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Archiv "Disease-Management-Programme: Differenzen über den Datenfluss" (28.06.2002)

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er Zeitplan ist eng. Geht es nach dem Willen von Bundesgesund- heitsministerin Ulla Schmidt, soll die Rechtsverordnung, mit der die An- forderungen an Disease-Management- Programme (DMP) bei Diabetes melli- tus Typ 2 und bei Brustkrebs definiert werden, zum 1. Juli in Kraft treten. Bis zuletzt offen ist allerdings, ob es bei den Regelungen zum Datenfluss und zur Dokumentation zu einer Verständigung zwischen dem Bundesgesundheitsmini- sterium (BMG) und der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung (KBV) kom- men wird. Bei einer Anhörung im BMG zur DMP-Rechtsverordnung am 17. Ju- ni wurden die unterschiedlichen Stand- punkte noch einmal deutlich.

Auf der Grundlage eines Beschlusses der Vertreterversammlung am 27. Mai lehnte die KBV eine Mitwirkung an den DMP ab, sofern nicht die Bestim- mungen, nach denen der Arzt zur Über- mittlung von Angaben über die Com- pliance oder über die regelmäßige Teil- nahme der DMP-Patienten verpflichtet ist, geändert werden. Andererseits ist sich die KBV der Gefahr bewusst, dass im Falle einer Totalverweigerung eine Verordnung in Kraft gesetzt werden könnte, nach der die bereits getroffenen Vereinbarungen mit den Krankenkas- sen über den Datenfluss hinfällig sind und die Krankenkassen sämtliche Da- ten ungefiltert erhalten.

Das bedeutete zugleich, dass die Kas- senärztlichen Vereinigungen und die KBV in Sachen Disease-Management- Programmen politisch aus dem Ge- schäft wären. Die Bundesregierung hat- te ohnehin ursprünglich beabsichtigt, DMP allein durch die Kassen steuern zu lassen und die Selbstverwaltung der Ärzte außen vor zu lassen. Erst nach heftigen Interventionen der KBV kam es zu einer Einbeziehung der Ärzte.Vor diesem Hintergrund haben der Vorstand

der KBV und der Länderausschuss am 20. Juni in Berlin über das heikle Thema Datenfluss beraten und sich zu einem Kompromissvorschlag durchgerungen.

Danach ist die KBV einverstanden, versichertenbezogene Daten, die die Krankenkassen unbedingt benötigen, weiterzugeben, falls „der Versicherte je- de einzelne Übermittlung per Unter- schrift autorisiert“. Zudem soll der Arzt Statusinformationen lediglich in Form von Schulungsempfehlungen dokumen- tieren können. Die KBV will außerdem das Datenmanagement nur in Abstim- mung mit dem Datenschutzbeauftrag- ten abwickeln; Regelungen, denen die- ser nicht zustimme, sollen von den Kas- senärztlichen Vereinigungen und der KBV nicht umgesetzt werden.

Entscheidung des BMG steht noch aus

Vorstand wie Länderausschuss waren mehrheitlich der Meinung, mit diesen einschränkenden Bedingungen noch im Sinne des oben apostrophierten Be- schlusses der Vertreterversammlung zu handeln. Ob das BMG dem KBV-Kom- promissvorschlag in seiner Rechtsver- ordnung Rechnung trägt, ist freilich of- fen.Das Ministerium prüft zurzeit die Er- gebnisse des Anhörungsverfahrens und sieht sich zudem nicht unter Zeitdruck.

Die Spitzenverbände der gesetzli- chen Krankenkassen wollen an der Vereinbarung zur Datenübermittlung, wie sie am 16. Mai auf der Arbeitsebe- ne des Koordinierungsausschusses mit der KBV getroffen wurde, festhalten.

Sie halten ein bestimmtes Maß an versi- chertenbezogenen Daten für unver- zichtbar – wobei allerdings nicht unwe- sentliche Differenzen in den Begrün- dungen deutlich werden. Während der Verband der Angestellten-Krankenkas-

sen (VdAK) und der AOK-Bundesver- band parallel zur ärztlichen DMP-Ver- sorgung ein eigenes Case Management für sich reklamieren und sich deshalb auf möglichst viele unverschlüsselte ver- sichertenbezogene Angaben angewie- sen sehen, steht für die Betriebskran- kenkassen die Sorge im Vordergrund, ohne ausreichende Daten die Aus- gleichsansprüche der anderen Kranken- kassen aus dem Risikostrukturausgleich (RSA) nicht überprüfen zu können.

Überraschend deutlich äußerte sich das Bundesversicherungsamt (BVA) bei der Anhörung im BMG: Der Gesetzge- ber habe sich für die Krankenkassen als Veranstalter und Steuerer der DMP ent- schieden. Deshalb beurteile man die ver- tragliche Delegation von Qualitätssiche- rungsaufgaben an die Kassenärztlichen Vereinigungen kritisch. Den Kranken- kassen müsse ein gezielterer Zugriff auf die Daten einzelner Versicherter mög- lich sein. Die Auffassung des BVA ist umso gewichtiger, als das Amt künftig DMP-Programme akkreditieren muss.

Nur solche Programme, die das BVA anerkennt, können von den Kassen an- geboten werden, und nur für solche Programme fließt Geld aus dem RSA.

Beim Anhörungsverfahren erwies sich einmal mehr, wie vertrackt die Koppelung von Disease-Management- Programmen mit dem Risikostruktur- ausgleich der Krankenkassen ist. Gäbe es diese sachfremde Koppelung nicht, ließe sich über Disease Management gewiss leichter Einvernehmen erzielen.

Einige Kassenärztliche Vereinigungen, die im Rahmen der KBV gegen das Da- tenflusskonzept opponieren, plädieren denn auch dafür, die Weitergabe emp- findlicher Patientendaten zu verwei- gern und die dann unausweichliche öf- fentliche Debatte zu nutzen, um die Verbindung zwischen DMP und RSA zu knacken. Thomas Gerst/Norbert Jachertz P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 26½½½½28. Juni 2002 AA1789

Disease-Management-Programme

Differenzen über den Datenfluss

Welche Patientendaten brauchen die Krankenkassen für die Disease-Management-

Programme? Die Kassenärztliche Bundesvereinigung schlägt einen Kompromiss vor.

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