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Notizen und Correspondenzen.
Zur Verständigung mit Prof. Nöldeke.
Die Weise, wie Hr. Prof. Nöldeke in Zeitschr. XXHI, 296 ff.
meine ethnographischen Arbeiten über das alte Arabien beurtheilt,
veranlasst mich zu einigen Worten der Erklärung, damit meiu
Schweigen nicht den Werth des Gebotenen noch weiter schmälere,
als Nöldeke's Bemerkungen es ohnebin thun möchten.
In dem Ausdrucke, dass meine Arbeiten im Einzelnen wie im
Ganzen eine gewisse Gewaltsamkeit zeigen, will ich keinen Tadel
finden; es klingt ja gerade, als wenn der, der das blanke Gold in
Händen, die Arbeit des Bergmanns im rohen Gestein dunkler
Schächte oder die des Schmelzers vor der Gluth des Hochofens als
eine „gewaltsame" bedauern wollte.
Ueber die Andeutung, dass bereits vor dem Erscheinen meines
Aufsatzes Gutschmid ein paar Namen aus griechischen Schrift¬
stellern ebenso wie ich mit arabischen identificirt hatte, freue ich
mich aufrichtig. Auf die Priorität kommt es mir gar nicht an ;
wenn unabhängig von einander, zwei denselbeu Fund machen, desto
besser ! So wird es z. B. Herrn Pi-of. Nöldeke gewiss freuen , zu
hören, dass der Vorschlag: in der Inschrift von Carpentras oytii2
= zu lesen , schon vor mehr als 20 Jabren vom seligen
Hupfeld im A.T.-lichen Seminar in Halle zum Gegenstand einer These
gemacht wurde.
Ernster ist, dass Nöldeke eine grössere Behutsamkeit in der
Benutzung von Ausgaben des Ptolemäus und Plinius fordert.
Ich bin mir bewusst, dass, bevor ich au die Arbeit gegangen,
gerade die kritiscbe Ausnutzung des Ptolemäus nach dem bis
jetzt zugänglichen Apparat mir eine Hauptsorge gewesen ist. Mag
nun durch weitere handschriftliche Funde auch manches da noch
berichtigt werden, so konnte ich mich doch durch den Hinblick
«auf diese Möglichkeit nicht veranlasst sehen, die ganze Arbeit ad
Calendas Graecas zu verschieben. Ich dächte, wir hätten, zum
Schaden der Forschung, lange genug gewartet.
Was Plinius anlangt, so wäre ich mit einer Arbeit über Ara¬
bien nach Plinius (und gleichaltrigen uud älteren Quellen) längst
hervorgetreten, wenn ich nicht von dem Erscheinen der Detlefsen'schen 15*
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Ausgabe eine besondere Förderung erwartet hätte. Leider muss
ich nun gestehen, dass die Behandlung des Plinianischeu Textes
durch Detlefsen, was wenigstens die asiat ischegeographische
Nomenclatur anbetrifft, hinter allen Erwartungen zurückbleibt
und die von ihm recipirten Lesarten in zahlreichen Fällen nicht
das Richtige treffen Daher siud die Einwendungen, die Nöl¬
deke daraus gegen eine einzelne Stelle herleitet, die, wie ich noch
immer überzeugt bin, nach dem Zusammenhange nur von Jatrib
und nicht von Maribba handelt, ohne festen Gruud.
Mir lag und liegt überhaupt daran, allen Spureu des Einklangs
zwischen der Ueberlieferung der Araber uud Nachrichteu bei römi-
1) Der Vorwurf trifft weniger Hrn. Detlefsen , als den Stand der einschlS- gigen Wissensehaft überhaupt. Der Werth eines Codex in solchen Dingen ist sehr relativ: der librarius kann ein vortrefflicher Grammatiker sein und daher für eine correcte Textredaction in Betreff der Latinität die massgebende Grund¬
lage bieten; und daneben doch herzlich wenig von der asiatischen Geographie verstanden haben, so dass er beim Abschreiben langer Reihen un'bekannter und unverstandener Namen unzuverlässig wird und, wie man sagt, perd son latin.
Mit derselben Sicherheit, mit der ein kritischer Herausgeber bei Ortsnamen in so bekannten Regionen wie Italien und Griechenland die richtige Namens¬
form in den Text setzt trotz der Corruptelen in den Handschriften (was Det¬
lefsen selbst mehrfach gethan hat), darf die Wissenschaft des Orients den An¬
spruch erheben , dass ihr nicht bloss auf Grund von Codices das Recht streitig gemacht werde, bei einer Auswahl verschiedener Lesarten derjenigen den Vorzug zu geben , welehe den notorischen Namen einer Ortschaft am treusten wie¬
dergibt; ja selbst durch Conjekturalkritik ihn herzustellen. Hat Hr. Detlefsen durch gewissenhafte Aufnahme dessen, was er in den Handschriften fand, seine Aufgabe gelöst (Vorr. p. 9), so ist unsre Aufgabe vielmehr, das Gebotene nun weiter zu sichten und der classischen Philologie zu Hülfe zu kommen. Man erlaube mir, das Gesagte nur an ein paar Beispielen zu erläutern:
In Detlefsen's Ausgabe S. 261, 15 steht wieder das alte corrupte Abae- samide aus Cod. E. , während Sillig nach guten Codd. vielmehr Besannisa recipirt hatte und damit der Wahrheit sehr nahe gekommen war ; denn die Ortschaft heisst bei Steph. Byz. B'iiaduifja =. 125)3U3 n^a , und wird also in einem künftigen Texte des Plinius die Lesart Baesamnisa ( die bei Detlefsen aus Cod. DF. in die Noten verwiesen ist) einen berechtigteren Platz zn fin¬
den haben.
