil des Interviews noch nichts gesagt hatten. Die Kompetenzgebiete aus dem ,Landelijk Competentieprofiel beroepskrachten primair proces‘ (Arensberger & Liefhebber, 2005) dienten als Checkliste für diesen Teil des Interviews.

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2.3 Verfahrensweise

Die Eltern wurden in Zusammenarbeit mit dem Projektleiter des Euregioprojekts ‚Hand in Hand II‘ bei den Pflegeeinrichtungen geworben, die mit dem Euregioprojekt und dem Lehrstuhl ‚Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung‘ der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen verbunden sind. Sie erhielten ein Schreiben, in dem Anlass, Ziel und Struktur der Untersuchung dargelegt wurden. Gleichzeitig wurde darin versichert, dass die Teilnahme an der Untersuchung freiwillig wäre und die Daten anonym verarbeitet würden. Wenn Eltern erklärten, an der Untersuchung mitwirken zu wollen, nahm der Untersucher telefonischen Kontakt zu ihnen auf, um einen Interviewtermin zu vereinbaren.

Jedes Interview fand bei den Eltern zu Hause statt und wurde mit einem Voice Recorder aufgezeichnet. In den Niederlanden wurden die Interviews durch Mitarbeiter und Studenten des Lehrstuhls ‚Pflege von Menschen mit einer geistigen Behinderung‘ der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen durchgeführt. Jedes Interview in den Niederlanden wurde von 1 Mitarbeiter und 1 Studenten (der Fachrichtung Pädagogik oder SPH) durchgeführt. Ein Interviewer übernahm die inhaltliche Leitung des Interviews. Der andere Interviewer kontrollierte, ob alle Themenbereiche innerhalb der verfügbaren Zeit angesprochen wurden und stellte, falls notwendig, ergänzende Fragen. Eine weitere Aufgabe des zweiten Interviewers bestand darin, darauf zu achten, welche Themengebiete im offenen Teil des Interviews noch nicht an die Reihe gekommen waren, so dass diese hinterher im zweiten Interviewteil abgearbeitet werden konnten. In Deutschland wurden die Interviews von einem Interviewer durchgeführt. Um eventuellen Missverständnissen sprachlicher Art vorzubeugen, war dieser Interviewer ein Muttersprachler.

2.4 Analyse

Die Interviews wurden zunächst anhand zuvor aufgestellter Richtlinien transkribiert (buchstäblich ausgeschrieben). So wurden die Fragen der Interviewer fett gedruckt

wiedergegeben, alle Verzögerungslaute (ääh) weggelassen und Gesprächspausen sowie Lachen in Klammern dargestellt <Stille> oder <lacht>. Die Interviews wurden danach auf der Grundlage der Prinzipien offener, axialer und selektiver Kodierung (Strauss & Corbin, 1998) mit dem Computerprogramm Atlas.ti (Muhr, 1993) kodiert und analysiert. Die Interviewer kodierten unabhängig voneinander ein Übungsinterview: Jedem Bedeutungsfragment wurden ein oder mehrere Kodes zugewiesen. Diese Kodes wurden nicht vorab formuliert, sondern kamen während des Prozesses zustande. Nach Diskussion unter den Interviewern wurde eine erste vorläufige Version der Kodeliste erstellt (33 Kodes). Mit dieser Kodeliste wurden 3 weitere Interviews kodiert. Dabei wurden der Kodeliste 8 Kodes hinzugefügt.

Diese Kodeliste wurde mit 2 anderen Kollegen innerhalb des Lehrstuhls besprochen, um die (Intra-)Zuverlässigkeit zu bestimmen und notwendigenfalls zu erhöhen. Nach diesen gegenseitigen Beratungen stellte sich heraus, dass 4 der 41 Kodes noch nicht spezifisch oder

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richtungsweisend genug waren. Diese Kodes und Definitionen wurden dann zugespitzter formuliert. Dieses Verfahren ergab eine neue Fassung der Kodeliste mit 41 Kodes, die benutzt wurden, um die übrigen Interviews zu kodieren. Nachdem alle Interviews kodiert waren, wurde 1 Kode nachträglich aus der Kodeliste gestrichen. Dieser Kode ergab keine inhaltlichen Informationen über die Kompetenzgebiete, sondern nur Informationen über Hintergrunddaten des Klienten. Der gesamte Prozess erbrachte schließlich eine aus 40 Kodes bestehende Kodeliste. Die Formulierung der 40 einzelnen Kodes basiert also auf den Meinungen und Auffassungen der Eltern bezüglich der Frage, wie die Betreuer, die Organisationen und Einrichtungen sich den Klienten bzw. den Eltern der Klienten gegenüber verhalten sollen (siehe Anlage B).

Zugleich wurde für beiläufig durch die Eltern genannte Themen ein Kode 0 reserviert.

Dieser Kode 0 konnte für wichtige Äußerungen der Eltern verwendet werden, die nicht unter einem anderen Kode unterzubringen waren. Die endgültige Kodeliste wurde von einem zweisprachigen Übersetzer ins Deutsche übertragen und anschließend mit einem deutschen Untersucher besprochen, um sicher zu gehen, dass die richtige Terminologie benutzt wurde und die niederländischen und deutschen Untersucher die Kodes auf dieselbe Art und Weise interpretierten.

Um auf inhaltlicher Grundlage Aussagen über die Daten treffen zu können, wurden die Kodes in Kategorien unterteilt. Dafür gingen die niederländischen und deutschen Untersucher die Kodeliste gemeinsam durch und prüften, welche Kodes auf inhaltlicher Grundlage gegenseitige Übereinstimmung aufwiesen. Dieser Prozess führte zur Formulierung von 6 Kategorien, die in dem Kapitel mit den Ergebnissen näher erläutert werden.

