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Archiv "Freie Berufe fordern von Bonn: Steuerliche Benachteiligung endlich beseitigen!" (29.01.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

Freie Berufe fordern von Bonn:

Steuerliche Benachteiligung endlich beseitigen!

Gespräche mit dem Kanzler und dem Wirtschafts- minister

W

egen des seit Jahren un- veränderten steuerlichen

„Vorwegabzuges" in Hö- he von 3000 DM jährlich besteht zwischen den Angehörigen der Freien Berufe und den Unselb- ständigen eine (infolge der Dy- namisierung der lohnbezoge- nen Bemessungsgrenzen im- mer größer werdende) „Diskri- minierungslücke". So sind die Höchstbeiträge zur Sozialversi- cherung für 1986 um 4,5 Prozent von 20 724 DM auf 21 760 DM er- höht worden. Der anteilige und steuerfreie Beitrag der Arbeitge- ber ist damit auf 10 880 DM ge- wachsen. Dieser Arbeitgeber- beitrag ist steuerfrei. Die Selb- ständigen hingegen müssen die Versicherungsbeiträge für ihre Alters-, Krankheits- und Exi- stenzvorsorge weitgehend aus

versteuertem Einkommen auf- bringen.

Der „Vorwegabzug" ist nur ein

„höchst unzulängliches steuerli- ches Äquivalent für die Steuer- freiheit des Arbeitgeberbeitra- ges zur Sozialversicherung der Arbeitnehmer", kommentiert der Präsident des Freiberufler- Bundesverbandes, Prof. J. F.

Volrad Deneke. Wenn man be- denke, daß wenigstens für die 350 000 Freiberufler unter den Selbständigen die Vorsorge in Form von Lebens-, Kranken- und Existenzversicherungen zur

In Gesprächen mit den Spit- zen der Bundesregierung

und der Parteien im Bundes- tag will der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) dar- auf dringen, daß die Nachtei- le bei der steuerlichen Aner- kennung von Vorsorgebeiträ- gen für das Alter und ge- gen Krankheit abgebaut und die in dieser Hinsicht ver- fassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung der Ange- hörigen der Freien Berufe mit den unselbständig Beschäf- tigten hergestellt wird. Für den 24. Januar war ein Ge- spräch mit Kanzler Kohl ter- miniert; am 13. Februar soll mit Wirtschaftsminister Ban- gemann gesprochen werden.

Der BFB argumentiert, die Wirtschaftsleistung der Frei- en Berufe sei beachtlich, sie sollte nicht gefährdet werden.

wichtigsten Form ihrer Versi- cherung überhaupt geworden ist, so sei es um so dringlicher und sachlich auch gerechtfer- tigt, die Benachteiligung der Selbständigen bei der nächstfäl- ligen, zu Beginn der nächsten

Legislaturperiode des Bundes- tages avisierten Steuerreform abzubauen.

Die von der SPD-Opposition verfochtenen steuerpolitischen Strangulierungen der Freiberuf- ler werden vom BFB hartnäckig bekämpft. Die SPD wolle laut Programmentwurf (Titel: „Die Wirtschaft ökologisch und sozial erneuern") den Freien Berufen existenzbedrohende und exi- stenzvernichtende zusätzliche Belastungen auferlegen, so daß der BFB gerade diese steuerpo- litischen Ambitionen zu den

„Freiberufler-Wahlprüfsteinen"

machen wird. Das SPD-Steuer- paket würde die wirtschaftliche Existenz der Freien Berufe durch Steuer- und Abgaben- mehrbelastungen in Höhe von rund 4,3 Milliarden DM (Schät- zungen des Bundesfinanzmini- steriums noch aus der sozialli- beralen Ära) gefährden und de- ren Wirtschaftskraft erheblich dezimieren. Das SPD-Konzept — das auf dem wirtschaftspoliti- schen Kongreß der Partei am 9.

und 10. Mai in Hamburg zur De- batte stehen wird — schlägt mit folgenden Summen zu Buche, rechnet der Bundesverband der Freien Berufe vor:

I> Ausdehnung der Gewerbe- steuer auf die Freien Berufe:

rund 3,5 Milliarden DM;

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 5 vom 29. Januar 1986 (13) 229

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Freie Berufe

ren nicht mehr retten — zum Nachteil der Patienten, Klienten und Mandanten.

