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Archiv "Spätabbrüche: Eltern wünschen Abbruch" (17.11.2006)

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B R I E F E

Diffamierend

. . . „Spätabbrüche in der Pränatal- medizin“ ist sicher eines der ethisch schwierigsten Themen der Medizin.

Leider wurde in Ihrem Artikel ein diffamierendes und von der täglichen Realität in der Praxis weit entferntes Bild der PND dargestellt . . . Ich weiß nicht, woher eine Beratungs- stelle für PND ihre Erfahrungen hat;

es muss sich wohl um eine Auswahl von unzufriedenen Eltern handeln, sie kann aber keinesfalls als reprä- sentative Patientengruppe darge- stellt werden. Täglich kommen in Deutschland Tausende von werden- den Müttern in die Praxen mit der Frage: „Wird denn mein Kind gesund sein?“ Sie werden über die Möglich- keiten der PND aufgeklärt, sie wird angeboten, aber nicht aufgedrängt.

Die Ergebnisse der Untersuchungen werden ausführlich mit den Eltern besprochen, und niemand wird mit

einem pathologischen Befund allein gelassen. Meistens können Ängste genommen und Unsicherheiten ab- gebaut werden. Bei pathologischen Befunden werden oft schon in der Schwangerschaft Pädiater und Kin- derchirurgen in die Aufklärung mit einbezogen, eine zusätzliche psycho- logische Betreuung angeboten. Zu einem Abbruch gedrängt oder zu einer Entscheidung gezwungen wird in verantwortlich handelnden Praxen oder Zentren bestimmt niemand. Die Entscheidung bleibt immer bei den Eltern, nach deren ethischen, morali- schen und persönlichen Vorgaben . . .

Dr. Carlo Maier,Ludwigsplatz 19, 94315 Straubing

Eltern wünschen Abbruch

. . . Niemand wird von betroffenen Eltern ernsthaft eine besonnene und wortgetreue Wiedergabe der ärztli- chen Beratungsinhalte anlässlich der

Feststellung einer fetalen Fehlbil- dung erwarten können. Hierzu ist der emotionale Gehalt viel zu komplex und zu schockierend für alle Betei- ligten. Dennoch dürfte feststehen, dass das „Wegmachen eines Kindes“

kein Bestandteil ärztlicher Formulie- rungsweise ist, sondern allenfalls dem Patientenwortschatz zuzuord- nen ist. Ebenso geht der Wunsch nach einem Abbruch im Fall einer Fehlbildungsfeststellung im All- gemeinen von den Eltern aus.

In einigen Fällen erlebt man als Pränatalmediziner auch schon bei kleineren Auffälligkeiten, dass Eltern auf Distanz zu ihrem Kind gehen.

Die dann erforderliche Beratungs- arbeit ist die Hauptursache für die langen Wartezeiten in pränatal- diagnostischen Praxen. Von diesen Fällen berichtet Frau Braun natürlich nicht, weil sie sie nicht kennt.

Auch von den Rahmenbedingungen, die es überhaupt zulassen, dass eine

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A3096 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 46⏐⏐17. November 2006

B R I E F E

Schwangerschaft de facto zu jedem Zeitpunkt zur Disposition stehen kann, weiß sie offensichtlich nichts.

Der mehr oder weniger missglückte Versuch eines Spagats zwischen den Belangen des ungeborenen Kindes und den Selbstbestimmungsrechten der Eltern bzw. der Mütter im Rahmen der Reform des § 218 StGB im Jahre 1993 war es, der alle Betei- ligten in eine äußerst missliche Konfliktsituation gebracht hat. Hier wieder nur die üblichen Verdächti- gen an den Pranger stellen zu wollen, ist so fantasielos wie dreist. Selbst- verständlich gehört zu einer kom- pletten Beratung im Rahmen der Feststellung einer schweren Fehlbil- dung auch die Option eines Ab- bruchs, ob uns das nun gefällt oder nicht. Wenn Vater Staat zu feige ist, eindeutige Prioritäten zu setzen, so müssen wir diese eben im Einzelfall mit den Patienten erarbeiten.

Welchen lebensbejahenden und -erhaltenden Effekt eine staatliche Beratungslösung hat, zeigt im Fall der (De-facto-)Fristenlösung bis zur Woche 12+ die Unterbrechung von bis zu 180 000 gesunden Schwanger- schaften pro Jahr sehr eindrucksvoll, nämlich so gut wie gar keinen . . .