2.5 Zuverlässigkeit

Um die Zuverlässigkeit der Untersuchung zu garantieren, wurden verschiedene Maßnahmen getroffen. Die 3 Studenten, die zur Datensammlung dieser Untersuchung beigetragen haben, absolvierten vor der Durchführung der Interviews 4 Trainings. Während dieser Trainings erlernten und übten sie Interviewtechniken und analysierten sie die Interviewdaten mit Hilfe des Computerprogramms Atlas.ti (Muhr, 1993). Außerdem fanden 2 Übungsinterviews statt. Diese Übungsinterviews hatten den Zweck, die erlernten Interviewtechniken praktisch anzuwenden und, falls notwendig, den vorab aufgestellten Interview-Guide noch anzupassen.

Der Interview-Guide (Anlage A) selbst sollte sicherstellen, dass jedes Interview auf dieselbe Art und Weise ablief. Da in dieser Untersuchung mit einem deutschen Partner gearbeitet wurde, wurde der niederländische Interview-Guide von einem near native Übersetzer ins Deutsche übertragen. Die Übersetzung wurde anschließend von einem Muttersprachler kontrolliert, um Unklarheiten oder eine falsche Interpretation der Interviewfragen zu vermeiden. Eine weitere Maßnahme bestand darin, dass bei jedem niederländischen Interview 2 Interviewer anwesend waren. Der erste Interviewer übernahm die inhaltliche Leitung des Interviews. Der zweite Interviewer kontrollierte, ob alle

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Themenbereiche angesprochen wurden und stellte, falls notwendig, ergänzende Fragen. In Deutschland wurden die Interviews von einem derart erfahrenen Interviewer durchgeführt, dass beide Rollen in einer Person vereinigt werden konnten. Um Sprachprobleme zu vermeiden, war dieser Interviewer ein Muttersprachler.

Weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit bestanden in der

Aufzeichnung der Interviews mittels Voice Recorder, in der Transkription der Interviews und in der nach gegenseitiger Beratung durchgeführten Aufstellung der Kodeliste mit richtungsweisenden und spezifischen Kodes mit den dazugehörigen Definitionen.

Die Interbeurteilungsübereinstimmung des Kodiersystems wurde in einer Reihe von Schritten berechnet. In den Niederlanden bestand der erste Schritt in der unabhängigen Kodierung eines wesentlichen Teils (5 Interviews) der verfügbaren Daten. Diese 5 Interviews wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und von 2 Untersuchern kodiert. Für diese 5 Interviews wurde ein Übereinstimmungsprozentsatz von 71,2 Prozent ermittelt. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wurden die Kodenamen und die Definitionen der Kodenamen in gegenseitiger Rücksprache zugespitzt. Zur Kontrolle dieser Zuspitzung bestand der zweite Schritt in der unabhängigen Kodierung weiterer 2 Interviews des übrig gebliebenen Datensatzes. Für diese beiden Interviews wurde ein Übereinstimmungsprozentsatz von 79,2 Prozent errechnet. Auf der Grundlage dieses Prozentsatzes wurde das Kodiersystem für die niederländische Situation als hinreichend zuverlässig betrachtet.

Die Interbeurteilungsübereinstimmung zwischen den Niederlanden und Deutschland wurde auf ähnliche Art und Weise berechnet. Der erste Schritt bestand in der Kodierung eines deutschen Interviews durch den deutschen Untersucher selbst. Anschließend kodierte der niederländische Untersucher dasselbe Interview und ging diese Kodierung mit einem Übersetzer durch. Letzterer war anwesend, um dort, wo sich Unklarheiten sprachlicher Art abzeichneten, den deutschen Text ins Niederländische zu übersetzen. Dieser Test führte zu einem Übereinstimmungsprozentsatz von 69,6 Prozent und wurde als nicht ausreichend betrachtet. Bei genauerer Analyse stellte sich heraus, dass die Untersucher bei 2 spezifischen Kodes nicht übereinstimmten. Diese Kodes wurden gemeinsam erörtert, wonach beide Untersucher das Interview erneut kodierten. Auf der Grundlage der vorgenommenen Anpassungen führte eine erneute Berechnung zu einem Übereinstimmungsprozentsatz von exakt 80 Prozent. Davon ausgehend wurde das Kodiersystem als hinreichend zuverlässig sowohl für die niederländische als auch für die deutsche Situation betrachtet.

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3 ergebnisse

In den nachstehenden Abschnitten werden die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung wiedergegeben. Im ersten Abschnitt werden die Aussagen von Eltern anhand einzelner Codes, die diesen Aussagen zugewiesen wurden, beschrieben. Im zweiten Abschnitt wird dargelegt, wie Aussagen aufgrund inhaltlicher Übereinstimmung in bestimmte Kategorien einzuteilen sind. Diese unterschiedlichen Kategorien werden anhand von Aussagen von Eltern erläutert.

Im dritten Abschnitt werden die Kategorien aufgrund der Anzahl der Aussagen, die die Eltern pro Kategorie abgegeben haben, miteinander verglichen. Der vierte Abschnitt schließt mit vereinzelten Aussagen, die Eltern zusätzlich getroffen haben.

3.1 Unterschiedliche Aussagen von Eltern (auf Codeniveau)

Wie oben bereits angegeben, werden in diesem Abschnitt die Aussagen von Eltern auf der Basis einzelner Codes, die den Aussagen zugewiesen wurden, miteinander verglichen. Im ersten Unterabschnitt werden die Aussagen aufgrund der Anzahl, wie oft jede Aussage getroffen wurde, miteinander verglichen. Im zweiten Unterabschnitt wird auf die Anzahl der Interviews, in denen die Aussagen getroffen wurden, eingegangen.

3.1.1 Anzahl der Aussagen

In den 19 niederländischen Interviews wurden insgesamt 871 Aussagen codiert, von 31 bis 66 Aussagen pro Interview schwankend, mit einer durchschnittlichen Anzahl von 50 Aussagen pro Interview. In den 10 deutschen Interviews wurden insgesamt 569 Aussagen von Eltern codiert, von 44 bis 117 Aussagen pro Interview schwankend, mit einer durchschnittlichen Anzahl von 70 Aussagen pro Interview. Tabelle 2 ist zu entnehmen, wie oft jede Aussage abgegeben wurde. Da in den Niederlanden und Deutschland unterschiedlich viele Interviews geführt wurden, sind diese absoluten Zahlen nicht eins zu eins miteinander vergleichbar.

