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Archiv "Disease-Management-Programme: Sind Chronikerprogramme verzichtbar?" (15.04.2011)

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A 822 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 15

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15. April 2011

DISEASE-MANAGEMENT-PROGRAMME

Sind Chronikerprogramme verzichtbar?

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, plädiert für eine bedarfsorientierte Weiterentwicklung der DMP.

F

ast sechs Millionen Patienten sind mittlerweile in struktu- rierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke (Disease-Ma- nagement-Programme, DMP) ein- geschrieben. Viele Befürchtungen und zum Teil auch massive Kritik aus der Anfangsphase der Program- me im Jahr 2002 (bürokratische Monster, Staatsmedizin, das Ende individueller patientenorientierter Medizin) haben sich inzwischen ge- legt. DMP sind zu einem festen Bestandteil der Versorgung ge wor - den. Die stark differenzierte Versor- gungslandschaft mit unterschied - lichen regionalen Modellprojekten entwickelte sich zu nationalen Ver- sorgungsprogrammen für chronisch Kranke weiter. Wo stehen die Pro- gramme heute, was wissen wir über ihren Nutzen, sind sie verzichtbar?

Die vom Gesetzgeber geforderte DMP-Evaluation kann die Frage des Nutzens nicht beantworten – man- gels Vergleichsmöglichkeit mit ei- ner außerhalb des DMP behandelten und hinsichtlich relevanter Risiken möglichst ähnlichen Patientengrup- pe. Inzwischen liegen einige große deutsche Studien zum DMP Diabe- tes mellitus Typ 2 vor, die solche Vergleiche zulassen. Sie geben deut- liche Hinweise auf einen patienten- relevanten Nutzen, möglicherweise sogar bei der Mortalität (1, 2).

Selbst in einer aktuellen ver - gleichenden Analyse, die im Fazit schlechte Noten für DMP ausstellt (3), weisen die Autoren auf signifi- kant niedrigere Komplikationsraten bei besonders risikobehafteten Pa- tienten hin. Auch hier wird fest - gestellt, dass DMP-Patienten we - niger stationäre Notfallbehandlun- gen benötigen und niedrigere Kran- kenhauskosten haben. Dass die in

den Programmen vereinbarten Zie- le (zum Beispiel Blutdruck und Stoffwechselkontrolle und leitlini- engerechte Medikation) in zuneh- mendem Maß erreicht werden, weist insbesondere der Qualitäts - sicherungsbericht zu den DMP in Nordrhein eindrucksvoll nach (4).

Die bundesweit einheitliche ärzt- liche Dokumentation, die erst im Rahmen der DMP möglich wurde, erfolgt heute im Praxisverwaltungs- system mit Hilfe einer automatisier- ten Übernahme von Routinedaten aus der Praxis. So kann erstmals die Prozess- und Ergebnisqualität bei der Langzeitbehandlung von chro- nisch Kranken dargestellt werden.

Fokus auf stärkere Beachtung der Multimorbidität

Dass man in Deutschland auf lange Sicht auf eine solche Darstellung bei den epidemiologisch bedeut- samsten chronischen Erkrankungen verzichten wird, ist kaum zu erwar- ten. Bei Wegfall der Programme würde die Forderung nach Erhe- bung der gleichen Daten mit ähn - lichen oder identischen Qualitäts- zielen einschließlich Evaluation und Feedbacksystemen an anderer Stel- le erhoben und implementiert wer- den, mit möglicherweise noch hö- herem bürokratischem Aufwand.

Auch die Forderung nach aktiver Beteiligung der betroffenen Patien- ten und intensiver Unterstützung beim Selbstmanagement ihrer Er- krankung könnte ohne Programm- strukturen kaum sinnvoll erfüllt werden.

DMP bieten einen bundesweit einheitlichen und flächendeckend etablierten Rahmen für die struk - turierte Versorgung von chronisch Kranken, bisher allerdings ohne

Berücksichtigung der Notwendig- keit einer unterschiedlichen Versor- gungsintensität bei verschiedenen Patientengruppen mit unterschied - lichem Risikoprofil. So könnte beispielsweise die verstärkte Be- achtung von Multimorbidität und von Patienten mit besonders hohem Behandlungsbedarf, die ein indivi- duelles Fallmanagement benötigen, die Versorgungsprogramme weiter verbessern.

Eine Weiterentwicklung von DMP in diese Richtung, begleitet von einer schlanken, transparenten Evaluation, die einen Erkenntnis - gewinn für alle Beteiligten erlaubt, könnte die derzeit beispielsweise im Bereich des Fallmanagements angebotenen Insellösungen mit zahlreichen unterschiedlichen ad- ministrativen Prozeduren für identi- sche Indikationen (etwa Herzinsuf- fizienz) bündeln und Angebote in der Fläche erleichtern, ohne Vielfalt und bedarfsgerechte Anpassungen an regionale Besonderheiten zu be-

hindern. ■

Dr. med. Andreas Köhler

LITERATUR

1. Miksch A, Laux G, Ose D, et al.: Is there a survival benefit within a German Primary Care-Based Disease Management Pro- gram? Am J Manag Care 2010; 16(1):

49–54.

2. Stock S, Drabik A, Büscher G, et al.: German Diabetes Management Programs improve Quality of Care and curb Costs. Health Af- fairs 29; NO 12 (2010): 2197–205. Linder R, Ahrens S, Köppel D, et al.: Nutzen und Effizienz des Disease-Management-Pro- gramms Diabetes mellitus Typ 2. Dtsch Arztebl 2011; 108(10): A 155–62. doi:

10.3238/arztebl.2011.0155.

3. Qualitätssicherungsbericht: Disease- Management-Programme in Nordrhein.

www.kvno.de/downloads/quali/qual be_dmp08.pdf (letzter Zugriff am 25.03.2011), 2008.

P O L I T I K

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