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ie Kassenärztliche Bundes- vereinigung ist bei der Umset- zung der neuen gesetzlichen Bestimmungen des Gesundheits-Re- formgesetzes seit Jahresbeginn vor- dringlich in drei Bereichen gefor- dert:• im Bundesausschuß der Ärz- te und Krankenkassen als Vertrete- rin der Kassen- und Vertragsärzte- schaft,
• bei den Verhandlungen zum Abschluß zweiseitiger Verträge mit den Kassenverbänden und
• beim Abschluß dreiseitiger Verträge im Zusammenwirken mit den Kassen und Krankenhausträ- gern.
Hinzu kommt das Engagement der KBV in strittigen Rechtsfragen, von denen vor allem die Zuzahlungs- pflicht der Versicherten zu physika- lisch-therapeutischen Leistungen in der Arztpraxis für einiges Aufsehen gesorgt hat.
Bundesausschuß der Ärzte
und Krankenkassen
Zwei wichtige Richtlinien sind nach zahlreichen Beratungs- und Verhandlungsrunden vor wenigen
Wochen unter Dach und Fach ge- bracht worden: die Richtlinien zur Gesundheitsuntersuchung und zur Er- weiterung des Krankheitsfrüherken- nungsprogramms bei Kindern (U 9).
Beide sind seit dem 1. Oktober die- ses Jahres in Kraft.
Bereits am 5. April 1989 traten die neuen Bedarfsplanungs-Richtli- nien in Kraft. Sie berühren nicht das Recht auf Zulassung für angehende Kassenärzte, wie Dr. Hess nach- drücklich betonte, sondern stellen vielmehr ein Instrumentarium zur besseren Verteilung der Kassenarzt- sitze dar.
Die Bildung von Festbetragsgrup- pen war ein weiterer Arbeitsschwer-
punkt für den Bundesausschuß in den zurückliegenden neun Monaten.
Bislang gab es dazu drei Beschlüsse:
Am 4. Mai dieses Jahres wurden die ersten zehn Festbetragsgruppen für Arzneimittel mit identischen Wirkstoffen verabschiedet, am 14.
Juli folgte der Beschluß für fünf wei- tere Wirkstoffe, und am 30. Septem- ber kamen nochmals drei Wirkstoffe hinzu.
Hess machte in diesem Zusam- menhang nochmals deutlich, daß der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen lediglich für die Zu- sammenstellung der Festbetrags-
gruppen zuständig ist. „Wie hoch die jeweiligen Festbeträge dann schließ- lich sein werden, bestimmen allein die Kassenverbände. Darauf hat der Bundesausschuß keinen Einfluß mehr."
Insgesamt kommen rund 120 Wirkstoffe für die Bildung von Fest- betragsgruppen für Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen in Frage.
„Davon haben wir jetzt 18 verab- schiedet, zehn weitere werden ge- genwärtig bearbeitet", erklärte der KBV-Hauptgeschäftsführer. Aller- dings sei bereits mit den ersten zehn Festbetragsgruppen — die entspre- chenden Festbeträge sind seit dem 1.
September dieses Jahres in Kraft — etwa ein Drittel des Gesamtumsatzes bei Präparaten mit denselben Wirk- stoffen erfaßt.
Schwierigkeiten gibt es derzeit bei der Neufassung der Großgeräte- Richtlinien. Zwar hat der Bundesaus- schuß hierzu am 20. Juni einen Be- schluß gefaßt, doch passierte dieser nicht das Bundesarbeitsministerium.
Der Minister beanstandete unter an- derem, daß die vorgelegten Richtli- nien nicht ausreichend den neuen ge- setzlichen Bestimmungen Rechnung trügen, wonach Abgrenzung, Bedarf und Standort der Großgeräte allein im Großgeräteausschuß abgestimmt werden. Demgegenüber sieht die Richtlinien-Neufassung des Bundes- ausschusses vor, daß die Entschei- dung über die Genehmigung eines Großgeräts nach wie vor den Landes- ausschüssen im Rahmen allgemeiner Planungsvorgaben des Großgeräte- ausschusses überlassen bleibt.
In den kommenden Wochen und Monaten muß sich der Bundesaus- schuß der Ärzte und Krankenkassen darüber hinaus noch mit folgenden Themen befassen:
> Richtlinien zur Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit mit Regelun- gen zur stufenweisen Wiedereingliede- rung Arbeitsunfähiger an ihrem Ar- beitsplatz,
> Richtlinien zur Erarbeitung von Kriterien zur Qualitätsbeurtei- lung in der kassen- und vertragsärzt- lichen Versorgung,
D Änderung der Richtlinien zur Verordnung von Krankenhaus- pflege im Hinblick auf das Kranken- hausverzeichnis,
Kassenärztliche Bundesvereinigung
Wichtige Entscheidungen stehen noch an
Die Arbeitslast der Selbstverwaltung nach der „Gesundheitsreform"
Neun Monate nach Inkrafttreten des Gesundheits-Reforrngesetzes (GRG) hat die kassenärztliche Selbstverwaltung immer noch alle Hände voll damit zu tun, aus Paragraphen Praxis zu machen. Das betonte der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, Dr. Ulrich Oesingmann, auf dem Presseseminar der KBV in Berlin (dazu der Bericht in Heft 42/1989). Wie groß der Regelungs- bedarf insgesamt ist, was bereits beschlossen und was noch offen ist, erläuterte Hauptgeschäftsführer Dr. Rainer Hess vor den Journali- sten führender Tageszeitungen in einem Referat zum Stand der
„GRG-Anwendung". Die Ausführungen des KBV-Hauptgeschäftsfüh- rers werden im folgenden kurz zusammengefaßt.
