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Archiv "Grossbritannien: Streit um die Privatbetten" (12.09.1974)

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Bericht und Meinung

geregelt werden. Die diesbezügli- che Ermächtigung verlangt unter anderem eine staatliche Program- mierung der Arzneiforschung und -produktion (bezeichnend: „Ange- wandte und Grundlagenforschung orientiert an sozialen Zielen"), eine Herabsetzung der Zahl der Arznei- mittel, eine strikte Preiskontrolle und eine Werbungsregelung, die praktisch dem Staat ein Informa- tionsmonopol verschaffen würde.

Wie steht es nun mit den Erfolgs- aussichten für diesen Gesetzent- wurf? Mariotti war seinerzeit ge- scheitert, weil die Parteien — von den Christdemokraten bis zu den Kommunisten — sich die Möglich- keit, Krankenkassenposten als Pfründen an verdiente Plakatkleber zu vergeben, nicht nehmen lassen wollten. Inzwischen ist die Lage der Krankenkassen hoffnungslos, die Schulden vor allem an die Krankenhäuser sind unübersehbar.

Deshalb enthielt das anfangs er- wähnte Konjunkturpaket auch ein inzwischen von beiden Häusern des Parlaments gebilligtes Dekret, das die Krankenkassen unter Zwangsverwaltung durch Staats- kommissare stellt, mit dem Ziel ih- rer Auflösung. Damit könnte eine Vorentscheidung getroffen sein.

Andererseits: der am gleichen Tag wie dieser Gesetzentwurf von der Regierung verabschiedete Haus- haltsentwurf für 1975 schließt mit einem Defizit von 7 Milliarden DM (nicht Lire!) ab. Wie auf einen sol- chen defizitären Haushalt noch die Kosten eines Gesundheitsdienstes übertragen werden sollen, ist schlechterdings kaum vorstellbar.

Daß das Defizit „nur" 7 Milliarden beträgt und damit das niedrigste seit vielen Jahren ist, beruht nur auf den Steuererhöhungen dieses Jahres. Selbst wenn die jetzigen Krankenkassenbeiträge in weitere Steuern verwandelt würden, käme ein neues Haushaltsloch auf den Staat zu.

Und man redete im Hochsommer in Italien bereits von „der" Regie- rungskrise im Herbst, als wenn sie selbstverständlich wäre wie ein Na- turereignis ... CS

GROSSBRITANNIEN

Streit

um die Privatbetten

Mit einem Kompromiß sind Kampf- maßnahmen von zwei der briti- schen Gewerkschaften, in denen Krankenhauspersonal organisiert ist, gegen die Privatbetten in den Krankenhäusern des Staatlichen Gesundheitsdienstes vorläufig bei- gelegt worden. Vor allem in dem erst vor kurzem neu gebauten Lon- doner Charing Cross-Hospital hat- ten Gewerkschaftsfunktionäre da- für gesorgt, daß den zu dieser Zeit im Krankenhaus liegenden Privat- patienten das eigene Telefon, die besondere Pflege und die bessere Verpflegung entzogen wurden. Die- se Aktion griff auch auf andere Krankenhäuser im Raum London und in der Provinz über.

Die leitenden Krankenhausärzte hatten gegen diese Gewerkschafts- aktionen protestiert und mit einem

„Dienst nach Vorschrift" gedroht, vor allem, als Gesundheits- und Sozialministerin Barbara Castle Andeutungen machte, sie wolle sich dafür einsetzen, die Privatbet- ten in den Krankenhäusern des Staatlichen Gesundheitsdienstes nun wirklich abzuschaffen. Eine solche Forderung ist in den Wahl- programmen der Labour-Partei seit Jahren immer wieder erschienen, ohne daß bisher ernsthaft an ihre Verwirklichung gedacht worden war.

Ein vorläufiger Kompromiß wurde nach einer zwölfstündigen Bespre- chung zwischen der Ministerin so- wie Vertretern der beiden Gewerk- schaften und der British Medical Association erreicht. Demnach ver- zichteten beide Seiten auf Kampf- maßnahmen bis zur Fertigstellung einer Studie über die Zukunft des Privatsektors und der Einkommen leitender Krankenhausärzte, die bis Ende dieses Jahres vorgelegt sein soll.

Zum Hintergrund dieses Kompro- misses gehört, daß bei der Errich-

tung des Staatlichen Gesundheits- dienstes nach dem zweiten Welt- krieg die Beteiligung der leitenden Krankenhausärzte durch die Zusa- ge erkauft worden war, sie dürften neben ihrer Tätigkeit im Rahmen des Staatlichen Gesundheitsdien- stes bei Privatpatienten liquidieren, für die in den verstaatlichten Kran- kenhäusern etwa ein Prozent der Betten bereitgehalten wird.

Zum Hintergrund des Streites ge- hört ferner die allgemeine Unzu- friedenheit über den Geldmangel im Staatlichen Gesundheitsdienst.

Dabei besteht allerdings je nach der Interessenrichtung der Betei- ligten keine Einigkeit darüber, ob die Abschaffung des Privatsektors die finanzielle Ausstattung des Staatlichen Gesundheitsdienstes verbessern oder verschlechtern würde.

Der Streit ist allerdings durch die- se Kompromißlösung nicht been- det. Die Gesundheitsministerin wurde kritisiert, weil sie Verhand- lungen über einen örtlich begrenz- ten Zwischenfall umfunktioniert habe in einen grundlegenden Ent- scheidungsprozeß über die Zukunft des Staatlichen Gesundheitsdien- stes, ohne vom Kabinett oder Par- lament dazu autorisiert gewesen zu sein. Der Sekretär der British Medi- cal Association, Dr. Derek Steven- son, protestierte später gegen die unter anderem bei der Medical Practitioners' Union — einer links- gerichteten Ärztegewerkschaft — bestehende Ansicht, die Ministerin könne den Privatsektor im Staatli- chen Gesundheitsdienst eigen- mächtig abschaffen, ohne daß hier- zu der Gesetzgeber seine Zustim- mung erteilen müsse.

Eine etwas groteske Fußnote in der Angelegenheit mußte Barbara Castle selbst hinzufügen: die Mini- sterin bestätigte Pressemeldungen, nach denen sie im Jahre 1965 als Ministerin für Entwicklungshilfe in der damaligen Labour-Regierung selbst einmal in einem Londoner Krankenhaus in einem Einzelzim- mer gelegen hatte — als Privatpa- tientin. gb DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 37 vom 12. September 1974 2627

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