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Archiv "Gemeinsame Grundanliegen solidarischer artikulieren" (11.06.1981)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 24 vom 11. Juni 1981

Gemeinsame Grundanliegen solidarischer artikulieren

59. Hauptversammlung des Marburger Bundes

Der Verband der angestellten und beamteten Ärzte Deutsch- lands (Marburger Bund) zeig- te sich bei seiner 59. Haupt- versammlung am 16.117. Mai in Trier gewohnt beschluß- freudig. Die 71 Delegierten verabschiedeten insgesamt 11 Resolutionen, die dieses Mal zum Teil weit über den aktuel-

len Problemhaushalt der Krankenhausärzte hinausgin- gen. Einige Beschlüsse von besonderer gesundheitspoliti- scher und sozialpolitischer Relevanz sind unverändert auch vom 84. Deutschen Ärz- tetag gebilligt worden.

Die angestellten und beamteten Ärz- te sind sichtbar bemüht, zu einer

„Befriedung" im innerärztlichen La- ger beizutragen. Die Beratungen des aktuellen Problemhaushaltes der Sozial- und Gesundheitspolitik wäh- rend der 59. Hauptversammlung des Verbandes der angestellten und be- amteten Ärzte Deutschlands (Mar- burger Bund) in Trier unmittelbar vor Beginn der Ärztetagswoche un- terstrich deutlich, daß der Vorrat an innerärztlichen Gemeinsamkeiten offenbar viel größer ist, als er vor nicht immer wohlgesonnenen Chro- nisten und Kommentatoren darge- stellt wird. Das Grundsatzreferat des 1. Vorsitzenden des Marburger Bun- des, Dr. med. Jörg-D. Hoppe (Dü- ren), enthielt viele Hinweise, wie die zum Teil verhärteten Fronten zwi- schen den einzelnen Gruppierungen innerhalb der Ärzteschaft abgebaut und Lösungsansätze in solidari- scher Verantwortung entwickelt werden könnten. Freilich standen auch in Trier tarifpolitische Forde- rungen, Überlegungen zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Kranken- hausreformpolitik traditionsgemäß im Mittelpunkt der Referate, Diskus- sionen und Beschlüsse. Der Marbur- ger Bund war aber sichtlich bemüht, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, und warb um Bundesgenos- sen innerhalb und außerhalb der Ärzteschaft, um sich im Gesamtkon- zert vernehmlich wie bisher artiku- lieren zu können. Die Politiker-Gruß- worte zum Auftakt der Veranstaltung umrissen schlaglichtartig zum Teil bekannte Positionen: Die FDP-Spre- cherin, Frau Dr. rer. nat. Irmgard Adam-Schwaetzer (Düren), MdB, be- zeichnete allein aus Kostengründen

ein „ausgewogenes Verhältnis von Allgemeinärzten für die Grundver- sorgung" und von Fachärzten für die „speziellen Fälle" als Vorausset- zung für eine optimale Versorgung der Patienten. Ein solches Konzept setze voraus, daß die Einheit des Arztberufes erhalten bleibe, das heißt, daß die Medizin nicht in sehr viele Fächer und nebeneinander herlaufende Studiengänge aufge- splittert werden dürfe. Die jüngsten Erfahrungen zwingen, so meinte die FDP-Politikerin weiter, zu einer ra- schen Änderung der Approbations- ordnung. Allerdings müsse die Ein- heit des Arztberufes weiterhin in der Bundesärzteordnung und in der Ap- probationsordnung festgeschrieben bleiben. Auch die MB-Forderung, den Bereitschaftsdienst-Streß durch neue tarifliche Regelungen zu been- den, findet bei den Sprechern der Parteien uneingeschränkte Unter- stützung. Allerdings erwarten sie, daß sich die Versorgung der statio- nären Patienten dadurch erheblich verbessert und die Rechnungen des Marburger Bundes aufgehen, daß le- diglich eine Umschichtung von Ar- beitsplätzen ohne erhebliche Mehr- kosten erfolgt. Der Berliner CDU- Bundestagsabgeordnete, Dietrich Bahner, plädierte für eine praxis- orientiertere ärztliche Ausbildung und eine Überprüfung des derzeiti- gen Prüfungsverfahrens. Seinen Be- kundungen zufolge hält die CDU/