A-3368 (20) Dt. Ärztebl. 86, Heft 45, 9. November 1989
[> Beschlußfassung über eine neue Preisvergleichsliste, wobei eine erweiterte Negativliste über den Ausschluß unwirtschaftlicher Arz- neimittel erheblichen Einfluß auf die Beschlußfassung haben könnte,
[> Beurteilung neuer Untersu- chungs- und Behandlungsmethoden;
der dafür eingesetzte Arbeitsaus- schuß wird voraussichtlich seine Tä- tigkeit Ende dieses Jahres aufneh- men.
Zweiseitige Verträge
Viel später als ursprünglich an- genommen wird mit der Neufassung des Bundesmantelvertrages und des Arzt/Ersatzkassenvertrages zu rechnen sein: Dr. Hess nannte den 1. April 1990 als wahrscheinlichen Termin.
Er wies in diesem Zusammenhang auf eine Reihe von problematischen Fragen hin, welche die V erhandlun- gen in die Länge zögen: die Verein- barungen zum Datenträgeraustausch und zur Einführung der Krankenver- sichertenkarte, die Neufassung der Vorschriften zur Ermächtigung von Ärzten (vor allem der Krankenhaus- ärzte), das Ausstellen von Bescheini- gungen (zum Beispiel über Schwer- pflegebedürftigkeit ), die Vereinba- rung von Qualifikationsanforderun- gen für die Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen und die Ver- einbarung von Richtgrößen. Nicht
Dreiseitige Verträge
Bei den Verhandlungen zu den sogenannten Dreiseitigen Verträgen zwischen Krankenkassen, Kranken- hausträgem und KBV stehen diese fünf Regelungsbereiche im Vorder- grund:
~ die Förderung des Belegarzt- wesens und der Bildung von Praxis- kliniken,
~ die gegenseitige Unterrich- tung über die Behandlung der Pa- tienten bei Krankenhauseinweisung und Krankenhausentlassung,
~ die Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus bei der Gestal- tung und Durchführung eines stän- dig einsatzbereiten Notdienstes,
~ die Einführung einer zeitlich begrenzten vorstationären Diagno-
weniger schwierig gestalten sich die Verhandlungen zwischen der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung und den Kassenverbänden über Ver- einbarungen zur Wirtschaftlichkeits- prüfung. Hess betonte hier besonders
das Problem der inhaltlichen Ab- grenzung von Prüfungen nach Durchschnittswerten, Richtgrößen und Stichproben: "Es kann nicht an- gehen, daß wir einen Arzt dreimal wegen derselben Sachlage prüfen.
Das wäre ein unsinniger Verwal- tungsaufwand und würde auch der Sache nicht gerecht."
Statt dessen plädierte der Hauptgeschäftsführer der KBV für die Vereinbarung von sinnvoll auf- einander abgestimmten Stufenprü- fungen, um eir~. Prüfungs-Wirrwarr zu Lasten der Arzte zu verhindern.
Hess: "Der Umfang der Prüfungen muß auf ein praktikables Maß be- grenzt werden."
Nach Auffassung der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung kommt innerhalb der Prüfvereinba- rungen der Bewertung des neuen In- struments "Richtgröße" besondere Bedeutung zu. Eine Vereinbarung dazu gibt es derzeit nur bei der Kas- senärztlichen Vereinigung Nordba- den. Dr. Hess stellte klar, daß aus Sicht der Ärzteschaft "Richtgrößen"
sinnvollerweise nur als Grundlage für eine gezielte Beratung des Arztes dienen könnten.
stik und nachstationären Therapie im Krankenhaus und
~ die allgemeinen Bedingun- gen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus.
Nach dem derzeitigen Bera- tungsstand zu urteilen, dürften sich vor allem die Verhandlungen zur prästationären Diagnostik und post- stationären Therapie noch bis in das kommende Jahr hineinziehen, er- klärte KBV-Hauptgeschäftsführer Dr. Hess. Die Meinungsunterschiede zwischen den Vertragspartnern be- ginnen nämlich schon bei den Vor- aussetzungen für prä/post. Darüber hinaus ist der inhaltliche Umfang ebenso umstritten wie die Dauer ei- ner möglichen vorstationären Dia- gnostik und nachstationären Thera- pie sowie deren Vergütung. JM
Privatrezepte
fälschungserschwert
Der Deutsche Ärzte-Verlag hat ein fälschungserschwertes Privatre- zept entwickelt, das ab der zweiten Novemberhälfte beim Deutschen Ärzte-Verlag, Formularabteilung, Dieselstraße 2, 5000 Köln 40, bestellt werden kann.
Der in einer speziellen Farbmi- schung ( s. Foto) aufgedruckte diago- nale Balken verhindert ein allzu- leichtes (Foto-)Kopieren, wie es bis- her m_~glich war. Er trägt unterhalb des Askulapstabes in Weiß das
Rp.
Verkleinerte Abbildung eines fälschungser·
schwerten Privatrezeptes: der hier zu sehen- de diagonale Farbstreifen entspricht nur an- nähernd dem Original, das in einer speziel- len Farbmischung gedruckt ist
"DÄ V-Dreieck" (Gebrauchsmuster- schutz wird beantragt). ..
Der jüngste Deutsche Arztetag hatte auf Antrag des Delegierten Dr.
Karl-Heinz Kamp (Landesärzte.~am
mer Baden-Württemberg) alle Arzte aufgefordert, nur noch "fälschungssi- chere" Rezeptformulare zu benut- zen, um die Beschaffungskriminali- tät zu erschweren. Der Deutsche Ärzte-V erlag bietet die neuen Re- zeptformulare korrekterweise mit der Bezeichnung "fälschungser-
schwert'' an. EB
Dt. Ärztebl. 86, Heft 45, 9. November 1989 (21) A-3369