Daher wird in Tabelle 2 auch anhand von Prozentsätzen angegeben, wie oft jede Aussage, relativ betrachtet, in beiden Ländern abgegeben wurde.

Schaut man sich die höchsten prozentualen Anteile auf der Basis der Anzahl abgegebener Aussagen an, so ist festzustellen, dass in den Niederlanden ‚Klarheit für den Klienten‘

(Code 16) relativ betrachtet am häufigsten genannt wurde (6,77%). Dann haben Eltern auch häufig Aussagen getroffen über ‚Gegenseitigen Informationsaustausch zwischen Betreuern und Eltern‘ (Code 40: 6,31%); ‚Abstimmung und Zusammenarbeit mit Kollegen‘ (Code 7:

6,08%), ‚Aktivitäten mit dem Klienten unternehmen‘ (Code 4: 5,28%) und ‚Offenheit den Eltern gegenüber / Der Betreuer bespricht wichtige Angelegenheiten mit den Eltern bzw.

informiert sie darüber‘ (Code 28: 5,05%). Für die Situation in Deutschland gilt, dass Eltern am häufigsten Aussagen über den Code ‚Aktivitäten mit dem Klienten unternehmen‘ (Code 4: 8,79%) trafen. Auch die Codes ‚Klarheit für den Klienten‘ (Code 16: 6,33%), ‚Anregen und

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Pflegen der Fertigkeiten‘ (Code 33: 6,15%), ‚Organisation ermöglicht die Betreuung‘ (Code 27: 5,80%) und ‚Aufmerksamkeit für körperliche/persönliche Pflege‘ (Code 2: 5,45%) wiesen hohe prozentuale Anteile auf. Nur die Codes ‚Klarheit für den Klienten‘ (Code 16) und

‚Aktivitäten mit dem Klienten unternehmen‘ (Code 4) wurden sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland prozentual gesehen häufig genannt. Die übrigen Codes mit hohen prozentualen Anteilen variieren für beide Länder.

Für die Gesamtheit der Niederlande und Deutschland werden die Aussagen beschrieben, die in mehr als 5 Prozent aller Aussagen von Eltern vorkommen. In Tabelle 2 sieht man, dass Eltern relativ viele Aussagen über ‚Aktivitäten mit dem Klienten unternehmen‘ (Code 4: 6,67%) machten. Darüber hinaus wurden auch relativ häufig Aussagen getroffen über

‚Klarheit für den Klienten‘ (Code 16: 6,60%), ‚Gegenseitiger Informationsaustausch zwischen Betreuern und Eltern‘ (Code 40: 5,76%) und ‚Abstimmung und Zusammenarbeit mit Kollegen‘ (Code 7: 5,69%).

Tabel 2 Absoluten und prozentualen Anteile Aussagen von Eltern in den Niederlanden und Deutchland mit den entspechenden Codes

Code Niederlande

(n=871)

Deutschland (n=569)

Insgesamt (n=1440) 01 Zuwendung und Aufmerksamkeit für den Klienten 14 (1,16) 30 (5,27) 44 (3,06) 02 Aufmerksamkeit für körperliche/persönliche Hygiene 34 (3,90) 31 (5,45) 65 (4,51) 03 Aufmerksamkeit für Umgebungshygiene 10 (1,15) 2 (0,35) 12 (0,83) 04 Aktivitäten mit dem Klienten unternehmen 46 (5,28) 50 (8,79) 96 (6,67) 05 Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten 3 (0,34) 1 (0,18) 4 (0,28) 06 Den Eltern gegenüber Vereinbarungen einhalten 16 (1,84) 1 (0,18) 17 (1,18) 07 Abstimmung und Zusammenarbeit mit Kollegen 53 (6,08) 29 (5,10) 82 (5,69)

08 Interesse Richtung Eltern 12 (1,38) 13 (2,28) 25 (1,74)

09 Budget / Finanzierung 3 (0,34) 9 (1,58) 12 (0,83)

10 Den Klienten bei Tätigkeit mit einbeziehen 4 (0,46) 11 (1,93) 15 (1,04) 11 Dem Klienten das Gefühl geben, dass man ihn versteht 13 (1,49) 4 (0,70) 17 (1,18)

12 Eigenregie des Klienten 2 (0,23) 9 (1,58) 11 (0,76)

13 Klientenorientiertes Arbeiten 26 (2,99) 21 (3,69) 47 (3,26) 14 Kommunikation auf der Ebene des Klienten 34 (3,30) 23 (4,04) 57 (3,96) 15 In einer Organisation arbeiten 28 (3,21) 5 (0,88) 33 (2,29) 16 Klarheit für den Klienten 59 (6,77) 36 (6,33) 95 (6,60) 17 Den Eltern gegenüber aufrichtig 33 (3,79) 4 (0,70) 37 (2,57) 18 Einschätzung der Gemütslage des Klienten 32 (3,67) 4 (0,70) 36 (2,50) 19 Kenntnisse des individuellen Klienten 32 (3,67) 5 (0,88) 37 (2,57)

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Code Niederlande (n=871)

Deutschland (n=569)

Insgesamt (n=1440) 20 Kenntnisse über eine spezifische Behinderung 21 (2,41) 7 (1,23) 28 (1,94)

21 Das Verhalten der Eltern kopieren 8 (0,92) - 8 (0,56)

22 Unsicherheiten/eigene Grenzen zeigen können 8 (0,92) 5 (0,88) 13 (0,90) 23 Auf Verhalten des Klienten eingehen und reagieren 6 (0,69) 8 (1,14) 14 (0,97)