Dr. med. Gerda Enderer-Steinfort, Dürener Straße 245 A, 50931 Köln

Keine Eugenik

Annegret Braun formuliert berech- tigte Forderungen im Zusammen- hang mit Pränataldiagnostik, die vor allem die Beratung und Entschei- dungsfähigkeit der Ratsuchenden betreffen. Von der Deutschen Gesell- schaft für Humangenetik und der Bundesärztekammer werden seit vielen Jahren inhaltlich ähnliche Anforderungen an die Voraussetzun- gen für eine Pränataldiagnostik genannt. Frau Braun äußert auf der anderen Seite aber auch Ansichten, die hinterfragt werden müssen. So ist bereits die Überschrift des Artikels irreführend. Es geht in der pränatalen Diagnostik nicht um das „perfekte Kind“. Es geht darum, das Ungebo- rene auf Veränderungen zu untersu- chen, die mit Sicherheit oder sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu schwe- ren körperlichen oder mentalen Störungen nach der Geburt führen

werden. Auch der Begriff „Spätab- bruch“ wird einseitig benutzt. Ärztli- cherseits ist ein Spätabbruch als ein induzierter Abort nach der 22.

Schwangerschaftswoche nach Kon- zeption definiert (siehe Erklärung der Bundesärztekammer zum Schwangerschaftsabbruch nach Prä- nataldiagnostik, DÄ 47/1998). Dies ist der Zeitpunkt einer möglichen ex- trauterinen kindlichen Lebensfähig- keit. Diese medizinische Definition eines Spätaborts wird aber im politi- schen Bereich leider häufig ignoriert.

Weiterhin fordert Frau Braun eine

„von Medizin und Humangenetik unabhängige Beratung“. Ist Human- genetik keine Medizin? Was versteht sie unter „Chromosomenbrüchen, die ein Risiko für eine zu erwartende spätere Behinderung beim Kind von zehn bis 15 Prozent (25 Prozent) auf- weisen“? Diese Aussage ist medizi- nisch nicht nachvollziehbar.

Das Zitat von Prof. Bartram steht in falschem Zusammenhang. Es besagt, dass durch genetische Beratung bei bestehender Altersindikation klarge- macht wird, wie gering die Risikoer- höhung für eine kindliche Chromo- somenstörung ist und daher geneti- sche Beratung oftmals zum Verzicht

der Schwangeren auf eine invasive Pränataldiagnostik führt. Die von Frau Braun zu Recht genannten Anforderungen an die Beratung vor pränataler Diagnostik, vor allem aber vor einem aus der Pränataldiagnostik eventuell resultierenden Schwanger- schaftsabbruch, sind von humange- netischer Seite seit Beginn der Prä- nataldiagnostik in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts formuliert.

Ebenso finden sich diese Forderun- gen in der oben zitierten Erklärung der Bundesärztekammer zum Schwangerschaftsabbruch nach pränataler Diagnostik, welche unter humangenetischer Beteiligung ent- standen ist. Im Positionspapier der Gesellschaft für Humangenetik (Medizinische Genetik 1996, 8:

125–31) ist gefordert: „Vorausset- zung für die Inanspruchnahme (einer Pränataldiagnostik) ist nach Auffas- sung der Gesellschaft für Humange- netik eine umfassende Aufklärung, die den Ansprüchen einer geneti- schen Beratung genügt und der Schwangeren eine qualifizierte Ent- scheidung für oder gegen die Unter- suchung ermöglicht.“ Psychosoziale Aspekte finden bei jeder humange- netischen Beratung Berücksichti- gung, insbesondere im Zusammen- hang von Beratung vor oder während pränataler Diagnostik. Im genannten Papier der BÄK heißt es unter ande- rem: „ . . . Ärzte haben ohne einge- hendes Gespräch mit der Schwange- ren keine Grundlage für die Indikati- onsstellung. Die Beratungen müssen ergebnisoffen und nichtdirektiv er- folgen. Die Teilnahme des Vaters an der Beratung ist wünschenswert.“

Folgerichtig darf nach Auffassung der Bundesärztekammer wie auch der Deutschen Gesellschaft für Hu- mangenetik ein auffälliger Befund nach Pränataldiagnostik nicht zu ei- ner ärztlichen Aufforderung oder Empfehlung zu einem Schwanger- schaftsabbruch führen. Umgekehrt wäre es allerdings realitätsfern und wohl auch haftungsrechtlich angreif- bar, in der von Frau Braun geforder- ten Weise der Schwangeren im Bera- tungsgespräch nach einem pathologi- schen Befund der Pränataldiagnostik die gesetzlich bestehende Option ei- nes Schwangerschaftsabbruchs aus medizinischer Indikation zu ver- Pränataldiagnos-

tische Untersu- chungen:Verunsi- cherung der Schwangeren?

Foto:dpa

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