CSU Fraktion unverändert an dem bereits 1978 eingebrachten Gesetz- entwurf fest, um die Bundesärzte- ordnung und Approbationsordnung im Interesse der auszubildenden Ärzte und im Hinblick auf eine ver- besserte medizinische Versorgung

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Mit dem „Ehren-Reflexhammer" des Marburger Bundes ist der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Hans Wolf Muschallik, rechts, ausge- zeichnet worden. Links im Foto: Dr. Jörg-D. Hoppe, Vorsitzender des Marburger Bundes

1210 Heft 24 vom 11. Juni 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen Marburger Bund

zu novellieren. SPD-Sprecher Jür- gen Egert, MdB, (Berlin) appellierte telegrafisch an die Versammlung, bei den zwischen Allgemein- und Krankenhausärzten umstrittenen Problemen „tragfähige Kompromis- se" zu erzielen. Dies erleichtere es dem Gesetz- und Verordnungsge- ber, ebenfalls zur Lösung des Ge- samtproblems beizutragen.

Ratlos gab sich der MB-Vorsitzende Hoppe in seinem Grundsatzreferat wahrlich nicht. Er wies aus seiner Sicht auf einige Widersprüche in der Argumentationsweise der voraufge- gangenen Ärztetage, aber auch der Sprecher verschiedener ärztlicher Lager hin, indem er davor warnte, mit unsachlichen, widersprüchli- chen und partikularistischen Inter- essen einer „schleichenden Ver- staatlichung unseres Gesundheits- wesens" Vorschub zu leisten. Rigo- ros lehnt es der Marburger Bund ab, eine Pflichtweiterbildung für alle Ärzte am Krankenhaus vorzuschrei- ben, um eines Tages mit dem „Ne- benargument" aufzuwarten, die zu- nehmende Zahl von Klinikärzten im Angestelltenstatus (auch wenn sie nur sich pflichtweiterbilden sollten) sei die Inkarnation eines verstaat- lichten Systems. Drastisch beurteilte Hoppe die „Veranstaltungen der

Konzertierten Aktion"; sie seien zu einem reinen gesundheitspoliti- schen „Schwarzer-Peter-Spiel" dena- turiert. Auch dies passe in das Kon- zept der amtlichen Kostendämpfer:

Ein sich verschärfender Konkurrenz- und Verteilungskampf zwischen den einzelnen sogenannten Leistungser- bringern im Gesundheitswesen kön- ne nur dazu führen, daß der Staat schadenfroh den „Schwarzen Pe- ter" zum Spotte Dritter weiterschie- be. Die Kontroversen zwischen Krankenhausärzten und Kassenärz- ten einerseits, zwischen Kranken- häusern und niedergelassenen Ärz- ten andererseits hätten fast „kaba- rettistisches" Niveau gehabt, kriti- sierte Hoppe, indem er ironisch hin- zufügte: „Wir benehmen uns alle wie Lemminge und liefern damit die besten Argumente für die Notwen- digkeit staatlichen Durchgreifens."

Die These von einem angeblich im

„Krankenversicherungs-Kosten- dämpfungsgesetz" (KVKG) vorpro- grammierten Verteilungskampf zwi- schen den verschiedenen Einrich- tungen des Gesundheitswesens, mochten einige MB-Delegierte nicht so ohne Abstriche gelten lassen. Un- bestreitbar aber sei, daß aller Sozial- aufwand, auch der für die Gesund- heitssicherung, aus dem laufenden Sozialprodukt erwirtschaftet werden

müsse, und dieses werde eben in Zukunft langsamer wachsen oder gar schrumpfen. Um so mehr sei ein rechtzeitiger und möglichst kon- fliktfreier Dialog zwischen angestell- ten und niedergelassenen Ärzten notwendig, betonte das MB-Vor- standsmitglied Dr. med. Paul Jans- sen, und der mit dem „Ehren-Reflex- hammer" des Marburger Bundes de- korierte 1. Vorsitzende der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. med. Hans Wolf Muschal- lik (Köln), sekundierte: „Selbst wenn wir in naher Zukunft in allen Berei- chen noch mehr Ärzte sein werden, muß es möglich sein, in Gemeinsam- keit auch die hieraus resultierenden Probleme in einer Weise zu lösen, die jedem die Chance offenhält, das seiner Leistung entsprechende Ent- gelt, in welcher Funktion auch im- mer, zu erhalten."