24 Methodisches Arbeiten 23 (2,64) 10 (1,76) 33 (2,29)

25 Möglichkeiten des Klienten einschätzen 19 (2,18) 18 (3,16) 37 (2,57) 26 Vorurteilsfreies Beobachten 9 (1,03) 16 (2,81) 25 (1,74) 27 Organisation ermöglicht die Betreuung 36 (4,13) 33 (5,80) 69 (4,79) 28 Offenheit den Eltern gegenüber 44 (5,05) 17 (2,99) 61 (4,24) 29 Die Eltern fühlen sich willkommen 18 (2,07) 7 (1,23) 25 (1,74)

30 Anwesenheit 9 (1,03) 7 (1,23) 16 (1,11)

31 Berichterstattung 11 (1,26) 14 (2,46) 25 (1,74)

32 Schulung 20 (2,30) 10 (1,76) 30 (2,08)

33 Anregen und Pflegen der Fertigkeiten 32 (3,67) 35 (6,15) 67 (4,65)

34 Zeit 11 (1,26) 19 (3,34) 30 (2,08)

35 Heimische Atmosphäre 27 (3,10) 1 (0,18) 28 (1,95)

36 Sichere Umgebung 5 (0,57) 3 (0,53) 8 (0,56)

37 Vertrauensvolles Verhältnis den Eltern gegenüber 26 (2,99) 5 (0,88) 31 (2,15) 38 Vertrauensvolles Verhältnis dem Klienten gegenüber 16 (1,84) 15 (2,64) 31 (2,15)

39 Wohlbefinden des Klienten 13 (1,49) 23 (4,04) 36 (2,50)

40 Gegenseitiger Informationsaustausch zwischen

Betreuern und Eltern 55 (6,31) 28 (4,92) 83 (5,76)

Insgesamt 871 (100) 569 (100) 1440 (100)

In Bezug auf die niedrigsten prozentualen Anteile aufgrund der Anzahl der Aussagen fällt auf, dass in den Niederlanden der Code ‚Eigenregie des Klienten (0,23%)‘ den niedrigsten prozentualen Anteil hat. Die Eltern trafen auch relativ wenig Aussagen über ‚Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten‘ (Code 5: 0,34%), ‚Budget/Finanzierung‘ (Code 9:

0,34%), ‚Den Klienten bei Tätigkeiten mit einbeziehen‘ (Code 10: 0,46%) und ‚Sichere Umgebung‘ (Code 36: 0,57%). In Deutschland wurde Code 21 ‚Das Verhalten der Eltern kopieren‘ kein einziges Mal von den Eltern genannt. Hier ließen die Eltern sich wenig aus über

‚Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten‘ (Code 5: 0,18%), ‚Den Eltern gegenüber Vereinbarungen einhalten‘ (Code 6: 0,18%), ‚Heimische Atmosphäre‘ (Code 35: 0,18%) und

‚Aufmerksamkeit für Umgebungshygiene‘ (Code 3: 0,35%). Sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland trafen Eltern wenig Aussagen über ‚Dem Klienten gegenüber

Vereinbarungen einhalten‘. Die übrigen Codes mit niedrigen Prozentsätzen in beiden Ländern weisen keine Übereinstimmungen auf.

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Auffällig ist, dass Eltern in beiden Ländern am wenigsten Aussagen trafen über ‚Verhalten der Eltern kopieren‘ (Code 21: 0,56%). Hierzu ist jedoch anzumerken, dass dieser prozentuale Anteil nur auf den niederländischen Aussagen beruht, da es in Deutschland keine Aussagen von Eltern unter diesem Code gab. Andere Codes, die sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland wenig genannt wurden, sind ‚Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten‘ (Code 5: 0,28%), ‚Sichere Umgebung‘ (Code: 36: 0,56%), ‚Aufmerksamkeit für Umgebungshygiene‘ (Code 3: 0,83%) und ‚Unsicherheiten/eigene Grenzen zeigen können‘

(Code 22: 0,90%).

3.1.2 Anzahl der Interviews

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung fanden insgesamt 29 Interviews statt, davon 19 in den Niederlanden und 10 in Deutschland. In Tabelle 3 wird pro Code aufgezeigt, in wie vielen Interviews eine oder mehr Aussagen über das betreffende Thema gemacht wurden.

Die Aussagen der Eltern, die in dem vorhergehenden Unterabschnitt dargestellt und erörtert wurden, können ja in einer unterschiedlichen Zahl von Interviews aufgezeichnet worden sein.

Bei der Wiedergabe der Ergebnisse sind wir der Auffassung, dass es nicht nur darauf ankommt, wie oft bestimmte Themen von den Eltern angesprochen wurden (vorhergehender Unterabschnitt), sondern auch inwiefern diese von anderen Eltern geteilt wurden.

Gemäß Tabelle 3 fällt auf, dass in den Niederlanden 2 der 40 Codes in allen 19

Interviews vorkamen. Es handelt sich hier um die Codes ‚Klarheit für den Klienten‘ (Code 16) und ‚Offenheit den Eltern gegenüber‘ (Code 28). Zudem ist ersichtlich, dass der Code

‚Gegenseitiger Informationsaustausch zwischen Betreuern und Eltern‘ (Code 40) in 18 der 19 niederländischen Interviews von den Eltern benannt wurde. Die Codes, die in den niederländischen Interviews am wenigsten benannt wurden, beziehen sich auf Aussagen über

‚Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten‘ (Code 5) und ‚Eigenregie des Klienten‘

(Code 12).

In Deutschland waren 4 der 40 Codes in allen 10 Interviews Thema. Es handelt sich um ‚Zuwendung und Aufmerksamkeit für den Klienten‘ (Code 1), ‚Aktivitäten mit dem Klienten unternehmen‘ (Code 4), ‚Abstimmung und Zusammenarbeit mit Kollegen‘ (Code 7) sowie ‚Anregen und Pflegen der Fertigkeiten‘ (Code 33). Die Codes ‚Aufmerksamkeit für Umgebungshygiene‘ (Code 3), ,Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten‘ (Code 5) und ‚Den Eltern gegenüber Vereinbarungen einhalten‘ (Code 6) wurden alle nur in einem der 10 deutschen Interviews angesprochen. Auffällig ist, dass sich in den deutschen Interviews über ‚Das Verhalten der Eltern kopieren‘ (Code 21) überhaupt keine Aussagen der Eltern finden.

