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Archiv "Disease-Management-Programme: Nebenwirkungen unklar" (22.10.2004)

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icole Drüdeke und Andrea Mro- sek Wagner waren die Hauptper- sonen der Veranstaltung, auch wenn sich ihr Auftritt darauf beschränk- te, Blumen von Bundesgesundheitsmi- nisterin Ulla Schmidt entgegenzuneh- men. Sie sind Diabetikerinnen und seit einigen Monaten in ein Disease-Man- agement-Programm (DMP) eingeschrie- ben. Schmidt lud die beiden Frauen stellvertretend für den aus Daten- schutzgründen anonymen millionsten DMP-Patienten in ihr Ministerium, wo sie an einer Fachkonferenz zu den bis- herigen Erfahrungen und den Aussich- ten der strukturierten Behandlungspro- gramme teilnahmen.

Die Ministerin zog erwartungsge- mäß eine durchweg positive Zwischen-

bilanz. „Die DMP sind ein Erfolgs- modell und inzwischen fester Bestand- teil der medizinischen Versorgung“, stellte Schmidt heraus. Die Leistungs- erbringer arbeiteten bei den Program- men Hand in Hand, ob Hausarzt, Fach- arzt oder angestellter Arzt im Kran- kenhaus.

Strukturierte Behandlungsprogram- me gibt es bislang für Herz-Kreislauf-Er- krankungen, Brustkrebs sowie Diabetes mellitus Typ 1 und 2. Weitere sollen fol- gen. Teilnehmende Patienten werden nach evidenzbasierten Leitlinien behan- delt und zu regelmäßigen Kontrollunter- suchungen verpflichtet. Die leitlinienori- entierte Behandlung biete die Chance für nachhaltige Qualitätsverbesserun- gen. Darauf verwies Dr. med. Leonhard Hansen, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV). Die gesetzlichen Vorgaben ließen genügend Raum für Patientenre- ferenzen und die Erfahrung des Arztes.

Regierungsberater Prof. Dr. Karl Lauterbach ist überzeugt, dass mit DMP neben Qualitätsverbesserungen langfri- stig auch eine Ab- senkung der Kosten für die Behandlung chro- nisch Kranker erreicht werden kann. So müss- ten die Kassen für ei- nen gut eingestellten Diabetiker ohne Kom- plikationen 1 700 Euro im Jahr aufwenden, für einen schlecht eingestell- ten hingegen zwischen 3 400 und 5 600 Euro.

Kritiker halten derlei Einsparprognosen für verfrüht. Gegenüber dem Deutschen Ärzte- blatt sagte der Vorsit- zende des Sachverstän- digenrates für das Gesundheitswesen, Prof. Dr. rer. pol. Eberhard Wille: Der- zeit könne man überhaupt nicht voraus- sehen, wie sich die DMP finanziell aus- wirken werden. Vor allem der erhöhte Verwaltungsaufwand könnte die Ko- sten steigern. Im September errechnete der Schätzerkreis der gesetzlichen Kran-

kenkassen, dass jährlich rund 160 Euro pro Patient an Verwaltungs- und Doku- mentationskosten anfallen.

„Das gute Anliegen der verbesserten Versorgung durch klare Leitlinien wird durch überbordende Bürokratie konter- kariert“, warnt Prof. Dr. med. Jan Schul- ze, Präsident der Sächsischen Landesärz- tekammer. Tatsächlich beklagten bei ei- ner Ende 2003 vorgenommenen Befra- gung unter 1 600 Ärzten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zum DMP-Diabetes-Typ-2 über 90 Prozent der Ärzte den großen Dokumentations- aufwand (DÄ, Heft 9/2004). Mehrheit- lich wurde zudem die fehlende Wissen- schaftlichkeit und mangelnde Praxisre- levanz kritisiert. Besonders brisant: 37 Prozent der Hausärzte und 54 Prozent der Schwerpunktdiabetologen konsta- tierten eine Verschlechterung der Ver- sorgung. Für Schulze liegt dies auch dar- an, dass die Leitlinien hinter denen der Fachgesellschaften zurückblieben.

Evaluation der DMP nötig

Allein die hohe Beteiligung an struk- turierten Behandlungsprogrammen ist für Gesundheitsökonom Wille kein Indi- kator für den Erfolg der DMP. Schließ- lich hätten die Krankenkassen wegen der Kopplung der DMP an den Risikostruk- turausgleich ein großes Interesse daran, ihre Versicherten in den Programmen unterzubringen. Pro Patient erhielten sie das Acht- bis Neunfache aus dem Um- lagetopf. „Die DMP führen so zu einem Einschreibewettbewerb auf niedrigstem Qualitätsniveau“, kritisierte Wille. Erst eine gründliche Evaluation der Behand- lungsprogramme könne Aufschluss über deren medizinischen Nutzen bringen.

Die gesetzlichen Vorgaben für eine gründliche Evaluation der DMP seien allerdings nicht ausreichend, sagte Prof.

Dr. med. Peter Sawicki, Leiter des Insti- tuts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, auf dem Kon- gress des Ministeriums.Wie jede andere medizinische Maßnahme sollten die DMP in kontrollierten Untersuchun- gen anhand patientenrelevanter End- punkte evaluiert werden. „Derartige Studien werden Schwächen und Stär- ken der DMP offenbaren“, ist Sawicki überzeugt. Samir Rabbata P O L I T I K

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A2852 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 4322. Oktober 2004

Disease-Management-Programme

Nebenwirkungen unklar

Mehr als eine Million chronisch Kranke haben sich in struk- turierte Behandlungsprogramme eingeschrieben. Ob diese den Patienten nützen oder ihnen gar schaden, ist umstritten.

Anlässlich des millionsten DMP-Patienten lud Bundesgesund- heitsministerin Ulla Schmidt Vertreter aus Wissenschaft und Selbstverwaltung zu einer Tagung in ihr Ministerium.

Foto:Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung

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