Statt das Prinzip Konkurrenz zu hy- postasieren, sollte in Zukunft mehr auf das bewährte Prinzip einer rich- tig verstandenen Kollegialität und innerärztlichen Kooperation gesetzt werden. Freilich sollten die Spielre- geln der Toleranz der Beteiligten, der Arbeitsteilung und der rollen- spezifischen Aufgabenrealisation in den Gremien der Selbstverwaltung beachtet werden.

Bumerang

„Ambulantes Operieren"?

Ein „Haar in der Suppe" der Verein- barungen der KBV mit den Kranken- kassen über die Sonderhonorierung des ambulanten Operierens fand der MB-Vorsitzende im nachhinein den- noch. Er wies auf die Gefahr hin, daß die Risiken des ambulanten Operie- rens allzu leicht bagatellisiert wer- den könnten. Dann aber seien die Aufsichtsorgane und die Politiker schnell bei der Hand, den Bumerang aufzugreifen und ambulante Opera- tionen aus Sicherheitsgründen nur noch am Krankenhaus zuzulassen.

Dann aber wäre genau das Gegen- teil dessen erreicht, was die Befür- worter des ambulanten Operierens wollten, nämlich die institutionali- sierte ärztliche Versorgung am Kran- kenhaus verstärkt. Schon heute sei der Druck der Krankenkassen auf

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen Marburger Bund

die Ärzte ohnedies groß, so daß man auf diesem Terrain sehr vorsichtig und bedachtsam agieren müsse. Der MB hat eine Kommission von nieder- gelassenen, teilstationär und aus- schließlich stationär arbeitenden Ärzten berufen, um aus wissen- schaftlich-ärztlicher Sicht den zwi- schen der KBV und den Ersatzkas- sen vereinbarten Katalog ambulan- ter Operationen zu durchleuchten.

Als Ergebnis dieser Ausarbeitung ist ein Leitfaden gedacht, der eine Ent- scheidungshilfe geben sollte.

Über den Bereitschaftsdienst wird verhandelt

Nachdem die Tarifvertragsabschlüs- se für 1981 unter Dach und Fach sind, gab sich der Marburger Bund optimistisch, daß auch seine Forde- rungen nach Reduzierung des Be- reitschaftsdienstes und nach Stel- lenplanverbesserungen „zünden"

werden. Die Tarifgemeinschaft der Angestellten im Öffentlichen Dienst (TGÖ) der neben der DAG und der GGöD auch der MB angehört, hat bereits Mitte Februar dieses Jahres als Kernforderung eine Limitierung der höchstbelasteten Bereitschafts- dienststufen und eine Reduzierung von vier auf drei Stufen angemeldet.

Voraussichtlich wird im Juni 1981 die erste Manteltarifvertragsrunde mit den öffentlichen Arbeitgebern eröffnet werden.

Entschieden wandte sich Dr. Hoppe gegen eine Schwarz-Weiß-Argumen- tation, etwa derart: Ein rigoroser Ab- bau des „Krankenhausbettenber- ges" mache es überflüssig, die Zahl der Mitarbeiter im ärztlichen Dienst und im Pflegebereich zu erhöhen.

Jeder Insider wisse, und dies müsse auch die Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen, daß der akute Personal- mangel im Pflegebereich und auch bei den Krankenhausärzten nicht mit beschwörenden Worten „weg- gezaubert" werden könne. Die Deut- sche Krankenhausgesellschaft spre- che von einem Defizit an Pflegekräf- ten von rund 30 000 Personen und von maximal 20 000 Ärzten, eine Zahl, die vom Marburger Bund nicht

„patentiert" wurde, aber allein die

Die gemeinsamen Grundanliegen von angestellten, beamteten und niederge- lassenen Ärzten unterstrich der Vorsit- zende des Marburger Bundes, Dr. Jörg- D. Hoppe

Auffüllung der Stellenpläne und die Reduzierung der Bereitschaftsdien- ste mache zusätzlich 4000 bis 6000 Arztstellen notwendig.

Bedauert wurde in Trier die relativ kurze Verweildauer von teuer ausge- bildetem Pflegepersonal — eine viel- fach volkswirtschaftlich kaum loh- nende Investition, wie Professor Ul- rich Kanzow (Solingen) unterstrich.