Betrachtet man die Gesamtsituation in den Niederlanden und Deutschland, so ist ersichtlich, dass kein einziger Code in allen 29 Interviews von den Eltern benannt wurde.

Der Code, der in beiden Ländern am häufigsten vorkommt, ist ‚Klarheit für den Klienten‘

(Code 16). Hierüber gab es Aussagen in ganzen 28 Interviews von 29 Interviews. Das ist ein Code, der zugleich in nahezu allen niederländischen Interviews vorkam. Überdies ist festzustellen, dass über ‚Gegenseitiger Informationsaustausch zwischen Betreuern und Eltern‘

(Code 40) ‚Abstimmung und Zusammenarbeit mit Kollegen‘ (Code 7) und ‚Offenheit den

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Eltern gegenüber‘ (Code 28) in 26oder 27 von 29 Interviews Aussagen der Eltern abgegeben wurden. Dabei ist auffallend, dass ‚Abstimmung und Zusammenarbeit mit Kollegen‘ (Code 7) vor allem in den deutschen Interviews oftmals benannt wurden, während über ‚Offenheit den Eltern gegenüber‘ (Code 28) vor allem in den niederländischen Interviews viele Aussagen getroffen wurden. Der Code, der im Gesamtbild am wenigsten von den Eltern angegeben wurde, ist ‚Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten‘ (Code 5). Eltern äußerten sich diesbezüglich nur in 3 der 29 Interviews. Dies stimmt mit der Tatsache überein, dass dieser Code sowohl in den niederländischen als auch in den deutschen Interviews wenig von den Eltern angesprochen wurde. Der Code ‚Aufmerksamkeit für Umgebungshygiene‘ (Code 3) war in 6 der 29 Interviews Thema. Eltern machten nur in 5 der 29 Interviews Aussagen über

‚Das Verhalten der Eltern kopieren‘ (Code 21). In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass dieser Prozentsatz allein auf den niederländischen Interviews beruht.

Tabelle 3 Anzahl der Interviews mit kodierten Aussagen in den Niederlanden und in Deutschland

Code Niederlande

(n=19)

Deutschland (n=10)

Insgesamt (n=29)

01 Zuwendung und Aufmerksamkeit für den Klienten 9 10 19

02 Aufmerksamkeit für körperliche/persönliche Hygiene 12 9 21

03 Aufmerksamkeit für Umgebungshygiene 5 1 6

04 Aktivitäten mit dem Klienten unternehmen 14 10 24

05 Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten 2 1 3

06 Den Eltern gegenüber Vereinbarungen einhalten 11 1 12

07 Abstimmung und Zusammenarbeit mit Kollegen 16 10 26

08 Interesse Richtung Eltern 7 5 12

09 Budget/Finanzierung 3 5 6

10 Den Klienten bei Tätigkeit mit einbeziehen 4 6 10

11 Dem Klienten das Gefühl geben, dass man ihn versteht 8 4 12

12 Eigenregie des Klienten 2 6 8

13 Klientenorientiertes Arbeiten 15 8 23

14 Kommunikation auf der Ebene des Klienten 16 7 23

15 In einer Organisation arbeiten 12 3 15

16 Klarheit für den Klienten 19 9 28

17 Den Eltern gegenüber aufrichtig 12 4 16

18 Einschätzung der Gemütslage des Klienten 14 3 17

19 Kenntnisse des individuellen Klienten 17 4 21

20 Kenntnisse über eine spezifische Behinderung 11 6 17

21 Das Verhalten der Eltern kopieren 5 - 5

22 Unsicherheiten/eigene Grenzen zeigen können 5 3 8

23 Auf Verhalten des Klienten eingehen und reagieren 15 5 20

24 Methodisches Arbeiten 10 5 15

25 Möglichkeiten des Klienten einschätzen 9 7 16

(25)

Code Niederlande (n=19)

Deutschland (n=10)

Insgesamt (n=29)

26 Vorurteilsfreies Beobachten 6 2 8

27 Organisation ermöglicht die Betreuung 11 9 20

28 Offenheit den Eltern gegenüber 19 7 26

29 Die Eltern fühlen sich willkommen 11 4 15

30 Anwesenheit 6 5 11

31 Berichterstattung 8 4 12

32 Schulung 9 6 15

33 Anregen und Pflegen der Fertigkeiten 13 10 23

34 Zeit 7 6 13

35 Heimische Atmosphäre 14 1 15

36 Sichere Umgebung 5 3 8

37 Vertrauensvolles Verhältnis den Eltern gegenüber 12 4 16

38 Vertrauensvolles Verhältnis dem Klienten gegenüber 13 6 16

39 Wohlbefinden des Klienten 11 9 20

40 Gegenseitiger Informationsaustausch zwischen

Betreuern und Eltern 18 9 27

3.2 In inhaltliche Kategorien eingeteilte Aussagen von Eltern

Dieser zweite Abschnitt beschreibt, wie Aussagen von Eltern auf der Grundlage inhaltlicher Übereinstimmung in bestimmte Kategorien einzuteilen sind. Bei den 40 zuvor dargestellten Codes zeigte sich, dass sie in 6 Kategorien eingeteilt werden konnten. Diese Kategorien werden nacheinander besprochen und erläutert.

Beziehung zwischen Betreuer und Eltern

In dieser Kategorie werden 8 Codes zusammengefasst, die mit Aussagen von Eltern über die Zusammenarbeit zwischen Betreuer und Eltern rund um den Klienten und über die Beziehung, die Betreuer und Eltern bei dieser Zusammenarbeit miteinander aufbauen, zu tun haben. Tabelle 4 zeigt, welche Codes des Codierungssystems in dieser Kategorie zusammengefasst werden.