> Einführung einer Ergän- = zungsabgabe auf die Einkom- mensteuer für die „besser ver- dienenden" Freiberufler: rund 0,5 Milliarden DM;

Mit Nachdruck vertreten

Bundeswirtschaftsminister Dr. Martin Bangemann:

»Ich sehe die Benachteiligung der Selb- ständigen bei den Vorsorgeaufwendun- gen für Alter und Krankheit und halte es für wichtig, daß hier eine Verbesserung erreicht wird. Es handelt sich dabei um ein Anliegen, das die FDP stets mit Nachdruck vertreten hat.«

> Einführung einer Arbeits- marktabgabe der Selbständigen an die Bundesanstalt für Arbeit:

rund 0,25 Milliarden DM;

> Aufhebung der Vermögen- steuerentlastung auch für die Betriebsvermögen der Freibe- rufler: 0,05 Milliarden DM.

Aber auch der Nachwuchsdruck macht den Freiberuflern zuneh- mend zu schaffen. Deneke ver- weist auf Untersuchungen, nach denen sich bis zum Jahr 2000 bis zu 2,8 Millionen junge Aka- demiker um bis zu 900 000 frei werdende Stellen drängeln wer- den. Die Zahl der Ärzte dürfte sich von rund 180 000 auf mehr als 200 000 erhöhen. Auch an- dernorts herrscht Überfüllung, etwa in der Verwaltung und in der Industrie (bei zunehmender latenter und permanenter Unter- beschäftigung und mehr „Küm- merexistenzen" in den Freien Berufen). So dürfte sich die Zahl der Steuerberater und Steuer- bevollmächtigten von derzeit

LL

Cosi fan tutte

Wolfgang Roth, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Vorsitzender der Kommission „Wirt- schafts- und Finanzpolitik" beim Partei- vorstand der SPD, zur Kritik des Bundes- verbandes der Freien Berufe am Entwurf des wirtschaftspolitischen Programms der SPD:

»Ich teile ganz und gar nicht Ihre Auf- fassung, daß in dem Programmentwurf die Bedeutung freiberuflicher Leistun- gen kleingeschrieben wird. Richtig ist, daß wir den freien Berufen kein separa- tes Kapitel gewidmet haben. Dies ist al- lerdings keineswegs ungewöhnlich.

Wenn Sie sich die Wirtschaftsprogramme der anderen Parteien ansehen, dann werden Sie auch dort keine separaten Ausführungen zu der Bedeutung freier Berufe finden.«

45 000 auf 80 000 (1990) bzw.

100 000 (im Jahr 2000) erhöhen.

Die Folge: Ein ruinöser Wettbe- werb wird entfacht; Außensei- terpraktiken nehmen zu. Die Be- rufsaufsicht der Kammern kann sich vor Berufsgerichtsverfah-

Die Zahl der Freiberufler — heute rund 350 000; sie beschäftigen rund eine Million Arbeitnehmer einschließlich 130 000 Auszubil- dender — dürfte sich bis zum En- de des Jahrhunderts nahezu verdoppeln. Derzeit erwirtschaf- teten die Freien Berufe rund fünf Prozent des Bruttoinlands- produktes, eine Marge, die 1955 noch bei 1,5 Prozent lag. Im Jahr 2000 könnten es mehr als acht Prozent sein, schätzt der BFB.

Während die Zahl der Selbstän- digen in der gewerblichen Wirt- schaft und im Handel in den letz- ten eineinhalb Jahrzehnten um 15 Prozent zurückgegangen ist, ist die Zahl der Selbständigen in den Freien Berufen um nahezu 50 Prozent gewachsen. Dies rührt vor allem daher, daß sich der Trend zur Dienstleistungs- gesellschaft verstärkt hat und viele Freiberufler-Berufsbilder und -Tätigkeitsfelder erst nach dem Zweiten Weltkrieg er- schlossen wurden (Beispiel: das

„Heer" der 10 000 Psychologen oder neuerdings der freiberuf- lich tätigen Restauratoren). In- sofern sind die Freien Berufe so- gar ein bedeutsamer Wirt- schaftsfaktor, der mit seinen Leistungen auch gesamtwirt- schaftlich mit gewerblichen Lei- stungen und mit Leistungen der öffentlichen Hand konkurriert und vor allem im Hinblick auf die Qualität und Individualität „die Nase vorn hat".

Die Steuerkraft der Freien Beru- fe ist kalkulierbar und ein wichti- ger Faktor in den öffentlichen Budgets, sie ist aber kein „uner- schöpflicher Springquell", erin- nert der Bundesverband der Freien Berufe. Der Anteil der Freien Berufe an den Lohn- und

Einkommensteuerpflichtigen beträgt heute etwa 1,5 Prozent, ihr Anteil am Lohn- und Einkom- mensteueraufkommen jedoch ansehnliche acht(!) Prozent. HC 230 (14) Heft 5 vom 29. Januar 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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