Geht man von rund 20 000 Schwe- stern aus, die jährlich ausgebildet werden, so würden die Kranken- hauspflegesätze nach den Berech- nungen Professor Kanzows jährlich mit rund einer Milliarde DM belastet, eine enorme Summe, wenn man be- denkt, daß die Ausbildung drei Jahre dauert und die Berufsverweildauer vier bis fünf Jahre beträgt.

Als ein Paradebeispiel einer inter- ventionistischen Gesetzgebung be- zeichnete Dr. Hoppe den neuerli- chen Versuch der Bundesregierung, das 1972 noch als „Jahrhundertge- setz" hochgelobte Krankenhausfi- nanzierungsgesetz (KHG) zu ändern.

Während die Spitzenverbände der Träger der gesetzlichen Krankenver- sicherung den Bundesgesetzgeber

erst kürzlich in einer umfangreichen Stellungnahme wissen ließen, der

Gesetzentwurf trage kein Jota zur Kostendämpfung bei, meinte der MB-Sprecher, die „Macht der Kran- kenkassen würde gegenüber dem derzeitigen Zustand deutlich ge- stärkt" werden. Ausdrücklich be- grüßt wird indes die Tatsache, daß die Gewerkschaften der Kranken- hausberufe ein gewichtiges Wort bei wichtigen Krankenhausplanungs- und Entscheidungsfragen mitzu- sprechen hätten. Auch habe der Ge- setzgeber erfreulicherweise darauf verzichtet, mit finanziellen Zwangs- maßnahmen das Krankenhaus im wesentlichen zu einer „Aus- und Weiterbildungseinrichtung umzu- funktionieren".

Behauptungen, der Krankenhaus- sektor sei der teuerste Bereich des Gesundheitswesens und beanspru- che zur Zeit rund ein Drittel des GKV-Etats, wies Hoppe mit dem Ar- gument zurück, der Krankenhaus- sektor habe in den Ausgabensteige- rungen 1980 bereits um drei Prozent unter den Gesamtausgaben für die ambulante Versorgung zurückgele- gen, wenn man eine einwandfreie statistische Vergleichsrechnung aufmache. Fairerweise müßten die Intensität der stationären Versor- gung, ihre „Feuerwehrfunktion" be- rücksichtigt und die sonst in der am- bulanten Versorgung nicht anfallen- den Verpflegungs- und Unterbrin- gungskosten abgezogen werden.

Ärzteschwemme — noch nicht akut Zum wiederholten Male wiesen die MB-Delegierten das der ärztlichen Diskussion aufgezwungene Schlag- wort von der „Ärzteschwemme" zu- rück. Nach der Sicht des Marburger Bundes gibt es derzeit noch kein Überangebot an Ärzten. Erst ab 1984 sei ein „zahlenmäßiger Überfluß"

denkbar, aber auch dann noch nicht sicher. Wenig kollegial und für die Gesamtärzteschaft wenig nützlich sei es, wenn sich jeder Bereich be- reits jetzt versuche abzuschotten und einen Vorab-Vorteilsausgleich für sich zu beanspruchen. Die MB- Sprecher wiesen darauf hin, kein Parteipolitiker könne es verantwor- ten, „arbeitslose Ärzte in einem nen- 1212 Heft 24 vom 11. Juni 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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nenswerten Umfang zu dulden".

Möglicherweisezeichne sich aber in Zukunft ein Rückgang der Studen- tenzahl dann ab, wenn sich das Ein- kommen aller Ärztegruppen auf das Durchschnittseinkommen vergleich- barer akademischer Berufsgruppen eingependelt habe .

..,. Entschieden wendet sich der Mar- burger Bund gegen Absichten, die geplante Änderung der Zulassungs- ordnung für Kassenärzte als ein In- strument der Zulassungssteuerung einzusetzen. Die Änderung der Zu- lassungsordnung sei lediglich eine

"Verlegenheitslösung" (Hoppe). Ei- ne zweijährige Eignungszeit, wie sie jetzt in einem von Bundesarbeitsmi- nisterium vorbereiteten Gesetzent- wurf zur Änderung der RVO vorge- sehen ist, sei für den Marburger Bund nur deswegen zeitweise tole- rabel, weil auch aus Sicht der Kran- kenhausärzte frisch approbierte Uni- versitätsabgänger nicht in der Lage seien, in eigener Praxis als Arzt al- lein und eigenverantwortlich zu ar- beiten. Aber: Der Marburger Bund hat unmißverständlich angekündigt, jeden Versuch des Mißbrauchs einer solchen befristeten Regelung poli- tisch und im Individualfall auch juri- stisch zu bekämpfen.