Typisch für diese Kategorie sind folgende Aussagen:

„Also, dieser [der Betreuer] ist aufrichtig. Und der erzählt auch solche Sachen, die nicht gut laufen, und ich denke auch, dass man sich vor allem dann traut, zu sagen, dass dies und das passiert ist, oder ich war dabei und hab dies und das nicht gesehen, oder mein Kollege war dabei und der hat dies oder das nicht bemerkt, oder der kannte das auch nicht gut genug.

Ich hab viel Verständnis [für solch eine Situation], wenn es nur ehrlich zugeht.“

(26)

„Wir [Familie] können auch von dem Personal lernen, denn sie sind auch ausgebildet und sind es natürlich gewöhnt ... wir mussten erst mal Erfahrungen sammeln. Aber sie haben auch wieder ein Stückweit ganz anderes Wissen, und davon kann ich auch lernen.

Aber der Austausch, und ich denke, dass es einfach sehr wichtig ist, dass man beide … das Personal spricht, die Familie spricht und legen die Dinge nebeneinander. Das kann sehr überraschend sein, und zusammen erreichen wir dann was.“

„Wenn ich was habe, ich kann jederzeit da anrufen. Und dann heißt es auch mal, wir rufen entweder gleich zurück, weil wir jetzt gerade nicht können, aber es ist wirklich immer jemand ansprechbar da. Der Austausch ist gut. Und wenn ich da hin will, dann rufe ich kurz an und sage ich komme dann und dann vorbei und dann ist das okay.“

Tabelle 4 Kategorie ‚Beziehung zwischen Betreuer und Eltern’ mit den entsprechenden Codes Kategorie Beziehung zwischen Betreuer und Eltern

Codes 06 Den Eltern gegenüber Vereinbarungen einhalten 08 Interesse Richtung Eltern

17 Den Eltern gegenüber aufrichtig

22 Unsicherheiten/eigene Grenzen zeigen können 28 Offenheit den Eltern gegenüber

29 Die Eltern fühlen sich willkommen

37 Vertrauensvolles Verhältnis den Eltern gegenüber

40 Gegenseitiger Informationsaustausch zwischen Betreuern und Eltern

Klientenorientiertes Handeln eines Betreuers

In der Codeliste befinden sich 11 Codes, die mit Aussagen von Eltern über das professionelle Handeln eines Betreuers in Richtung eines Klienten zu tun haben. Diese Codes werden in der Kategorie ‚Klientenorientiertes Handeln eines Betreuers‘ zusammengefasst. Tabelle 5 zeigt, welche Codes zu dieser Kategorie zählen. Alle Codes dieser Kategorie enthalten Aussagen von Eltern, die sich darauf beziehen, was ein Betreuer tun muss, um sich auf den Klienten einzustellen und abzustimmen. Es geht hier um pädagogisches Handeln, das Handeln in Richtung des Klienten und um die Fertigkeiten, die ein Betreuer beherrschen muss, um dieses Handeln durchführen zu können.

(27)

Tabelle 5 Kategorie ‚Klientenorientiertes Handeln eines Betreuers’ mit den entsprechenden Codes Kategorie Klientenorientiertes Handeln eines Betreuers

Codes 04 Aktivitäten mit dem Klienten unternehmen 05 Dem Klienten gegenüber Vereinbarungen einhalten 10 Den Klienten bei Tätigkeiten mit einbeziehen 12 Eigenregie des Klienten

13 Einstellen auf den Versorgungsbedarf des Klienten 14 Kommunikation auf der Ebene des Klienten 16 Klarheit für den Klienten

18 Einschätzung der Gemütslage des Klienten 21 Das Verhalten der Eltern kopieren 25 Möglichkeiten des Klienten einschätzen

33 Anregen und Pflegen der Fertigkeiten des Klienten

Unter diese Kategorie fallen beispielsweise folgende Aussagen:

„Ich [Elternteil] finde eigentlich, man muss mit ihm [Klient] reden, man muss vor allem mit ihm reden. Und ihm das erklären; denn man [Betreuer] neigt schnell dazu, wenn jemand nichts sagt, selbst auch nichts zu sagen. Und das ist so … denn er hört natürlich doch, man muss vorsichtig sein mit dem was man sagt, aber man muss ihm erklären, was damit gemeint ist. Und das finde ich wichtig.“

„ … Klarheit ist, denke ich [Elternteil], wesentlich für sie [Klientin]. Weil sie drauf vertraut und weil ihr das auch die Struktur und Klarheit bietet, die sie braucht. Zwar ganz aufrichtig, aber auch sanft. Wie soll ich mich ausdrücken? Mit sanfter Hand klar sein. Es ist normales Kommunizieren, aber auch zeigen. Also auch Ihre [Betreuer] Körpersprache.“

„Ja, eigentlich ... die kennen den [Name Klient] mittlerweile schon ganz genau und wissen den auch einzuschätzen, das wissen die schon. Und der [Name Klient]. reagiert dann auch gut drauf und wenn Schluss ist, ist eben Schluss. Das weiß er dann auch.“

Voraussetzungen für klientenorientiertes Handeln eines Betreuers

Die dritte Kategorie setzt sich aus den 6 Codes zusammen, in denen Eltern sich darüber äußern, was ein Betreuer wissen, können und/oder haben muss, um klientenorientiertes Handeln gestalten zu können. Aus Tabelle 6 wird ersichtlich, welche Codes zu dieser Kategorie gehören. Typische Aussagen von Eltern in dieser Kategorie sind folgende:

„ ... ja, sowieso; vor allem ein persönlicher Betreuer, der muss einfach wissen, wer die Person ist, und er muss sich darin auch vertiefen wollen und können … Ja, das ist ein wichtiger Bestandteil des Pflegeplans, denn das hat ja auch wieder mit dem Menschen zu tun. Wer ist [Name Klient]?“