S. 263, 4 steht bei Detlefsen: Ca tap ani, schon etwas besser als Silligs C a t a b a n i ; aber das Richtige lindet sich unter dem Texte in E : G a t a p h a n i ; denn Gatafän heisst der Stamm in arabischem Mundo.
S. 264, 2 steht wieder oppidum Phoda, ac Minaei, während Sillig schon aus inneren Gründen vermuthete, dass ac zum Namen der Stadt zu ziehen sei, und Dozy, Israel, in Mekka 1864. S. 67 dies bestätigt hat, weil von der Stadt die Rede ist , die arabisch P h a d a k heisst.
S. 265, 24 haben zwei sehr gute Codd. DP: Marthadas, was wir jetzt als himjaritisches nri173 mit Sicherheit erkennen; es bleibt aber im Texte bei Detlefsen das verdorbene Marchadas stehen.
Es ist sehr zu wünschen , dass eine berufene Hand sich bald einmal der Mühe einer auf der Höhe der Wissenschaft stehenden Ausgabe der geographischen Abschnitte der Naturalis historia unterziehe. Aber einen Verweis auf die
„neueste" Ausgabe von Detlefsen, der mir ausser von Nöldeke, auch schon von andrer Seite geworden ist, kann ich nicht ohne weiteres acceptiren. Das neueste ist nicbt tmbedingt das bessere.
Notizen wul Correspondenzen. 229
sehen und griechischeu Schriftstellern sorgsam nachzugehen, und ich
hahe gefuuden, dass vieles in der arahischen Sage nicht so in der
Luft hängt, wie man den arahischen Gelehrtenschnlen nachsagt,
und dass die Classiker von manchem wissen, wovou man behauptet,
hat, dass sie es „uatürlich nicht wissen können".
Ich hoffe, dass je weiter unsre Forschungen auf diesem Gebiete
dringen, wir uns um so mehr in unsern Ansichten nähern werden;
und entnehme mit Genugthuung Nöldekes eigenen Worten das Be¬
kenntniss, dass wir uns schon sehr nahe stehen.
Aber, wenn man in seinem Aufsatz über die Amalekiter und
einige Nachbarvölker dutzendweise Ausdrücke liest wie: S. 3: „völ¬
lig verschwunden", S. 4: „erscheint zum letzten Male", S. 5: „kommt durchaus nicht wieder vor", S. 6: „verschlungen", S. 7: „verschwin¬
det" und „den Muslimen ganz uubekannt"; S. 9: „völlig besiegt", S. 17: „gänzlich vernichtet", S. 21: „aufgegangen"; S. 25: „wissen die Araber durchaus nichts", S. 27: „gänzlich fabelhaft"; S. 33:
„reine Fictionen", so darf man doch sagen, dass der Aufsatz in
seiner Gesammtheit sich das Ziel steckt, das spurlose Verschwinden
und die Ausrottung der alten arabischen Bevölkerung zu dociren.
Habe ich den Hrn. Verfasser missverstandeu, so bedaure ich
es und unterschreibe um so lieber die Sätze S. 297, die den Aus¬
gleich zwischen unsrer Auffassung herbeizuführen geeignet sind.
Nur kanu ich in Betreff meiner „Wiederbelebungsversuche"
versichern, dass es für mich eineu ungleich höheren wissenschaft¬
lichen Reiz hat, selbst auf die Gefahr der Vergeblichkeit hin, Todt-
geglaubtes wieder zu beleben, als es vollends todtzuschlagen oder
lebendig zu begraben. Dr. 0. Blau.
Aus einem Briefe von A. Socin
au Th. Nöldeke.
(Uas iu Parenthesen-Zeichen Eingeschlossene ist von Th. Nöldeke.)
Bagdad 12. Jan. 1870.
— — So stieg ich am 21. Dec. [iu Damascus] zu delül
(Reitcameel) und durchmass bis zum 5. Jan. die 8 Grade bis
Bagdad direet durch die syrische Wüste. Nahe au Dumeir im
Süden von Palmyra übernachtete ich noch in einem grosseu Zeltlager,
dann immer trotz bedeutender Kälte unter freiem Himmel, mit
einem Schafpelz zugedeckt. Glücklicherweise regnete es nie; vor
Feuchte hatte ich mich am meisten gefürchtet. Von Hit an machten
wir viel weniger strapaziöse Tagereisen (nicht mehr zu 12—13 Stun¬
den täglich) und kameu trotz vieler streifender Araber glücklich
hier au. Ich hatte 2 Beduinen vom Stamm Agel aus dem Negd
mit mir , gute und sichre Leute ; in der Wüste waren wir 'Such
vom Träger der englischen Post begleitet Seit ich gefühlt