..,. Einen ersten Erfolg der Kritik an dem jetzt zu verzeichnenden "Prü- fungsdesaster" bei den ärztlichen Vorprüfungen wertet der Marburger Bund die Tatsache, daß unlängst die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) Abhilfemaßnahmen be- schlossen habe.

Politischen Zündstoff beinhalten auch die aktuellen Themenkreise

"Zwangsernährung von Gefangenen im Hungerstreik" und die Forderun- gen der "Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben" nach einer ge- setzlichen Einführung des "Gnaden- todes". An die Justizminister in Bund und Ländern appellierte der MB, daß in deren Verantwortungs- bereich kein Arzt dazu gezwungen werden dürfe, Zwangsbehandlun- gen an Menschen durchzuführen oder sich daran zu beteiligen. Insbe- sondere dürften Ärzte nicht dazu ge- zwungen werden, im Hungerstreik

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Marburger Bund

Aufmerksame Beobachter der 59. Hauptversammlung des Marburger Bundes waren Sprecher der Bundestagsfraktionen sowie Repräsentanten der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Fotos: Bohnert-Neusch

befindliche Häftlinge zwangsweise zu ernähren. Werde ein Arzt den- noch von seinem Dienstherrn zur Zwangsbehandlung verpflichtet, werde ein folgenreicher Konflikt zwi- schen dem mit Sanktionen bedrqh- ten Arzt und seinem Arbeitgeber heraufbeschworen.

..,. Den Bundesgesetzgeber forderte der MB deshalb auf, den § 101 des Strafvollzugsgesetzes, der eine Zwangsernährung eines hunger- streikenden Gefangenen vorsieht, entsprechend zu ändern.

Nicht ganz ohne Zusammenhang hierzu ist die Forderung nach einer gesetzlichen Zulassung eines Gna- dentodes, wie von der neugegründe- ten Deutschen Gesellschaft für hu- manes Sterben e. V. öffentlich ver- langt. Einmal abgesehen davon, daß sich die Ärzte bemühen müßten, den Begriffswirrwarr um das Wort "Ster- behilfe" zu vermeiden und zu klären, müßte streng beachtet werden, was eine verantwortungsbewußte Ein- stellung und Hilfe beim Sterben (sie beginnt nach Hoppe schon bei der Applikation eines schmerzlindern- den Medikaments) und die Forde- rung nach Hilfe zum Sterben bedeu- te. Nach Hoppe sei es derzeit nicht vorstellbar, daß Forderungen eines Tages gesetzlich sanktioniert wer- den könnten, mit Hilfe ärztlicher Ver-

richtungen den sogenannten Gna- dentod zu "vollziehen". Die Ärzte- schaft müsse sich eindeutig und so früh wie möglich von Forderungen der Gesellschaft für humanes Ster- ben distanzieren. Es können nicht angehen, daß die aktive Tötung von Menschen - und seien sie noch so schwer krank - eines Tages zu den ärztlichen Aufgaben gehöre . Der Marburger Bund bezeichnete es allerdings als eine der vornehmsten ärztlichen Aufgaben, dafür zu sor- gen, daß Menschen in Würde ster- ben können. "Zustände aus der Ver- gangenheit, wie Abschieben von Sterbenden in Abstellräume oder Badezimmer, die in der Vergangen- heit ihre Entschuldigung allenfalls in den herrschenden Nachkriegszu- ständen finden konnten, sind heute nicht mehr zu verantworten." (Dr.

Hoppe). Den ärztlichen Kollegen re- dete Dr. Hoppe ins Gewissen, sich nicht von der "Sensationslust unse- rer Tage" verblenden zu lassen, und bei allen Überlegungen die ärzt- lichen, medizin-ethischen und die intimsten zwischenmenschlichen Grundanliegen nicht zu vergessen.

Hier gelte es, wie überhaupt im Me- dizinbetrieb, das Vertrauensverhält- nis zwischen Arzt und Patient zu schützen und es im Normenkatalog ganz obenan zu stellen.

Dr. Harald Clade DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 24 vom 11. Juni 1981 1213

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