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„ … das finde ich (Elternteil) auch gut beim Personal in der Pflege [ein Betreuer], dass man selbst Schritt hält, über Entwicklungen auf dem Laufenden bleibt. Also lese ich ein Blatt wie Klik und lese diese Art von Sachen. Das gehört meiner Meinung nach eigentlich dazu.“

„Er soll die Fähigkeit haben gut zu beobachten, also das ist ja auch anstrengend, man muss ja auch hingucken und gucken: Was passiert da? Er soll auch denken und seine logischen Schlüsse aus den Beobachtungen ziehen, eigenständig, sodass er zu einer realistischen Einschätzung kommt, was kann der behinderte Mensch selber, und was kann er nicht.“

Tabelle 6 Kategorie ‚Voraussetzungen für klientenorientiertes Handeln’ mit den entsprechenden Codes

Kategorie Voraussetzungen für klientenorientiertes Verhalten Codes 19 Kenntnisse des individuellen Klienten

20 Kenntnisse über eine spezifische Behinderung 24 Methodisches Arbeiten

26 Vorurteilsfreies Beobachten 31 Berichterstattung

32 Schulung

Sozial-emotionale Beziehung zwischen Betreuer und Klient

In der Kategorie ‚Sozial-emotionale Beziehung zwischen Betreuer und Klient‘ werden die 6 Codes zusammengefasst, anhand welcher Eltern sich über die Beziehung äußerten, die ein Betreuer zu ihrem Sohn oder ihrer Tochter aufbauen, pflegen und aufrechterhalten müsste. Hier geht es um die Haltung eines Betreuers in dieser sozial-emotionalen Beziehung, um den Respekt des Betreuers gegenüber der Person, die Klient ist, und um die Art und Weise, wie Eltern gern sehen würden, dass ein Betreuer mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter umgeht. Tabelle 7 ist zu entnehmen, welche Codes zu dieser Kategorie gehören. Eltern erklärten zum Beispiel Folgendes:

„… wenn sie sich mit [Name Klient] befasst, oder sie kommt vorbei um spazieren zu gehen, oder wenn ich nach dem Besuch zurückgehe, dann streckt sie ihre [Betreuer] Hand aus und [Name Klient] steht auf und läuft mit ihr [Betreuer] mit zu ihrem Zimmer und so ... das geht alles sehr reibungslos. Und das Vertrauen, das Vertrauen, was die Leitung gegenüber [Name Klient] ausstrahlt. Das ist auch ganz wichtig. Nicht weggehen oder so, nein, einfach weitergehen.“

„... dass er sich in ihn [Name Klient] hineinversetzt, wie er in diesem Moment ... ja, das ist wirklich das Sich-Einfühlen, also dass man [Betreuer] sich auch hineinversetzen kann in [Name Klient]. Und dass er [Betreuer] ihn nicht als Gegenstand, sondern [Name Klient]

auch wirklich als Menschen betrachtet.“

„Sie müssen auf jeden Fall auch Geduld haben. Anders geht es gar nicht und wie gesagt, die müssen mit Herz dabei sein.“

(29)

Tabelle 7 Kategorie ‚Sozial-emotionale Beziehung zwischen Betreuer und Klient’ mit den entsprechenden Codes

Kategorie Sozial-emotionale Beziehung zwischen Betreuer und Klient Codes 01 Zuwendung und Aufmerksamkeit für den Klienten

02 Aufmerksamkeit für körperliche/persönliche Pflege 11 Dem Klienten das Gefühl geben, dass man ihn versteht 23 Auf Verhalten des Klienten eingehen und reagieren 38 Vertrauensvolles Verhältnis dem Klienten gegenüber 39 Wohlbefinden des Klienten

Organisation

Eine fünfte Kategorie beruht auf den 5 Codes, die etwas über die Pflegeorganisation aussagen, in der der Klient wohnt. Tabelle 8 enthält einen Überblick über die Codes, die zu dieser Kategorie gehören. Es handelt sich hier um Aussagen von Eltern, die das Makro- oder Mesoniveau der Organisation betreffen. Daraus ergibt sich, dass die Organisation oder ihr Management dafür verantwortlich ist, das Arbeiten in der Gruppe – und somit das Arbeiten mit dem Klienten – zu ermöglichen. Dabei geht es um die Zusammenarbeit von Betreuern mit Kollegen und Management und die Vision einer Organisation. Eltern gaben in dieser Kategorie unter anderem Folgendes an:

„... also dann ist es eigentlich nicht umsonst und ja, ich kann dem Personal die Schuld geben ... ich gebe dem Personal nicht die Schuld, das gibt wirklich sein Bestes, alle Menschen, die da sind, tun wirklich ihr Bestes. Es sind die Manager, die [Name Klient] so von der Warteliste streichen.“

„… etwas ganz Kleines, aber die Beschränkungen eines Gebäudes führen beispielsweise dazu, dass Beratungssituationen im Wohnzimmer stattfinden. Und [Name Klientin] will ins Wohnzimmer, na ja, und das geht also nicht. Sie [Klientin] ist in ihrem eigenen Haus, und dann würde ich schon sagen: Leute, ihr dürft das nicht zu ihrem [Klientin] Problem machen, denn sie wohnt hier. Ihr [Betreuung] sucht euch mal schön einen anderen Ort.

Setzt euch so zu sagen auf den Flur, das ist euer Problem und der Organisation, aber ihr [Klientin] Problem.“

„Das ist auch dringend notwendig, weil immer mal wieder zwischen Wohnstätte und Werkstatt Kommunikationsprobleme auftauchen, wo dann hinterher die einen sagen: „Das müsstet ihr machen!“, die anderen sagen: „Das müsst ihr machen!“, und wenn da nicht vernünftig miteinander geredet wird, gibt das dann natürlich sehr schnell Verstimmungen, um es vorsichtig auszudrücken.“

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Tabelle 8 Kategorie ‚Organisation’ mit den entsprechenden Codes Kategorie Organisation

Codes 07 Abstimmung und Zusammenarbeit mit Kollegen 09 Budget / Finanzierung

15 In einer Organisation arbeiten 27 Organisation ermöglicht die Betreuung 34 Zeit

Unmittelbare Umgebung des Klienten

Die Codes in Bezug auf die Aussagen von Eltern über die unmittelbare Umgebung des Klienten werden in der Kategorie ‚Unmittelbare Umgebung des Klienten‘ zusammengefasst.

In dieser Kategorie machten die Eltern Aussagen, aus denen hervorgeht, dass Eltern bestimmte Aufgaben erfüllen oder gewährleisten müssen, wodurch die Umgebung ihres Sohnes oder ihrer Tochter optimal sein kann. Tabelle 9 gibt an, welche Codes zu dieser Kategorie gehören. Typische Aussagen von Eltern waren Folgende:

„... nun, es soll schon sauber sein. Darauf lege ich Wert, das ist mir wichtig. Denn es ist nicht schön, wenn ich ins Wohnzimmer komme und dann denke: Oh je, muss ich mich auf den Stuhl setzen … dann habe ich das Gefühl, dass ich erst mal eben ein Tuch holen muss, um den Stuhl sauber zu machen.“

„Genau, dass jemand anwesend ist, der einfach auch das Verhalten von jedem

wahrnehmen kann, beobachten kann. Prinzipiell geht es darum, dass sie nicht alleine sind und jede Krise, die entsteht, gefangen werden kann.“

Tabelle 9 Kategorie ‚Unmittelbare Umgebung des Klienten’ mit den entsprechenden Codes Kategorie Unmittelbare Umgebung des Klienten

Codes 03 Aufmerksamkeit für Umgebungshygiene 30 Anwesenheit

35 Heimische Atmosphäre 36 Sichere Umgebung

3.3 Anzahl der Aussagen pro Kategorie

In diesem Abschnitt werden die 6 Kategorien aufgrund der Anzahl der Aussagen, die pro Kategorie getroffen wurden, miteinander verglichen. Tabelle 10 enthält eine Übersicht für die Niederlande und Deutschland getrennt, aber auch für die beiden Länder zusammen.

Aus Tabelle 10 wird ersichtlich, dass sowohl für die niederländische als auch für die deutsche Situation gilt, dass die Kategorie ‚Klientenorientiertes Handeln eines Betreuers‘ die meisten Aussagen von Eltern beinhaltet. Es wurden ganze 265 beziehungsweise 208 Aussagen

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von Eltern notiert. In den Niederlanden folgt an zweiter Stelle die ‚Beziehung zwischen Betreuer und Eltern‘, danach ‚Organisation‘, ‚Voraussetzungen für klientenorientiertes Handeln‘, ‚Sozial-emotionale Beziehung zwischen Betreuer und Klient‘. Die Kategorie

‚Unmittelbare Umgebung des Klienten‘ enthält die wenigsten Aussagen von Eltern. In Deutschland folgt dieser Kategorie die ‚Sozial-emotionale Beziehung zwischen Betreuer und Klient‘, danach ‚Organisation‘, ,Beziehung zwischen Betreuer und Eltern‘, ‚Voraussetzungen für klientenorientiertes Handeln‘, während die Kategorie ‚Unmittelbare Umgebung des Klienten‘ die wenigsten Aussagen enthält. Die Kategorie mit den meisten und die Kategorie mit den wenigsten Aussagen stimmen in beiden Ländern überein. Die dazwischen liegenden Kategorien weisen Unterschiede auf.

Die Gesamtsituation spiegelt dasselbe Bild wie die niederländische Situation wider. Die Kategorie ‚Klientenorientiertes Handeln eines Betreuers‘ enthält die meisten Aussagen.

Dazu ist anzumerken, dass diese Kategorie zugleich die meisten Codes umfasst, unter denen Aussagen von Eltern codiert sind. Die Kategorie ‚Unmittelbare Umgebung des Klienten‘

enthält im Gesamtbild die wenigsten Aussagen von Eltern. Für diese Kategorie gilt jedoch, dass sie auch die wenigsten Codes umfasst.

Werden in Tabelle 10 die Durchschnittswerte betrachtet, so ist festzustellen, dass sich in den Niederlanden im Schnitt die meisten Aussagen von Eltern in der Kategorie ‚Beziehung zwischen Betreuer und Eltern‘ finden. Gleichzeitig finden sich im Schnitt viele Aussagen von Eltern in der Kategorie ‚Organisation‘. Die Aussagen der Eltern in Deutschland ergeben ein gleiches Bild. Insgesamt stellt sich jedoch heraus, dass die Kategorie ‚Organisation‘

durchschnittlich die meisten Aussagen enthält. Dieser Kategorie folgt die Kategorie

‚Klientenorientiertes Handeln eines Betreuers‘.

Tabelle 10 Kategorien mit den entsprechenden Codes und Anzahl der Aussagen gegliedert nach Niederlande und Deutschland, in Klammern die durchschnittliche Anzahl der Aussagen pro Kategorie

Kategorie Anzahl

Aussagen Niederlande

Anzahl Aussagen Deutschland

Insgesamt

Beziehung zwischen Betreuer und Eltern (8 Codes) 212 (26,50) 80 (10,00) 292 (36,50) Klientenorientiertes Handeln eines Betreuers (11 Codes) 265 (24,09) 208 (18,90) 471 (42,82) Voraussetzungen für klientenorientiertes Handeln (6 Codes) 116 (19,33) 62 (10,33) 178 (31,39) Sozial-emotionale Beziehung zwischen Betreuer und Klient (6

Codes) 96 (19,22) 111 (18,50) 207 (34,50)

Organisation (5 Codes) 131 (26,20) 95 (19,00) 226 (45,20)

Unmittelbare Umgebung des Klienten (4 Codes) 51 (12,75) 13 (3,25) 64 (16,00)

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